Das high end –Verfahren bei der Exoplanetenbeobachtung ist und bleibt, etwas salopp gesagt, deren direkte Abbildung auf einem CCD-Chip oder, noch besser, auf einem Spektrographenspalt. Das ist bis jetzt erst wenige Male gelungen, aber die technischen Voraussetzungen, die dafür erforderlich sind, verbessern sich immer mehr. Zwar besitzen alle heutigen Großteleskope mit ihren adaptiven Optiken in punkto Auflösungsvermögen die potentiellen Möglichkeiten dafür. Aber der Intensitätsunterschied zwischen Mutterstern und Exoplanet in Verbindung mit dem äußerst geringen Winkelabstand (Bruchteile einer Bogensekunde) macht ohne besondere Kniffe solch ein Unterfangen meist von vornherein aussichtslos. Solche „Kniffe“ bestehen z.B. im Einsatz von koronographenartigen Optiken, die das störende Licht des Muttersterns zumindest teilweise abblocken können oder in der Methode des sogenannten „Nullings“, bei der man durch Interferenz versucht, das Licht des Muttersterns auszulöschen.
2005 gab eine Arbeitsgruppe der Friedrich Schiller Universität Jena bekannt, daß es ihnen gelungen ist, mit Hilfe des NACO-Instruments (Nasmyth Adaptive Optics System) am VLT (Very Large Telescopes) des Mt. Paranal-Observatoriums einen Exoplaneten um den T Tauri-Stern GQ Lupi direkt abzubilden (R. Neuhäuser et.al. 2005).
5.18 Aufnahme von GQ Lupi A mit seinem Begleiter GQ Lupi B. Das Bild entstand im Juni 2004 mit dem Very Large Telescope der ESO und dem Instrument NACO. © ESO / Universität Jena
Zwar kann man auch heute (2010) immer noch nicht ganz sicher sein, ob es vielleicht doch nur ein Brauner Zwerg ist, der den sehr jungen Sterns GQ Lupi A umkreist (dafür ist die Masse des Begleiters zu ungenau bekannt). Wenn es sich aber heraus stellt, daß die Masse des Objektes B unterhalb der Grenzmasse für Braune Zwergsterne liegt (13 MJ), dann handelt es sich um den ersten Exoplaneten, der direkt, d.h. getrennt von seinem Mutterstern, mit einem Teleskop abgebildet werden konnte. Deshalb kommt der genauen Massebestimmung für die endgültige Klärung des Sachverhalts auch eine entscheidende Rolle zu. Trotzdem ist die direkte Beobachtung eines derartigen Objektes an sich schon ein Meilenstein in der Erforschung extrasolarer Planeten.
Probleme bei der direkten Beobachtung von Exoplaneten
Was macht nun die direkte Abbildung von Planeten außerhalb unseres Sonnensystems so schwierig? Dazu soll als erstes die Frage beantwortet werden, wie hell und in welchem Abstand von der Sonne der Planet Jupiter erscheinen würde, wenn man das Sonnensystem aus einer Entfernung von 10 pc betrachtet.
