Sonntag, 10. Juli 2011

Exoplaneten (13) - Planetologie der extrasolaren Gasplaneten

Computermodelle von Gasplaneten

Gasplaneten (wie Planeten überhaupt) lassen sich viel schwieriger am Computer modellieren als beispielsweise Hauptreihensterne. Das liegt zu einem nicht unwesentlichen Teil an der Unkenntnis der Zustandsgleichungen der sie aufbauenden Stoffe für die interessierenden Parameterbereiche. Außerdem sind diverse Entwicklungsprozesse zu berücksichtigen, die aus der stetigen Abkühlung dieser Objekte resultieren. Dazu kommt noch, daß verwertbare empirische Daten von Exoplaneten trotz ihrer mittlerweile großen Zahl nur begrenzt zur Verfügung stehen. Beobachtbare Basisparameter sind in dieser Hinsicht lediglich Masse M und Radius R, aus denen sich die mittlere Dichte <ρ> und das Masse/Radius - Verhältnis mit entsprechenden Unsicherheiten bestimmen lassen. Im Sonnensystem sind noch gravitative Parameter wie z.B. der Trägheitsfaktor K (1.11) oder gravitative Multipolmomente wie J2 (1.17),  J4 und J6 meßbar, aus denen sich bekanntlich Informationen über die Masseverteilung m(r) in deren Inneren ableiten lassen. Diese Daten stehen für Exoplaneten nicht zur Verfügung.

Detaillierte spektroskopische Untersuchungen der Muttersterne von Exoplaneten erlauben Rückschlüsse auf die  kosmische Elementehäufigkeiten in der Region, wo die Stern- und Planetenentstehung stattgefunden hat. Verkürzt kann sie durch drei Größen, die Masseanteile angeben, ausgedrückt werden:  X=Wasserstoffanteil, Y=Heliumanteil und 1-X-Y=Z=Anteil an “Metallen“, wobei besonders der „Metallanteil“, beschrieben durch die Metallizität (5.45), von Bedeutung ist.  Man kann sie z.B. mit dem Masse/-Radius-Verhältnis von Exoplaneten korrelieren und damit empirisch auf deren maßgeblichen stofflichen Aufbau schließen. Andererseits sind die Masseanteile X, Y und Z wichtige Eingabeparameter für Entwicklungsmodelle substellarer Objekte, die ganz wesentlich deren inneren Aufbau festlegen.

Statische Modelle und Entwicklungsmodelle
Man kann ein substellares Objekt wie z.B. einen Braunen Zwerg oder einen Gasplaneten als „Momentaufnahme“ zu einem gegebenen Zeitpunkt ti seiner Lebensdauer oder seinen inneren Aufbau als Funktion t über seine Lebensdauer modellmäßig erfassen. Die physikalischen Grundgleichungen sind dieselben, aber die Wahl der Laufvariablen ist, der Problemstellung angepaßt, unterschiedlich. Im Euler-Bild wird der radiale Abstand r, der vom Zentrum r=0 bis zur Oberfläche r=R verläuft, als räumliche Variable verwendet. Der Planet ist aus infinitesimalen Schalen der Dicke dr mit der Massebelegung  dm aufgebaut, in dem die physikalischen Größen jeweils konstant sind. Es gilt das Gesetz von der Erhaltung der Masse (1.1):
Der Nachteil dieser Beschreibungsweise liegt darin begründet, daß sich gerade Entwicklungsvorgänge, die sich in einer schnellen Änderung von R äußern (z.B. in durch Kontraktion geprägte Entwicklungsphasen; bei Sternen Pulsationen), nicht so gut beschreiben lassen. In solch einem Fall ist das Lagrange-Bild besser geeignet. Es verwendet als unabhängige Variablen die Masse m und die Zeit t. In diesem Bild ist demnach die räumliche Koordinate r eine Funktion der Form  r=r(m,t). Es gilt 
Die äußere Randbedingung ist durch m=M gegeben, wobei M die Gesamtmasse des Objektes ist. Sie kann über die Lebensdauer eines substellaren Objektes als konstant angesehen werden. 

Diese beiden „Bilder“ sind wichtig für die Erstellung von Computermodellen, in denen die zu lösenden Differentialgleichungen durch Differenzengleichungen ersetzt werden, um sie numerisch lösen zu können. Die Integration erfolgt entweder über Schalen konstanter Dicke ∆r oder konstanter Massebelegung ∆m unter Einhaltung der Bedingung des hydrostatischen Gleichgewichts (1.3), das sich mit (1.1) in die Lagrange-Form
überführen läßt. Hier entfällt zugleich die Anomalität, daß die Dichte ρ(m,t)  im Zentrum (r=0) unendlich groß wird (wegen m=0 für r=0).

