Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Vor kurzem erhielt
    ich Kunde von der ehemaligen Burg Chlum-Kozlov. Dass diese Burg in
    einem Bereich des Böhmischen Paradies gelegen ist, den ich noch
    nicht kannte, machte die Sache besonders reizvoll. Der Tag versprach
    bestes Frühlingswetter.
Viel Erhellendes
    lässt sich in der Literatur zu dieser Veste nicht finden.
    Bestenfalls bei dem mysteriösen Autor E.B. in dem Buch „Bad
    Wartenberg auf Groß Skal und seine Umgebung“
    „Sehr
      interessant und deshalb eines Besuches besonders
      werth
      ist die Ruine Kozlov. Wie die vielen noch vorhandenen Räumlichkeiten
      beweisen, muß solche sehr ausgedehnt gewesen sein.
      Urkundlich ist darüber nichts bekannt und die
      Geschichte verschweigt die Namen der Erbauer, wie
      der
      Dränger, welche im Besitze der Raubburg wohl durch Befehdungen
      und Wegelagerungen schweres Unglück über Land und Leute
      brachten. Zur Ruine Kozlov
    führen mehrere Wege. Wir wählen den über Bukovina
    und Radec nach St. Anna, von da hinauf zu dem anmuthig
      gelegenen Jägerhause in Pohoi und dann durch
      die Allee über den „hohen Felsen" auf den
      nahen, isolirten Bergrücken, wo die
      Burg
      das Ziel der Wanderung liegt. Ungemein wohlthuend
      wirken auf Auge und Sinn das vieIfach wechselnde
      Panorama, bei jedem Ruhepunkte,
      jeder Wendung Neues bietend und als
      Lohn
      des erreichten Zieles die prachtvolle Fernsicht,
      welche
      bei klarem Wetter bis tief in die reich gesegneten
      Fluren des Leitmeritzer Kreises sehen läßt. Rüstige
      Fußgänger können mit diesem Ausflug
      auch noch einen Besuch der „Rabenfelsen" mit den wunderlichen
      Felsenkammern und den des Berges „der kleine Kelch"
      (kalíšek)
    verbinden. Hier und auf dem hohen
      Felsen standen am 27. Juni 1866 Hunderte von
      Neugierigen und sahen den Kämpfen
      bei Sichrov und Podol zu. Von Kozlov
      kommt man durch die sogenannten Stallungen in kaum
      zehn
      Minuten in das Dorf Podhaj bei Všen…“
    Wir
      haben uns also von Kazanow (Kacanovy)
      auf den Weg gemacht, um diese Burg zu erkunden. Man muss es gleich
      voraus schicken, so wie E.B. das Umfeld schildert, haben wir es
      nicht
      vorgefunden, denn der Felsenkamm um dem Kozlov
      ist heute bewaldet, so dass keine umfassenden Aussichten von den
      Felsen zu erwarten sind. Außerdem ist die von E.B. beschriebene
      Tour von Wartenberg (Sedmihorky) über Bukowina (vermutlich
      das Arboretum bei Waldstein) über St. Anna (Wiskersch) bis Kozlov
      und Všen
     schwer rekonstruierbar, und wenn schon, dann ganz schön
    anspruchsvoll für das 19. Jahrhundert. Zunächst geht es für uns recht
      unspektakulär
      durch frühlingshafte Landschaft dem Kozlow entgegen. Kurz vor
      Erreichen der Burganlage erscheint plötzlich der
      Aussichtspunkt Raisova vyhlídka mit
      Rastplatz, von
      dem sich eine spektakuläre
      Aussicht
      nach Norden mit Jeschkenkamm und Isergebirge bietet. Die blühenden
      Rapsfelder verstärken den
    Augenschmaus
      erheblich. Ein kurzes Stück weiter befinden wir uns plötzlich in
      einem beachtlichen Felslabyrinth, in welchem sich die ehemalige
      Burg mit Resten von Mauerwerk und einigen in den Fels gehauenen
      Räumen verbirgt. Unweigerlich ist man versucht, sich in die
      Verhältnisse zu versetzen, unter denen die ehemaligen Bewohner
      hier
      hausten. Es mag wohl Raubgesindel gewesen sein.
