Die beiden wichtigsten Entdeckungsmethoden der Exoplanetenastronomie – Radialgeschwindigkeitsmessung und die Beobachtung von Bedeckungslichtkurven – führen bekanntlich bevorzugt zur Entdeckung von massereichen Planeten auf sehr engen Bahnen um ihren Mutterstern. Bereits der erste Exoplanet, der mit der Radialgeschwindigkeitsmethode entdeckt wurde, 51 Pegasi b (Mayor, Queloz, 1995), definierte eine neue Klasse von Exoplaneten, die man heute als „hot jupiters“ bzw. Pegasiden, bezeichnet. Diese Bezeichnung ist folgerichtig, handelt es sich doch dabei um Gasplaneten mit einer projizierten Masse M sin i>0.4 MJ, deren Umlaufperiode meist deutlich kleiner als 10 Tage ist. Das impliziert fast unabhängig vom Sterntyp, den sie umlaufen, daß sie auf der Tagseite einer extrem starken Einstrahlung ausgesetzt sind. Die dabei in der Planetenatmosphäre deponierte Energiemenge kann dabei einige Größenordnungen höher sein, als die Energie, die der Exoplanet selbst aus intrinsischen Energiequellen zu erzeugen in der Lage ist.
Die statistische Grundlage der hot jupiters ist aufgrund des genannten Auswahleffekts recht gut. Unter den 374 im September 2010 katalogisierten (sicheren) Exoplaneten (http://exoplanets.org) gehören 79 (21%) dieser Gruppe an. An ihnen lassen sich im Prinzip Einstrahlungseffekte auf Gasplaneten im Detail untersuchen bzw. theoretische Überlegungen überprüfen.
Der Stern 51 Pegasi ist in einer dunklen Nacht mit freiem Auge gerade (Helligkeit 5.49m) und mit einem Feldstecher deutlich im unteren Drittel zwischen α und β Pegasi zu sehen. Es handelt sich dabei um einen sonnenähnlichen G2.5 IVa-Stern mit einer effektiven Temperatur von 5570 K und einer Masse von 1.06 MS. Er scheint rund 3 Milliarden Jahre alter als unsere Sonne zu sein, besitzt einen etwas höheren Metallanteil und befindet sich derzeit noch genauso wie unsere Sonne in der Phase des Wasserstoffbrennens. Mit einer Entfernung von nur 51 Lichtjahren gehört er mit zu unserer unmittelbaren Nachbarschaft.
Dieser geringen Entfernung ist es auch zu verdanken, daß er auf die Beobachtungsliste des Teams um die Schweizer Astronomen Michel Mayor und Didier Queloz gelangte, die mit Hilfe eines speziellen und äußerst leistungsfähigen Spektrographen am Haute Provence – Observatorium Radialgeschwindigkeitsmessungen an sonnennahen Sternen vornahmen, die letztendlich zur Entdeckung des Gasplaneten 51 Peg b führten (1995). Diese Entdeckung, die am 6. Oktober 1995 in der Zeitschrift "Nature" veröffentlicht wurde, konnte relativ schnell von Geoffrey W. Marcy und R. Paul Butler (San Francisco State University) bestätigt werden.
Bereits aus den ersten Radialgeschwindigkeitskurven ließen sich einige ungewöhnliche Eigenschaften dieses ersten Exoplaneten um einen Hauptreihenstern herauslesen: Die Umlaufsperiode von 4.23 Tagen impliziert eine extreme Sternnähe der Bahn (0.053 AU, Merkur, zum Vergleich, 0.387 AU). Die untere Grenzmasse von 0.47 MJ zeigt, daß es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um einen jupiterähnlichen Gasplaneten handeln muß.
Ein Gasplanet in unmittelbarer Sternnähe? Noch niemand hatte es bis dahin gewagt, so etwas vorherzusagen. Genaugenommen widersprach dieser Planet diametral der Lehrmeinung, daß Gasplaneten nur in den äußeren Bereichen einer protoplanetaren Scheibe entstehen und deshalb auch nur im äußeren Teil eines Planetensystems vorkommen können. Man hatte offensichtlich mit 51 Peg b eine neue Klasse von Planeten entdeckt, denen man folgerichtig die Bezeichnung „heiße Jupiter“ gegeben hat.
