Die Marsatmosphäre ist sehr dünn, durchsichtig und besteht zum überwiegenden Teil aus Kohlendioxid (95.3 %) sowie ein wenig Stickstoff (2.7 %) und Argon (1.6 %). Den Rest machen Spurengase wie Wasserdampf, Kohlenmonoxid, Sauerstoff sowie weitere Edelgase (Ne, Kr, Xe) aus. Auch konnte Methan in einer unerwartet hohen Konzentration nachgewiesen werden, was zu hitzigen Diskussionen über dessen Ursprung geführt hat. Das Kohlendioxid einen hohen Prozentsatz an der Zusammensetzung der Marsatmosphäre ausmachen muß, konnte bereits aus teleskopischen Beobachtungen vor dem Beginn des Zeitalters der Planetenmissionen durch IR-Spektroskopie ermittelt werden. Zuvor ist man von einer weitgehend der Erde ähnelnden, lebensfreundlichen Marsatmosphäre ausgegangen. Darüber hinaus ist die untere Marsatmosphäre stark mit Feinstaub belastet. Das Ausmaß dieser „Belastung“ ist saisonal sehr unterschiedlich und kann so stark werden, daß teleskopisch keine Oberflächendetails mehr zu erkennen sind. Man spricht dann von einem „Globalen Staubsturm“.
Die geringe atmosphärische Dichte an der Marsoberfläche kann man sich folgendermaßen vor Augen führen: Würde man einen Kubikmeter „Marsluft“ einem Druck aussetzten, der dem irdischen Luftdruck (0.1 MPa) entspricht, dann würde dieser „Kubikmeter“ auf ein Volumen von gerade einmal 3 Kubikzentimeter komprimiert werden. Diese geringe Dichte hat natürlich auch Auswirkungen auf den vertikalen Temperaturgradienten (auch die Marsatmosphäre wird im Wesentlichen wie die Erdatmosphäre von unten „geheizt“) sowie auf die Ausbreitung und Dämpfung von Schallwellen, d.h. der Mars ist in dieser Hinsicht ein sehr ruhiger Ort. Eine Unterhaltung mit Übertragung der Schallwellen über die Marsluft wäre aufgrund der starken Dämpfung kaum möglich.
Die heutige chemische Zusammensetzung der Marsatmosphäre ist das Resultat eines Entwicklungsprozesses über die vergangenen mehr als 4.5 Milliarden Jahre der Existenz des Planeten. Während dieser Zeit muß sich ihre Zusammensetzung dramatisch verändert haben. Zeugnisse dafür sind z.B. die anomalen Isotopenverhältnisse bei den Edelgasen bzw. das gemessene Deuterium-Wasserstoff-Verhältnis, welches von einer vergleichsweise dichten, wasserdampfreichen Atmosphäre in der Frühgeschichte des Mars berichtet.
Durch die Messungen der Landesonden (beginnend mit Viking 1 und 2) ist die Zusammensetzung der Marsatmosphäre mittlerweile sehr genau bekannt und erlaubt damit detaillierte Untersuchungen über die darin ablaufenden chemischen und physikalischen Prozesse.
Bestandteil
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Volumenanteil
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Kohlendioxid
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0.953
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Stickstoff
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0.027
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Argon Ar
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0.016
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Kohlenmonoxid
CO
|
0.0027
|
Sauerstoff
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0.0013
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Wasser
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3*10^-4
|
Stickoxid NO
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1*10^-4
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Neon Ne
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2.5*10^-6
|
Krypton Kr
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3*10^-7
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Xenon Xe
|
8*10^-8
|
Temperatur und Druck an der Marsoberfläche
Mars Pathfinder hat – wie Jahrzehnte zuvor die Viking-Lander – meteorologische Untersuchungen an seinem Landeplatz im Ares Vallis vorgenommen. Während der 83 „Marstage“, an denen er in Betrieb war, konnten folgende Meßergebnisse zur Erde übermittelt werden:
- Die Temperaturen schwankten an der Landestelle im Mittel zwischen -75° C nachts und -11° C am frühen Nachmittag. Die Extremwerte lagen bei -81.5° C und -5.7° C.
- Auch die Luftdruckwerte schwankten in einem Nacht- und Tag-Rhythmus im Bereich zwischen 0.655 kPa (6.55 mbar) und 0.685 kPa (6.85 mbar).
