Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Schon vor längerer Zeit bin ich bei kartografischen Erkundungen auf den Kränzelberg (Věneček) gestoßen, ein unscheinbarer Wiesenberg, der den westlichen Ausläufern des Laufberges (Brnišťský vrch) entspringt. Die einzige mir bekannte Beschreibung über den Kränzelberg fand ich auf den Internetseiten des Lausitzer Gebirges (www.luzicke-hory.cz). Mit dem aussichtsreichen Laufberg hatte ich noch eine alte Rechnung zu begleichen, weil ich die Fernsicht noch nie wirklich erleben durfte und mit dem Kränzelberg musste ich mich unbedingt einmal bekannt machen. Also ist das Interesse der heutigen Tour diesen beiden Erhebungen gewidmet, denn die Sichtverhältnisse sind recht günstig.
Die Anfahrt zum Ausgangspunkt unserer Tour in Lindenau (Lindava) ist von zu Hause eigentlich nur kurz. Allerdings sind die direkten Zufahrststraßen von Kunnersdorf (Kundratice u Cvikova) und Zwickau gesperrt, so dass wir den Umweg über Bürgstein (Sloup) nehmen müssen. Als wir dann das Tal erreichen, welches vom Zwittebach (Svitavka) durchflossen wird, müssen wir feststellen, dass das Hochwasser, welches in den letzten Tagen insbesondere in Deutschland schwere Schäden angerichtet hat, auch hier mit voller Wucht durchgerauscht ist. Entsprechend sehen die Straßen und Grundstücke aus. Das war unseren Medien keine Zeile wert. Auf den Wiesen und Wegen stand häufig das Wasser und die Schuhe waren alsbald durchnässt. Aber die Sicht war gut und gewährte uns spektakuläre Ausblicke über die Berge des Lausitzer- und Jeschkengebirges.
Wir finden einen alten Feldweg, der von Lindenau hinauf auf die landwirtschaftlich genutzten Höhen zwischen Laufberg und Schmiedeberg (Kovářský vrch) führt. Während der Laufberg schon deutlich hervortritt, ist vom Kränzelberg nichts zu sehen. Erst, wenn man unmittelbar davor steht, sieht man die kleine Anhöhe, auf die es hinauf zu steigen gilt. Die Aussicht ist umwerfend. Natürlich dominieren Urteilsberg (Ortel) und Kleis (Klíč) das Panorama. Hinzu gesellen sich die Bürgsteiner Berge und ein großer Teil des Lausitzer Gebirges. Die Felder, die Baumgruppen und Solitärbäume, welche das Gelände auskleiden, zeichnen ein wunderbares Landschaftsbild. Es lohnt sich, hier zu verweilen. Von der Landstraße, die Lindenau mit Brims (Brniště) verbindet, ist der Kränzelberg unschwer für einen Kurzbesuch zu erreichen.
Die Sichtverhältnisse lassen ein großes Landschaftskino von den Hanglagen um den Laufberg erwarten (der Aufstieg zum Gipfel ist nicht lohnend). Über ein kaum noch erkennbaren Weg gelangen wir hinauf zu den Wiesen, die den Berg umfassen. Wir sind begeistert! Der restliche Teil des Lausitzer Gebirges, der vom Kränzelberg noch nicht sichtbar ist, bis zum Jeschkenkamm erscheint vor unseren Augen, im Hintergrund zeigen sich die Iserberge. Umwandert man den Gipfel des Laufbergs, treten Roll und die Bösige hinzu. Auf einer Wiese, deren Hanglage Wellnitz (Velenice) zugewandt ist legen wir eine längere Rast ein und verarbeiten erst einmal die Eindrücke des bisherigen Tages.
Da keine Restauration an der gesamten Strecke liegt, gedenken wir, in der sogenannten Bikerhöhle (Pekelné doly) im Wellnitztal ein Bier zu fassen. Die ganze Straße um die Höhle ist zugeparkt, es stinkt pestilenzisch nach Abgasen. Für Motorradfreaks aus allen Himmelsrichtungen scheint es das Himmelsreich zu sein. Mit ihren „Mopeds“ brettern sie das kurze Stück zum Eingang der gewaltigen Höhle hinauf, die einst durch Gewinnung von Schleifsand für Spiegelglas entstanden ist. Auf den Internetseiten des Lausitzer Gebirges lesen wir darüber:
„Die großen, versunkenen Räume reichen etwa 60 m in den Fels hinein, sind etwa 140 m breit und bis zu 3,5 m hoch. Die relativ flache Decke der Höhle wird von etwa 30 massiven Pfeilern getragen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges sollten die Werkstätten des Bremer Luftfahrtunternehmens Weser, die die Flugzeug-Schnellfeuerwaffen MK 108 produzierten, aus dem polnischen Kalisch auf dieses Gelände verlegt werden. Daher wurden die Betonböden im Untergeschoss verändert und die Räumlichkeiten durch gemauerte Trennwände in mehrere Bereiche unterteilt. Ursprünglich war geplant, mehrere hundert Arbeiter zu beschäftigen, für die am Rande von Velenice ein Barackenlager errichtet werden sollte. Am Ende arbeiteten dort aber nur ein paar Dutzend Menschen, da nur ein kleiner Teil der Produktionsanlagen aus Polen verlagert worden war. In einem nahegelegenen Seitental wurde ein Testschießstand eingerichtet, auf dem die fertigen Geschütze geschossen wurden.“
In der Höhle befindet sich ein Ausschank und früher donnerten die Motorräder selbst durch die unterirdischen Hallen und übertönten die Musik von Pink Floyd, die mit mächtigem Sound das Höhlensystem erschallen ließ. Die Betreiber der Anlage scheinen so überzeugt von ihrer Geschäftsidee zu sein, dass sie Eintritt verlangen, auch wenn man nur ein Bier zu trinken gedenkt. Leider haben wir vergessen zu fragen, ob das Billett zugleich der Gutschein für ein Getränk ist. Wir haben jedenfalls auf dem Absatz kehrt gemacht, sind weiter nach Zwitte (Svitava) gewandert, von da hinauf zum Schieferberg (Šišák), am Fuße des Berges entlang weiter zum Urteilsberg. An der Nordseite des Urteilsberges findet man vom Ringweg eine Abstiegsmöglichkeit, die uns am Ende der Wanderung über weite Wiesen nach Lindenau zurückkehren lässt.
Wir genießen die herrliche Landschaft Nordböhmens, weiß man, wann die Covidioten das nächste mal die Grenzen schließen oder diejenigen, die sich noch ein wenig gesunden Menschenverstand bewahrt haben, vollständig von den bürgerlichen Freiheiten, zu denen auch die Bewegungsfreiheit gehört, ausschließen. Warum gehen mir gerade jetzt diese Gedanken durch den Kopf? Ganz einfach deshalb, weil gerade heute mein Lieblingsjournal diesen hier verlinkten Beitrag über die Corona-Lage in Tschechien veröffentlichte. Es lohnt sich, diesen Bericht einmal zu lesen.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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