Es ist
      Märzenbecherzeit und so wollen wir der Karbenschlucht (Peklo)
      seit langem wieder einmal einen Besuch abstatten und zugleich
      einige
      am Wege liegende Sehenswürdigkeiten aufsuchen. Zunächst wandern
      wir
      von Künast (Sosnová) durch das Harmonietal (benannt nach einer
      Leipaer Ferialverbindung, die sich zu ihrem Andenken an einem
      Felsen
      verewigt hat) nach Zückmantel (Lesna). Hier lebte einst der
      Alchimist Georg Abert.
„Georg Abert
        lebte in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts, hat sich
        erwiesenermaßen mit Vorliebe dem alchimistischen Gebiete
        zugewendet
        und das Felsenhaus in Zückmalnel für seine Zwecke eigens erbaut
        und
        eingerichtet. Noch jetzt sieht man zahlreiche Gewölbe und
        allerlei
        Spuren von Öfen, welche zn alchymistischen Zwecken gedient haben
        mögen. Überdieß soll es noch Phiolen nnd Retorten geben, welche
        zu
        demselben Zwecke verwendet wurden. Insbesondere darf, wie man
        sagt,
        eine Phiole nicht geöffnet werden, weil sie sonst einen ganz
        unausstehlichen Gestank verbreiten würde.
Am wichtigsten
        ist ohne Zweifel eine große Sammlung alter Bücher, welche sich
        durchgehends mit mathematischen, medicinischen,
        naturhistorischen und
        alchymistischen Gegenständen befassen. Ich selbst sah bei einem
        Besuche mehr als zwei Körbe solcher Bücher, und zwei weitere
        Körbe
        können, wie es heißt, noch mit Büchern gefüllt werden. Darunter
        sind die „Geheimnisse der Natur“ von Gabriel Fallopia, dem
        hochberühmten Medicus in Padua, der „Zauberarzt von
        Kräutermann",
        ein „Chymischer Handleiter", Munsicht‘s
        „Medicinisch-Chymische Schatz- und Rüstkammer", ferner die
        „Philosophie Salomonis, durch den großen und kleinen Bauer,
        wahren
        Besitzer des königlichen Steines" und viele, viele andere
        Schriften, die bei den Alchymisten beliebt waren. Auch die Werke
        des
        Theoph. Bombastus Paracelsus sind vorhanden; auf dem Deckel
        dieses
        Buches befindet sich ein sehr altes, beschriebenes
        Pergamentblatt,
        sowie der Bericht über einen chemischen Versuch. …
Außer der
        Bücherei hat Abert verschiedene Steine - zum Theil für theueres
        Geld - sich verschafft, aus denen er angeblich Gold machen
        wollte.
        Nach seinem Tode hat der Sohn und Erbe gegen zwei Fuder solcher
        Steine, für welche er keine Verwendung wusste, vor der Thüre seines
        neben dem Steinhause befindlichen Häuschens in die Erde
        eingegraben.
        Und es fehlt auch nicht an Leuten, welche sich der Meinung
        hingeben,
        daß diese Steine noch einmal zu Ehren kommen könnten. Warum
        hätte
        man sie denn so sorgsam vergraben, da man doch mit viel
        geringerer
        Mühe irgend einen Hohlweg mit denselben hätte pflastern können
        !“
      (Amand Paudler, „Forschungen und Wanderungen im nördlichen
      Böhmen“, 1889)
Über eine leichte
      Anhöhe erreichen wir bald den Hirnser Großteich.
      Der Ausblick über den Teich auf die Szenerie mit Bornayberg (Borný),
      Bösigen (Bezděz)
      und Ruine Habstein (Jestřebí) ist zwar
      romantisch, aber durch die Witterungsverhältnisse leicht getrübt.
      In der Karbenschlucht spielt das keine Rolle. Die
      Märzenbecherblüte
      beginnt gerade erst, so dass die flächendeckenden Blütenteppiche
      noch nicht zu sehen sind. Dafür interessieren wir uns für diverse
      Höhlen und Felsenwohnungen und legen einen Abstecher zur alten
      Burganlage Fridland ein, die einst auf den Felsen über der
      Schlucht
      thronte.
