Die Wanderung sollte eigentlich keine größeren Überraschungen mit
sich bringen. Die Gegend ist bekannt. Aber so blöd, wie es kommen
kann, lässt es sich manchmal gar nicht denken.
Ohne Ambitionen auf wesentlich neue Eindrücke begeben wir uns
also bei etwas diesigem Herbstwetter von Ringelshain (Rynoltice)
über Neusorge (Nová
Starost) in Richtung Johnswald (Janovický les).
Das schöne Panorama des Lausitzer Gebirges, welches sich oberhalb
von Neusorge zeigt, ist heute entsprechend getrübt. Der Ort selbst
ist seiner Lage und der schönen Grundstücke am Rande des
Johnswaldes wegen immer ein Hingucker.
„Der Johnswald ist ein großer Forst, der sich stundenweit
zwischen Schönbach, Seifersdorf, Johnsdorf, Ringelshain-Neusorge
und Pankraz ausbreitet und von so viel Wegen kreuz und quer
durchschnitten wird, daß sich darin schon mancher bei hellichtem
Tage verirrt hat. Seit der Markierung der Wege von Schönbach
nach Ringelshain und Johnsdorf ist aber ein Verirren darin
weniger zu befürchten.“ (Mittheilungen des deutschen
Gebirgsvereins für das Jeschken- und Isergebirge, 1906)
Der Johnswald
ist von Tälern durchzogen, die kleinere Berge und Hügel
umstreichen. Hier finden wir Sandsteinfelsen und auch einige
Teiche. Wir tauchen in den Johnswald ein, wandern durch ein
idyllisches Wiesental, statten dem romantischen Waldfriedhof von
Johnsdorf einen Besuch ab und erreichen bald das erste richtige
Ziel des Tages, die Johnsdorfer Einsiedelei (Janovické poustevny).
In einem kleinen Wiesental findet sich ein seltsames, ausgehöhltes
Felsgebilde, welches eine Nachbildung des Heiligen Grabes
darstellen soll. Einige Schritte davon entfernt finden sich in den
Fels gehauene Kammern, die als Einsiedelei bestimmt waren.
Verlockend ist es, im Tal weiter empor zu steigen, weil dies der
Richtung unseres weiteren Weges gen Deutsch Gabel entspricht.
Aber, wir ahnen es schon, als wir aus dem Talgrund heraus sind und
sich das große Hochplateau überschauen lässt, stehen wir wieder
einmal vor einem Weidezaun. Gefühlt sind es einige hundert Rinder,
die sich auf dem riesigen Areal verteilen. Da man nicht in jede
Senke und hinter jeden Busch blicken kann, ist auch immer ein
mulmiges Gefühl dabei, wenn man sich auf Feldwege begibt, die ganz
selbstverständlich von den Koppeln einverleibt werden. Bis Deutsch
Gabel geht jedoch alles gut.
Über Schloss Lämberg (Lemberk), dessen Besichtigung man jedem
gern nahe legt (im Winterhalbjahr geschlossen), erreichen wir den
Ortsteil Vogelsang (Zpěvná). Hier führt
ein Fahrweg wieder hinauf auf das bereits erwähnte Plateau, auf
dem früher die kleine Ortschaft Kunwald gelegen war (Kunov/
ehemals 26 Häuser, heute noch 2). Von dieser Straße zweigt, wie
jeder in der Online-Karte mapy.cz sehen kann, ein Weg ab, der fast
direkt zu unserem Ausgangspunkt an der Kirche der hl. Barbara in
Ringelshain führt. Die Wanderfreunde sind ja einiges von mir
gewöhnt, aber dieser Weg war doch die Krönung, denn bald endet der
Pfad in unwegsamem Gelände und es wird ein ziemlich
halsbrecherisches Finale, denn der Steilhang, den es zu
traversieren gilt, fällt direkt ab zu der Bahnstrecke, die
unterhalb entlang führt. Ein ganzes Stück gehen wir nolens volens
an und auf den Gleisen, bis aus einem Tunnel der vermeintliche Weg
wieder auftaucht. Unbeschwert gehen wir das letzte Stück gegen
Ringelshain. Alsbald merken wir, dass auch dieses ein Stück
Weideland ist (einerseits begrenzt durch den Bahndamm), auf der
aber keine Tiere stehen, die sind auf einer Nachbarkoppel zugange.
Als wir in Ringelshain das Gelände durch ein offenes Tor verlassen
wollen, baut sich ein ruppiger Landwirt mit schwerem Gerät vor uns
auf und jagt uns zum Teufel. Auf sehr abenteuerliche Weise gelingt
es uns, auf Schleichwegen der Falle ohne großen Umweg zu
entkommen. So nimmt die Tour ein relativ ungemütliches Ende.
Man kann ja nun hin und her diskutieren, ob es statthaft ist,
riesige Areale samt Wegen einzuverleiben und ob es zulässig ist,
diese (auf eigene Gefahr) zu durchqueren. Verbotsschilder hat man
nicht gesehen. In Wandergebieten ist es häufig so, dass Wanderwege
ganz offiziell durch verschließbare Tore oder Übersteighilfen
zugängig sind, ganz zu schweigen von Skandinavien, wo das Jedermannsrecht
gilt. Aber diese Zustände und Umgangsformen, die sich hier und
heute etablieren, sind wohl Ausdruck des neuen Zeitgeistes und der
damit verbundenen Form von Freiheit. Nur weiter so.
Nach den Erfahrungen dieser Wanderung sucht man sich den Rückweg
dann doch besser über Kunwald.
(Die Bilder sind z.T. unter günstigeren Witterungsbedingungen
entstanden)
Die GPS-Daten zu dieser Tour finden sich hier.
Kirche Ringelshain
In Neusorge
Wiesental im Johnswald
Der romantische Friedhof von Johnsdorf
Einsiedelei bei Johnsdorf
Basilika von Deutsch Gabel
Blick über Deutsch Gabel
Schloss Lämberg
Das Breda'sche Lustschlösschen. Leider ist der romantische Park nicht zugänglich. Wie wir hören, hat der Staat das Grundstück wieder gekauft, aber kein Geld übrig für die Restaurierung
Für die letzten Kilometer bis Ringelshain haben wir eine unglückliche Wegvariante gewählt
Für mich interessante Tour, speziell die Einsiedelei. Kenne ich leider alles noch nicht, werde versuchen, im Frühjahr diese Tour zu gehen, aber gleich den letzteren Weg. Tolle Bilder, danke.
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