Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Die Gegend um den Roll (Ralsko) mausert sich touristisch. Unterdessen gibt es dazu einen sehr schönen Internetauftritt unter dem Logo „Geopark Ralsko (siehe hier)“. Er wirbt einleitend mit den Worten.
„Der Nationale Geopark Ralsko erstreckt sich auf dem Gebiet des ehemaligen Truppenübungsplatzes Ralsko. Es ist eine Region, in welche die Wildnis zurückgekehrt ist. Zwischen den drei mittelalterlichen Burgen - Ralsko, Bezděz und Děvín - verstecken sich in unendlichen Kiefernwäldern so verlassene Winkel, dass man hier nur die eigenen Gedanken vernimmt.“
Geraume Zeit waren wir nicht in dieser uns – an und für sich – gut bekannten Gegend. Trotzdem gibt es noch Neues zu entdecken, zum Beispiel den Breiten Stein (Široký kámen). Die landschaftlichen Attraktionen sammeln sich um das einstige Nobelkurbad Bad Hammer (Hamr na Jezeře), als da sind das Amphitheater (Divadlo), die Burgruine Dewin (Devin), der Struhanken, der Große Hirschberg (Velký Jelení vrch) und natürlich der Hammerteich.
„Aber auch die sonstige Umgebung von Bad Hammer mit ihren tausenden Hektar schöner Waldungen sucht in ihrer Abwechslung weit und breit ihresgleichen. Die Kreidesandsteinformation, unerschöpflich in pittoresken Felsbildungen, enthüllt sozusagen auf Schritt und Tritt neue Überraschungen. Einzelstehende Felsgebilde wachsen, von schroff aufsteigenden Felswänden getragen, aus dem Talgrunde auf. Ihr größtes, der „BREITE STEIN" trägt auf seinem Rücken eine mehrere Hektar große, idyllisch schöne Waldfläche, die längs ihres Randes rundum auf Schritt und Tritt wundervolle Fernblicke gewährt. Zu dieser Höhe führt, abgesehen von zwei uralten, in den Felsrücken gehauenen „Treppen", deren eine den bezeichnenden Namen „Heidenstiege" führt, nur ein Weg empor.“ („Bad Hammer am See“, Werbebroschüre)
Dieser Breite Stein ist das eigentliche Ziel unserer Wanderung. Wir kennen ihn bisher nur aus der Froschperspektive, während uns die anderen Stationen auf unserer Tour nicht unbekannt sind. Wir beginnen mit unserer Wanderung in Bad Kunnersdorf (Lázně Kundratice), wo sich auch viele Landsleute die Knochen richten lassen. Wir wandern ein Stück durch die Kühtaler (Podvrší) Berge, streifen dabei die Fluren des verschwundenen Dorfes Schwarzwald (mehr dazu hier) und erreichen alsbald den Felsenrund des sogenannten Amphitheaters. Die beeindruckenden Sandsteinformationen sind immer wieder sehenswert. Weiter geht es zum Einsiedlerstein oder auch Struhanken (Stohánek).
„In der Mitte zwischen Hammer und Schwabitz, von beiden Orten je 40 Minuten entfernt, erhebt sich der 396 m hohe Struhanken. über einige 70 Felsstufen kommt man durch eine enge Spalte durch eine Höhle auf den Gipfel. Aus einer viereckigen Höhlung gelangt man in ein Kellergewölbe. Das ist die Behausung der Einsiedler, welche im 18. Jahrhundert hier lebten, bis Josef II. ihrem gottgeweihten Leben ein Ende bereitete. Auf dem Struhanken erhob sich früher eine Holzburg, 1431 von Benedikt von Wartenberg gebaut. Um 1.500 dürfte ein Brand sie eingeäschert haben. Überreste der Felsenburg sind heute noch unschwer zu erkennen.“ (Fritz Günther, „Hirschberg, die Perle Nordböhmens“)
Nach genossenem Ausblick von diesem Felsquader auf das Umland rastet die Wandergruppe in den ausgehauenen Gelassen der alten Burg, bevor sie sich auf den Weg zum Breiten Stein macht.
