Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Aufdringlich und solitär steht er in der Landschaft, der Roll (Ralsko). Oft fährt man an ihm vorüber auf dem Weg ins Kummergebirge oder in die Daubaer Schweiz. Es wird Zeit, ihm selbst wieder einmal einen Besuch abzustatten. Das Wetter passt auch. Man kann weit blicken, ein Vorteil bei der Besteigung des Berges. Die Reise beginnt gleich mit einer Attraktion. Wir stellen am Parkplatz zum „Donnerloch“ (Průrva Ploučnice) oder auch „Höllenschlund“ in Neuland am Roll (Noviny pod Ralskem) die Fahrzeuge ab. Das Donnerloch ist eine Attraktion.
„Der Polzenbach läuft am Fuße des Rollberges zunächst zwischen hohen Sandsteinwänden durch, ungefähr 50 m lang, wendet sich sodann im rechten Winkel und durchfließt einen 13 m langen, ungefähr 3¹/2 m breiten, in Stein gehauenen Tunnel, sodann auf etwa 10 m eine offene Schlucht und tritt endlich neuerdings in einen 41 m langen Tunnel ein, der 3¹/2 m breit und 4 m hoch ist. Diese beiden Tunnel sind mit der Spitzhacke in den Sandstein ausgehauen. Und zwar geschah dies vor mehreren Jahrhunderten, um ein links von seinem Ausgange errichtetes Hammerwerk zu treiben, und tatsächlich sind in dem Garten unterhalb des Felsens heute noch Eisenschlacken zu finden. Die Stauung des Wassers wurde bewirkt durch eine Reihe von 5 Wehren, welche in die Felsenwände eingelassen wurden. Noch heute bildet diese Felswand mit dem sich anschließenden hohen Teichdamme gleichsam eine Talsperrmauer, vor welcher sich zu Zeiten der Schneeschmelze und des Hochwassers eine große Wassermenge ansammelt, die unter starkem Getöse und schäumendem Gischt durch die beiden Tunnel hindurchgedrängt wird und am Ausgange einen viele Meter tiefen Tümpel bildet.“ (Heimatkunde des politischen Bezirkes B. Leipa)
In einer Zeit, in der Wagemutige nach den letzten Abenteuern suchen, kann man es erleben, dass Kanuten mit ihren Booten durch das Donnerloch geschossen kommen. Nach Besichtigung desselben beginnen wir mit dem Aufstieg zum Roll. Wir lehnen uns aber zurück und lassen einen gewissen Fritz Günther aus Leutersdorf zu Wort kommen, der schon 1928 seine Erinnerungen an die Besteigung des Berges zu Papier gebracht hat. Die zu erwartenden Eindrücke unterscheiden sich nicht von den heutigen. Die Frage ist nur, über welchen Weg man aufsteigt. Wir haben einen kerzengeraden Pfad gewählt, der zwar kurz, aber extrem steil ist.
„Viel wird vom Roll erzählt, wenige haben ihn erstiegen, außer den Niemesern. Die setzen ihre Ehre drein. Von all den hohen Kuppen des Lausitzer Gebirges und den Erhebungen um Oybin ist der Roll zu erblicken. Wuchtig reckt er sich empor, breit lagert er sich in die Landschaft und wölbt eine feine Kuppe, die durch ihre Ebenmäßigkeit das Auge des Beschauers fesselt. Über zu starken Besuch kann der Roll nicht klagen. Daran ist seine isolierte Lage schuld. Er liegt wie ein vergessenes Juwel neben kleineren Erhebungen, denen er allerdings seine Majestät deutlich werden läßt. …
... in alten Erinnerungen verwoben, stapfte ich meinen Weg über die Basaltsteine, die das Gehen wahrlich nicht erleichtern, und die mir nun auch verrieten, warum der Roll weniger besucht wird als andere Berge. Und ich muß auch eingestehen, daß seine Besteigung nicht immer angenehm ist für solche, die im Bergsteigen ungeübt sind. Könnte sonst ein wundervoller Weg sein, der an die Lausche gemahnt, wenn einigermaßen nur für gute Bahn gesorgt würde. Endlos schier zog sich der Pfad hin, kein Ende wollte er nehmen. Hinter dickem Gesträuch und hohen Buchen verbarg sich der Gipfel und erhöhte so die Erwartung.