„Heiße Jupiter“ deshalb, weil aufgrund der extremen Sternnähe (ca. 12 Sonnenradien) deren Tagseite extrem aufgeheizt sein muß. Idealisierte Modellrechnungen ergeben z.B. für die Tagseite eine effektive Temperatur von ~1265 K, während die Temperatur der Nachtseite davon abhängt, ob der Exoplanet eine gebundene Rotation ausführt (was bei hot jupiters stark anzunehmen ist) und welche Wärmeaustauschmechanismen zwischen beiden Hemisphären realisiert sind. Leider ist 51 Peg b nicht als Transit-Objekt zu beobachten, was detaillierte Untersuchungen erschwert.
Den 7.66m hellen Stern HD 189733 hat wohl jeder Amateurastronom schon einmal gesehen ohne daß es ihm bewußt war, daß dieser ~63 Lj entfernte Stern einen der besterforschten Exoplaneten vom Typ „hot jupiter“ beherbergt. Um diesen Stern zu sehen, muß man sein Fernrohr lediglich auf den Hantelnebel M27 richten, wo er als einer der etwas helleren Sterne in dessen Umgebung knapp 0.3° östlich davon auszumachen ist.
5.64 Im Oktober 2005 entdeckten französische Astronomen, daß der Stern HD 189733 im Sternbild Vulpecula einen periodischen Bedeckungslichtwechsel zeigt, der auf die Existenz eines großen planetaren Körper als Begleiter dieses Sterns schließen läßt.
Nachdem man 2005 bei der Auswertung der photometrischen Hipparcos-Daten von HD 189733 einen Bedeckungslichtwechsel mit einer Periode von lediglich 2.2 Tagen entdeckt hatte (HÉBRARD et al 2005), erkannte man recht schnell, daß man es hier mit einem relativ großen Exoplaneten zu tun haben muß. Er war zu diesem Zeitpunkt der neunte extrasolare Planet, der mit der Transit-Methode entdeckt wurde. Der Planetenstatus ließ sich kurze Zeit später durch Radialgeschwindigkeitsmessungen verifizieren mit dem Effekt, daß man auf der Datengrundlage – Transitlichtkurve und Radialgeschwindigkeitskurve – die wichtigsten Planetenparameter wie Bahn, Masse, Größe und Dichte sehr genau bestimmen konnte. Folgende Tabelle listet diese Größen auf:
Umlaufbahn
Physische Parameter
Die Daten des Muttersterns waren natürlich schon länger bekannt:
Es zeigte sich sehr schnell, daß es sich bei diesem Objekt lohnen würde, alle Möglichkeiten moderner Beobachtungstechnik (einschließlich der Weltraumteleskope) bis an ihre Grenzen ausreizen zu lassen. Und es ist schon erstaunlich, was man bis heute über diesen Planeten, den noch kein menschliches Auge gesehen hat, herausfinden konnte.
HD 189733A = V452 Vul
Der Mutterstern ist ein orange leuchtender Zwergstern der Spektralklasse K1-2 und der Leuchtkraftklasse V (also ein Hauptreihenstern) mit einer effektiven Temperatur von ~4940 K. Er ist etwas kleiner (~78%) und auch etwas masseärmer (~80%) als die Sonne. Seine Leuchtkraft erreicht gerade einmal ¼ der Sonnenleuchtkraft (genauer 26.4%). Aufgrund chromosphärischer Aktivitäten, die sich in Sternflecken äußern, ändert sie sich mehr oder weniger regelmäßig mit der Rotationsperiode um ca. 1.5%, weshalb HD 189733A auch zu den veränderlichen Sternen vom Typ BY Draconis gezählt wird (diese Flecken können prinzipiell mit der Methode des Doppler Imaging sichtbar gemacht werden, wenn sie aufgrund der Eigenrotation über die Sternscheibe wandern). Als Ursache für die Entstehung dieser im Vergleich zur Sonne viel ausgedehnteren Flecke wird die hohe Rotationsgeschwindigkeit des Sterns angesehen (14.4 Tage, Sonne 25.4 Tage). Sie bedingt bekanntlich starke Magnetfelder, die analog zur Sonne lokal zu kühleren Regionen in der Sternatmosphäre führen.
