Die Wintermonate
nutzen wir, die Oberlausitzer Heimat kennenzulernen. Heute stehen
der
Sornßiger Berg, der Steinberg, der Hochstein, der Kötzschauer Berg
und der Bubenik auf dem Programm. Als Ausgangspunkt wählen wir
Großdehsa und begeben uns zunächst zu der Anhöhe am Fuß des
Richterberges. Man erhält einen großzügigen Überblick über die
östliche Oberlausitz sowie nach Süden hin in Richtung Kottmar.
Der überwiegende
Teil der Wanderung vollzieht sich im Wald, so dass nur selten mit
Aussicht zu rechnen ist. Interessant sind vielmehr die
Felsformationen am Sornßiger Berg, am Steinberg und natürlich am
Hochstein. Die Felsgebilde bestehen aus Zweiglimmergranodiorit,
welches den allgemeinen Informationsquellen zufolge schlecht
verwertbar ist. Der positive Nebeneffekt ist demzufolge das
mangelnde
Interesse an der Rohstoffgewinnung und damit die Erhaltung der
Landschaftsgestalt.
Auf dem weiteren
Weg
zum Hochstein unternehmen wir einen kurzen Abstecher zum Gipfel
des
Steinberges. Ein Wanderfreund erhielt den nützlichen Hinweis, dass
dort aufgrund eines Holzeinschlages eine ausgezeichnete Aussicht
vorzufinden wäre. Der Tipp war goldrichtig. Von den Felsen am
Gipfel
überblickt man das Cunewalder Tal. Über dem Höhenzug des Bieleboh
erscheint in der Ferne die markante Kette des Lausitzer Gebirges
bis
hin zum Hohen Schneeberg in der Böhmischen Schweiz. Der
Aussichtsposten ist – so lange sich der Waldbestand nicht wieder
geschlossen hat – vorzüglich.
Der Steinberg
spielte im übrigen
eine wichtige Rolle in der Schlacht bei Hochkirch im
Siebenjährigen
Krieg, wovon auch der sogenannte Kriegsweg südlich des Hochstein
kündet.
„Daun nahm
abermals ein festes Lager in einer geringen Entfernung von
seinem
vorigen, und die Preußen lagerten sich bey Hochkirch. Die
Sicherheit
dieses Lagers hing von der Behauptung der sogenannten Steinberge
ab,
die der Preußische General Retzow den Auftrag hatte zu besetzen;
er
fand sie aber schon im Besitz der Österreicher. Der König sandte
ihm durch den Flügel-Adjutant Götzen Befehl zu, diese zu
vertreiben, in der Meinung, es sei die Nachhut des Feindes.
Allein
das Kaiserliche Grenadier-Corps stand auf diesen Bergen; und
zwar in
einer kleinen Entfernung vom rechten Flügel der Hauptarmee.
Dieser
Umstand machte den Angriff dieses Postens mit einigen wenigen
Bataillonen schlechterdings unausführbar. Friedrich war jedoch
mit
solchen Beweisen der Unmöglichkeit nicht zufrieden, und
wiederholte
den Befehl mit dem Zusatz: Retzow sollte ihm mit seinem Kopf für
den
Angriff haften. Dieser Feldherr, von der Potsdamer Kriegs-Schule
gebildet und grau geworden, hatte von dem Gehorsam eines
Kriegers
sehr hohe Begriffe; er glaubte aber hier in einem der seltenen
Fälle
zu seyn, nicht gehorchen zu dürfen. Seine Antwort war: seinen
Kopf
lege er zu des Königs Füßen, dessen Befehle ihm heilig wären,
aber noch heiliger wäre ihm sein Gewissen; er könne es nicht vor
Gott und vor der Welt verantworten, ohne den mindesten Nutzen so
viele tapfere Menschen aufzuopfern; er würde nicht angreifen,
und
überließe alles übrige dem Willen Sr. Majestät. Hierauf wurde
ihm
als Gefängling der Degen abgenommen.“ [*]
In Wirklichkeit
konnten sich der Preußenkönig und seine Generäle aber nicht
vorstellen, dass die Österreicher unter dem als zögerlich
bekannten
General Daun angreifen würden. Ein verhängnisvoller Fehler.
„Der Tag war
noch nicht angebrochen und im Dorfe Hochkirch schlug es fünf,
als
der Feind vor dem Lager erschien. Es kamen ganze Haufen
auserwählter
Soldaten bey den Preußischen Vorposten an, und meldeten sich als
Ueberläufer. Ihre Anzahl wuchs so schnell und so stark, daß sie
bald Vorposten und Feldwachen überwältigen konnten. Das
Oesterreichische Heer, in verschiedene Haufen getheilt, folgte
der
Vorhut auf dem Fuß nach, und nun rückten sie colonnenweise von
allen Seiten ins Preußische Lager ein. Viele Regimenter der
Königlichen Armee wurden erst durch ihre eigenen Kanonenkugeln
vom
Schlaf aufgeschreckt; denn die anrückenden Feinde, die
größtentheils
ihr Geschütz zurückgelassen hatten, fanden auf den schnell
eroberten Feldwachen und Batterien Kanonen und Munition, und mit
diesen feuerten sie ins Lager der Preußen“. [*]
Die Schlacht bei
Hochkirch ging am 14. Oktober 1758 für die Preußen verloren. 9.000
preußische Soldaten und 8.000 Österreicher ließen ihr Leben auf
dem Schlachtfeld, ohne dass die Österreicher einen entscheidenden
Vorteil erzielen konnten. Sie konnten sich nicht zum Nachsetzen
gegen
die preußischen Truppen entscheiden.
