Samstag, 8. Oktober 2011

Prof. Paul Crutzen (Nobelpreisträger 1995) - Humboldt-Vorlesung

Atmosphärenchemie und Klima im Anthropozän
  
Gestern abend (7.10.2011) fand im Humboldthaus des Senckenberg-Museums in Görlitz die traditionelle Humboldt-Vorlesung statt. Der Vorlesungssaal war zu über 90% gefüllt und alle warteten gespannt auf die Ausführungen von Herrn Prof. Crutzen (Jahrgang 1933), der dazu extra aus Mainz angereist war. Da er sehr leise gesprochen hatte, war es während des Vortrags sehr still. Man konnte aber aufgrund der Powerpoint-Präsentation seinen Ausführungen (in Deutsch) sehr gut folgen. Da ich mir keine Notizen gemacht habe, möchte ich hier in diesem Blogbeitrag nur kurz und ohne Kommentierung die wichtigsten seiner Aussagen wiedergeben. Einen ähnlichen Vortrag (in Englisch) hat er 2005 an der slowenischen Universität Nova Gorica gehalten, den Sie auf Youtube finden können. Näheres zu Prof. Crutzen finden Sie hier.


  • Seit ~200 Jahren ändert sich die chemische Zusammensetzung der Erdatmosphäre stetig in einer Geschwindigkeit wie nur selten in der Erdgeschichte (betrifft CO2, Stickoxide, Chlorverbindungen wie FCKW sowie eine Anzahl weitere Spurengase).
  • Seit Ende des zweiten Weltkrieges beobachtet man weitere Effekte, die eher einem Exponentialgesetz als einem linearen Anstieg folgen: CO2-Konzentration in der Troposphäre, Anstieg der Weltbevölkerung, Anstieg der Anzahl bestimmter Nutztiere (auf ~3 Menschen kommt ein Rind), Massenaussterben von Tier- und Pflanzenarten, mittlere Jahrestemperaturen, Anzahl der McDonald-Restaurants, rapide ansteigender Energie- und Rohstoffbedarf, Wasser- und Flächenverbrauch ... (seine Folie zierten noch viel mehr Beispiele).
  • Aus diesem Grund, der einen nachweisbaren globalen Umbau unserer irdischen Umwelt darstellt, spricht Prof. Crutzen von einem neuen Zeitalter, welches er als Anthropozän bezeichnet. Es ist durch einen menschengemachten Umbau der über Jahrmillionen gewachsenen natürlichen Ökosysteme gekennzeichnet, wobei die natürlichen Rückkopplungssysteme, welche die Ökosysteme in einem dynamischen Gleichgewicht halten, oft auf der Strecke bleiben.
  • Insbesondere der CO2-Eintrag führt zu einer Änderung der Energiebilanz der Erde (er erläutert sie ausführlich anhand des Gleichgewichtes zwischen Ein- und Ausstrahlung (sehe mein Essay "Schlittern wir in ein neues Maunder-Minimum?) und erklärt die Auswirkungen der klimarelevanten Gase CO2, Methan und Lachgas / Distickstoffmonoxid auf die Energiebilanz.
  • Danach kommt es zu einem globalen Temperaturanstieg, den es in so kurzer Zeit in der Erdgeschichte nicht gegeben hat. Die Holländer rechnen z.B. bei ihren Vorsorgemaßnahmen (bis zum Jahr 2100) mit einem Meeresspiegelanstieg von 1.20 m. Wenn das gesamte Inlandeis in der nördlichen Palärarktis schmelzen würde, müßte man bei andauernden Temperaturanstieg sogar mit einen globalen Anwachsen des Meeresspiegels um bis zu 10 m rechnen.
  • Er sieht es als Aufgabe der Politik, diesen Trend zu ändern, hat aber wenig Hoffnung, daß etwas geschieht. Politik reagiert auf eingetroffene Ereignisse, aber so gut wie nie auf deren Verhinderung, d.h. es scheint so, als ob wir mittel- bis langfristig auf eine Katastrophe zugehen.
  • Was müßte geschehen? Er plädiert als erstes auf einen Umbau der Energieerzeugungssysteme von Verbrennung fossiler Brennstoffe auf andere Formen der Energieerzeugung ohne CO2-Emission wie regenerative Energien und Kernkraft. In einem Nebensatz meinte er, daß aus diesen Sachzwängen heraus auch Deutschland wieder über kurz oder lang auf Kernenergie setzen wird.
  • Zum Abschluß stellte er Forschungen seines Instituts in Mainz vor, wie man trotz der Erhöhung der Konzentration von Treibhausgasen langfristig eine Abkühlung erreichen kann. Am Beispiel des Ausbruchs des Vulkans Pinatubo (1991) zeigte er, daß der Eintrag von Staub, Aerosolen und insbesondere Schwefeldioxid SO2 (ca. 17 Millionen Tonnen) die globale Ein- Austrahlungsbilanz so veränderte, daß es zu einer meßbaren globalen Temperaturabnahme gekommen ist (Reflektivität der Atmosphäre erhöht sich).
  • Modellrechnungen seines Instituts zeigen, daß der Eintrag von SO2 in die Stratosphäre (es muß die Stratosphäre sein, weil dort die Lebensdauer der Moleküle ungefähr eine Größenordnung höher ist als in der Troposphäre) in genügender Menge den Klimatrend umkehren könnte. Wie das technisch geschehen sollte, darüber hat er leider keine Angaben gemacht.

Von meinem Eindruck her hat der mahnende, eher pessimistische Grundton in Bezug auf den weiteren Verlauf des Anthropozäns überwogen. Leider wurde am Ende keine Diskussion zugelassen, so daß viele Fragen offengeblieben sind.

Wir haben aber unsere Diskussion in der "Alten Schmiede" bei einem guten Schluck "Pupenschulze" (ein Landskron- Dunkelbier) fortgesetzt...

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