Die ältesten auf der Marsoberfläche großräumig anzutreffenden geologischen Formationen stellen die mit Impaktkratern mehr oder weniger dicht überformten Gebiete außerhalb der Polarbecken und der Vulkanregionen dar, die sich besonders in den südlichen Regionen konzentrieren, wo sie auch die großen Impaktbecken Hellas und Argyre mit einschließen. Stellvertretend sollen hier nur die Landschaften Terra Cimmeria, Tyrrhena Terra, Arabia Terra, Prometheus Terra und Noachis Terra genannt werden. Von der letztgenannten Landschaft wurde der Name für die älteste stratigraphische Einheit des Mars, des Noachian, übernommen, welche ungefähr den Zeitraum zwischen 4.6 und 3.5 Milliarden Jahre umfaßt. In diesen Zeitraum fällt das Zeitalter des „Großen Bombardements“, dessen Auswirkungen sich in den ausgedehnten Kraterlandschaften (ähnlich wie auch bei Mond und Merkur) bis heute konserviert haben.
Natürlich ist die Zeit an diesen Kratern nicht spurlos vorüber gegangen. Man findet sie in unterschiedlichen Erhaltungszuständen, die zeigen, daß erosive Prozesse auch auf dem Mars eine landschaftsformende Rolle gespielt haben und noch heute spielen.
Bei Impaktkratern unterscheidet man im Wesentlichen zwei Typen. Einmal einfache Kratergruben ohne Zentralberg und zum anderen komplexe Krater, die meist eine zentrale Erhebung besitzen, i.d.R. flacher sind und oft auch einen strukturierteren Kraterwall aufweisen. Der Übergang zwischen einfachen und komplexen Kratern beobachtet man auf dem Mars bei einem Durchmesser von etwa 8 km (bei der Erde 4 km), was etwas weniger ist als der theoretisch erwartete Wert (~10 km). Der Grund dafür liegt wahrscheinlich in dem doch relativ hohen Anteil an Wassereis im Boden, was Einfluß auf die Dämpfung der vom Impakt ausgehenden Stoßwellen hat.
Ausschnitt
aus der Landschaft Terra Cimmeria mit einer Vielzahl von alten Impaktkratern.
Quelle ESA
Aus umfangreichen statistischen Untersuchungen konnten folgende Beziehungen für die Parameter von Impaktkratern als Funktion ihres Durchmessers D ermittelt werden:
a) Einfache Krater
Tiefe d d=0.21 D^0.81
Wallhöhe h h=0.04 D^0.31
Anstieg des inneren Walls s s=28.40 D^(-0.18)
b) Komplexe Krater
Tiefe d d=0.36 D^0.49
Wallhöhe h h=0.02 D^0.84
Höhe des Zentralberges hz hz=0.04 D^0.51
Durchmesser des Zentralbergs Dz Dz=0.25 D^1.05
Anstieg des inneren Walls s s=23.82 D^(-0.28)
(Nach Garvin et.al. 2003)
Einschlag im Permafrostboden – Rampart-Krater
Ein besonderes Merkmal von relativ jungen Impakten, die in Permafrostboden erfolgen, sind die sogenannten Fließejekta, die zu dem Typ des „Rampart-Kraters“ führen. Sie umgeben einen meist komplexen Krater in einer weichen, lappenartigen Form, wobei durchaus zwei oder drei derartiger Formen unterschiedlicher Größe übereinander vorkommen können. Sie treten zwar nicht nur auf dem Mars auf (auch die Jupitermonde Ganymed und Europa, die allesamt Eismonde sind, besitzen Impaktkrater von diesem Typ), sind aber trotzdem für diesen Planeten mehr als typisch. Dort wo sie vorkommen, muß es im Untergrund einen größeren prozentualen Anteil an Wassereis geben.
Rampart-Krater
im Bereich der Hochflächen um das Valles Marineris Quelle NASA, JPL
Fließejekta, wie man die lappenartigen Strukturen um Rampart-Krater nennt, bilden sich immer dann, wenn bei einem Impakt Wassereis plötzlich – d.h. in Sekundenbruchteilen bis Sekunden und Minuten – aufschmilzt und quasi zu „kochen“ beginnt, wodurch sich die mechanischen Eigenschaften des Untergrundes drastisch ändern. Es entstehen außerhalb der Kraterwälle sich schnell und radial ausbreitende Schlammströme, die u.a. das rückfallende Material aufnehmen (weshalb diese Art von „Rückfallejekta“ kaum bemerkbar ist) und mit abtransportieren. Ab einer gewissen Entfernung erstarren sie wieder und übrig bleibt die typische abgesetzte Form.
Die kleinsten Krater mit Fließejekta haben auf dem Mars einen Durchmesser von ungefähr 1 km, während die Größten die 60 km-Marke z.T. deutlich übertreffen.
Die physikalischen Prozesse, die bei einem Impakt in Permafrostboden auftreten, unterscheiden sich deutlich von denen, die man beim Einschlag in einen wasserfreien Untergrund beobachtet. Aus theoretischen und experimentellen Untersuchungen weiß man z.B., daß Eis, wenn es von einer Stoßwelle durchlaufen wird, bei Drücken zwischen 10 und 100 GPa aufschmilzt und verdampft. Es entsteht eine Schmelzzone, dessen Volumen eine Funktion der Energie des Impaktors respektive Kraterdurchmesser und des Eisgehaltes des Untergrundes ist. Deshalb ist es in gewissen Grenzen möglich, aus der Größe und Ausbildung der den Krater umgebenden Fließstrukturen auf den Eisanteil im Bodens oder einer beim Impakt durchschlagenden Bodenschicht zu schließen. Statistische Untersuchungen der Verteilung relativ junger Rampartkrater auf Aufnahmen der Viking-Sonden und auf Aufnahmen des MGS haben interessanterweise die Ergebnisse der Mars Odyssey-Messungen von epithermischen Neutronen im gewissen Sinn vorweg genommen (Kuzmin et.al. 2004).
Verteilung kleinerer (~2 km Durchmesser) jüngerer Impaktkrater mit Fließejekta (blau) und ohne Fließejekta (gelb) auf dem Mars. Quelle Kuzmin et.al. 2004
Junge Impaktkrater mit Fließejekta konzentrieren sich hauptsächlich in gemäßigten und hohen Breiten, während sie im äquatorialen Bereich nur lokal (z.B. im Bereich der großen Grabenbrüche) vorkommen.
Detailansicht eines Rampartkraters (rampart, engl. „Wall“), aufgenommen mit der hochauflösenden Kamera der ESA-Marssonde Mars Express. Quelle Neukum, ESA
Nächstes Mal: Impaktbecken
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