Bei der Modellierung von Exoplaneten werden Entwicklungsmodelle, die quasi mit der Entstehung der Planeten aus einer Gas- und Staubwolke beginnen, bevorzugt. Der Entstehungsprozeß legt dabei Anfangsbedingungen in Form der Ausgangsmasse M0 und der elementemäßigen Zusammensetzung (X, Y, Z) fest, die sich im Fall eines Planeten über dessen gesamten Lebenszyklus nicht mehr (oder nur noch unwesentlich) ändern wird. Das gilt auch für Braune Zwerge in der Zeit nach ihrer nuklearen Brennphase. Was sich mit der Zeit ändert, ist u.a. die radiale Temperatur- und Dichtefunktion, die radiale chemische Zusammensetzung (Ausdifferenzierung) sowie die Lage der damit im Zusammenhang stehenden Schalen, in denen bestimmte Hochdruckphasen dieser Stoffe realisiert sind (bei Gasplaneten betrifft das insbesondere den Bereich in einem Gasplaneten, in dem metallischer Wasserstoff vorkommt). Außerdem spielt noch die zeitliche Entwicklung von Wärmetransportprozessen (Konvektion, Wärmeleitung) sowie die Präsenz von nichtnuklearen Energieerzeugungsprozessen (Kelvin-Helmholtz-Kontraktion, gravitative Entmischung, eventuell radioaktive Zerfallsprozesse) eine Rolle bei planetaren Entwicklungsmodellen. Die größten Unsicherheiten ergeben sich jedoch aus der unzureichenden Kenntnis der Zustandsgleichungen der Stoffe, aus denen Planeten bestehen.

Die physikalischen Gesetze, die den inneren Aufbau von Gasplaneten beschreiben, sind im Prinzip dieselben, wie sie auch in der stellaren Astrophysik zur Modellierung von Sternen Verwendung finden. Zu ihrer Formulierung (und der Formulierung von Anfangs- und Randbedingungen) wird aus naheliegenden Gründen das Lagrange-Bild verwendet. 

Grundgleichungen planetarer Entwicklungsmodelle
Genauso wie Sterne, werden substellare Objekte durch ein System von Differentialgleichungen beschrieben, die
  • hydrostatisches Gleichgewicht und
  • Masseerhaltung 
sicherstellen und ermöglichen
  • die Temperatur T als Funktion des Drucks P sowie 
  • die Leuchtkraft L als Funktion der Zeit t
zu berechnen. Dazu kommt noch ein Satz plausibler Anfangs- und Randbedingungen, die sich z.T. an Beobachtungen (z.B. der Gasplaneten des Sonnensystems oder einzelner Exoplaneten) orientieren. Während die Randbedingungen eines Planetenmodells für sein Zentrum r=0 trivial sind (m=0, L=0), sind die äußeren Randbedingungen von komplexer Natur, da sie u.a. davon abhängen, wie sich der Strahlungsfluß durch die Atmosphäre (also der Region, wo der Planet für elektromagnetische Strahlung durchsichtig wird) gestaltet. 

Hydrostatisches Gleichgewicht
Jupiter und Saturn sind stark abgeplattete Planeten, was auf ihre hohe Rotationsgeschwindigkeit zurückzuführen ist. Dabei treten Zentrifugalkräfte auf, die bei der Formulierung der Bedingung des hydrostatischen Gleichgewichts mit zu berücksichtigen sind. Deshalb ist das Gravitationspotential (1.14) um einen Zentrifugalterm (ω Winkelgeschwindigkeit)
zu ergänzen, so daß für das resultierende Potential U
gilt. Bei reiner Kugelsymmetrie (d.h. unter der Annahme eines mittleren Radius) ergibt sich daraus für das hydrostatische Gleichgewicht unter Berücksichtigung einer Eigenrotation
Durch Transformation in das Lagrange-Bild läßt sich die Dichtefunktion ρ(r) eliminieren:

Temperatur T als Funktion des Drucks P 
Ein großes Problem bei der Ermittlung eines Temperaturprofils T=T(r) liegt in der Berücksichtigung der Wärmetransportprozesse im Innern eines substellaren Objekts. Dreh-und Angelpunkt ist dabei die Berechnung des Temperaturgradienten ∇T≡(d ln T)⁄(d ln P) für jede „Schale“ ∆r über den gesamten Radius R. Dazu müssen die jeweils in den Schalen auftretenden Wärmetransportprozesse ermittelt werden. Das sind im Einzelnen:
  • Strahlungstransport
  • Wärmeleitung
  • Konvektion
Die theoretische Behandlung dieser Prozesse ist i. A. sehr schwierig. Für den Strahlungstransport ist beispielsweise die „Undurchsichtigkeit“ (Opazität) der Materie von großer Bedeutung. Sie läßt sich mit Hilfe von wellenlängenabhängigen Absorptionskoeffizenten beschreiben, die sowohl stoffabhängig als auch selbst wiederum Funktionen der Temperatur, des Drucks und der Dichte sind. In Gasplaneten, die zu einem überwiegenden Teil aus Wasserstoffmolekülen und Heliumatomen bestehen, ist die stoßinduzierte Absorption eine der wesentlichsten Opazitätsquellen. Sie nimmt mit steigendem Druck immer mehr zu bis schließlich beim Erreichen des konvektiven Instabilitätskriteriums zwangsläufig der Strahlungstransport bzw. die Wärmeleitung durch die nun effektivere Konvektion abgelöst wird. Bei sehr hohen Dichten, wo die Konzentration an  (H-) und (H2-) -Ionen immer größer wird, treten zwei weitere Absorptionsmechanismen in Erscheinung: die  (H-) gebunden-frei-Absorption und die (H2-) frei-frei-Absorption. Die Bedingungen dafür sind insbesondere im Innern heißer Objekte (Teff>1500 K)  zu finden. Auch diese Absorptionsmechanismen fördern letztendlich den Übergang zum konvektiven Wärmetransport.

Selbstverständlich liefern auch andere Moleküle, die in substellaren Objekten vorkommen, Beiträge zur Strahlungsabsorption. Zu nennen sind hier H2O, CH4, NH3 in kühleren Objekten (Teff≤1200 K) und z.B. TiO,  CaTiO3 bei jungen heißen Objekten (Teff~2000 K). Allen diesen Molekülen ist gemeinsam, daß sich ihre Absorptionseigenschaften über die bei Gasplaneten und Braunen Zwergen realisierten Temperatur- und Druckbereiche nur schwer berechnen lassen. 

Da sich der wirksame totale Absorptionskoeffizient – vereinfacht gesprochen - aus der Summe aller einzelnen Absorptionskoeffizienten ergibt, macht es Sinn, einen mittleren Absorptionskoeffizienten in Abhängigkeit von stofflicher Zusammensetzung, Temperatur und Dichte zu definieren, den man anstelle der vielen einzelnen Absorptionskoeffizienten bei Modellrechnungen verwenden kann. Solch ein Absorptionskoeffizient ist das Rosseland-Mittel κR.  Mit seiner Hilfe läßt sich der Temperaturgradient, der sich bei Strahlungstransport und Wärmeleitung einstellt, wie folgt aufschreiben: 
Lr ist die Leuchtkraft bei r (intrinsische Leuchtkraft), a=7.567∙10^(-16)   J m^(-3) K^(-4) die Strahlungskonstante und c die Lichtgeschwindigkeit.

Die Berechnung Rosselandscher Absorptionskoeffizenten für substellare Objekte mit effektiven Temperaturen unterhalb von 3000 K ist eine sehr schwierige Aufgabe und erst in Ansätzen gelöst (z.B. Guillot et.al. 1999).  Während man für das Innere näherungsweise Opazitätstabellen für reine Wasserstoff-Helium-Gemische verwenden kann (Null-Metallizität), ist das für die Atmosphärenschichten nicht mehr möglich, da darin die Bedingungen für eine reichhaltige Atmosphärenchemie gegeben sind. Selbst Spurenstoffe können zu Auskondensationen mit Dunst- und Wolkenbildungen führen, die sich sehr schwer modellieren lassen, da jetzt auch Parameter wie Korn- oder Tröpfchengröße für das Absorptionsverhalten eine Rolle spielen. 

Eine der wichtigsten und energetisch effektivsten Wärmetransportprozesse ist die Konvektion. Sie tritt in Gasen und Flüssigkeiten auf, sobald das Medium lokal (z.B. durch eine übermäßige Erwärmung) in dem Sinn instabil wird, daß Strahlungstransport und Wärmeleitung einen bestimmten Temperaturgradienten nicht mehr aufrecht erhalten können. Im Einzelnen führt dann ein Dichteunterschied ∆ρ zwischen einem Flüssigkeits- oder Gaspaket und seiner Umgebung zu einer Auf- bzw. Abwärtsbewegung, bei der Material (und die darin enthaltene Wärmemenge) transportiert wird. Die Bedingung, ab der Konvektion einsetzt, wurde erstmals von Karl Schwarzschild (1873-1916) im Jahre 1906 angegeben und wird seitdem als Schwarzschild-Kriterium bezeichnet:
γ bezeichnet dabei den Quotienten der Wärmekapazitäten bei konstantem Druck und bei konstantem Volumen. Die Ungleichung sagt aus, daß Konvektion immer dann einsetzt, wenn der lokale Temperaturgradient „steiler“ ist als der rechts angegebene kritische Schwarzschild-Wert. Das passiert z.B., wenn in einer Schicht ∆r im Innern eines substellaren Objekts die Opazität stark ansteigt. 

Eine weitere, oft verwendete Methode, um konvektiven Wärmetransport zu beschreiben, ist die auf Ludwig Prandtl (1875-1953) zurückgehende Mischlängen-Theorie (mixing length theory). Dabei versteht man unter der „Mischlänge“ den Weg, den ein Flüssigkeits- oder Gaspaket in radialer Richtung zurücklegen muß, bis es in allen seinen Eigenschaften von der Umgebung aufgenommen (d.h. dispergiert) ist. Dieser phänomenologische Ansatz läßt sich bei annähernd adiabatischen Verhältnissen relativ gut für Modellrechnungen verwenden, um konvektive Schichten qualitativ und quantitativ zu erfassen (eine ausführliche Darstellung findet man z.B. in dem Lehrbuch von Kippenhahn und Weigert (1990)).

Konvektion ist sehr anfällig gegenüber Einflüssen, die sich nur schwer adäquat in Rechenmodelle integrieren lassen. Einige von ihnen, welche zu deren Hemmung führen können, sollen hier nur kurz angeführt werden (nach T.Guillot, 2006): 
  • Hohe Rotationsgeschwindigkeiten
  • Starke Eigenmagnetfelder
  • Gradienten in der stofflichen Zusammensetzung
  • Kondensationsprodukte mit hohen Absorptionsvermögen
Wie die Hemmechanismen im Einzelnen wirken, ist im Fall hoher Rotationsgeschwindigkeiten und insbesondere im Fall der Präsenz starker, durch den Dynamoeffekt verursachter Eigenmagnetfelder in vielen Details noch unklar. Auch unter welchen Bedingungen Zonen innerhalb substellarer Objekte, in denen sich die stoffliche Zusammensetzung über relativ kurze Abstände schnell ändert, zu einer Hemmung konvektiver Strömungen führen, ist quantitativ und qualitativ noch recht wenig verstanden. Während kleine Gradienten durch Konvektion schnell homogenisiert werden (Durchmischung), können große Gradienten (z.B. an Grenzflächen stofflicher Zusammensetzung, Phasengrenzflächen) die Konvektion beenden. Man vermutet, daß die Zone der H-He-Phasentrennung innerhalb von Gasplaneten eine derartige Grenzfläche bewirkt.

Insbesondere in den Atmosphären von Gasplaneten und kühlen Braunen Zwergen kommt es zu vielfältigen chemischen Prozessen, die zur Freisetzung und dem Verbrauch latenter Wärme, verbunden mit Dunst- und Wolkenbildungen bzw. deren Auflösungen, führen. Wie die Erfahrungen der Meteorologen zeigen, können schon Phasenänderungen von geringen Mengen bestimmter Stoffe – im Fall der Erdatmosphäre von Wasserdampf – konvektive Prozesse fördern (durch Freisetzung von latenter Wärme – Entstehung von Gewittertürmen) oder (z.B. durch Ausbildung von Temperaturinversionen) hemmen. 

In Wasserstoff-Helium-Atmosphären, wie sie z.B. Jupiter- und Saturn besitzen, kommt es zu Auskondensationen bestimmter Stoffe (z.B. von Ammoniak (NH3)), die spezifisch schwerer sind als das sie umgebende Gas.  Die Kondensationsprodukte haben die Tendenz abzusinken, was i.d.R. zur Ausbildung eines mehr oder weniger stabilen Konzentrationsgradienten führt. Erreicht die Konzentration in einer Schicht einen kritischen Wert (z.B. das 40-fache der „normalen“ Häufigkeit von NH3), dann kann das auch zu einer Hemmung der Konvektion führen.