Der maximale Winkelabstand berechnet sich sehr schnell zu 0.5 Bogensekunden. Um die Helligkeit abzuschätzen, muß das Verhältnis des Raumwinkels, unter dem Jupiter von der Sonne aus erscheint, zum Raumwinkel der gesamten Sphäre bestimmt werden. Außerdem ist das Rückstrahlungsvermögen (Albedo) noch zu berücksichtigen. Für Jupiter soll ein Wert von 50% angenommen werden:
d.h. die Helligkeit beträgt nur 4∙10^-9 der Sonnenhelligkeit oder in Größenklassen ausgedrückt, erscheint er um 21 mag schwächer als die Sonne. Da die Sonne eine absolute Helligkeit von +4.8 mag besitzt, beträgt die Helligkeit von Jupiter rund 26 mag. Zwar läßt sich ein Abstand von einer halben Bogensekunde noch gut auflösen. Der Intensitätsunterschied zwischen Sonne und Jupiter würde jedoch eine direkte Beobachtung völlig unmöglich machen. Damit ist auch gleich die Hauptschwierigkeit bei diesem Verfahren beschrieben. Andererseits ist man aber bestrebt, einen Planeten möglichst optisch von seinem Mutterstern zu separieren, da man nur so ein Spektrum von ihm gewinnen kann, aus dem sich wiederum Informationen über seine physische Beschaffenheit ableiten lassen. Die Erfolgsaussichten erhöhen sich etwas, wenn man anstatt im optischen Spektralbereich im Infrarot beobachtet. Von Jupiter weiß man - und so wird es wahrscheinlich bei allen jupiterartigen Planeten sein -, daß er mehr Strahlung im IR emittiert als er insgesamt von der Sonne absorbiert. Der Helligkeitsunterschied zwischen dem Zentralstern und dem Planeten verringert sich in diesem Fall auf etwa 10^-4 bis 10^-5, was die Chance natürlich erhöht, das Planetenscheibchen vom Beugungsscheibchen des Muttersterns zu trennen. Die Chancen lassen sich noch weiter erhöhen wenn man - ähnlich wie bei Koronographen - das Sternscheibchen mit entsprechenden Blenden abdeckt. Daß dieses Verfahren funktioniert, zeigen z.B. die Hubble-Teleskopaufnahmen von protoplanetaren Staubscheiben um junge Sterne sowie die Entdeckung eines Exoplaneten um den Stern Fomalhaut mit dem gleichen Equipment.
Sternkoronographen
Die Kamerasysteme des Hubble-Space-Teleskopes sind bei den einzelnen Servicemissionen auch mit Sternkoronographen, die nach verschiedenen Funktionsprinzipien arbeiten, nachgerüstet worden. Ziel war es insbesondere, Staubscheiben um junge Sterne näher untersuchen zu können, da darin der komplexe Prozeß der Planetenbildung stattfindet. So besteht z.B. der Beobachtungskomplex NICMOS (Near Infrared Camera and Multi-Object Spectrometer) aus drei separaten Kameras mit Gesichtsfeldern der Größe 11 x 11, 19.2 x 19.2 und 51.2 x 51.2 Bogensekunden, wobei im Spektralbereich zwischen 0.8 und 2.5 μm Auflösungen zwischen 0.2 und 0.043 Bogensekunden entsprechend der technischen Spezifikation zu erreichen sind.
Der NICMOS-Sternkoronograph besteht im Wesentlichen aus einem mit einem Laser erzeugten zentralen Loch (Durchmesser 0.3 Bogensekunden) in einem Spiegel, von dem aus das Licht auf den Detektor der Kamera 2 (IRC, Intermediate Resolution Camera) geleitet wird. Ziel ist es dabei, den zentralen Teil des Beugungsscheibchens des Beobachtungsobjektes bis einschließlich des zweiten Airy-Ringes soweit abzuschwächen, damit auch die sonst durch die Flanken des Beugungsscheibchens vollständig überstrahlten Objekte (wie z.B. Exoplaneten) sichtbar werden.
5.19 Die Staubscheibe um den Stern HD 61005, aufgenommen mit dem NICMOS-Instrument des Hubble Space Teleskops bei eingeschalteten Koronographenmodus © Hines, Schneider, STSI
Was hier mit wenigen Worten nur angedeutet werden kann, stellt in der praktischen Umsetzung eine höchst anspruchsvolle Aufgabe dar. Um so erfreulicher waren die ersten Beobachtungsergebnisse in Form von IR-Fotos, auf denen man sehr detailliert Staubscheiben um Sterne, wie z.B. HD 61005, erkennen konnte. Später wurden auch noch weitere Kameras des Hubble Space Telescopes (z.B. ACS, Advanced Camera for Surveys) mit Koronographenoptiken ausgestattet, die aber nach einem anderen, auf destruktive Interferenz beruhenden Verfahren beruhen. Diese Verfahren sind unter den Namen Phase Mask Coronagraph und Optical Vortex Coronagraph in der Literatur beschrieben. Am Ende waren die damit erzielten Beobachtungsergebnisse so gut, daß man begann, auch viele Großteleskope auf der Erde (wie z.B. Keck-Teleskop, SUBARU, VLT) mit derartigen Optiken auszustatten. Bei der Motivation dafür spielte die Hubble-Entdeckung eines Exoplaneten um den Stern Fomalhaut im Sternbild „Südlicher Fisch“ (P.Kalas et.al. 2008 ) durchaus eine Rolle.
