Dienstag, 9. Februar 2021

Kaltenstein

 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Wir reden im Folgenden über eine Verlegenheitstour für kurze Dezembertage, aber eine recht hübsche, wie wir erleben durften. Ziel ist der Kaltenstein zwischen Olbersdorf und Eichgraben. Erreichbar ist er über den Mittelweg bzw. die Mittelstraße, wie ältere Publikationen ihn bezeichnen.

Von der Böhmischen Vorstadt in Zittau aus verläuft nach Südwesten, immer parallel zu Olbersdorf, die Mittelstraße [unter Zittauern als Mittelweg bekannt]. Als typischer Höhenweg meidet sie die Talaue und quert im Olbersdorfer Ortsteil Städtel das Goldbachtal, von wo an sie als Leipaer Straße bezeichnet wird. Von Zittau bis Olbersdorf überwindet sie auf 4 km Länge einen Höhenunterschied von 100 m und erreicht am Butterhübel mit etwa 330 m die größte Höhe.“ („Werte unserer Heimat“, Bd. 16)

Der von der Mitte des Dorfes [Olbersdorf] aus östlich auf der Höhe gelegene Kaltenstein ist wahrscheinlich in sehr früher Zeit ansehnlicher und eine herrschaftliche Besitzung gewesen, welche später in zwei Bauerngüter getheilt wurde. Seinen Namen hat der Kaltenstein wohl von seiner hohen, kalten, weniger fruchtbaren Lage erhalten“. (Geschichte von Olbersdorf bei Zittau, Gottlieb Korschelt, 1864)

Wissenswert ist, dass am Kaltenstein um 1800 Braunkohle gefunden wurde und man zunächst begann, diese in Schächten unterirdisch abzubauen. Es war eine gefährliche Arbeit, die zahlreiche tödliche Unfälle forderte. Später begann im Olbersdorfer Raum der Abbau der Braunkohle im Tagebaubetrieb, der glücklicherweise mit der Wende sein Ende fand. Noch m Jahre 1984 musste die stattliche evangelische Kirche weichen, sie wurde gesprengt. Ihr Turmkreuz wurde zur Erinnerung an einem Wanderparkplatz am Rande des heutigen Naherholungsgebietes aufgestellt. Noch 100 Jahre zuvor, im Jahre 1893 war auf dem Kaltenstein noch richtig etwas los. Das berichtet uns Alfred Moschkau („Zittau und seine Umgebung“, 1893):

Der Kaltenstein mit grossartiger, weiter Rundsicht, vorher Patrizier-Landhaus, hat seit 1864 gutes Restaurant, Tanzetablissement, Schiessplatz, hübschen Park mit Veranda, Goldfischteich u.s.w. Zu Vereins- und Schulausflügen sehr beliebt“.

Später etablierte sich an diesem Ort eine Jugendherberge und ein Sportplatz. Daran können sich ältere Wanderfreunde noch erinnern. Beide wurden eingeebnet und die Grundstücke sehen heute ziemlich verwahrlost aus. Geblieben ist die schöne Aussicht über Zittau, den Olbersdorfer See (der ehemalige Braunkohletagebau wurde rekultiviert) und vom Mittelweg aus in Richtung Isergebirge.

Den Anfang unserer Tour haben wir an den Parkplatz der Gartenanlage „Höllgraben“ in Hörnitz verlegt. Von hier wandern wir nach Bertsdorf, über die Felder Richtung Jungrinderanlage Olbersdorf (währenddessen sich herrliche Ansichten von Bertsdorf mit dem Breiteberg bieten), queren die Ortslage Olbersdorf und gelangen auf den Mittelweg. Schon von weitem erspäht man am Mittelweg eine riesige Winterlinde, die sogenannte Napoleonlinde. Dieser Baum soll angeblich - folgt man Recherchen der Sächsischen Zeitung - um 1853 auf Geheiß von Napoleon III als Dank an Sachsen für die Unterstützung der französischen Truppen im Befreiungskrieg gepflanzt worden sein. Der Sachsen-Gönich hatte sich wieder einmal auf die falsche Seite geschlagen. Als Tribut wurden 42% des sächsischen Territoriums an Preußen fällig, wodurch es auch zu einer Teilung der Oberlausitz und dem damit verbundenen Ende des Sechstädtebundes kam.

Der Rückweg gestaltet sich über die Ortslage Olbersdorf und das Rekultivierungsgelände des ehemaligen Tagebaus. Mit der Gestaltung des Naherholungsgebietes in pfiffiger Kombination mit der Landesgartenschau Zittau im Jahre 1999 ist den Gemeinden Zittau und Olbersdorf ein glücklicher Wurf gelungen. Allerdings, so muss man klagen, sind diverse Einrichtungen unterdessen verkommen und bilden einen Schandfleck im Gelände, so z.B. die verwüstete Jagdhütte, die vor Jahren noch für private Anlässe gemietet werden konnte. Wenn man sich später nicht mehr darum kümmern möchte, sollte man großzügig auf die Fördermittel für Investitionen verzichten.


Die GPS-Daten zu der Tour findet man hier.





Auf Bertsdorfer Fluren









Vorweihnachtliches am Arme Sünder Weg





Zwischen Butterhübel und Kaltenstein



Napoleonlinde







Turmkreuz der ehemaligen ev. Kirche von Olbersdorf


Auf Bertsdorfer / Hörnitzer Fluren






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