Die beiden Viking-Lander haben die Oberflächentemperatur und den Druck über einen noch längeren Zeitraum überwacht. Auch dazu einige Eckwerte:
Viking 1
- Mittlere tägliche Temperaturschwankungen zwischen -77° C und -14° C
- Im Winter ging der Luftdruck auf 0.68 kPa (6.8 mbar) zurück. Im Sommer lag er bei rund 0.9 kPa (9 mbar).
- Die tiefste Temperatur, die während der ~ 5 Jahre Missionsdauer gemessen wurde, lag bei -120° C. Die höchste Temperatur wurde während eines Staubsturms im Winter erreicht – ca. +4° C.
- Der Luftdruck schwankte saisonal bedingt zwischen 0.73 kPa (7.3 mbar) und 1.08 kPa (10.8 mbar).
Die Marsatmosphäre läßt sich grob in drei „Stockwerke“ einteilen, die man anlog zur Erdatmosphäre als „Untere Atmosphäre“ (0 bis 40 km Höhe), „Mittlere Atmosphäre“ (40 bis 100 km Höhe) und „Obere Atmosphäre“ (ab 100 km Höhe) bezeichnen kann.
Vertikaler Temperaturverlauf nach Messungen der beiden Viking-Lander, die während ihres Flugs durch die Marsatmosphäre durchgeführt wurden. Die Linie A repräsentiert den Temperaturgradienten der unteren Troposphäre, während C den ungefähren Verlauf des Temperaturgradienten im Bereich der Kohlendioxid-Kondensationen in der mittleren Atmosphäre wiedergibt. Quelle Lewis, 2004
Durch Landesonden, Radio-Okkultationsexperimenten (man verfolgt das Funksignal einer Sonde während sie hinter dem Planetenrand verschwindet), IR-Mapping sowie durch die präzise Beobachtung von Sternbedeckungen konnte ihre vertikale Struktur, d.h. die Temperatur T, der Druck P, die Dichte ρ und teilweise auch die chemische Zusammensetzung als Funktion der Höhe z über der Marsoberfläche bestimmt werden.
Untere Atmosphäre
Die unteren 40 km der Marsatmosphäre enthalten fast ihre gesamte Masse (~10^13 kg). Der durchschnittliche Bodenluftdruck liegt bei lediglich 0.7 kPa (7 mbar), was ein klein wenig mehr ist als der Luftdruck in der irdischen Stratosphäre in ca. 50 km Höhe (~2 mbar). Der Temperaturverlauf im untersten Bereich (d.h. bis in eine Höhe von ~ 7 km) wird in etwa durch einen Temperaturgradienten der Form
T(z)=-31-0.000998 z
T in °C, z in m wiedergegeben. Für den Druckverlauf gilt für den gleichen Höhenbereich
P(z)=0.699∙exp(-0.00009 z)
P in kPa, z in m.
In dieser unteren Schicht der Unteren Atmosphäre erfolgt der Energietransport analog zur Erde zum überwiegenden Teil durch Konvektion, wobei ein auffälliger Tagesgang zu beobachten ist. Nachts schwächt er sich ab oder verschwindet ganz; mit einsetzender Erwärmung des Bodens am Vormittag nimmt er wieder zu, um am Nachmittag einen Höhepunkt zu erreichen. Durch die schnelle Abkühlung der Bodenschichten in der Nacht kann sich bis zum frühen Morgen u.U. eine Temperaturinversion direkt über den Boden aufbauen.
Der Bodenluftdruck besitzt eine starke saisonale Komponente, die mit dem Ausfrieren von bis zu 30% des Kohlendioxids der unteren Atmosphäre während der Wintermonate zu tun hat. Dann erreichen die Bodentemperaturen in den Polgebieten ~148 K und das gasförmige Kohlendioxid kondensiert direkt zu Trockeneis, was man teleskopisch als eine stetige Vergrößerung der entsprechenden Polkappe beobachten kann. Damit verbunden ist ein enormer meridionaler Massentransport, der sich dann im Frühjahr (Sublimation des Trockeneises) wieder umkehrt. Die sich dabei entlang der Längenkreise ausbildende atmosphärische Strömung wird als Kondensationswind bezeichnet.
