Mars ist in den Oppositionszeiten (die grob gesagt alle zwei Jahre auftreten) ein lohnendes und dankbares Objekt für Amateurastronomen, da man schon mit verhältnismäßig kleinen Fernrohren viele Details – helle und dunkle Flecken sowie die sich mit den Jahreszeiten in ihrer Größe ändernden Polkappen – auf der kleinen orangenen Planetenscheibe erkennen kann. Im Gegensatz zur Venus behindern hier keine Wolken die Sicht auf die Planetenoberfläche. Nur manchmal überdecken riesige Staubschwaden, die das Resultat globaler Staubstürme sind, dessen Antlitz.
Besonders günstig, um die Oberflächenmerkmale des Mars zu studieren, sind die sogenannten Periheloppositionen, bei denen die Entfernung Erde – Mars bis auf 55.8 Millionen Kilometer schrumpfen kann. Sie wurden in der Zeit vor der Erkundung des Planeten mit Raumsonden intensiv genutzt, um sogenannte Albedokarten anzufertigen. Die Namen, die den verschiedenen darauf erkennbaren Strukturen gegeben wurden, verwendet man übrigens noch heute.
Mars ist mit einem Poldurchmesser von 6754.6 km und einem Äquatordurchmesser von 6794.4 km bedeutend kleiner als die Erde und ist, wie die Zahlen zeigen, auch ein klein wenig stärker abgeplattet. Seine siderische Rotationsperiode ist mit der Rotationsdauer der Erde durchaus vergleichbar: 24 Stunden 37 Minuten und 22.7 Sekunden. Da die Rotationsachse gegenüber der Bahnebene um 25° geneigt ist, treten auf dem Mars analog zur Erde ausgeprägte Jahreszeiten auf. Sie sind jedoch auf beiden Marshälften unterschiedlich lang, da die Marsbahn eine 5x so große Exzentrizität aufweist als die Erdbahn.
Für einen Umlauf um die Sonne benötigt Mars 1.881 Jahre (=686.93 Tage). Die Entfernung schwankt dabei zwischen 1.38 AU (Perihel) und 1.67 AU (Aphel). Aus diesem Grund erscheint der Durchmesser der Sonnenscheibe am Marshimmel auch nur etwa ein Halb bis ein Drittel mal so groß als von der Erde aus. Entsprechend verhält sich auch die Sonneneinstrahlung im Verlauf eines Marsjahres.
Da sich Mars und Erde unterschiedlich schnell auf ihrer Bahn bewegen, beträgt der zeitliche Abstand zwischen zwei Marsoppositionen – die synodische Umlaufszeit – unter der Annahme von kreisförmigen Planetenbahnen rund 780 Tage. In Wirklichkeit schwankt die Oppositionswiederkehr aufgrund der Bahnexzentrizitäten (insbesondere der Marsbahn, e=0.0934), im Bereich zwischen 764 und 811 Tagen.
Die Masse des Planeten, die sich leicht aus den Bahndaten seiner beiden Kleinmonde ableiten läßt, beträgt 0.1074 Erdmassen oder 6.417∙10^23 kg. Die mittlere Dichte liegt damit bei 3940 kg/m³, was lediglich 72% der mittleren Dichte der Erde entspricht.
Trotzdem die gesamte Marsoberfläche kaum mehr als die Fläche aller irdischen Kontinente zusammengenommen einnimmt, wartet sie mit einigen Superlativen auf.
Sie besitzt- die größten Einschlagbecken im Sonnensystem (Hellas und Agyre)
- die mächtigsten Schildvulkane im Sonnensystem (Tharsis-Aufwölbung mit Olympus Mons, Arsia Mons, Pavonis Mons und Ascraeus Mons, alle über 15 km hoch)
- die eindrucksvollsten Canyon-Landschaften, die man sich vorstellen kann (Valles Marineris, rund 4000 km lang, 240 km breit und 7 km tief – man vergleiche mit dem „Grand“ Canyon auf der Erde!)
