ACHTUNG: PHYSIKALISCHER HINTERGRUND DES EFFEKTS!
1989, ich kann mich noch gut daran erinnern, ging eine sensationelle Mitteilung durch die Presse: ein amerikanischer (Stanley Pons) und ein britischer Chemiker (Martin Fleischmann) wollten in einem einfachen Versuchsaufbau bei Zimmertemperatur Atomkerne fusioniert haben – ein Vorgang, der sonst nur bei Temperaturen oberhalb der 1 Million-Grad-Grenze zu passieren pflegt…
1989, ich kann mich noch gut daran erinnern, ging eine sensationelle Mitteilung durch die Presse: ein amerikanischer (Stanley Pons) und ein britischer Chemiker (Martin Fleischmann) wollten in einem einfachen Versuchsaufbau bei Zimmertemperatur Atomkerne fusioniert haben – ein Vorgang, der sonst nur bei Temperaturen oberhalb der 1 Million-Grad-Grenze zu passieren pflegt…
Mir schienen damals die ersten Erklärungen dazu durchaus
plausibel (es stimmt, Metalle wie
Palladium können in ihren Metallgittern extrem viel Wasserstoff aufnehmen, bis
zum 1000-fachen ihres eigenen Volumens) – aber trotzdem war die ganze Sache vom
kernphysikalischen Standpunkt – wenn man etwas mehr darüber nachgedacht hat –
ziemlich absurd. So gesehen hat man es durchaus erleichtert aufgenommen, daß schon
kurze Zeit später die Experimente der beiden Chemiker von anderen Forschern nach
allen Regeln der Kunst zerlegt und ihre Ergebnisse in Frage gestellt worden sind.
Auch waren – und das sollte lange Zeit der Haupteinwand sein – die Experimente
nicht reproduzierbar. Kurz gesagt, die Sache wurde als großer Ulk verbucht und
kostete den beiden Forscher (durchaus ernstzunehmende Persönlichkeiten, wenn
man ihre Biographien und Arbeiten liest) ziemlich viel Renommiere. Ich kann mich noch erinnern, daß ich einige
Jahre später das ziemlich dicke Buch von Frank Close (ein bekannter Elementarteilchenphysiker) „Das heiße Rennen um die kalte Fusion“ gelesen habe, welches
komischerweise in der Zittauer Hochschulbibliothek vorhanden ist. An den Inhalt
kann ich mich nicht mehr im Einzelnen erinnern außer daß er auch zu dem
Schluß kam, daß an der ganzen Sache nichts dran ist. Seitdem ist der Begriff
der „kalten Kernfusion“ in
Wissenschaftskreisen ziemlich kompromittiert. In den letzten Jahren konnte man ab und an
noch lesen, daß ein italienischer Wissenschaftler, der Industrieforschung
betreibt und Rossi heißt, an der Sache mit angeblich großem Erfolg weitergeforscht hat und heute schon in der Lage ist, viele kW
an Energie, ohne chemische Reaktionen zu bemühen, quasi aus dem Reagenzglas zu zaubern. Nur
wie er das macht, will er niemand so recht verraten –wegen möglichen Patentrechten.
So was registriert man als Physiker, stellt es in die Schublade „Spinner“ und vergißt
es schnell wieder.
Aber jetzt bin ich in dieser Beziehung – „Kalte Kernfusion“
nennt sich heute „LENR – low energy nuclear reactions“ – doch nachdenklich
geworden, Dank eines Vortrages von Prof. Francesco Celani, dem Vizepräsidenten
der wirklich nicht als Astrologenverein verschrienen „International Society for
Condensed Matter Physics“. Dieser Vortrag fand vorgestern (Donnerstag) in Genf als CERN-Kolloqium statt und kann hier
von jedermann verfolgt werden. Ich war erst einmal erstaunt, daß doch noch
eine ganze Zahl von Arbeitsgruppen auf diesem Gebiet forscht – darunter einige
Industrieinstitute bekannter Firmen, aber selbst die NASA ist offensichtlich mit dabei. Und es scheint doch etwas daran zu
sein. Hier kurz die Quintessenz des gegenwärtigen Standes (Folie 42):
- Der Effekt, den Fleischmann und Pons 1989 beschrieben haben, ist bestätigt. (!)
