Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Unsere heutigen Wanderziele befinden sich in der Gegend um Steinschönau (Kamenický Šenov). Der Ort ist umgeben von aussichtsreichen Höhen und Kuppen vulkanischen Ursprungs.
„Der Industrialort Steinschönau dehnt sich längs des Steinschönauer Baches bis zu den Quellen desselben von 350 m bis 510 m Seehöhe lehnan in s. Richtung auf den basaltischen Sonnebergrücken, wird von der (um 1820 geb.) Straße Haida-Kamnitz im Oberorte durchzogen u. zählt gegen 600 H. mit 5000 E., die sich überwiegend mit Glasindustrie beschäftigen. Eine gr. Zahl freundlicher, mitunter prächtiger Wohnstätten gibt Zeugnis von der Wohlhabenheit der Bewohner. Die Steinschönauer Glasindustrie geh. zu den ältesten Böhmens“ (Dr. Hantschel)
Steinschönau hat seinen Glanz durch den Untergang der Glasindustrie weitgehend verloren, jedoch sind die landschaftlichen Schönheiten selbstredend erhalten geblieben, z.B. der Steinschönauer Berg (Šenovský vrch).
„Die Umgebung von Steinschönau bilden eine große Zahl Basaltkuppen, von denen sämmtlich eine mehr o. weniger weite Aussicht sich bietet. Die höchste derselben (642 m) ist der n. in 1 Std. auf bequem angelegtem Wege (seit 1886) zu erreichende Steinschönauer Berg. Das Basaltgerölle bedeckt Gipfel u. Hänge. u. ersterer mußte erst zu Aussichtszwecken geebnet werden; seit 1888 steht daselbst auch ein wetterfestes Schutzhaus, erb. vom Tetschner Geb.-V.. Beim Aufstieg achte man auf botan. Seltenheiten (stachlicher Wildfarn, deutscher Streifenfarn, mittleres Wintergrün, cypressenblättriger Bärlapp. Die Aussicht ist umfassend.“ (ebenda)
Festzuhalten bleibt, dass das Schutzhaus verschwunden ist und die Aussicht über Steinschönau nur noch von einem Felssporn aus besteht. Der Rest des schön geformten Gipfels ist mit Buchenbestand besetzt, so dass die Umgebung nur durch die Lücken zwischen den Stämmen wahrgenommen werden kann. Den Steinschönauer Berg begehen wir aber erst zum Schluss der heutigen Wanderung. Wir beginnen mit dem Anstieg zum Sustrich (Rozsocha, nähere Informationen dazu hier). Die Aussicht zu den Höhen des Böhmischen Mittelgebirges und in die Richtung des Rosenberges ist heute phänomenal. Darüber hinaus sprießen in den Gärten und auf den Wiesen die Frühlingsblüher. Über Neu Ullrichsthal (Nový Oldřichov) nehmen wir nun Kurs auf den Sonnebergrücken, ein Bergkamm, der sich von Sonneberg (Slunečná) bis Wolfersdorf (Volfartice) erstreckt. An seiner Westflanke befindet sich, unmittelbar an der Straße von Sonneberg nach Steinschönau gelegen, der Schachen oder auch Schlangenstein (Hadí skála) genannt. Man nehme den Zugang von der Straße, denn der von uns gewählte Aufstieg von Westen her zu dieser Basaltkuppe ist durch das lose Gestein etwas halsbrecherisch. Der Gipfel ist wenig aussichtsreich, aber geeignet für eine ruhige Rast. In der Nähe gelegen ist der Wolfsberg (Obervald), dem ein beträchtliches Aussichtspotential zugeschrieben wurde, heute aber wohl kaum noch Aussicht bietet.
„Der Basalt vom Wolfsberg ist in hohem Grade polar-magnetisch u. es ist interessant, den Tanz zu beobachten, welchen eine Magnetnadel aufführt, wenn man sie rasch über einen Säulenkopf schiebt; schon in einer Entfernung von 19 cm macht sich die Einwirkung auf die Magnetnadel bemerkbar.“ (ebenda)
Zu Füßen des Wolfsberges existierte früher ein beliebtes Ausflugslokal, welches zufälligerweise 1949 abbrannte und bis dato bis zu 600 Gästen Platz bot. Heute erinnern nur noch Mauerreste an dessen Existenz.