Doppelstern
HD 189733A besitzt in einer Entfernung von 216 AU einen stellaren Begleiter (HD 189733B), der erst 2006 entdeckt wurde (G.A.Bakos et. al.). Es handelt sich dabei um einen M-Zwerg, dessen Bahnebene nahezu senkrecht auf der Bahnebene des Exoplaneten steht und der für einen Umlauf um den gemeinsamen Systemschwerpunkt ca. 3200 Jahre benötigt. Seine Masse dürfte sich im Bereich zwischen 0.175 und 0.2 MS bewegen.
Transitlichtkurve
Folgende Abbildung zeigt eine Transitlichtkurve, wie sie am 21. Juli 2006 mit dem 1.2 Meter-Spiegel des Fred L.-Whipple Observatoriums auf dem Mt. Hopkins gewonnen wurde (J.N.Winn et.al. 2006).
5.65 Relative Flußänderung im z-Band (nahes IR ), aus der sich die Bahnparameter und die Größe von HD 189733b ableiten lassen
Man erkennt im Verlauf der totalen Phase die Auswirkungen der doch recht deutlichen Randverdunklung des relativ kühlen K-Zwerges. Sie müssen bei der Bestimmung der Systemparameter durch ein geeignetes Modell berücksichtigt werden. Ähnliche Lichtkurven mit bedeutet besserer photometrischer Genauigkeit konnten auch mit Hilfe der Advanced Camera for Surveys (ACS) des Hubble-Teleskops gewonnen werden (F.Pont et.al. 2008). Ihre Auswertung hat ergeben, daß HD 189733 b weder einen Ring ähnlich dem Saturnring (d.h. ähnliche Ausdehnung und optisches Verhalten) noch einen Begleiter (Mond), der größer ist als die Erde, besitzen kann. Alle Abweichungen in den Lichtkurven verschiedener Wellenlängenbereiche sowie im Dopplerprofil von Spektrallinien lassen sich durch Sternflecken und dem Rossiter-McLaughlin-Effekt erklären (siehe folgenden Teil 19).
Radialgeschwindigkeitskurve
HD 189733 gehört zu den Muttersternen von Exoplaneten, in deren Radialgeschwindigkeitskurven sich der Rossiter-McLaughlin-Effekt deutlich bemerkbar macht. Dieser Umstand erlaubt es, die Bahnlage des Exoplaneten (ausgedrückt durch den Winkel λ zwischen der Projektion von dessen Normalenvektor zur Projektion der Rotationsachse des Muttersterns auf die Himmelskugel) sehr genau zu bestimmen. Außerdem kann zugleich auch die Umlaufsrichtung des Exoplaneten in Bezug auf die Richtung der Eigenrotation seines Muttersterns daraus abgeleitet werden.
5.66 Radialgeschwindigkeitskurve des Systems HD 189733. Der Ausschnitt um den Phasenwinkel 0° zeigt deutlich die Auswirkungen des Rossiter-McLaughlin-Effekts. Aus der Form der Abweichung läßt sich entnehmen, daß die Rotationsachse des Muttersterns ungefähr senkrecht auf der Bahn des Exoplaneten steht. Als untere Grenze für den Neigungswinkel wurde ein Wert von 54° ermittelt. Daß die Inklination im Bereich zwischen 54° und 90° liegt, kann mit 95%iger Sicherheit gesagt werden (G.W.HENRY, J.N.WINN 2008)
Schon anhand der hohen Symmetrie der beiden „bumps“ im Bereich der Radialgeschwindigkeitskurve, wo der Exoplanetentransit stattfindet, kann man schließen, daß die Rotationsachse des Muttersterns nahezu senkrecht auf der Bahnebene des Exoplaneten stehen muß. Außerdem muß der Umlauf des Exoplaneten prograd (wie man es gewöhnlich aus kosmogonischen Gründen ja auch von einem Planeten erwartet) erfolgen.
