Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau - Hörnitz
Im letzten Jahr war uns eine Überraschungstour zum Kränzelberg (Věneček) gelungen. Da nicht alle Wanderfreunde daran teilgenommen hatten, lag nichts näher, als diese Tour noch einmal – leicht modifiziert – zu wiederholen. Natürlich nicht, ohne neue Elemente einzubauen, um einen gewissen Mehrwert zu erzielen. Diese unerwartete Entdeckung findet man gleich hinter Lindenau (Lindava). Hier zieht sich eine längere, bewaldete Böschung östlich der Ortslage hin. Die Karte zeigt in diesem Gelände zahlreiche Höhlen, die aber nirgendwo so richtig beschrieben sind. Man könnte vermuten, dass hier möglicherweise Sand für die Spiegelschleiferei gewonnen wurde, die man einst in Lindenau betrieb, aber sie könnten auch auf den Abbau von Eisenerz hindeuten, welcher hier kurzzeitig stattfand.
Schon die Fahrt in Richtung Lindenau war von einer merkwürdigen Atmosphäre getragen. In der sächsischen – böhmischen Schweiz brennen gerade großflächig die Wälder und ein milchiger Dunst überzieht mit Brandgeruch den Höhenzug des Lausitzer Gebirges. Wie hat es ein Bekannter dieser Tage so treffend formuliert: „Aber es war ja alles richtig, als der "Ingenieur"- Borkenkäfer die Fichten fraß und man das Totholz liegen ließ, weil ja dann der Wald der Zukunft entsteht.“ Vom „Wald der Zukunft“ werden wir wahrscheinlich eine Zeitlang nichts zu sehen bekommen, es wird ein Weilchen brauchen. Durchaus positiv ist aber anzumerken, dass die Landschaft hier in unserem Teil der Oberlausitz und auch hinter der Grenze im Böhmischen trotz der langen Trockenperiode immer noch recht grün ist, während in anderen Gegenden die Wiesen schon längst verdorrt sind.
Von Lindenau geht es durch einen Hohlweg hinaus auf die ausgedehnten Felder östlich des Dorfes. In dem Hohlweg sieht man bereits verschiedene verwachsene Höhlungen, die aber auch als Keller genutzt gewesen sein könnten. Wir begeben uns jetzt auf die Suche nach den in der Karte verzeichneten Hohlräumen. Ein Trampelpfad führt dann direkt zu riesigen Felskammern, die sich auf zwei Etagen verteilen. Es gibt noch weitere, weniger imposante Kavernen. Wir steigen hinauf auf die darüber liegende Hochfläche, die sich zwischen Schmiedsberg (Kovářský vrch) und Kränzelberg erstreckt. Hier sind die Erntearbeiten im Gange. Üppig steht das Getreide und der Raps im Ertrag. Es ist ein gemütliches Wandern, in der Entfernung erheben sich aus dem rauchgeschwängerten Dunst die Berge des Lausitzer Gebirges. Das ist kein gutes Omen für einen Besuch des Kränzelberges, denn da braucht es klare Sichtverhältnisse. Aber bis dahin ist ja auch noch ein ganzes Wegstück zu laufen. Und so ergibt es sich plötzlich, dass das Panorama zum Urteilsberg (Ortel), Kleis (Klíč) und den Bürgsteiner Bergen ungetrübt ist, als wir am Kränzelberg eintreffen, die Rauchfahne zieht nördlich vorbei.
Während wir so in uns versunken sind und die Gegend genießen, dringen sehr merkwürdige Geräusche an unser Ohr. Zunächst meint man, es käme aus einem Smartphone, aber bald hat man den Eindruck, als kämen die Töne aus der ungemähten Wiese und zwar ständig aus einer anderen Ecke und dazu noch im Mehrtonkanalverfahren. Endlich merken wir, dass da irgendwelche Vögel in der Wiese zugange sind, aber man sieht sie nicht. Dank moderner Technik haben wir bald herausgefunden, dass es sich hierbei eigentlich nur um den Wachtelschlag handeln kann (hier nachzuhören). Wir hören uns das Konzert noch eine ganze Weile an und verabschieden uns dann in Richtung der Höhenlage am Laufberg (Brnišťský vrch). Auch hier gibt es bekanntlich tolle Aussichten, nämlich in weitere Richtungen: zum Jeschken- und Isergebirge, in das Rollberghügelland (Ralsko) und zu den Bösigen (Bezdězy). Wir drehen eine Runde um den Laufberg und schwenken dann wieder über die weitläufigen Feldfluren in Richtung Lindenau ein. Ein Blick fällt noch einmal auf den Kränzelberg, von dem man sich überhaupt nicht vorstellen kann, welch eindrucksvolle Aussicht man von seinem Gipfel genießen kann. Der Hochsommer ist im Gange und die Samen der Wiesenkräuter machen sich im Wind so langsam auf die Reise.
Kränzelberg und Laufberg wird man kaum in den heimischen Wanderführern entdecken. Schon deswegen mögen sie als Geheimtipp für Natur- und Wanderfreunde gelten, die noch auf der Suche nach fremden Wegen und unbekannten Landschaftsschönheiten sind.
Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.
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