Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Die letzten drei Tage erfreute uns eitel Sonnenschein mit schöner Sicht, aber frischen Temperaturen. Zeit also, wieder einmal zu einer „richtigen“ Wanderung in die nordböhmischen Gefilde aufzubrechen. Wie bestellt legte sich jedoch über Nacht wieder der Nebel über das Land, so dass die Erwartungen ein wenig zurück geschraubt werden mussten. Vorsorglich haben wir jedoch neben den landschaftlichen Leckerbissen noch ein paar stationäre Glanzpunkte in die Tour eingebaut, die zur Kompensation gedacht sind.
Es geht also los an den Kunnersdorfer Teichen (Kunratické rybníky). Wir wandern zunächst in Richtung Limberg (Jezevčí vrch) und schauen bei den Dreihäusern (Třídomí) nach, ob der Schrottplatz mitten im Wald endlich mal beräumt ist. Das ist nicht der Fall, ganz im Gegenteil, hier liegen ohne Aufsicht ziemlich verwendbare Autoreifen zur Abholung gestapelt, sogar frisch mit Kreide gekennzeichnet. Wer also Bedarf hat… (man müsste von hinten herankommen, weil vorne alles mit Karossen zugestellt ist).
Ein kurzer, steiler Anstieg zum Ringweg um den Limberg lässt sich nicht vermeiden. Wir möchten zur Südseite des Berges gelangen, der hier von einer weiten, sanften Wiesenlandschaft umspannt wird, die schöne Aussichten auf die wellige Gegend zwischen Urteilsberg (Ortel), Kleis (Klíč) und Grünberg (Zelený vrch) verspricht. Heute kann man die Berge im Dunst nur erahnen. Wir orientieren uns an den Hermsdorfer Feldhäusern (Polní domky). Die verstreut in der Einsenkung zwischen Limberg und Schmiedsberg (Kovářský vrch) liegen. Früher sollen es einmal 18 Häuser gewesen sein, von denen der Großteil aber verschwunden ist.
Auf der gegenüber liegenden Seite der Senke führt der Weg hinauf zu einer weiteren, abgelegenen Wiesenlandschaft, der einige Hügel entragen. Der Schmiedsberg ist die höchste Erhebung. Diese idyllische Gegend ist völlig zu Unrecht selten besucht und bietet aus einigen Lagen herrliche Aussichten auf die umliegende Berglandschaft. Wenig findet man in der Literatur über den Schmiedsberg, aber dann findet sich doch in der „Heimatkunde der Gerichtsbezirke Deutsch-Gabel und Zwickau i.B.“ ein Ausruf des Schuldirektors Jos. Fritsche:
„Ich habe diese Perle im Sande vor fünf Jahren entdeckt und habe mich seitdem an ihren Schönheiten und Reizen zu jeder Tages- und Jahreszeit ergötzt. Immer wieder zieht er mich an, wenn mich der Alltag losläßt und nirgends fühle ich mich der Natur so nahe und so verwandt, wie auf dieser stillen, waldumschlossenen Höhe".
Dem kann ich mich
widerspruchslos anschließen. An der Westseite des Schmiedsberges
besteht die Gelegenheit, in ein kleines Seitental abzusteigen.
Dort,
wo dieses in den Zwittebach (Svitava) mündet, befindet sich am
Totenstein (Skála
smrti) ein monumentales Relief, auf dem der Rettungssprung
einer
Jungfrau vor dem Zugriff eines lüsternen Ritters verbildlicht
wurde.
Ein paar rustikale Sitzgelegenheiten laden zur Rast ein, während
der
man das Ambiente auf sich wirken lassen kann, welches besonders im
Abendlicht sehr wirkungsvoll sein soll. Früher konnte man nun auf
einem „schönen staubfreien Wiesenpfade“ in einer halben Stunde
den Hohlstein (Dutý kámen) erreichen. Aufgrund der heute
ungeklärten Wegeverhältnisse nehmen wir den Weg über Kunnersdorf
(Kunratice) dorthin. Gegenüber der Kirche bestaunen wir
farbenfrohe Kristallschöpfungen im Crystal Valley.