5.67 Rossiter-McLaughlin-Effekt von HD 189733 im Detail. Die durchgezogene Linie entspricht einem Modell, bei dem die Winkelabweichung λ zwischen der an die Himmelskugel projezierten Bahnnormalen und der Rotationsachse des Muttersterns -1.4°±1.1° beträgt. © J.N.Winn et.al. 2006
Spektralphotometrie und IR-Spektroskopie
Nachdem es im Jahre 2005 erstmalig gelungen war, Infrarotstrahlung, die eindeutig von einem Exoplaneten emittiert wurde (HD 209458b), mit Hilfe des Spitzer-Weltraumteleskops nachzuweisen (Charbonneau, 2005), wurden ähnliche Beobachtungen auch an HD 189733 angestellt (Deming et.al., 2006). Untersuchungsobjekt war das Sekundärminimum, welches eintritt, wenn der Exoplanet hinter seinem Mutterstern verschwindet. Beobachtet wurde bei einer Wellenlänge von 16 μm.
5.68 Flußmessungen des Sekundärminimums von HD 189733 mit dem Spitzer-IR-Photometer. Im unteren Teil sind die Messungen jeweils über ein Phasenintervall von 0.001 gemittelt und mit Fehlerbalken versehen worden. © Deming et.al. 2006
In diesem Fall gibt das Sekundärminimum die Differenz der Wärmestrahlung zwischen dem Mutterstern und der Tagseite des Exoplaneten wider. Daraus kann die effektive Temperatur zu 1117 ± 42 K berechnet werden. Unregelmäßigkeiten im Strahlungsfluß in den Abstiegs- und Anstiegsflanken erlauben sogar Aussagen über die Temperaturverteilung über die Planetenscheibe.
Wenn das Spektrum des Muttersterns (hier eines orangenen Zwergsterns vom Spektraltyp K1-2) sehr gut bekannt ist, dann läßt sich bei entsprechender Empfindlichkeit der Meßapparatur spektralphotometrisch die Differenz zwischen Stern+Planet und „nur“ Stern (Sekundärminimum) im Strahlungsfluß bei verschiedenen Wellenlängen bestimmen und letztendlich ein Spektrum des Exoplaneten konstruieren. Auf diese Weise gewinnt man einen beobachterischen Zugang auf die Physik der Planetenatmosphäre und damit Daten, die sich mit theoretischen Atmosphärenmodellen vergleichen lassen.
5.69 IR-Spektrum von HD 189733b im Wellenlängenbereich zwischen 2 μm und 30 μm, im Vergleich mit verschiedenen synthetischen Spektren (durchgezogene farbige Linien) unterschiedlicher Annahmen über Strömungen (Pn) und Trübungen (κe) in der Exoplanetenatmosphäre. Die roten Meßpunkte haben sich aus der Tiefe der Sekundärminima bei den entsprechenden Wellenlängen ergeben, während die schwarz dargestellten Meßpunkte spektroskopisch während der Verfinsterung gewonnen wurden. Das Inlett ist mit Abb. 5.68 identisch. © Nature
So ist es mit dem Spitzer-Infrarotteleskop auch gelungen, quasi eine Temperaturkarte von HD 189733b anzufertigen. Grundlage dafür war die Annahme, daß der Exoplanet eine gebundene Rotation ausführt, d.h., daß er bei einem Umlauf immer die gleiche Seite seinem Mutterstern (die Tagseite) zukehrt. Diese Annahme ist vernünftig, da aus himmelsmechanischen Gründen sternnahe Planeten unter dem Einfluß von Gezeitenkräften immer die Tendenz haben, im Laufe der Zeit ihre Rotationsgeschwindigkeit der Umlaufsgeschwindigkeit anzugleichen. Bei Exoplaneten vom Typ hot jupiters sollte das immer der Fall sein.