„Diesen «Breiten Stein« erreichen wir von hier auf einem bequemen Spazierweg: eine Laune der Natur hat hier auf dem Rücken eines allseits steil abfallenden Berggebildes eine recht umfangreiche, von Wald bestandene Fläche geschaffen, von der man nach vielen Seiten eine sehr lohnende Aussicht genießt. Außer dem erwähnten Wege kann man von hier nur mehr über einen auf der entgegengesetzten Seite hinabführenden Felspfad absteigen, den man allerdings stellenweise nur auf einer altertümlichen, in den Fels gehaltenen und daher nicht mehr sehr bequemen Stiege bezwingen kann. Diese Stiege führt uns hinab in jene Waldpartie, in der das »Felsentor« und das ,,Amphitheater“ mit ihren malerischen Felsbildungen und ihrem einzig schönen Ausblick auf den Jeschkenzug das Auge entzücken.“ („Bad Hammer am See“,Jahrbuch des deutschen Gebirgsvereins für das Iser- und Jeschkengebirge, 1911)
Über diese sogenannte Heidenstiege, die fast senkrecht durch den Felskragen führt, kraxeln wir auf das Sandsteinplateau hinauf. Die Hochfläche bietet einige Felsvorsprünge, von denen man die umliegende Bergwelt betrachten kann. So sieht man den Hammerspitzberg und den Dewin einmal aus ungewohnter Perspektive. Die Bäume auf diesem Plateau haben genauso gelitten, wie wir das von anderen Waldpartien kennen, allerdings greift hier der Mensch nicht ein. Wie soll er mit seiner Technik hier herauf kommen? Mir geht indes etwas anderes durch den Kopf, nämlich, wie man von diesem Breiten Stein wieder herunter kommt. Wie sich herausstellt, muss man dazu nicht durch die Felsen klettern, vielmehr geht es über fluffigen Untergrund steil talwärts, kaum dass die Füße Halt finden. Der eine (ich) oder andere setzt sich auf den Hosenboden und lässt den Dingen freien Lauf. Am Ende sind alle gesund unten angekommen. Auf dem Weg zurück begegnet uns noch der imposante Dohlenstein (Kavčí skála), ein geschätzter Kletterfelsen Rudolf Kauschkas.
„Wo auf den glänzenden Spiegel des Hammerteiches die letzten romantischen Reste einstmals schier unbezwinglicher Ritterburgen von steiler Höhe herabschauen, wo die Natur dem begeisterten Naturfreunde Einblick gewährt in ihre unergründlichen Geheimnisse, dort umspannen in weitem Reigen bewaldete Sandsteinkegel einen morschen Felszahn, der seine verwitterte Krone noch keck in die blauen Lüfte reckt. Auf einem niedrigen, von Kiefern und Fichten umkränzten Sandrücken baut sich der wuchtige, gegen 30 Meter hohe Sandsteinmonolith des Dohlensteins in schreckhaft senkrechten, stellenweisse überhängenden Wänden auf, welche den einsamen Wandersmann, der auf heißem Sandwege die Kieferwaldung zwischen Hammer und Bad Kunnersdorf durchmißt, bald zur Rechten zwischen den hohen Baumwipfeln entgegenwinken. Stehen wir aber vor dem gewaltigen, nach oben zugespitzten Felsenturme, so grinsen uns aus lustiger Höhe kalte, mit gelben und grauen Flechten stellenweise überzogene Wände an. Furcht und Grauen überkommt denjenigen, der das erstemal an dem grauen Gemäuer seine Blicke emporgleiten läßt zum Gipfel, mit Bewunderung und Staunen gedenkt er jener kühnen Felsensmänner, welche zuerst diesen erhabenen Zeugen der Urzeit zu Leibe rückten, welchen es bestimmt war, den bis dahin vom Menschenfuß noch unberührten Gipfel als Erste zu betreten. Ja Menschen haben da oben schon gehaust denn gar lustig kreist im kühlen Hohenwinde ein Fähnchen, welches zu neuem Angriffe anspornt.“ („Der Dohlenstein bei Krassa“,Jahrbuch des deutschen Gebirgsvereins für das Iser- und Jeschkengebirge, 1908)
Vor ein paar Jahren stand der Felsblock noch frei am Hange, nun ist Kiefernwald wieder herangewachsen, so dass man ihn nur noch über die jungen Wipfel sehen kann. Wir gönnen uns das, legen noch eine Pause ein und schreiten dann zielstrebig Bad Kunnersdorf entgegen.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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