Vergleich des Olympus Mons mit den höchsten Bildungen auf der Erde. Vor dem Zentralteil des Olympus Mons sind das größte irdische Vulkanmassiv, die Insel Hawaii mit ihrem Sockel im Pazifik, und das Mount-Everest-Massiv im Himalaya abgebildet. Zu beachten ist, daß die vertikale Skala doppelt so groß gewählt wurde wie die horizontale.
Vergleich des Valles Marineris mit dem Grand Canyon in Arizona (kleine Kerbe in der Mitte), dem größten Canyon der Erde. Zu beachten ist, daß die vertikalen Ausmaße im Vergleich zum horizontalen Maßstab um den Faktor vier überhöht dargestellt sind
Marsmonde
Mars besitzt zwei kleine Begleiter, die standesgemäß die Namen Phobos („Furcht“) und Deimos („Schrecken“) erhalten haben. Beide sind zwar nicht unbedingt rekordverdächtig, aber in vielerlei Hinsicht durchaus bemerkenswert. Sie werden deshalb im Abschnitt „Satellitensysteme“ noch im Detail vorgestellt.
Innerer Aufbau
Aus Analogiebetrachtungen und Gravitationsfeldmessungen, aus der Analyse von Oberflächenstrukturen sowie aus allgemeinen kosmogonischen Erwägungen folgt, daß auch das Innere des Mars in unterscheidbare Schalen differenziert ist. Über Modellvorstellungen hinaus sind die Informationen darüber aber noch recht vage, da bis heute (2011) keine seismischen Untersuchungen (bis auf die mißglückten Versuche von Viking 2) durchgeführt werden konnten. Es gibt aber durchaus indirekte Hinweise vielfältiger Art, welche dem denkbaren inneren Aufbau gewisse Beschränkungen auferlegt, die natürlich von entsprechenden Modellen reproduziert werden müssen.
Kern
Daß der Mars eine kernartige Massenkonzentration im Zentrum besitzen muß, zeigt schon sein Trägheitsfaktor von 0.3662 (siehe II/(1.11)), der aus den Bahndaten der zahlreichen künstlichen Marssonden abgeleitet wurde. Dieser Wert steht im Einklang mit der Annahme, daß Mars einen Kern mit einem Radius zwischen 1500 und 1600 km und einer Dichte zwischen 7000 und 7500 kg/m³ besitzt, der hauptsächlich aus Eisen mit einer Beimengung von 15 – 20 Gewichtsprozenten Schwefel (und zwar in Form von Eisensulfid FeS) besteht. Dabei sei darauf hingewiesen, daß die Kerngröße stark vom Schwefelanteil und dem Tempera-turprofil entlang des Marsradius abhängt und ohne seismische Methoden nicht direkt bestimmt werden kann. Aus Messungen des Mars Global Surveyor (MGS) sowie aus dem Fehlen eines globalen magnetischen Dipolfeldes hat man weiterhin geschlossen, daß der ca. 5000 K heiße Kern entweder vollständig aufgeschmolzen ist oder sich ähnlich der Erde in einen festen inneren Kern und einen flüssigen äußeren Kern aufteilt. Letzterer Fall erscheint aber (zumindest z.Z.) eher unwahrscheinlich.
Mantel
Über dem Marskern schließt sich, wie bei der Erde, der Mantelbereich mit einer Mächtigkeit von rund 1700 km und einer regional unterschiedlich dicken Kruste (zwischen 40 und 80 km) an. Dabei liegt die Dichte der Krustengesteine bei ungefähr 2800 kg/m³.