So ist es mit dem Spitzer-Infrarotteleskop auch gelungen, eine Temperaturkarte von HD 189733b anzufertigen. Grundlage dafür war die Annahme, daß der Exoplanet eine gebundene Rotation ausführt, d.h., daß er bei einem Umlauf um seine Sonne immer die gleiche Seite seinem Mutterstern (die Tagseite) zukehrt. Diese Annahme ist vernünftig, da aus himmelsmechanischen Gründen sternnahe Planeten unter dem Einfluß von Gezeitenkräften die Tendenz haben, im Laufe der Zeit ihre Rotationsgeschwindigkeit der Umlaufsgeschwindigkeit anzugleichen. Bei Exoplaneten vom Typ hot jupiters sollte das immer der Fall sein.
Indem der integrale Strahlungsfluß im infraroten Licht über einen kompletten Umlauf registriert und der Anteil vom Mutterstern abgezogen wurde, konnte aus über einer Viertelmillion Meßwerten des Spitzer-Weltraumteleskops die Temperaturverteilung über die Exoplanetenscheibe ermittelt und kartographisch dargestellt werden. Das Ergebnis zeigt die folgende Abbildung:
5.70 Temperaturkarte und ein Beispiel für die Meßwerte der relativen IR-Helligkeit als Maß für die Temperatur eines äquatorialen Schnitts über die Planetenscheibe, der sich aus der wechselnden Lage des in Sichtlinie liegenden Längenkreises beim Umlauf um den Mutterstern ergibt.
Trotz der gebundenen Rotation scheinen die Temperaturen wider Erwarten doch relativ gleichmäßig über die Tag- und Nachtseite verteilt zu sein. Die Maximaltemperatur, die bei einer Wellenlänge von λ=8 μm ermittelt wurde, beträgt 1212±11 K , die Minimaltemperatur 973±33 K. Man erklärt sich dieses Verhalten mit der Präsenz von starken zonalen Winden, die bei Windgeschwindigkeiten von mehr als 9000 km/h einen effektiven Temperaturausgleich zwischen der Tag- und Nachtseite bewirken.
Chemische Zusammensetzung der Atmosphäre
Mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden Mitteln ist man natürlich noch weit entfernt von einer quantitativen und qualitativen Spektralanalyse von Exoplanetenatmo¬sphären. Trotzdem gelingt es schon jetzt einzelne Stoffe, genauer Methan CH4, Wasserdampf H2O und Kohlenmonoxid CO in der heißen Atmosphäre von HD 189733b nachzuweisen (M.R.Swain et.al. 2008). Man nutzt dazu gewissermaßen den Lomonossow-Effekt aus, der sich bekanntlich darin äußert, daß die Atmosphäre des Planeten Venus beim Vorübergang vor der Sonnenscheibe quasi einen leuchtenden Ring bildet (der logischerweise natürlich nur beim Verlassen der Sonnenscheibe am Photosphärenrand zu sehen ist), aus dessen Licht bestimmte Anteile fehlen, da sie von der Venusatmosphäre absorbiert werden. Der Nachweis von molekularen Absorptionen in Exoplanetenatmosphären erfolgt analog: Man sucht nach Absorptionen (insbesondere im IR), die immer nur dann im Spektrum des Muttersterns in Erscheinung treten, wenn ein Transit stattfindet.
Geeignet dafür sind insbesondere die Molekülbanden, die aufgrund von Rotations- und Vibrationsübergängen relativ häufig vorkommender Moleküle die Opazität der Atmosphären von Gasplaneten dominieren. Da sich die Banden einzelner Molekülarten (man findet sie im infraroten Spektralbereich zwischen 1 μm und 2.5 μm Wellenlänge, d.h. im J, K und H-Band) häufig überschneiden, ist ihre Trennung eine echte Herausforderung für einen IR-Spektrographen.
Aus theoretischen Erwägungen sollten in extrem heißen Atmosphären (T>1200 K) Kohlenmonoxid und in kühleren Atmosphären (T<800 K) Methan die dominierenden, kohlenstoffbindenden Moleküle sein. Da mit diesen Molekülen auch eine reichhaltige Photochemie verbunden ist, erwartet man durch ihren Nachweis besonders detaillierte Einblicke in die Struktur der Atmosphären heißer Jupiter.
Das Prinzip der „Spektralanalyse“ besteht darin, die Hauptbedeckung (sie führt zu einem um ca. 2.4% verringerten Strahlungsfluß) in vielen schmalen Bändern, welche den interessierenden Wellenlängenbereich überdecken, photometrisch zu überwachen. Man erhält auf diese Weise verschiedene Transitlichtkurven, die entsprechend der von der Exoplanetenatmosphäre absorbierten Strahlungsmenge unterschiedlich tief ausfallen. Die erforderliche photometrische Genauigkeit läßt sich dabei nur mit weltraumgestützten Teleskopen wie dem Hubble-Teleskop erreichen. Eine entsprechende Beobachtungskampagne über fünf-Hubble-Umläufe am 25. Mai 2007, bei der ein Transit im IR-H- und K-Band (1.6-1.8 μm sowie 2.0-2.4 μm) beobachtet wurde (M.S.Swain et.al. 2008), war in dieser Beziehung erfolgreich. Im Vergleich mit theoretischen Atmosphärenmodellen konnten deutlich Tracer von Methan und Wasserdampf in den Beobachtungsdaten sicher nachgewiesen werden. Vergleiche mit synthetischen Spektren führten zu dem Ergebnis, daß ein atmosphärischer Anteil von 5∙10^(-4) H2O und 5∙10^(-5) CH4 die gemessenen Spektralmerkmale am besten widerspiegeln kann.
5.71 Vergleich von Messungen (Icons) mit synthetischen Spektren mit reiner Wasserdampfabsorption (blau) und einer Absorption, verursacht durch ein Wasser-Methan-Gemisch (braun) im Bereich zwischen 1.5 μm und 2.45 μm. Im längerwelligeren K-Band schmiegen sich die Meßwerte (schwarze Dreiecke) deutlich mehr dem braun dargestellten Spektrum an. (c) Nature
Wasserdampf konnte bereits vor den hier beschriebenen Hubble-Beobachtungen mit dem Spitzer-Weltraumteleskop nach der im Prinzip gleichen Methode nachgewiesen werden (G.Tinetti et.al. 2007). In diesem Fall erfolgten die Messungen bei einer Wellenlänge von 3.6 μm, bei der nach Modellrechnungen eine starke Wasserdampfabsorption zu erwarten war. Der Nachweis von Wasserdampf und Methan bedeutet natürlich nicht, daß es auf HD 189733b Wasserdampf- oder Methanwolken gibt. Dazu sind die Temperaturen sowohl auf der Tagseite als auch auf der Nachtseite viel zu hoch. Aber es konnte immerhin eindrucksvoll bewiesen werden, daß es bereits mit den vorhandenen Beobachtungstechniken möglich ist, etwas über die Atmosphären von Exoplaneten zu erfahren und zwar auch ohne daß man sie im Teleskop direkt auflösen muß.
Die Beobachtungsergebnisse reichen natürlich noch nicht aus, um konkrete Aussagen über die genaue atmosphärische Zusammensetzung des Exoplaneten zu treffen. Man kann aber im Zusammenspiel zwischen Atmosphärenmodellierung und Berechnung synthetischer Spektren sowie deren Vergleich mit Beobachtungen die physikalischen Bedingungen in Form von Temperatur- und Dichteprofilen und teilweise auch Stoffgradienten abschätzen. Insbesondere ergeben sich daraus auch Erkenntnisse über den Einfluß einer starken externen Einstrahlung durch den Mutterstern auf den physikalischen und chemischen Zustand der Atmosphären von Planeten des Typs hot jupiters.
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