Freitag, 4. Dezember 2020

Beschwerde von Björn Ehrlich bezüglich des offenen Briefes vom 22. November 2020

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz



Sehr geehrte Damen und Herren,

herzlichen Dank dafür, dass Sie Ihren Beitrag „Corona: AfD-Lob für Zittauer Kritiker“ zunächst in Ihrer Online-Ausgabe veröffentlicht haben. In dieser Ausgabe konnte man - ob nun von Ihnen gewollt oder nicht - unseren verlinkten offenen Brief einsehen, in vollem Umfang und mit den Namen der Unterzeichner. Das ist natürlich auch eine Methode, einen offenen Brief zu veröffentlichen, wenn auch eine ungewöhnliche. Diejenigen Leser, welche davon Gebrauch gemacht haben, konnten jedoch ein Bild von unserem Anliegen und dem, was Sie daraus gemacht haben, gewinnen. So fällt zunächst einmal auf, dass eine unserer Kernaussagen geflissentlich von Ihrem Autor, Herrn Mielke, übergangen wurde. Bei uns heißt es nämlich

„Das Evangelium, die Frohe Botschaft ist unsere Richtschnur, die uns Hoffnung auf Erlösung und den Glauben an das ewige Leben gibt. Und so erwarten wir, dass die Kirche ihre Stimme gegen die Politik der Angstverbreitung durch den Staat und durch die Medien erhebt.“

Wenn Sie schon zitieren, dann zitieren Sie wenigstens vollständig. Wenn Herr Mielke nicht weiß, was das Evangelium verheißt, dann raten wir ihm, sich diesbezüglich von einem Theologen beraten zu lassen.

In diesem Stil ist der ganze Beitrag gehalten. Zitate, dazu noch konjunktivierend, vermischen sich mit der Meinungsmache, die Herr Mielke gegen die Autoren des Briefes initiieren möchte, sodass hier nicht mehr zwischen Kommentar und eigentlichen Inhalten unterschieden werden kann. Das sind Methoden der Propaganda. Als Journalisten sollten Sie wissen, was Propaganda ist. Den diesbezüglichen Erläuterungen der Bundeszentrale für politische Bildung werden Sie nicht widersprechen wollen. Dort lernen Sie:

Charakteristisch für Propaganda ist, dass sie die verschiedenen Seiten einer Thematik nicht darlegt und Meinung und Information vermischt. Wer Propaganda betreibt, möchte nicht diskutieren und mit Argumenten überzeugen, sondern mit allen Tricks die Emotionen und das Verhalten der Menschen beeinflussen, beispielsweise indem sie diese ängstigt, wütend macht oder ihnen Verheißungen ausspricht.“ 

Genauso ist Ihr Beitrag aufgebaut. Es ist ein Eklat, dass Sie durch die Aufmachung (Titel) Ihres Artikels die Unterzeichner in die Nähe einer politischen Partei rücken. Dazu darf ich Ihnen sagen, dass wir am 24.11.2020 allen Fraktionen der demokratisch gewählten Parteien des sächsischen Landtages sowie dem Büro des Ministerpräsidenten unseren offenen Brief zur Kenntnis gegeben haben. 

Dass nun gerade nur die AfD auf dieses Schreiben reagiert hat, das können Sie den Autoren des Briefes schwerlich vorwerfen und genauso wenig können Sie diese in Verbindung mit dieser Partei bringen. Wenn Sie Ihre Arbeit ordentlich im Sinne eines sauberen Journalismus gemacht hätten, dann hätten Sie sich vorher mit den Autoren des offenen Briefes in Verbindung gesetzt und deren Motivation und Hintergrund hinterfragt. Sie könnten sich da ein Beispiel nehmen an der Redaktion der christlichen Nachrichtenagentur Idea, die nämlich genau das getan hat, bevor sie einen eigenen Beitrag zu diesem Thema veröffentlichte. Was dabei herausgekommen ist, können Sie der Anlage zu diesem Schreiben entnehmen. Einer mutmaßlichen politischen Verortung der Zeichner des offenen Briefes wird nämlich damit jegliche Grundlage entzogen.

Der größte Skandal in Ihrem Artikel ist jedoch, dass Sie einzelne Unterzeichner des Briefes persönlich herausstellen. Damit verfolgen Sie zweifelsfrei eine besondere Absicht. Alle Unterzeichner stehen zusammen und wären für jedermann erkennbar gewesen, wenn Sie den Brief vollständig veröffentlicht hätten. Mit dieser Kampagne begeben Sie sich in die Nähe des McCarthyismus. Sie bestärken uns damit nur ein weiteres Mal in unserer Meinung über die Medien, insbesondere der Sächsischen Zeitung. 

Sie haben hier eindeutig eine Grenze überschritten. Als Beleg möge Ihnen dienen, dass wir gerade aus diesem Grunde von verschiedenen Bürgern angesprochen wurden. Ich fordere daher von Ihnen eine Entschuldigung bei den genannten Einzelpersonen sowie eine Richtigstellung Ihrer politischen Auslegung gegenüber den Zeichnern des offenen Briefes. Beides zeitnah und in öffentlicher Form. 

Die Fraktionen des Landtages werden wir wieder in Kenntnis setzen. Zugleich leite ich diese Beschwerde weiter an den Presserat.



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