    Weiter wandern wir nach Weschen
      (Všen)
      wo die sehenswerte Kirche der heiligen Philippus und Jakobus
      weithin
      sichtbar am Hang prangt, umgeben von einem sehr gepflegten
      Friedhof. Deutsche Gräber sind mir nicht aufgefallen, wir befinden
      uns hier an
      der Sprachgrenze.
    An den südlich
      ausgerichteten Hängen des Kozlov-Berges
      blüht wie wild der Ginster, dazu der blaue Himmel – es ist ein
      Fest der Farben. In den anliegenden Felspartien haben wir die
      Bösig-Aussicht ausgemacht. Über einen Trampelpfad
      erreichen wir den Felsen schnell, ersparen
      uns Umwege. Tatsächlich,
      das
      schmale Aussichtssegment ist direkt auf die Bösige (Bezdězy)
    ausgerichtet, allerdings
      sieht man nur einen
      Hügel des Doppelgipfels,
      der andere
      ist durch diesen verdeckt. Es ist ziemlich
      warm geworden. Ein Bierchen wäre nicht schlecht, wobei in dieser
      Region schwerlich aufzutreiben. Eine Eingebung lässt uns einen
      Schwenk nach Wolleschnitz (Olešnice) machen und was soll ich
      sagen?
      Aus dem Hospoda Olešnice reichen zwei überaus betriebsame Damen
      das
      köstliche Getränk nebst einfachen
      Speisen heraus und die Biergarnituren vor dem Kneipe sind gut
      belagert von Einheimischen, mitten in der Woche.
    Es
      ist Zeit,
      den Rückweg nach Kazanow anzutreten. Wir haben einen Weg
      ausgesucht,
      der durch ein kleines
      Gebirgstal läuft, in dem sich die herrlichen Grundstücke von
      Skalany gruppieren. Der Ort gehört zu Wiskersch (Vyskeř).
      Wenn man gut aufpasst, kann man die auf einem Basalthügel
      thronende
      Kapelle der Hl. Anna in Wiskersch gut sehen.
    Eigentlich könnte man nun eine
      Straße hinunter nach Kazanov nehmen, aber wir verordnen uns noch
      den
      Umweg hinauf zum alten,
    abgelegenen
    Fachwerkbauernhof
    Kopicův statek aus dem 18. Jahrhundert. Es ist eines der
    interessantesten Beispiele der Volksarchitektur des Isergebirgstyps.
    Ich habe hier noch nie jemanden angetroffen, aber das Gehöft
    hinterlässt einen sehr gepflegten Eindruck. In der Felsenschlucht,
    die zu dem Bauernhof hinauf führt, findet man (nach der
    tschechischen Wikipedia)
    17 filigrane Reliefs, mit denen sich der frühere Eigentümer des
    Hofs Vojtěch Kopic hier verewigte. Heute würde man das
    wahrscheinlich als Frevel an der Landschaft geißeln, aber dieses
    Areal wird vom tschechischen Denkmalschutz seit 2017 als Schutzzone
    ausgewiesen.
    Von hier geht es nun
    endlich bergab zurück nach Kazanow, das letzte Stück über eine
    herrliche Bergwiese. Der Weg endet genau am Friedhof des Ortes, wo
    wir unsere Fahrzeuge abgestellt haben.
    Die
      GPS-Daten zu dieser Wanderung findet man hier.
Hübsches Restaurant und
        Fahrradtreff in Kazanow – Restaurant
      Králíček
Ausschau von
      der Raisova Aussicht
Die
      Reste der Burg Chlum-Kozlov
Felsen am Berg Kozlov
Kirche und Friedhof in Weschen
Der Frühling dreht voll auf
An der Bösig-Aussicht
Impressionen aus Wolleschnitz
Über Skalany thront die Kapelle der Hl. Anna in Wiskersch
Die Werke eines unbekannten Hobby-Bildhauers sind nicht zu
      verwechseln, mit den Felsreliefs von Vojtěch Kopic
Die Felsreliefs von Vojtěch Kopic
Das Gehöft
      Kopicův statek

 
 
Das ist je eine tolle Tour;)
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