Endlich bog der Weg nach rechts ein. Aber er wurde nur noch schlimmer. Glatt geschliffenes Gestein, lange Schutthalden, zahlreiche verflochtene Wurzeln, wie Schlangenleiber so glatt, erschwerten das Vorwärtskommen - da stand ich endlich vor senkrechten Felswänden. Das war der Gipfel.
Längs der Wand schritt ich dahin und stieg dann über Felsentrümmer in die Ruine. Ganz aus Basalt wie der Berg. Heute noch fest und zäh zusammenhängend. Einzelne Räume sind noch erhalten in den Grundmauern, überall lugt das Blau des Himmels in das erstorbene Leben, das einst hier oben herrschte. Die Burg war uneinnehmbar. Das sieht auch der in Kriegskünsten Unerfahrene. …
...Die hier oben hausten, hatten aber eins vor allen anderen voraus: die unvergleichlich schöne Aussicht. Da grüßt das Geschwisterpaar der Bösige, der Jeschken, die Berge vom Hochwald zum Tannenberge, das Kummergebirge, die Teiche um Hammer. Wie bunte Teppiche zeigen die Felder ihre Farbenglut, und Steinbaufiguren gleich lehnen sich die menschlichen Siedlungen ins Gelände. Hier oben in freier Luft zu atmen, das ersetzt viele andere Genüsse aus dem Tale.“ („Du meine Lausitz, Streifzüge durch die Südlausitz und das nordböhmische Grenzland“)
Der Ursprung der Burg geht wohl auf das 12. Jahrhundert zurück. Uneinnehmbar war sie aber nicht, denn im Jahre 1468 stürmten die Zittauer die Burg, da ihnen die Raubzüge des Wartenberger Raubgesindels, die von hier gestartet wurden, leid waren. Sie erschlugen die Wachmannschaft und hielten die Burg eine Weile besetzt. Anschließend verfiel sie und wurde wüst.
Nachdem wir gerastet und uns an der „Farbenglut“ (der Raps blüht gerade) ergötzt haben, verlassen wir den Berg auf der anderen Seite in Richtung Niemes (Mimon) und haben einen besonderen Plan. Bevor es richtig in die Tiefe geht, passiert man im oberen Drittel einen beeindruckenden Sandsteinquader, der sich in mehrere steile Taleinschnitte gliedert und sich vor dem Rollmassiv wie eine Wacht aufbaut. Die Felsen hören auf so klangvolle Namen wie Wiesensteine, Fuchssteine, Katzenstein oder Predigtstuhl. Die gewaltigen Felsen sind von Eisenlösungen durchsetzt und schimmern in einem Farbspektrum von Weiß bis Rot. Durch eine dieser Klüfte wollen wir absteigen. Da das Ende des steilen Geländes nicht einsehbar ist, entscheiden wir uns im Sinne unser morschen Knochen, dann doch lieber den offiziellen Wanderweg zu nehmen. Pech hat leider unser Wanderfreund D., der vorauseilend schon einmal nach unten gestürmt ist und also wieder hinauf kraxeln muss. Wir begnügen uns mit dem Besuch der Julienshöhe (Juliina vyhlídka), einem künstlich angelegten Aussichtsplateau, welches Graf Franz von Hartig für seine Gattin Julie anlegen ließ (1822). Von diesem genießt man einen schönen Ausblick zu Kummer- und Lausitzer Gebirge. Die gesamte Felsformation, die sich vor dem Rollberg auftürmt, nennt man auch auch Rabendorfer Felsen (Vranovské skály), benannt nach dem vorgelagerten Ort Rabendorf (Vranov).
Vom Rest der Tour ist schnell berichtet. Auf der Suche nach etwas Flüssigkeit, steuern wir Niemes an und frisch verköstigt laufen wir durch flaches Gelände entlang der Polzen zurück nach Neuland.
Die GPS-Daten zur Wanderung findet man hier.
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