Der gemessene Trägheitsfaktor befindet sich innerhalb eines Wertebereichs, der im Prinzip verschiedene mineralogische Zusammensetzungen des Marsmantels zuläßt. Da sich der Mars aber auch im inneren Bereich der protoplanetaren Wolke gebildet hat, wird er sich in den Mengenverhältnissen der einzelnen ihn aufbauenden Stoffe nicht allzusehr von der Erde unterscheiden. Es erscheint aber relativ sicher, daß der Marsmantel aufgrund seiner weniger ausgeprägten Differentation deutlich eisenreicher (in Form von FeO) als der (magnesiumreiche) Erdmantel ist und sich diese Besonderheit bis zur Marskruste durchschlägt. So etwas hat natürlich Auswirkungen auf die vertikale mineralogische Zusammensetzung des Mantels. Genau wie bei der Erde werden auch beim Mars im Mantel Phasengrenzen erwartet, an denen sich die Struktur bestimmter Minerale mehr oder weniger abrupt ändert. Das betrifft z.B. das Olivin, welches ab einer bestimmten Tiefe in β-Spinell und dieses wiederum bei weiterer Druckzunahme in γ-Spinell übergeht. In Abhängigkeit des Temperaturverlaufs kann knapp oberhalb der Kern-Mantel-Grenze u.U. noch ein weiterer Phasenübergang erfolgen, und zwar der Übergang von Spinell in Perowskit ((Mg,Fe)SiO3 ). Sollte das der Fall sein, dann kann man direkt oberhalb des Eisenkerns eine ca. 100 bis 200 km mächtige Perowskit – Magnesiowüstitschicht erwarten (Magnesiowüstit ist bekanntlich eine feste Lösung aus Periklas (MgO) und Wüstit (FeO)).
Schalenaufbau des Mars. Ob der innere Eisen-Nickel-Kern fest oder ein Teil davon aufgeschmolzen ist, kann noch nicht eindeutig gesagt werden, obwohl einige Hinweise eher dafür sprechen. © nach Bertka, Fei
Man hat auf der Erde das Phasenverhalten von verschiedenen, für den Mars angenommenen Mineralzusammensetzungen, mit Hilfe von Hochdruckexperimenten untersucht. Nach deren Ergebnissen hängt die radiale Lage der einzelnen Phasengrenzen nicht nur vom Druckgradienten (der geringer ist als bei der Erde), sondern auch sehr stark von der radialen Temperaturfunktion sowie der Position der Kern-Mantel-Grenze und deren Temperatur ab. Das führt dazu, daß die Phasenübergänge im Mars in größeren Tiefen stattfinden, die Übergangszonen breiter werden und die Diskontinuitäten weniger stark ausgeprägt sind.
Manteldynamik und Lithosphäre
Wie bei der Erde schlägt auch auf dem Mars die Manteldynamik auf die Oberfläche durch und ist somit Antriebsmechanismus für endogene landschaftsformende Prozesse. Sie sind jedoch von völlig anderer Art, als die Großplattentektonik der Erde, die über eine Zeitskala von 10^8 Jahren die Verteilung der Kontinente und Ozeane völlig verändern kann. Die Lithosphäre des Mars ist im Vergleich dazu starr und im Wesentlichen nur vertikalen Bewegungen fähig, wie die Aufwölbungen der beiden großen Vulkanprovinzen Tharsis und Elysiums zeigen. Es ist aber durchaus möglich, daß die gesamte Gesteinshülle wie eine einzige zusammenhängende Platte auf dem plastischen Mantel driftet, wobei die Drift aber auch in der Vergangenheit nicht besonders ausgeprägt gewesen sein kann, da man andernfalls auffällige Verschiebungen von hot spots auf der Oberfläche sowie auch lokale Auffaltungen hätte feststellen müssen. Was jedoch entdeckt wurde, sind magnetische Anomalien außerhalb der jüngeren Vulkanprovinzen mittels des Magnetometers von MGS. Diese streifenartige Magnetisierungsmuster, die nur im Bereich der geologisch ältesten Gebiete auftreten, dokumentieren Umpolungen des ehemals vorhandenen dipolartigen Magnetfeldes während der Zeit, als gesteinsbildendes Material aus Riftbereichen ausgetreten ist und regional neue Marskruste ausgebildet hat (dieser Prozeß ist dem „ocean floor spreading“ analog). Diese „magnetic stripes“ findet man ausschließlich in den sehr alten südlichen Gefilden des Mars, im Bereich des Terra Sirenum und des Terra Cimmeria. Sie sind ungefähr 160 km breit und knapp 1000 km lang. Im Vergleich zu den entsprechenden Strukturen der basaltischen Gesteine der irdischen ozeanischen Kruste sind sie breiter, was auf eine größere Ausbreitungsrate der neu entstandenen Kruste hindeutet, wenn man davon ausgeht, daß die Umpolungsfrequenz des Marsmagnetfeldes mit dem der Erde vergleichbar war. Diese Art der frühen Krustenbildung kann jedoch nicht lange angehalten haben, da Mars aufgrund seiner geringen Größe relativ schnell ausgekühlt ist. Deshalb kann auch der magnetfelderzeugende Dynamoeffekt nur kurzzeitig in der frühesten Geschichte des Planeten funktioniert haben. Auf jedem Fall ähneln die von MGS beobachteten „stripes“ frappierend den magnetischen Mustern in der ozeanischen Kruste der Erde. Es erscheint deshalb durchaus möglich, daß es vor mehr als 3.5 Ga auf dem Mars eine Entwicklungsphase gegeben hat, wo Plattentektonik aufgetreten ist. Sie ist aber offensichtlich (wahrscheinlich, weil der Planet ziemlich schnell ausgekühlt ist) bereits nach kurzer Zeit wieder erloschen.
