Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Die voraussichtlich letzte Programmwanderung des Jahres führt uns zum Lichtenberger Teich / Lichtenteich (Světlík) und zu Petružalkas Felsen (Petružálkova skála). Die sicherste Jahreszeit, um dorthin zu gelangen, dürfte der Spätherbst und der Winter sein, weil der Felsen inmitten weiter Hutungswiesen steht. Recht frische Fladen künden davon, dass die Rinder erst kürzlich in ihre Stallungen heimgekehrt sind.
Ich war nicht zum ersten mal bei Petružalskas Felsen, da man von hier eine grandiose Ansicht des Lausitzer Gebirges genießen kann. Außer Petr Kühn, Herausgeber der Internetseite des Lausitzer Gebirges (www.luzicke-hory.cz), Mathias und mir scheint den Hügel niemand zu kennen. Es ist verlockend, sich hier am Felsen niederzulassen und sich am Panorama zu ergötzen. Allerdings war das Wetter nie so mies, wie heute, so dass es gestattet sei, ein paar Bilder aus besseren Zeiten unterzumischen. Es regnete zwar nicht, aber ein schwerer Dunst hing über der Landschaft.
Zunächst wandern wir von Obergrund (Horní Podluží) hinauf nach Lichtenhain (Světliny), queren die tschechische Bundesstraße 9 und peilen den Ort Lichtenberg (Světlík) an. Von der Anhöhe erkennt man schon die große Holländermühle am Lichtenteich (einige Anmerkungen dazu hier), ein rundum idyllisches Fleckchen. Wie ich hörte, hatte ein Sturm Flügel der Windmühle abgerissen, sie wurden aber repariert und wenn der Eigentümer anwesend ist, kann man durchaus Glück haben und die Flügel drehen sehen.
Wir passieren den Teich und nähern uns den Hutweiden. Alles kreuz und quer ist mit Koppeldraht verspannt. Die Lage ist zunächst aufzuklären, aber kein Rindviech ist weit und breit zu sehen, so dass wir die Zäune übersteigen und zu dem etwa 400 m entfernten Felsen laufen. Das Gebilde sieht etwas technisch zugespitzt aus, aber nur ein kleines Stück Fels schaut aus dem Erdreich. Muldenartiges Gelände am südlichen Hang verrät aber, dass hier einst Basalt abgebaut wurde. Da kann man von Glück reden, dass der oberirdische Teile des Massivs stehen geblieben ist. Westlich unterhalb des Lichtenbergs bereichert malerisch der Bernsdorfer Teich (Velký rybník) das Landschaftsbild.
Wir haben aber ein anderes Ziel und möchten dem Tollenstein (Tolštejn) noch einen Besuch abstatten. Auf halbem Weg dahin entscheiden wir uns aufgrund der ärmlichen Sichtverhältnisse aber anders und wandern zum Kreuzberg bei St. Georgenthal (Křížová hora). Nicht einmal die vertane Chance auf ein frisch Gezapftes böhmisches Bier im Restaurant auf dem Tollenstein kann uns vergrämen. Man muss nämlich damit rechnen nicht eingelassen zu werden, als Menschen zweiter Klasse (gesund, ungeimpft, ungetestet). Eines sollte aber klar sein, wir brauchen die Gaststätten nicht, dieselben aber vielleicht uns.
Ein aussichtsreicher Bergrücken verbindet den Tannenberg (Jedlová) mit dem St. Georgenthaler (Jiřetín pod Jedlovou) Kreuzberg Auf dem Weg dahin zeigt sich nun im Nebel der schöne Fels des Tollensteins mit der Ruine an seinem Gipfel.
„Der Tollenstein ist von Zittau leicht zu erreichen, da man zunächst mit der Bahn bis Warnsdorf fährt (Rückfahrkarte III. Kl. 90 Pf.) und dann mit der böhmischen Nordbahn (1. Zone 10 Kreuzer) bis Grund-Georgenthal. In kaum einer ³/4 Stunde erreicht man den 671 Meter hohen Tollenstein, eine der malerischsten Burgruinen Böhmens mit schöner Aussicht über die südwestliche Lausitz. Schon von fern gesehen, gewährt der pyramidal steil aufsteigende Gipfel einen überraschenden, imposanten Anblick. Der Aufstieg erfolgt in Innozentiendorf, auch Buschdörfel genannt, rechts auf der alten Burgstraße, unweit des Gasthofes „Zum Erzengel". Auf dem Tollenstein residierte in ältester Zeit das mächtige böhmische Dynastengeschlecht der Berka von der Duba. Sie sollen bereits im Jahre 1087 die Burg erbaut haben. Im Jahre 1484 gelangten die Herrschaften Tollenstein und Schluckenau an die Herren von Schleinitz. Da dieselben eine große Anzahl angrenzender Lausitzer Ortschaften erwarben und der Besitz zuletzt 13 ¹/2 Quadratmeilen Flächeninhalt betrug, so benannte man das Ganze mit dem Namen „Schleinitzer Ländchen". Sie blieben im Besitz des Tollensteins bis 1586. Seit 1642, in welchem Jahre die Schweden die Burg mit glühenden Engeln beschossen, ist sie Ruine. Mehrmals ist übrigens die Burg früher von den Sechsstädten belagert worden, denn schon im Jahre 1337 wurde sie von den Zittauern zerstört.
Die gute Restauration befindet sich in dem ehemaligen Burghofe, mitten in den umfangreichen Trümmern. Eine Anzahl hier aufgefundener Altertümer sind im Gastzimmer in Glaskästen zu sehen. Gegenüber von der Restauration ist das Mauerwerk des Rittersaales mit hohen Bogenfenstern. Von einer in neuerer Zeit zugänglich gemachten, aus Phonolith bestehenden Felskuppe über den Mauerresten der Burg hat man eine sehr schöne Fernsicht.“ (G. Korschelt, Zittau und Umgebung und das sächsisch-böhmische Grenzgebirge)
Der Gipfel des Kalvarien-/Kreuzberges ist in wenigen Minuten erreicht. Von oben schaut man über die Stationen des Kreuzweges hinunter auf St. Georgenthal
„Unmittelbar s. bei Georgenthal liegt der granitische Kreuzberg (563 m), früher auch ,,kahle Heide“ u. ,,Kühberg“ (angeblich nach dem daselbst betriebenen Bergbau) geheißen. Der jetzige Name hängt, abgesehen von einer Sage aus der Zeit der Gegenreformation, mit einer Capelle „zum hl. Kreuz" zusammen, welche an der damals noch bewaldeten Kuppe 1764 err. u. 1817 eingeweiht wurde. Die Capelle, das Wanderziel zahlreicher frommer Waller, erhielt durch die Erbauung eines Thurmes an der Hauptfront (1882-1884) u. (1886) durch 3 von Peter Hilzer in W.-Neustadt gegossene Glocken mit schönem Zusammenklang (in B-Dur) eine würdige Verschönerung. In ihrer Nähe (Kalvarienberg) stehen die lebensgroßen Figuren von Christus u. seiner drei Jünger Petrus, Jacob u. Johannes. Man steigt von der Stadtseite in einer schönen Allee zw. den Kreuzweg-Stationen über Stufen bergan zur Capelle u. hat von ihr aus eine prächtige Aussicht, an der sich am 21. Sept. 1779 auch Kaiser Joseph II. erfreute.“ (Dr. F. Hantschel)
Wir gehen den Weg in umgekehrter Richtung zur Stadt. Der Kalvarienberg ist heute vollständig bewaldet, so dass derzeit kein Ausblick auf die Umgebung mehr gegeben ist, aber der monumentale Kreuzweg ist schon etwas Besonderes.
Vom Stadtzentrum St. Georgenthales, dem ich keinen eigentlichen Charme abgewinnen kann, geht es nun nur noch bergab zum Ausgangspunkt unserer Wanderung nach Obergrund.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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