- Diese Reaktionen (LENR-genannt) treten in kondensierter Materie normalerweise in den Kristallgittern von Metallen auf.
- Die Reaktionen sind Oberflächen-sensitiv. Vergrößert man die Oberfläche, dann vergrößert sich die Reaktionsrate.
- Das Gitter, in dem die Reaktion stattfindet, zeigt in einigen physikalischen Eigenschaften Veränderung.
- Die komplexe Reaktionsumgebung bietet viele Gelegenheiten für eine strikte Kontrolle der Randbedingungen. In den produktivsten Experimenten, in denen das Gitter mit molekularen Wasserstoff oder Deuterium gesättigt ist, wird sie durch eine chemische Umgebung beherrscht, die viele Ähnlichkeiten mit chemischen Prozessen auf der Grundlage heterogener Katalyse hat.
- Die produktivsten Experimente, die ohne unabhängige wissenschaftliche Kontrolle ausgeführt wurden, behaupten, daß geheime Katalysatoren für die Erhöhung der Reaktionsrate und für die thermischen Effekte verantwortlich sind.
Also, ganz vorsichtig gesprochen, vielleicht bahnt sich hier
doch etwas an, was für die Zukunft von größter Bedeutung sein könnte. Zwar kann
ich mir immer noch nicht vorstellen, wie die ganze Sache physikalisch
funktionieren soll, aber wenn etwas von vielen Leuten unabhängig gemessen wird, dann muß es auch existent sein.
Und wenn der Effekt wirklich existiert, muß es auch eine plausible Erklärung dafür geben. Ob "Kernfusion" oder etwas anderes... Wir haben
das vor kurzem bei den vermeintlich überlichtschnellen Neutrinos gesehen (siehe
hier und hier). Ich denke, es lohnt
sich, die Sache mit der „Kalten Fusion“ zumindest mit einer gewissen Aufmerksamkeit weiter zu verfolgen. Mal schaun, was draus wird.
Ergänzung: 28. März 2012
Auch Heise Online beschäftigt sich mit díesem Thema... http://www.heise.de/tp/artikel/17/17036/1.html
Und hier die Vortragsfolien: http://www.scribd.com/doc/86784484/Celani-CERN-LENR-3-22-12
Ergänzung: 28. März 2012
Auch Heise Online beschäftigt sich mit díesem Thema... http://www.heise.de/tp/artikel/17/17036/1.html
Und hier die Vortragsfolien: http://www.scribd.com/doc/86784484/Celani-CERN-LENR-3-22-12
Es gibt erste Erklärungsversuche, z.B. hier: http://www.helical-structures.org/Publications/Sarg-Cold-Fusion-feasibility.pdf
AntwortenLöschenDas Papier ist durchaus interessant (zumal es auch die Prognose wagt, dass mit Chrom statt Nickel ebenfalls LENR Reaktionen zu erwarten sind).
Seine Theorie liefert zwar eine Erklärung, warum die Coulomb-Barriere überwunden werden kann (=weil die Atome keinem einfachen Kugelmodell mit überall gleich stark ausgeprägter Barriere entsprechen, sondern kompliziertere Strukturen aufweisen, welche an einzelnen Stellen eine deutlich niedrigere Barriere haben).
Und es erklärt, warum wir weniger radioaktive Zerfallsprodukte zu erwarten haben als bei der "heissen" Fusion (=weil der Einbau des Protons in das Nickel-Atom zu einem Kupfer-Atom führt, dessen Grundstruktur derjenigen des Nickel-Atoms so ähnlich ist, dass keine grösseren "Umbauten" innerhalb des Atomkerns stattfinden, welche Instabilitäten und Zerfallsprozesse auslösen).
Es erklärt aber nicht, warum keine Gammastrahlung zu beobachten ist -aber den Kernphysikern soll ja auch nicht langweilig werden... ;-)
Alsi ich denke, mit der Widom-Larsen-Theorie liegt mittlerweile eine plausible Theorie für den Pons-Fleischmann-Effekt vor. Ich habe mir mal die Originalarbeiten angesehen und "popularisiert" - siehe hier:
Löschenhttp://wincontact32naturwunder.blogspot.de/2012/04/la-fusion-froide-est-mort-vive-lenr.html