„Den hohen,
        steilen Felsen begrenzt an der Ost-und Südseite der tiefe,
        düstere
        Höllengrund, an der Nordseite ein tiefer Graben, und westlich,
        wo
        derselbe durch einen Kamm mit der Hochebene zusammenhängt, zwei
        tiefe, breite in Sandstein ausgehauene Wallgräben, welche die
        Veste
        auch von diesem Punkte aus unangreifbar machten. Auf der
        äußersten
        Kante ostwärts erhob sich die Hochburg, welche dreihundert
        Schritte
        im Umfange hatte und von einem ziemlich hohen Erdwalle umgeben
        wurde,
        der auch ehemals von Ringgemäuer verstärkt sein konnte, da man
        hie
        und da, besonders aber an der Westseite häufig Bausteine findet,
        die
        doch kaum durch Zufall hier her gekommen sein mögen. Auf der
        obersten Fläche des Felsens gewahrt der Alterthümler zwei
        viereckige, in Stein gehauene Vertiefungen, welche zu Kellern
        verwendet sein mochten, und da hier nicht die geringste Spur von
        Mauerwerk zu finden ist, so waren die hiesigen Burggebäude
        höchst
        wahrscheinlich nur aus Holz errichtet. Die Hauptzufahrt führte
        von
        Abend her über zwei Wallgräben zur Hochburg durch die sogenannte
        Vorburg, welche selbst durch einen 10 Klafter breiten Graben, in
        welchem noch Spuren der ehemaligen Brückenauflagsmauer zu zu
        bemerken sind, von jener getrennt war und für die frühere
        Bedeutenheit Fridland‘s untrüglich das Wort führt. Die Aussicht
        von der Höhe ist, besonders an heiteren Tagen, sehr erquickenden
        Charakters. Oestlich erblickt man das imposante Neuschloß,
        welches
        in der Ferne der doppeltbethürmte Bösig überragt; tief zu den
        Füßen breitet sich das liebliche, von dem in‘s üppige Erlengrün
        eingehüllten Bächlein durchschlungene und von malerischen
        Sandfelsen umgrenzte Thal aus, in dessen Hintergrunde die so
        häufig
        besuchte Karbe, an ein hohes Felsenriff gelehnt, hervorblickt.
        Näher
        sieht man am Eingange des Höllengrundes die einsame Karbenmühle,
        deren lustiges Geklapper mit der heiligen Ruhe dieses Ortes
        einen
        angenehmen Contrast bildet, während nach allen übrigen Seiten
        ein
        dichter Nadelwald die Trümmerstätte umgibt und den Beobachter
        unwillkürlich zu der Bemerkung geleitet, daß der Gründer
        Fridland‘s ein unfreundlicher, menschenscheuer Mann gewesen sein
        müsse, da er solch‘ eine Wildniß zu seinem Aufenthalte
        auserkoren.“ (Franz Alexander Heber, „Böhmens Burgen, Festen
      und Bergschlösser: Vierter Band, 1846)
Heute
      ist es aufgrund des Waldbestandes schwer vorstellbar, dass früher
      von dem Standpunkt der Burg das Schloss Neuschloss und die Bösige
      zu sehen waren, der Blick hinunter in den Höllengrund ist jedoch
      bemerkenswert. Durch den mit hohen Felsen besäumten Wassergrund
      (Studená rokle) kehren wir mit einigen, durch Windbruch
      verursachten
      Hindernissen zurück in die Karbenschlucht. Nach wenigen Metern
      müssen wir jedoch feststellen, dass der weitere Weg gesperrt ist.
      Ein
        Felssturz hat den Pfad offenbar unpassierbar gemacht.
      Schade,
      denn der Höllengrund ist ein schönes romantisches, naturbelassenes
      Tal
„Das
        Labyrinth von grotesken Felsmassen, welche der Höllengrund und
        seine
        Seitenthäler einrahmen, war wohl ursprünglich eine monotone
        Ebene
        von horizontal liegendem Sandgestein, wurde aber durch die
        zerstörende Kraft des Wassers allmälig vielfach geklüftet, so
        daß
        die übrig gebliebenen Felspartien als Ruinen eines zerstörten
        Landstriches zu betrachten sind.“ (Mitteilungen des
      Nordböhmischen Excursions-Clubs, Viertes Heft, 1879, S. 208)
Wir
      verlassen daher das Tal auf der anderen Seite und wandern weiter
      entlang der oberen Abbruchkante dem Schluchtende entgegen. Auf
      einer
      Felszunge des westlich auslaufenden Sandsteinplateaus befindet
      sich
      oberhalb der Einschicht Laßmann eine herrliche, besuchenswerte
      Aussicht, von der sich ein weitläufiges Panorama auf die Stadt
      Böhmisch
      Leipa (Česká Lípa) und Umgebung öffnet.
      Nach ausgiebiger Betrachtung treten wir den Rückweg an, und
      gelangen
      durch Felstäler, die Künaster Gründe, wieder an den Ausgangspunkt
      unserer Tour.
Die
      GPS-Daten der Tour findet man hier.
Im Harmonietal
Das Felsenhaus in Zückmantel
Am Großhirnser Teich
Vogelwarte
Klassischer Blick über den Hirnser Großteich
Am Hirnser Schlucken
In der Karbenschlucht
Bei den Resten der Burg Friedland
Durch den Wassergrund zurück in die Karbenschlucht
Schöne Ausssicht über der ehemaligen Einschicht Laßman

 
 