Die Schwierigkeit, konvektive Prozesse realistisch in numerischen Planetenmodellen zu berücksichtigen, steht im krassen Widerspruch zur Trivialität der Differentialgleichung, welche den Temperaturgradienten ∇T als Funktion des Drucks beschreibt:
oder im Lagrange-Bild
Die große Kunst besteht also offensichtlich darin, die richtigen Ansätze für die Temperaturgradienten und der damit verbundenen Wärmetransportprozessen zu finden. In diesem Zusammenhang sind die Probleme, die dabei zu lösen sind, bedeutend komplexer, als z.B. die, die man bei der Modellierung von gewöhnlichen Sternen zu lösen hat.

Intrinsische Leuchtkraft Lr
Als intrinsische Leuchtkraft Lr bezeichnet man die pro Zeiteinheit durch die gesamte Schale beim Radius r diffundierende Energiemenge. Sie erreicht an der Oberfläche r=R die Leuchtkraft L und gelangt von dort durch Abstrahlung in den kosmischen Raum. 

Bezeichnet man mit ϵ die Energie, die pro Zeiteinheit in einem Masseelement dm freigesetzt wird, dann gilt im stationären Fall
oder nach Wechsel in das Lagrange-Bild (das in der Folge beibehalten wird):
Die Randbedingungen, die offensichtlich erfüllt sein müssen, sind  Lr (0)=0  und  Lr (M)=L.

Im nichtstationären Fall, d.h. wenn es zu einer abkühlungsbedingten Kontraktion kommt, ändert sich die innere Energie u einer Schale und es kommt zu einem Austausch an mechanischer Energie P dV zwischen den Schalen. Die dabei in einer Zeiteinheit abgegebene Wärmemenge dq ist dann
Nach dem ersten Hauptsatz der Thermodynamik setzt sich dq aus der Änderung der inneren Energie du und der Änderung des spezifischen Volumens v=1/ρ, multipliziert mit dem Druck P, zusammen: 
wobei sich die letzten beiden Terme auf der rechten Seite auch durch die Änderung der spezifischen Entropie S (Entropie pro Masseeinheit) ausdrücken lassen:
Der Term   -T(dS⁄dt)  ist die sogenannte gravothermische Energie, die bei Kontraktion freigesetzt oder bei Expansion verbraucht wird. 

Bei Braunen Zwergsternen ist ϵ nur in den Phasen nuklearen Brennens größer Null. Der Anteil an Wärme, der eventuell durch radioaktiven Zerfall erzeugt wird, kann bei ihnen als auch bei Gasplaneten vernachlässigt werden. Insbesondere für Letztere geht deshalb (5.67) in die Gleichung
über. Die einzige innere Energiequelle ist dann die gravo-thermische Energie, die sich durch Kontraktion gemäß dem Virial-Theorem anzapfen läßt.

Zusammenstellung der Entwicklungsgleichungen
Der Differentialgleichungssatz zur Berechnung des Aufbaus substellarer Objekte (Braune Zwerge, Gasplaneten) lautet:
Vervollständigt wird er noch durch einen Satz von Randbedingungen, welche die Lösungsmenge einschränkt. Bei Gasplaneten ist es z.B. üblich, daß man für die äußeren Randbedingungen (d.h. für m=M) feste Vorgaben für Druck- und Temperatur wählt mit der Konsequenz, daß sich die Energiegleichung nicht mehr integrieren läßt (siehe Guillot, 2006). Der Grund dafür ist, daß diese Randbedingungen quasi zeitunabhängig sind, R=R(t) und L=L(t) aber Entwicklungseffekte zeigen. Zeitunabhängige Randbedingungen erlauben einen zeitlichen „Schnappschuß“, z.B. für den gegenwärtigen Zeitpunkt, so daß sie insbesondere zur Modellierung des momentanen Zustands der Gasplaneten des Sonnensystems geeignet sind. Will man dagegen Entwicklungseffekte untersuchen, müssen die äußeren Randbedingungen selbst Funktionen der Leuchtkraft L und des Radius R sein.

Man beachte weiterhin, daß in den einzelnen Größen dieser Gleichungen z.T. extrem komplexe Physik (und bei Planeten auch Chemie) steckt, wie am Beispiel des Druckgradienten bereits versucht wurde darzulegen. Zustandsgleichungen, die bei der Modellierung von Exoplaneten von besonderer Bedeutung sind, dienen der unabhängigen Berechnung von Dichte ρ und Entropie S als Funktion von Druck P und Temperatur T in Abhängigkeit der stofflichen Zusammensetzung. Hier spielen Phasendiagramme der Stoffe, aus denen Planeten bestehen, eine wichtige Rolle, die aber meist für die Bedingungen, wie sie im Innern von Braunen Zwergen oder Gasplaneten herrschen, nur unvollständig oder mit großen Unsicherheiten bekannt sind. 

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