„An der Kleingrüner Grenze ragt der romantische Hohlstein auf, seit 1913 „Körnerhöhe" geheißen, nach einem schönen Steinrelief des Dichters und Helden Theodor Körner, das heimische Künstler dort geschaffen. Der südlichste Felsen ist der „Breite Stein" mit Körnerbild, Stiege und Eisengeländer. Die Stiege hat 38 Stufen und ist mit viel Verständnis ganz im Innern des Felsens angelegt, ohne dessen schöne Romantik zu stören. Die astronomisch-geogr. Orientierungstafel der aussichtsfrohen Plattform, mit Windrose und Sonnenuhr von fachkundiger Hand gearbeitet, ist für die umliegenden Schulen ein sehr dankenswertes, oft benutztes Lehrmittel. Die schöne eigenartige Anlage wird wärmstens der Schonung empfohlen!
Der Hohlstein trägt die bekannte ,,Teifelsburg“, anfänglich zu einer Farbenfabrik bestimmt; es kam aber nicht dazu. Ein Besuch des Hohlsteins, mühelos von der Kleingrüner Straße zu erreichen, ist recht lohnend, ja überraschend. Von der stilvollen Steinbank der ,,Karolinenruh“ hat man einen herrlichen Anblick der grotesken Felsen, deren Formen sich besonders beim ,,Butterweck-“ und ,,Orgelpfeifensteine“ malerisch gestalten. Die Szenerie dort ist einzig schön. Der höchste, durchlochte Stein, die ,,Glocke“, wird von der waghalsigen Jugend oft bestiegen. Er zeigt im Süden das Profil eines alten Ritters. An der Kleingrüner Seite ist das ,,Schusterloch“, eine kleine Höhle.“ (Heimatkunde...)
Dr. Hantschel geht mehr auf die geologische Besonderheit des Hohlsteins ein. Es ist „eine mit vielen Höhlungen durchsetzte Sandsteinpartie, die durch einen Steinbruch merkwürdig ist, dessen Wand aus lauter 2 – 5 cm dicken, 4 u. 5 seitigen Sandsteinsäulen besteht, die hin- u. hergebogen mit einander zusammenhängen u. wie hingegossen erscheinen. Ihre Entstehung ist auf den benachbarten Durchbruch feuerflüssiger Basalt- oder Klingsteinmassen zurückzuführen.“
Auf der Plattform des Breiten Steines (Široký kámen) findet sich ein schöner Ruheplatz. Die Aussichten zum Grünberg, dem Kleis und dem Urteilsberg sind aber wegen des herangewachsenen Waldes nur spärlich. Unterhalb befindet sich die in den Fels geschlagene Büste des Freiheitskämpfers und Dichters Theodor Körner.
Wir begeben uns auf den Rückweg in Richtung Kunnersdorf, Das kleine Tal, in dem dieser Ort gelegen ist, ist stellenweise von schönen Sandsteinwänden gesäumt. Als die Bahnstrecke von Röhrsdorf (Svor) nach Deutsch-Gabel (Jablonné v Podještědí) ihren Verkehr aufnahm und die Gegend um Kunnersdorf besser erreichbar war, erwachte auch hier der Tourismus und zur Erhöhung der Anziehungskraft der Gegend ersann man die Bezeichnung "Kunnersdorfer Schweiz". Auf kleinem Areal erlebt der Wanderer schöne Sandsteinformationen. Auch hier haben sich Volkskünstler an einigen Felsen zu schaffen gemacht. So entstand beispielsweise eine romantische Felsenkapelle mit Säulenportal am Eingang eines Hohlweges, der hinauf nach Kleingrün (Drnovec) führt. Weiter oben in einem kleinen Felslabyrinth wurde unter einem Sandsteinüberhang eine Sitzbank eingemeiselt (und in den letzten Jahren renoviert), die den Namen „Karlsruhe“ (Karlův odpočinek) trägt und an den Obmann des früheren Gebirgsvereines Karl Beckert erinnern soll. In der Nähe verbirgt sich an einer Felsgalerie auch die Waltro-Höhle, ein Unterschlupf der Widerstandsgruppe Walter Hofmann, die während des Zweiten Weltkriegs aktiv war. Weit ist es nun nicht mehr zurück zu den Kunnersdorfer Teichen, wo wir die Fahrzeuge abgestellt haben. Die Teiche wurden in den Jahren 1981 – 1983 an stelle eines früheren Teiches angelegt. Der ursprünglich erwogene Bau eines großen Staubeckens wurde nicht umgesetzt. Heute dienen die Teiche der Fischzucht, im Sommer kann hier gebadet werden.
Die GPS-Daten zu dieser Tour finden sich hier.
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