Exoplanet um α Piscis Austrini - Fomalhaut b
Daß der hellste Stern im Sternbild „Südlicher Fisch“ mit dem arabischen Namen, der „Maul des Walfischs“ bedeutet, eine Staubscheibe besitzt, ist schon seit längerer Zeit bekannt. Aufgrund seiner Nähe – er ist lediglich 25 Lichtjahre von der Sonne entfernt – und seiner Ähnlichkeit mit Wega (α Lyr), die auch eine Staubscheibe besitzt, wurde er seit 2003 mehrfach mit dem Hubble-Teleskop beobachtet. Dabei konnte ein unscheinbares Objekt beobachtet werden, welches zwischen 2004 und 2006 merklich seine Position innerhalb der Staubscheibe verändert hat – ein Exoplanet.
5.20 Die Staubscheibe um den hier durch die Koronographenoptik abgedeckten Stern macht sich durch ihr Streulicht bemerkbar. Darin zieht der Exoplanet Fomalhaut b seine Bahn. © STSI
Diese Entdeckung zeigte, daß es doch schon mit den heute zur Verfügung stehendem Instrumentarium möglich ist, einen direkten Blick auf einen Exoplaneten zu werfen.
Weitere Direktbeobachtungen von Exoplaneten
Die Anzahl von Direktbeobachtungen von Exoplaneten hält sich noch (2010) in Grenzen, was sich aber in naher Zukunft wahrscheinlich ändern wird. So begann z.B. 2011 eine Beobachtungskampagne in Form einer vorerst auf fünf Jahre angesetzten Durchmusterung mit der neuen und extra dafür konzipierten Kamera SPHERE (Spectro-Polarimetric High-contrast Exoplanet Search) am VLT auf dem Mt. Paranal. An der Entwicklung und Bau dieser Spezialkamera haben sich dreizehn europäische Forschungsinstitute beteiligt. Mit einem Preis von über 20 Millionen € stellt sie derzeit auch das teuerste Zusatzgerät der Europäischen Südsternwarte dar. Man erwartet von diesem äußerst komplexen Beobachtungsgerät, welches aus einer extrem genau arbeitenden adaptiven Optik (XAO, Extreme Adaptive Optic), zwei speziellen Koronographen (einen für den optischen und einen für infraroten Spektralbereich) und mehreren Detektoren für polarimetrische, infrarote und spektroskopische besteht, einen echten Durchbruch in der Exoplanetenforschung. Außerdem stellt es gewissermaßen einen Prototyp von Exoplanetenkameras dar, dessen Nachfolger in Zukunft einmal am geplanten European Extremely Large Telescope (E-ELT, Inbetriebnahme 2018) zum Einsatz gelangen soll.
Aber bereits mit einem Vorläufer, einem Koronographen, der an die bestehende adaptive Optik NAOS-CONICA eines der 8.2 m VLT –Teleskope eingebaut wurde, konnten erste Erfolge erzielt werden. Zu nennen sind hier besonders die Beobachtungen des schon 2003 erstmalig mit dem VLT fotografierten, dann aber wieder verlorengegangenen Planeten um den Stern β Pictoris zu nennen. Im Juni 2010 gab die ESO eine Presseerklärung mit dem Hinweis heraus, daß es mit dem NACO-Instrument am VLT gelungen ist, das Objekt erneut zu detektieren und zwar diesmal auf der anderen Seite des Sterns.
