Samstag, 3. Mai 2014

Von Sonneberg (Slunečná) nach Oberpolitz (Horni police)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Hand auf's Herz, wer kennt Sonneberg, den kleinen verträumten Ort südwestlich von Haida (Novy Bor) im Übergang zwischen Lausitzer und Böhmischem Mittelgebirge? Eine klimatisch begünstigte Lage mit reichlich Sonnenstunden im Jahr. Nicht umsonst trägt der Ort seinen Namen. Aus diesem Grund wurde hier früher der Obstbau kultiviert, gerade im Frühjahr fallen die über das Areal verteilten alten Streuobstanlagen auf, die nun in Blüte stehen. Im 19. Jahrhundert erlebte der Ort seinen Aufschwung. Die aus der Region stammende Familie Jirschik etablierte in Spanien ein florierendes Glashandelsgeschäft und engagierte sich finanziell an der Entwicklung der Gemeinde. Anfang des 20. Jahrhunderts orientierte sich die Ortschaft vorwiegend am Fremdenverkehr. Heute hat der Ort nur noch eine verschwindende Zahl Einwohner aber seine Lage ist und bleibt unabänderbar schön. 

Unser eigentliches Ziel ist aber Oberpolitz, bekannt durch die barocke Wallfahrtskirche der Heimsuchung Maria, die sich nach einer gründlichen Restauration sehnt. Die Anlage, die sich über der Polzen (Ploučnice) erhebt, ist jedoch stattlich und anziehend. Die Kirche verbindet sich auch mit dem Wirken des Erzdechanten Wenzel Hocke, im Volksmund bekannt als Hockewanzel, einem dem Volk verbundenen katholischen Priester, über den sich viele seiner eulenspiegelhaften Possen bis heute erhalten haben.

Der Weg ab Sonneberg, vorbei am Einsiedlerberg (Poustevna) ist schlecht erkennbar und verlangt individuelle Inspiration. Hat man einen der alten talwärts führenden Forstwege gefunden, ist der Abstieg zum Waldhufendorf Wolfersdorf (Volfartice) kein Problem mehr. Es versetzt uns immer wieder in Erstaunen, auf welch lange Tradition die Dörfer hier zurückblicken können. Wolfersdorf wurde bereits 1281 erstmals urkundlich erwähnt, Oberpolitz gar im Jahre 1273. Weiter geht es über Schossendorf (Radeč) hinauf zum Hofberg (Dvorsky kopec), wo wir von einem Rudel Muffelwild überrascht werden. Auf dem weiteren Weg nach Oberpolitz wird schon bald der Komplex der Wallfahrstkirche sichtbar. Zunächst aber passiert man das Schloss von Oberpolitz. Hier begann Hockewanzels Aufstieg zum Erzdechanten. Dazu folgende Geschichte:

Der schon alternde Pfarrer aus Klein Bocken (Malá Bukovina) wurde vom Herzog ermutigt, sich noch um ein höheres Amt zu bewerben. Als der amtierende Erzdechant an der Pest verstorben war, wurde die Stelle ausgeschrieben. Nach langem Zögern entschloss sich Hockewanzel kurz vor Ultimo, seine Bewerbung doch noch einzureichen. Er wurde beim Herzog jedoch nicht vorgelassen, und auf später vertröstet. Er suchte sich ein ruhiges Plätzchen im Schlossgarten und döste so vor sich hin. Er döste und döste und als er zu sich kam, schlug die Uhr vom Kirchturme Sieben. Die Bewerbungsfrist war vor zwei Stunden abgelaufen. Griesgrämig machte sich Hockewanzel auf den Rückweg nach Klein Bocken. Um den Weg nicht ganz umsonst zurückgelegt zu haben, trat er beim nächsten Metzger ein und kaufte sich noch eine fettige Wurst, die er in das nun unnütze Bewerbungsschreiben einwickelte. In Klein Bocken jedoch wurde er zu seiner Verwunderung mit Brimbamborium empfangen und mit Glückwünschen zu seiner Ernennung überhäuft, was ihm nicht ganz erklärlich war. Es stellte sich dann heraus, dass der Herzog ihm einen Streich gespielt und seine Unterschrift auf das Bewerbungsschreiben gesetzt hatte, als Hockewanzel gerade seinen Schlaf der Gerechten schlief. Die Unterschrift des Herzogs war genau an der Stelle, wo ein großer Wurstfleck das Schreiben zierte. Das war Hockewanzel, eine böhmische Karriere.

Auf paralleler Route geht der Weg entlang des Schossendorfer Berges (Radečsky kopec) zurück, zunächst bis Wolfersdorf und dann hinauf nach Sonneberg.



Sonneberg, dörfliches Kleinod am Rande des Lausitzer Gebirges


Kirche von Sonneberg


Alte Villen künden von ehemals prosperierenden Zeiten


Gedenkstein an Josef Jirschik


Auf Wolfersdorfer Fluren



Zwischen Koselberg (Kozly) und Hammerberg (Hamry) lugt verschämt der Ronberg (Ronov) hervor


Auf Politzer Fluren


Wallfahrskirche Maria Heimsuchung





Politzer Schloß



Die Polzen


Kirche von Neustadtel (Jevzé)


Ortslage von Schossendorf



Kirche von Wolfersdorf

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