Für die Modellierung der Manteldynamik ist besonders die Existenz zweier unterschiedlich großer vulkanischer Aufwölbungen von Bedeutung, da sie auf die Existenz von lokalen Aufströmungen im Mantel (Plumes) hinweisen. Sie sollten in einem realistischen Konvektionsmodell auf jedem Fall reproduzierbar sein.
Mantelkonvektion
Die Plattentektonik wird auf der Erde bekanntlich durch die Mantelkonvektion angetrieben, die unterhalb der Erdkruste die effektivste Methode für den Wärmetransport darstellt. Beim Mars ist das im Prinzip natürlich nicht anders. Auch hier existieren im Mantel Strömungen, die plastisches Material aus dem Bereich der Kern-Mantel-Grenze aufsteigen lassen, nur das hier die Konvektionszellen nicht so feinteilig sind wie in der Erde, sondern es wahrscheinlich nur wenige Aufströmungen gibt, die in Form von Mantelplumes die Oberfläche deformieren. Numerische Konvektionsmodelle, welche die Wechselwirkung der thermischen Konvektion mit den einzelnen mineralischen Phasengrenzen in Beziehung setzt, können so parametrisiert werden, daß die Anzahl der Aufströmungen und damit auch der Konvektionszellen im Mantel reduziert wird (Harder, Christensen, 1996). Um diesen Mechanismus zu verstehen, muß man sich die Region genauer anschauen, wo sich aus thermischen Instabilitäten Diapire (Mantelplumes) bilden (bei der Erde ist das bekanntlich die D‘‘-Schicht, die beim Mars der Kern-Mantel-Grenze entsprechen würde). Hier spielt die genaue Größe des Kernbereichs eine wichtige Rolle, weil wiederum davon abhängt, wie weit die Schalen mit den einzelnen mineralischen Phasengrenzen vom Kern entfernt sind. So kann z.B. die Phasengrenze γ-Spinell-Perowskit nur dann auftreten, wenn der (flüssige) Marskern nicht allzugroß ist (d.h. Radius < 1450 km), was im Wesentlichen von dessen Fe/S –Verhältnis abhängt. Viele Konvektionsmodelle gehen von einer ca. 100 km mächtigen Perowskit-Magnesiumwüstit-Schicht oberhalb der Kern-Mantel-Grenze aus, obwohl die Existenz dieser Schicht noch weitgehend hypothetisch ist.
Endotherme und exotherme Phasengrenzflächen
Im Gegensatz zum Erdinneren liegen die wesentlichsten Phasengrenzflächen im Mars näher an der Kern-Mantel-Grenze, was natürlich Auswirkungen auf die Manteldynamik hat, da Phasenumwandlungen immer mit der Freisetzung (exotherm) oder dem Verbrauch (endotherm) von latenter Wärme verbunden sind. Mathematisch wird dieser Sachverhalt durch die Steigung dp⁄dT der Phasengrenzkurve im Phasendiagramm (auch Clausius-Clapeyron-Kurve genannt) ausgedrückt. Ist sie größer als 0, dann handelt es sich um einen exothermen Phasenübergang. Andernfalls wird er als endotherm bezeichnet.
