Dittersbach (Jetřichovice) ist ein perfekter Ausgangspunkt für Wanderungen durch die Böhmische Schweiz. Die Kulisse der Dittersbacher Wände nördlich des Ortes ist legendär und läßt das etwas landschaftsuntypische Ortsbild, welches durch einige Profanbauten der Nachkriegszeit aus dem Gleichgewicht gebracht wurde, schnell vergessen. Schon im 19. Jahrhundert war Dittersbach eine beliebte Sommerfrische. Paudler beschreibt sie so :
'Die wichtigsten Partien von Dittersbach kann der Fremde, wenn er Eile hat, sehr gut in einem Tage, ja sogar in einem halben Tage beendigen, er kann sich in Dittersbach aber auch wochenlang aufhalten und der Landschaft jeden Tag immer wieder neue Reize abgewinnen. Das ist ja überhaupt der Charakter unserer nordböhmischen Landschaften, daß sie dem ruhigen, gemüthvollen, aufmerksamen Betrachter und Beobachter ihre zahllosen Reize viel lieber erschließen, als dem Blitzzugsreisenden, der hastend und pustend von Merkwürdigkeit zu Merkwürdigkeit eilt, ja rast, und sich schließlich nicht genug zu brüsten vermag, dass er in sechs Tagen ganz Europa gesehen und in achtzig Tagen eine Reise um die ganze Welt gemacht hat. Eilzugsreisende dieser Gattung werden in unserm Nordböhmen kaum auf die Kosten kommen.'
Wir nehmen uns natürlich ausreichend Zeit für die folgende abwechslungsreiche reizende Wanderung. Etwas südlich von Dittersbach führt ein Wanderweg hinein in den Paulinengrund (Pavlínino údolí), welcher vom Kaltenbach (Studeny Potok) durchflossen wird. Dieser vereinigt sich bei Schemmel (Všemily) mit dem Kamnitzbach fließt dann durch die Kamnitzklamm der Elbe zu. Eingangs des Tales herrscht eine idyllische Stimmung. Im Jahre 2011, als wir diese Wanderung unternahmen, erwartete uns jedoch eine böse Überraschung. Die schwere Überschwemmung im August 2010 hatte die so friedliche Klamm verwüstet. Stellenweise war der Durchgang abenteuerlich, weil sich der Bach einen neuen Weg gesucht hatte und der alte Pfad nicht mehr vorhanden war, Brücken waren aus ihrer Verankerung gerissen und Bäume versperrten den Weg. Mit Ehrfurcht muß man erkennen, welche Kräfte die Naturgewalten freisetzen können. Mit ein wenig Improvisation hatten wir die Klamm jedoch bald hinter uns gelassen. Oben in Rennersdorf (bei den Zwergen) erwartet uns das nächste Ziel.
Hinter dem Hotel Zámeček erhebt sich ein kaum wahrnehmbarer Hügel, der Kreuzberg (Krizovy Vrch), der vom Hotel aus in wenigen Minuten erreicht ist. Obwohl gering an Höhe (408) m, zählt er zu den schönsten Aussichtsbergen der Böhmischen Schweiz, umgeben von einer filigranen Bergwelt. Bezaubernd ist der Blick zu Rosenberg, Kaltenberg, Irigtberg, die Dittersbacher Felswelt und hinüber zur Sächsischen Schweiz. Man plane etwas Zeit ein zum Verweilen. Nach kurzem Abstieg geht es weiter zu den Balzhütten (Na Tokáni). Das Anwesen um die ehemalige Jagdhütte der Familie Kinsky ist heute eine gut besuchte Ausflugsgaststätte im Herzen der Böhmischen Schweiz. Nach einer kurzen Stärkung treten wir den Rückweg an. Er führt uns zu den schönsten Aussichtsfelsen der Dittersbacher Felsen, zunächst dem Rudolfstein (Rudolfův kámen nach Fürst Rudolf Kinsky). Leitern führen zunächst hinauf auf den Fels, auf dem eine Schutzhütte eingerichtet wurde. Auf den letzten Metern muss man ein wenig die Hände zur Hilfe nehmen, dafür wird man oben mit einem Traumblick belohnt. Auf dem steilen Abstieg ins Tal laden auch Wilhelminenwand (Vilemínina stěna nach Fürstin Wilhelmine Kinsky) und Marienfels ( Mariina skála nach Fürstin Marie Kinsky) zu einem Abstecher ein. Auf beiden Felsen bietet sich ein gleichsam spektakulärer Ausblick. Auf den Marienfelsen wurde bereits 1856 eine Schutzhütte errichtet. Sie wurde 2005 durch Feuer zerstört und 2006 wieder aufgebaut. Bei einem weiteren Brand 2006 wurde sie glücklicherweise verschont.
Die Gegend um Dittersbach lädt uns wenigsten einmal jährlich zu einer Wandertour ein. Die beschriebene Tour dürfte zu den Klassikern unter den Wanderungen in Nordböhmen gehören.
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