Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Bald endet die Sommerzeit und die Tage werden „kürzer“. Traditionell führt und die letzte Wanderung der Saison in die Wälder des Isergebirges. Dieses mal ist es nicht der Wunsch, weite Aussichten zu erleben, sondern wir möchten uns an der Farbenpracht der herbstlichen Buchenwälder erfreuen, die den Nordhang des Gebirges bedecken. Die heutigen Witterungsverhältnisse lassen ein großartiges Spektakel erwarten. Als Ausgangsort für die Wanderung haben wir uns den Ort Ringenhain (Větrov) ausgesucht, heute ein Ortsteil von Friedland (Frýdlant v Čechách). Von Ringenhain wandert man gern zunächst durch das Gebirgsvorland den Höhen entgegen, diese immer vor Augen habend. Wir sind schon ein gutes Stück auf einem Feldweg unterwegs, der beidseitig von Koppeln flankiert wird. Neugierig beäugen uns die Rinder, die vom Elektrozaun respektvoll Abstand halten, als uns ein Landwirt verscheucht, der uns partout nicht passieren lassen will. So müssen wir nolens volens einen längeren Umweg auf der Landstraße in Kauf nehmen. Der uns zum Trost einen schönen Blick auf das Schloss Friedland ermöglicht. Ein Besuch desselben ist immer ein Erlebnis (aber nicht in Verbindung mit einer Wanderung wie der heutigen)
„Wie verwachsen mit dem ihn tragenden schwarzgrauen Basaltfels erscheint der massige Bau, der aus dem Ring standhafter Wehrmauern und des grün überwucherten Wallgrabens in breiten Fronten, mit steilen Dächern, spitzen Giebeln und trutzigen Tor- und Wehrtürmen zu schwindelnder Höhe steigt, überragt noch von dem mächtigen runden Bergfried, der stolz und ernst zu den Wolken sich reckt.“ (aus: Friedland - des Schloss Wallensteins)
Wir wandern auf ungeplantem Umweg bis zu den Nichthäusern, die am Fuße der Hemmrichgruppe, einem westlichen Ausläufer des Isergebirgskammes liegen. Dieser Kamm ziert sich mit mächtigen Granitfelsen, die bizarre Formen aufweisen. Durch diese Felslandschaft wurde ein Naturlehrpfad (Oldřichovské háje a skály) angelegt, der normalerweise am Buschullersdorfer (Oldřichov) Sattel auf der Südseite beginnt und von dort begangen wird. Davon erfahren wir aus „Wanderungen um Reichenberg: Erinnerungen an eine unvergessene Landschaft“ von Josef Preussler:
„Nun klettern wir im Zickzack dem steinigen Pfad nach und erreichen in einer Felsrinne den Kamm. Zwischen gewaltigen Granit-Türmen und ungeschlachten Blöcken stehen hohe Buchen- stämme, grau wie die Leiber der Steine, und breiten über uns ihre grünen Schirme, durch die des Himmels Bläue mühsam äugt. Nur dort, wo Felsenspitzen die Astwirrnis durchstoßen und beiseite drängen, fällt das Sonnenlicht ein und flutet auch ein wenig unter die Kronen. Wir sind mitten in den Gruppen der Kahlsteine. Zwischen hochragenden Säulen und Obelisken drücken sich breit und niedrig geformte Blöcke an den Boden. Während nördlich der Blick über mählich abfallendes Gelände ins Friedländische gleitet, ist südwärts die Sicht verschleiert. Wir müßten da die Zinnen der Kahlsteine oder unweit von ihnen die Köhlermütze erklettern, die dem Blick freie Bahn ins Görsbachtal oder gegen den Haindorfer Kamm schenken…. Wir halten Zwiesprache mit den uralten Blöcken, an denen das Moos hinanklimmt. Auf niedrigeren wuchert Heidelbeerkraut und da und dort faßt auch eine junge Buche festen Fuß. Die grauen Klötze blühen im schmeichelnden Sonnenschein in allen Farben.“
Nachdem wir von Norden heraufkommend den Lehrpfad erreicht haben, beginnt die Suche nach dem legendären Fels Gorillakopf, aber vergeblich, der steht weiter unten Richtung Hemmrichsattel. Die mächtigen Felsgebilde der Kahlsteine (Lysá skála) entschädigen dafür aber hinreichend, Der Weg führt nun ein Stück talwärts zum Burgstein (Skalní hrad).
„Sehr felsig sind auch die Nordhänge des Grub- und Nesselberges. Als größte Felsmasse entragt dort der langgestreckte, durch einen sehr breiten Kamin zwiegespaltene Burgsstein dem Nordrücken des Grubberges. Von der Kammbuche zwischen Scheibe- und Grubberg führt ein Steig am Nordwesthange des Grubberges bis auf die geräumige Plattform des leicht zugänglich gemachten Burgsteines. Er ist zwar kein eigentlicher Kletterfels, aber gleich den Kahlsteinen einer der besuchenswertesten Anssichtspunkte in diesen Vorbergen.“ (Wandern und klettern: Ein Heimatbuch für Bergfreunde, Rudolf Kauschka)
Josef Matouschek (siehe auch hier und hier) beschreibt den Burgstein als einen „Felsenhaufen, auf dem in früheren Zeiten ein »Holzgestell« gestanden haben soll, um als Auslug für Wegelagerer zu dienen, die von hier aus einen großen Theil des alten Friedländer Weges zu überblicken vermochten. In der That finden sich auf den Felsen heute noch künstliche Vertiefungen vor, welche den Balkenenden als Grundlage gedient haben mögen.“
Es gibt nun zwei Möglichkeiten: entweder von der Kammbuche (Hřebenový buk) den Weg ins Tal zu suchen oder den Spitzberg (Oldřichovský Špičák) noch mitzunehmen. Wir entscheiden uns für letzteres, denn wir genießen ausgiebig die wunderschöne Laubfärbung und die Felsen, die den Weg säumen. Auf Leitern geht es dem Gipfel entgegen. Der folgende Abstieg wird mit dem Durchklettern eines Felsentores eingeleitet, dann geht es nur noch talwärts. Bleibt noch die Frage, ob die Wege zurück nach Ringelshain über die Wiesen wieder unpassierbar sind. Glücklicherweise kommen wir aber ungehindert durch. Allerdings landen wir in einem Gehöft, aus dem wir uns klammheimlich hinausstehlen.
Solche Tierchen versperren einem häufig den Weg über die Fluren
Schloss Friedland
Im nördlichen Isergebirgsvorland
Im Herbswald der Hemmrichgruppe
Station des Lehrpfades durch die Felsen der Hemmrichgruppe
Aufgang zum Burgstein
Aussicht vom Burgstein
Zaunsäulen des ehemaligen Clam-Galls‘schen Wildgeheges
Hinauf auf den Buschullersdorfer Spitzberg
Abgang durchs Felsentor
Zurück in Ringenhain
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