Zu den exothermen Phasenübergängen gehört die Transformation von α-Olivin in β-Spinell (Wadsleyit) und dessen Umwandlung in γ-Spinell. Endotherm ist dagegen die Umwandlung von γ-Spinell in eine Mischung von Perowskit und Magnesiowüstit. Wenn es über der Kern-Mantel-Zone des Mars wirklich eine Perowskit-Magnesiowüstit-Schicht geben sollte, dann hätte sie einen maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung von Mantelplumes in diesem Bereich.
Aufströme und Phasengrenzen
Da die Phasengrenzflächen beim Mars relativ nahe an der Kern-Mantel-Grenze liegen, haben sie einen nicht zu vernachlässigenden Einfluß auf Auf- und Abströmungen im Mantel. Man kann sich das am Beispiel der Entwicklung einer thermischen Instabilität an der Kern-Mantel-Grenze, aus der sich einmal ein Mantelplume entwickeln soll, folgendermaßen plausibel machen:
- Ein Bereich an der Kern-Mantel-Grenze besitzt eine etwas höhere Temperatur als seine Umgebung (thermische Anomalie) und hat aufgrund der dadurch bedingten Dichteverringerung die Tendenz aufzusteigen (Archimedisches Prinzip).
- Erreicht der dadurch ausgelöste Aufstrom eine endotherme Phasengrenze (z.B. Perowskit- γ-Spinell), dann entsteht in der Phasengrenzfläche eine Aufwölbung, da in der jetzt relativ zur Umgebung höheren Temperatur der Phasenübergang bereits in geringeren Tiefen einsetzt. Das Material des Plumes (Perowskit) ist nun dichter als das umgebende γ-Spinell, was den Auftrieb behindert. Andererseits führt die bei der Umkristallisation freiwerdende latente Wärme zu einer leichten Erwärmung, was zwar dem Effekt entgegenwirkt, ihn aber nicht aufheben kann.
Als Fazit läßt sich feststellen, daß eine endotherme Phasengrenze in der Nähe der Kern-Mantel-Grenze die Entstehung von Aufströmungen unterdrückt. Das passiert aber auch, wenn ein Plume eine exotherme Phasengrenze durchstößt, da bei diesem Vorgang latente Wärme aufgenommen werden muß und der Plume dadurch leicht abkühlt, was wiederum seine Auftriebskräfte verringert.
Bei Abströmungen ist der Netto-Effekt ähnlich. Trifft ein kühlerer Abstrom eine kernnahe endotherme Phasen-grenze, so wird er in sie eindringen und die Phasenumwandlung findet erst in einer etwas größeren Tiefe statt. Da jetzt leichteres Material (γ-Spinell) von dichterem (Perowskit) umgeben ist, werden die Abwärtsströmung und damit auch dieser Teil des Konvektionszyklus behindert.
Die Existenz kernnaher Phasengrenzflächen kann also die Mantelkonvektion derartig beeinträchtigen, daß es schließlich nur zu wenigen Aufströmungen, also Mantelplumes, kommt. Modellrechnungen bestätigen diesen Befund, obwohl selbstverständlich auch noch andere Parameter die großräumigen Konvektionsmuster beeinflussen (Breuer, 1998). Harder und Christensen (1996) haben sogar direkt gezeigt, daß Modelle mit kernnahen (insbesondere endothermen) Phasengrenzen u. U. zu einem Konvektionsmuster mit nur einem oder zwei Aufströmungen führen, was im Fall des Mars recht gut die riesige Tharsis-Aufwölbung und die Elysium-Vulkanprovinz reproduzieren kann.
Mantelplumes und Marsvulkanismus
Die beiden (unterschiedlich) großen Vulkanprovinzen des Mars, Tharsis und Elysium, sind die augenscheinlichsten Zeugen der Manteldynamik des Planeten. Insbesondere die Tharsis-Region (Durchmesser ca. 4500 km) stellt mit ihren riesigen Schildvulkanen eine beträchtliche Aufwölbung dar, die sich im Mittel über 10 km über das mittlere Niveau des Planeten erhebt und sich sogar in den Schweredaten, die durch Doppler-Tracking verschiedener Marsorbiter gewonnen wurden, deutlich widerspiegelt. Die Region ist sehr alt, aber nach neueren Untersuchungen mit Unterbrechungen bis fast zur heutigen Zeit (geologisch gesehen) vulkanisch aktiv. Das ist ein wesentlicher Unterschied zu irdischen Vulkanbauten, die erdgeschichtlich gesehen, nur eine relativ kurze Lebensdauer haben und aufgrund der Plattendrift auf der Erdoberfläche auch nicht (im Gegensatz zu den Marsvulkanen) ortsfest sind (Beispiel Hawaii-Inselkette). Das alles deutet auf eine große Stabilität des „hot spots“ und des dazugehörigen Mantelplumes unter der Tharsis-Aufwölbung hin.
Beispiel aus einer numerischen Simulation der Mantelkonvektion im Marsinneren, bei der die Parametrisierung so gewählt wurde, daß sich ein Mantelplume ausbilden kann, der im oberen Bereich (hier weiß dargestellt) durch Druckentlastung Magmen bildet und damit „hot spot“-Vulkanismus induziert. © WALTER KIEFER (2003)
Bei der Interpretation von Modellrechnungen muß man immer beachten, daß in die Entwicklung von Konvektionsmodellen viele Daten eingehen (z.B. Kerndurchmesser, Temperatur der Kern-Mantel-Grenze, Materialeigenschaften, Raynolds-Zahl etc.), für die es noch keine gesicherten Erkenntnisse gibt. Andererseits lassen sich aber gerade daraus, wenn sich die Ergebnisse mit Beobachtungsdaten vergleichen lassen (z.B. lokale und globale Schwerefeldparameter, Oberflächenmorphologie), sinnvolle Abschätzungen für die noch unbekannten Größen gewinnen und auf diese Weise quasi iterativ neue, bessere Parametrisierungen bei der Modellbildung erreichen.
Hemisphärische Dichotomie
Ein weiteres topographisches Merkmal der Marsoberfläche ist ihre auffällige hemisphärische Dichotomie: Die Südhalbkugel und Teile der Nordhalbkugel bestehen aus alter, dicht mit Impaktkratern bedeckter Kruste, die im Mittel auch ~4 km über dem mittleren Planetenradius liegt. Die nördliche Tiefebene dagegen scheint viel jünger zu sein, wie die deutlich reduzierte Kraterdichte beweist. Es ist durchaus möglich, daß diese Erscheinung bzw. der Fakt, daß auf der Südhalbkugel sehr alte Krustenbereiche bis heute überlebt haben, auch etwas mit den Konvektionsmustern im Marsmantel zu tun hat. Einige Mantelmodelle sind z.B. in der Lage, Strömungsmuster zu reproduzieren, die aus wenigen zylindrischen Plumes sowie aus großflächigen Bereichen, wo Mantelmaterie langsam auf- bzw. absteigt, bestehen. Die globalen Strömungsmuster lassen sich dann beispielsweise durch Kugelfunktionen mit der sphärischen Harmonischen l=1 darstellen (WISE et.al., 1979), wobei die „Aufstiegsbereiche“ mehr mit der nördlichen Halbkugel (geringere Krustenmächtigkeit) und die „Abstiegsbereiche“ mehr mit der südlichen Halbkugel außerhalb der Vulkanprovinzen koinzidieren. Ursache dafür könnten thermische Prozesse sein, die bis in die Zeit der Kernbildung zurückreichen. Neuer-dings wird aber auch verstärkt die Möglichkeit eines Megaimpakts diskutiert, der in der Frühgeschichte des Mars stattgefunden hat und die noch heute sichtbare Dichotomie verursacht haben soll (ANDREWS-HANNA, ZUBER, BANNERD, 2008). Es ist also durchaus möglich, daß dieser Impakt (sollte er wirklich passiert sein) auch einen gewissen Einfluß auf die thermische Entwicklung des Planeten und damit auch auf die Ausbildung der globalen Konvektionsströmungen im Marsmantel genommen hat.
Dichotomie der Marsoberfläche: Die blau dargestellten Gebiete befinden sich unterhalb und die rötlich dargestellten Gebiete oberhalb des mittleren Niveaus des Planeten. © NASA
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