5.21 In dieses zusammengesetzte Bild der Staubscheibe um den Stern β Pictoris (aufgenommen 1996 mit dem 3.6 m –Teleskop der ESO auf La Silla) sind in den zentralen, durch eine Korono¬graphenoptik abgedeckten Teil die beiden 2003 und 2009 mit dem NACO-Instrument gewonnenen direkten Abbildungen des Exoplaneten β Pictoris b einkopiert und dessen mögliche projizierte Bahnellipse angedeutet worden. © ESO
Eine genaue astrometrische Analyse dieser Beobachtungen ergab, daß der Exoplanet nur 8- bis 15-mal weiter von seinem Zentralstern entfernt ist als die Erde von der Sonne, was in etwa der Entfernung des Saturns in unserem Sonnensystem entspricht.
Ein sehr interessantes Exoplanetensystem ist HR 8799, von dem drei Exoplaneten bekannt sind und die alle mittlerweile direkt abgebildet werden konnten.
5.22 Die drei Begleiter um den 129 Lichtjahre entfernten Hauptreihenstern HR 8799, aufgenommen mittels einer speziellen IR-Kamera am Keck-Teleskop auf Hawaii. © Keck, Gemini
Die Entdeckung gelang im Jahre 2008 einer Gruppe von Astronomen mit Hilfe des Keck-Teleskops und des Teles-kops Gemini North im Infrarotbereich unter Verwendung einer ausgefeilten adaptiven Optik (C.MAROIS et.al. 2008) und einem speziellen Bildgebungsverfahren, welches als ADI (Angular Differential Imaging) bezeichnet wird und das den Kontrast schwacher Objekte um einen hellen Stern verbessert. Objekt der Untersuchungen war eigentlich die Staubscheibe um den als veränderlich bekannten Stern V342 Pegasi (= HR 8799). Deshalb war es durchaus überraschend, als man gleich drei schwache Begleiter um diesen Stern im Sternbild Pegasus, der in einer dunklen Nacht gerade noch so mit freiem Auge sichtbar ist, entdeckte. Daß es sich dabei um Planeten handeln muß, ergab sich aus ihrer Infrarothelligkeit. Danach war es eher unwahrscheinlich, daß es sich eventuell um Braune Zwergsterne handeln könnte. Heute weiß man schon etwas mehr über diese drei Planeten. Sie haben wahrscheinlich die 5- bis maximal 13-fache Masse von Jupiter sowie Durchmesser, die etwa um 20 bis 30 Prozent über dem Jupiterdurchmesser liegen. Weitere Daten sind in folgender Tabelle zusammengefaßt:
5.23 Aufbau des Systems HR8799 mit Lage der Planetenbahnen und der Lage der äußeren, unterschiedlich dichten Staubscheiben. Man kann an diesem Beispiel sehr gut das Endstadium eines Planetenbildungsprozesses studieren. © M.Reidemeister et.al.
Spektroskopische Beobachtungen
Das System HR 8799 hat noch mit einem weiteren Superlativ aufzuwarten. Der Begleiter c ist der erste Exoplanet, von dem es gelang, ein Spektrum aufzunehmen. Durchgeführt wurden die Beobachtungen mit Hilfe des Instruments NAOS/CONICA (Nasmyth Adaptive Optics System / Coude Near Infrared Camera), welches am VLT (Very Large Telescope) der Europäischen Südsternwarte im Einsatz ist. Da der Mutterstern mehrere tausendmal heller ist als der etwa jupitergroße Exoplanet, und die beiden von der Erde aus gesehen extrem nah beieinander stehen, stellte die Aufnahme des Planetenspektrums eine enorme Herausforderung an die Beobachtungstechnik dar. Beobachtet wurde im infraroten L-Band des elektromagnetischen Spektrums.
5.24 IR-Spektrum von HR8799 c. Der gestrichelt eingegrenzte Bereich stellt die Unsicherheit der Messung dar. © Janson et.al. 2010
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen