Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Der letzte Ausflug zum Hohen Iserkamm liegt schon eine ganze Weile zurück und ruft nach Wiederholung. In Erwartung schöner Aussichten wählen wir einen warmen Sommertag, auch wegen der mutmaßlich verträglichen Temperaturen, die in 1100 m Höhe zu erwarten sind. Während es bei der Durchfahrt in Bad Flinsberg (Świeradów-Zdrój) noch recht verschlafen aussieht, sind wir doch erstaunt, dass der Wanderparkplatz unterhalb des Weißen Flins oder auch „Weiße Steinrücke“ (Izerskie garby) genannt, recht belebt ist. Direkt oben am Kamm befindet sich der riesige Steinbruch, der unser erstes Ziel sein soll. Dazu muss man aber erst einmal auf den Kamm hinauf. Der Mittelteil des Anstieges ist recht steil, aber ansonsten ist die gesamte Wanderung über den Kamm recht behaglich.
Bevor wir den Steinbruch Weißer Flins erreichen, stoßen wir zunächst auf die Gebilde der vier Felsgruppen der Abendburg (Zwalisko). „Die Abendburg hat ihren Namen jedenfalls von der mauerartigen Beschaffenheit der Felsen. Nach der Sage sei sie ein verwünschtes Schloss, in dessen goldenen Hallen eine schöne Jungfrau auf Erlösung harre. Vom Gipfel des Felsens bietet sich ein schöner Ausblick“. (Führer durch das Jeschken- und Isergebirge, Theile des Lausitzer und Mittelgebirges, durch Reichenberg und Umgebung. Franz Hübler, 1902)
Der Steinbruch vom Weißen Flins ist von der Abendburg nicht mehr weit entfernt. Was wissen wir darüber?
„Als Nachzügler aus dem großen Schmelzflussbehälter im Erdinnern, aus dem einst der Isergebirgsgranit empordrang, sind Spalten und Hohlräume mit kieselsäurehaltigen heißen Quellen erfüllt worden, deren Ablagerungen zu weißem Quarz erstarrten, denn chemisch ist Kieselsäure‑Quarz ein sehr hartes, schwer schmelzbares Mineral, das durchsichtig, aber oft durch Beimischungen gefärbt ist. Die reinste Quarzart ist Bergkristall. Hauptvorkommen ist Quarzsand. Als Felsart treten Quarzit und Quarzporphyr auf; letzteres Gestein aus dichter felsartiger Grundmasse ist mit Quarz und Feldspatkristallen durchsetzt. Wo der Quarz durch Spuren von Schwermetallen gefärbt ist, bildet er viele Halbedelsteine wie z. B. Rauchquarz, Amethyst, Jaspis, Chalzedon, Achat, Opal, Feuerstein u. a. Minerale, die früher auch im Isergebirge auf der als Edelsteinfundort berühmten Kleinen Iserwiese häufig gefunden wurden. Heute ist die "Schatzsuche" allerdings zwecklos geworden.
Das höchstgelegene Quarzvorkommen im Isergebirge befindet sich in 1088 in Höhe am Ostende des Hohen Iserkammes und wird als "Weißer Flins" bzw. als "Weißer Steinrücken" bezeichnet. Durch ihn kam der nahegelegene Badeort Flinsberg zu seinem Namen, der schon im 16. Jahrhundert "im Flinsberge" hieß. Die wildbrüchigen Quarzmassen, die schneeähnlich ins Queistal hinunter leuchten, liegen auf dem Bergrücken frei zutage. Sie lieferten den "wandernden Glashütten" im Schreiberhauer Tal, die seit 1366 urkundlich bezeugt sind und die je nach dem der Wald um sie abgeschlagen war immer höher hinauf in die großen Isergebirgsforste verlegt wurden, durch Jahrhunderte den Urstoff der Glasbereitung. Auch die 1842 gegründete Josephinenhütte hat hier noch eine Zeitlang Quarz für die Glasfabrikation brechen lassen, wovon ein aufgelassener Steinbruch Zeugnis gab. Neuerdings soll das Quarzvorkommen von den Polen ausgebeutet werden.“ („Die Quarzgänge des Isergebirges“, Erhard Krause)
Aber auch die Polen haben den Steinbruchbetrieb schon lange eingestellt und alles stehen und liegen gelassen, was unbrauchbar erschien. Es lohnt sich jedoch, diesen Steinbruch mit der gebotenen Vorsicht zu besichtigen. Eine gigantische Risswunde wurde dem Berg hier zugefügt, aber man sieht wunderbar die Schichtungen der Mineralien im Gestein. Von den Halden bieten sich herrliche Ausblicke in die schlesische Ebene und zum Riesengebirge.
Es geht noch ein Stück bergan, über einen Seitenpfad erreicht man nun den höchsten Punkt des Isergebirges, den Hinterberg (Wysoka kopa). Markiert ist er lediglich durch eine Steinpyramide. Im Winter lugt nur ihre oberste Spitze aus dem Schnee. Das moorige Plateau ist in diesem Jahr ziemlich ausgetrocknet. Dieser Teil des Hohen Iserkammes warf doch früher etliche Fragen auf, einerseits wegen der Vermessung, andererseits wegen der Namensgebung. Heute ist jedoch klar, dass der Hinterberg mit 1126 m die höchste Erhebung des Isergebirges ist, daneben liegen am Hohen Iserkamm noch der Cornelsberg (Przednia kopa) mit 1114 m und die Blauen Steine (Sine skalki) mit noch einmal 1122 m. Aber was ist eigentlich mit der durch die Köpfe geisternden Grünen Koppe? Nach der Karte von Josef Matouschek ist damit die gesamte Passage zwischen Hinterberg und den Blauen Steinen gemeint, wahrscheinlich begründet durch die komplette Ansicht des (grünen) Höhenzuges aus dem Tal des Queis (Kwisa).
Höhepunkt der Wanderung sind die Blauen Steine. Von ihrem Abhang bietet sich eine weite, berührende Aussicht über (fast) das gesamte Isergebirge bis hin zu den Bösigen und dem Kosakow, die wir heute am Horizont ausmachen können. Ganze Scharen von Wanderern haben sich hier niedergelassen, um dieses gewaltige Panorama auf sich wirken zu lassen. Nur der Umstand, dass man noch andere schöne Orte des Gebirges mit großem Schauwert kennt, lässt einen zögern, das ultimative Urteil zu fällen, es handle sich hier um den schönsten Flecken des ganzen Isergebirges. Von den Blauen Steinen geht es nun zügig abwärts. Der nunmehr noch 6 km lange Abstieg über einen Forstweg zum Parkplatz bietet wenig Aufregendes und ist nur reine Fleißarbeit.
Den GPS-Track zu dieser Tour findet man hier.
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