Erwärmt wird die untere Marsatmosphäre von „unten“ her, d.h. die Sonnenstrahlung erwärmt tagsüber den Boden und dieser wiederum die darüber liegende Luft. Daneben gibt es auch noch eine Komponente, welche die Atmosphäre von innen heraus erwärmt, nämlich der darin enthaltene Staub. Er ist – insbesondere zu den Zeiten der globalen Staubstürme – in der Lage, selbst Sonnenlicht zu absorbieren, sich dabei zu erwärmen und dann diese Wärme an die Atmosphäre abzugeben. Dabei kann es zu Störungen im Temperaturgradienten kommen, da eine starke Extinktion wiederum die Erwärmung des Bodens erschwert.
Trotz des hohen Kohlendioxid-Gehaltes ist der von diesem Gas bedingte Treibhauseffekt sehr gering. Er heizt die Marsatmosphäre gerade einmal um 5° über die theoretische Gleichgewichtstemperatur auf.
In der mittleren Atmosphäre, die sich zwischen 40 km und 100 km Höhe erstreckt, beobachtet man tendenziell eine moderate Abnahme der Temperatur, die dort auch ihren tiefsten Wert in der gesamten Marsatmosphäre erreicht. Die Temperaturkurve selbst schwankt aber relativ stark, mit einer „Wellenlänge“ von ungefähr 10 km in der Vertikalen. Die Ursache dafür ist in der selektiven Absorption von Sonnenlicht durch Kohlendioxid-Moleküle im nahen IR sowie durch die Präsenz atmosphärischer Wellen zu suchen. Sie sind hauptsächlich durch den Prozeß des Temperaturausgleichs zwischen der Tag- und der Nachtseite des Planeten bedingt. In der Atmosphärenphysik spricht man auch von sogenannten „Thermischen Gezeiten“, die sich aus den Druckunterschieden infolge der Temperaturdifferenz zwischen der Tag- und der Nachthemisphäre ergeben. Weiterhin setzen sich in der Mesosphäre Störungen fort, deren Ursachen in der darunter liegenden Troposphäre zu suchen sind. Außerdem hängt der Temperaturverlauf in dieser Region stark von der Präsenz verschiedener Aerosole und (saisonal) von mikrometergroßen Staubteilchen ab, die bei globalen Staubstürmen durchaus bis in diese Höhen gelangen können. Sie sind eine wesentliche Quelle für thermische Prozesse in der mittleren Atmosphäre und bestimmen dort den Verlauf des lokalen Temperaturgradienten. All das führt im Vergleich zu großen qualitativen Unterschieden zwischen Mesosphäre des Mars und der irdischen Stratosphäre. Insbesondere fehlt beim Mars das lokale Temperaturmaximum, welches in der Erdatmosphäre durch die Ozonschicht verursacht wird.
Über der Mesosphäre beginnt der Bereich der oberen Atmosphäre. Dort wird wieder ein allgemeiner Temperaturanstieg beobachtet, der sich im Wesentlichen durch die Absorption der solaren EUV-Strahlung im Wellenlängenbereich zwischen 10 und 100 nm erklären läßt. Die Wechselwirkung dieser kurzwelligen und damit energiereichen Strahlung mit den dort vorkommenden Molekülen (insbesondere wieder Kohlendioxid) führt zu einer Vielzahl photochemischen Reaktionsketten, bei denen auf der Tagseite große Mengen von Photoelektronen entstehen. Da die Intensität der solaren EUV-Strahlung bekanntlich stark von der Sonnenaktivität abhängt, widerspiegelt auch die Aufheizung der oberen Atmosphäre deren Periodizität.
Ab ungefähr 130 km Höhe liegt der größere Teil der Gase in nur noch in ionisierter Form vor. Deshalb wird dieser Bereich der oberen Atmosphäre analog zur Erdatmosphäre auch beim Mars als Ionosphäre bezeichnet. Energiereiche Atome aus dem hochenergetischen Schwanz der Maxwellschen Geschwindigkeitsverteilung können hier durch Jeans Escape die Marsatmosphäre in den interplanetaren Raum verlassen. Die Exobase wird in einer Höhe von 130 bis 150 km (Erde ~600 km) erwartet.
Nächstes Mal: Die Marsatmosphäre II - Atmosphärenchemie
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