Nächstes Ziel ist der Tscheschkenstein (Česká skála), ein steil abfallender Fels an der Nordflanke des Sonnebergrückens, „Eine am nö. Ende des basalt. Sonnebergrückens vorspringende Felsnase mit überraschender Aus- u. Fernsicht, insbes. in ö. Richtung aufs Riesengebirge. Bes. reizend ist das Bild an Nachmittagen, wenn man durch den Wald im Rücken gedeckt, die sonnenbeschienene Landschaft vor sich hat.“ (ebenda)
Ein Naturgebilde von Weltrang ist der Herrenhausfelsen (Panská skála), unser nächstes Ziel.
„Ein kaum 30 m h., mit 500 Schritten zu umgehender, beraster Hügel, dessen uns zugekehrte Seite durch einen Steinbruch aufgeschlossen ist. Das denselben zusammensetzende Gestein ist krystalinisch dichter Basalt von grauschwarzer Farbe, sog. Strombasalt, dessen selten schöne säulenförmige Absonderung diesen unscheinbaren Hügel weltbekannt gemacht hat. Die Säulen, von denen einige 10 bis 15 m Länge haben, sind meist regelmässig, vier-, fünf- o. sechseckig, von ebenen u. glatten Flächen krystallähnlich begrenzt u. stehen senkrecht, wie Orgelpfeifen aneinandergereiht. Durch ihre bedeutende senkrechte Höhe u. bewunderungswürdige Zierlichkeit erinnern sie auffallend an die gleichen Gebilde der berühmten Fingals-Höhle auf der Hebriden-Insel Staffa. Diese Säulen werden vom Besitzer, einem Steinschönauer Insassen, zu verschiedenen baulichen Zwecken, vorzugsweise zu Prellsteinen, gebrochen. Schmerzlich aber ergreifts den Naturfreund, gedenkt er der Zukunft des Berges, ob es wohl gelingen wird, dies seltene Naturgebilde vor gänzlichem Abbruche zu schützen u. der Nachwelt zu erhalten. Es ist schon jetzt nicht mehr ganz ungefährlich, den Gipfel zu erklettern. Hier standen einst 3 Kreuze, weshalb der Berg auch „Kreuzberg" hieß; jetzt heißt man ihn im Volke auch wohl „Gehirnhausberg" wegen des Liniennetzes, das durch den Zusammenstoß der Säulenkanten auf der Gipfelfläche gebildet wird.“ (ebenda)
Erst im Jahre 1953 wurde der immer noch stattliche Rest unter Naturschutz gestellt. Der Fels wurde konserviert und gilt als das meist besuchte Naturdenkmal Böhmens.
Bevor wir nun den Steinschönauer Berg angehen, freuen wir uns schon auf einen Imbiss in einem der beiden Lokale in Steinschönau und wir können sicher sein, dass die beiden Gasstätten im Ort heute geöffnet haben, so sagen es zumindest die Eintragungen in Mapy.cz. Die eine davon öffnet leider erst 14 Uhr. Zu Essen gibt es hier nichts und die andere hat ganz zu, glücklicherweise, denn sie sieht ziemlich verwegen aus. Da helfen auch nicht die Bewertungen im Internet („Auf den ersten Blick lockt das unansehnliche Gebäude nicht gerade zu einem Besuch, aber der Service ist großartig, das Essen ist ausgezeichnet, ich empfehle es.“). Ich bitte um Rückmeldung nach erfolgreicher Testung.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
Auf dem Weg zum Sustrich
Der Rosenberg, rechts davon die Felsen der Böhmischen Schweiz
Der Steinschönauer Berg
Aufstieg zum Schlangenstein
Der Tscheschkenstein
Auf und am Herrenhausfelsen
Kulinarisches Restaurant in Steinschönau, leider geschlossen
Auf zum Steinschönauer Berg
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