Vermeintlicher
Höhepunkt unserer Wanderung ist der Hochstein.
Aussichtsgelegenheit
bietet der bewaldete Gipfel nicht, aber die hohen bizarren
Felsmauern
sind sehenswert und gewähren Schutz vor dem aufkommenden Sturm
während der hier einzulegenden Pause.
„Der Hochstein
gilt auch als ein bedeutendes Kulturdenkmal in der Oberlausitz.
Auf
dem Gipfel liegen der Rest einer mittelalterlichen Befestigung
von 70
m Länge und viele Teile von Steinfundamenten der Anlage
(Trockenmauer mit Balkenversteifung). Hier führte der alte Weg
von
Bautzen nach dem Gau Zagost vorbei, der von Wuischke aus in der
Senke
zwischen Hochstein und Sornßiger Berg über das Gebirge stieg.
Eine
volkstümliche Überlieferung spricht davon, daß sich hier oben
Raubgesellen eingenistet hatten, die den Verkehr auf der
Paßstraße
gefährdeten. Sie sollen dann durch Löbauer Bürger getötet und
innerhalb der nun als Räuberkirchhof gedeuteten Wälle verscharrt
worden sein. Bezeichnend ist ein alter sorbischer Name für den
Hochstein, nämlich Rubježny hród - Räuberburg.“ [**]
Unerwartet steil
ist
der Abstieg an der Südflanke des Hochsteins hinunter nach Halbau,
welches sich in schöner Lage zwischen Hochstein und Kötzschauer
Berg ansiedelt, der unser nächstes Ziel ist. Hier nun ändert sich
die Gesteinsart und schon am Fuß des Berges passieren wir drei
aufgelassene, mit Wasser angefüllte Steinbruchrestlöcher. Hier
wurde Granodiorit abgebaut. Geologen werden den Unterschied zum
Zweiglimmergranodiorit (siehe oben) sicher kennen. Auf dem Gipfel
des
Berges sieht es aus wie im Zittauer Gebirge, Harvester haben dem
Berg
zugesetzt, die Wege zerfahren und nicht verwertbaren Holzabfall an
Ort und Stelle liegen gelassen. Es darf als kleines Wunder
angesehen
werden, dass man den Gipfelfels mit dem Gipfelbuch nicht gleich
mit
zerstört hat. Das schlechte Karma wird noch dadurch verstärkt,
dass
urplötzlich ein heftiger Regenschauer hernieder prasselt, der
schnell in Schnee übergeht.
Entsprechend
fröstelnd frustriert
verlassen wir den Ort der Traurigkeit und begeben uns auf den
Rückweg, nicht wissend, dass uns aber noch ein schöner Abschluss
der Tour bevorsteht: der ziemlich unscheinbare Bubenik nämlich,
der
zum Landschaftsschutzgebiet Oberlausitzer Bergland gehört.
„Die Erhebung
gehört zu den interessantesten Zeugen des Vulkanismus in der
Oberlausitz. Im Tertiär erfolgten entlang von Spalten, die im
Lausitzer Granodioritmassiv aufrissen, Basaltergüsse. Sie
zeichnen
sich von Kirschau her über die Halbendorfer Horken zum Löbauer
Berg, zum Rotstein und zur Landeskrone ab. Die Basaltsäulen des
Bubeniks, fünf- bis siebenseitig und von rundlicher, gedrungener
Form, beweisen mit ihren beiden gegenläufigen Richtungen, daß
wir
mit zwei Ausbruchsphasen zu rechnen haben. Eine stehengebliebene
Säulenwand am Bruchrand erhielt den Namen Löwenköpfchen.“
[**]
Mit etwas Phantasie ist der Löwenkopf mit seiner Mähne auch unschwer zu erkennen. Von den Hanglagen des Bubenik bieten sich wiederum ein herrliches Aussichtsszenario.
„Die Aussicht ist besonders vom Südgipfel sehr eindrucksvoll. Nur nach Westen wird sie begrenzt durch die nahe, unvermittelt aufsteigende Ostflanke des Czornebohzuges und durch den Kötzschauer Berg. Nach Norden schweift der Blick weit über das Gefilde zum Wohlaer Berg, zum Strohmberg, zur Hohen Dubrau und zu den Königshainer Bergen. Im Osten schaut man in die Stadt Löbau hinein und erkennt dahinter den Rotstein, die Landeskrone und die Herrnhuter Höhen. Wendet man sich südwärts, so ist man überrascht von der Mannigfaltigkeit des Lausitzer Berglandes, das sich über die Höhen von Lawalde, Schönbach und Dürrhennersdorf bis zum Rücken des Kottmars erstreckt. Am Horizont tauchen die Gipfel des Zittauer Gebirges auf und in feinen Umrissen die Jizerské hory (Isergebirge).“ [**]
Auf dem kurzem Rückweg nach Großdehsa zeigt sich die Sonne wieder und zaubert im Wechselspiel von Licht und Schatten herrliche Farbeffekte in die vorfrühlingshafte oberlausitzer Hügellandschaft.
[*] v. Archenholz,
J. W., „Geschichte des siebenjährigen Krieges in Deutschland, Band
2“
[**] Werte der
Deutschen Heimat, Bd. 24 „Zwischen Strohmberg, Czorneboh und
Kottmar“
Die GPS-Daten zu
dieser Tour findet man hier.
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