Wolkenbildung und Niederschläge
In der Marsatmosphäre treten drei Arten von Wolken auf. Neben den bereits behandelten „Staubwolken“ (eher eine Art smogartiger Dunst) sind das Wolken aus Wasserdampf / Eiskristallen – und wenn es besonders kalt ist, Wolken aus Kohlendioxid-Eispartikelchen. Wassereiswolken beobachtet man besonders häufig in der nördlichen Hemisphäre während der Sommermonate, also dann, wenn der Wasserdampfgehalt der Atmosphäre aufgrund von Sublimationsvorgängen im Bereich der Polarkappen wieder ansteigt. Obwohl sie natürlich viel „dünner“ sind als vergleichsweise in der Erdatmosphäre, sind sie auf den Aufnahmen der Mars-Orbiter und des Hubble-Teleskops gut zu erkennen. Über den Polkappen beobachtet man lokal häufig Bodennebel und smogartige Wettererscheinungen, die sich besonders in den Herbstmonaten häufen. Aber auch im Bereich der Gipfelcalderen der großen Tharsis-Vulkane ist ab und zu Wolkenbildung zu beobachten.
Am Rande der Polarkappen können sich atmosphärische Störungen zu Zyklonen entwickeln, die von dünnen Wasserdampfzirren nachgezeichnet werden. Quelle NASA
Lange Zeit nahm man an, daß sich Wasserdampfwolken nur tagsüber bilden können und sich gegen Abend rasch auflösen. Daß das nicht immer der Fall ist, wurde zuerst auf indirektem Weg erkannt. Die nächtlichen Bodentemperaturen, die von Mars Global Surveyor kontinuierlich gemessen und zur Erde gefunkt wurden, waren gegenüber Modellrechnungen einfach zu hoch. Die Abweichungen betrugen bis zu 20 K, was mit Fehlern im verwendeten Atmosphärenmodell einfach nicht zu erklären war. Die Lösung für dieses Rätsel liegt in der Präsenz von Eiswolken, welche die Abstrahlung der am Tag am Boden akkumulierten Wärme zu einem gewissen Grad verhindern. Um diese Hypothese zu quantifizieren, wurden die Temperaturmessungen der Sonde mit Messungen des Laser-Höhenmessers des MGS korreliert und zwar derart, daß zusätzlich die Streuung des von der Marsoberfläche reflektierten Laserstrahls für jeden Meßpunkt bestimmt wurde (J. Wilson et.al. 2007).
Dünne Wassereiswolken bilden sich im Bereich des Äquators besonders zur Zeit des nördlichen Sommers (aphelion clouds). Sie verraten sich durch Mie-Streuung von Licht. Quelle NASA
Dabei ging man davon aus, daß diese Streuung zu einem guten Teil durch kleine Eiskristalle (aus denen die Wassereiswolken bestehen) verursacht wird: starke Streuung – viele Eiskristalle; schwache Streuung – wenig oder keine Eiskristalle. Die Auswertung ergab, daß in den Sommermonaten (nördliche Hemisphäre) auch nachts Eiswolken vorhanden sind und zwar z.T. in noch stärkerem Maße als am Tag. Oder anders ausgedrückt, die Mächtigkeit der „Nachtwolken“ überstieg die der „Tagwolken“ teilweise um die Faktoren vier bis fünf. Ihre Opazität verhindert sehr effektiv die direkte Abstrahlung von IR-Licht in den Kosmos, wodurch die Bodentemperaturen nicht so stark absinken können, wie es ohne diese Wolken der Fall wäre.
Aus solchen Wolken können durchaus Niederschläge fallen und zwar in Form von kleinen Eiskristallen, die des Nachts zu Boden rieseln (in der Regel erreichen sie aber nicht die Oberfläche des Planeten, da sie sich wieder in Wasserdampf auflösen). Der Nachweis von rieselnden „Marsschnee“ gelang dem Marslander Phoenix (2008), der mit einem sogenannten LIDAR (Light Detection and Ranging Instrument) ausgerüstet war. Dieses Gerät wird auf der Erde von Meteorologen und Atmosphärenphysikern routinemäßig zur Messung von Aerosolen eingesetzt. Es arbeitet mit gepulstem Laserlicht, welches senkrecht nach oben gerichtet wird. Zwischen den Pulsen wird dann das von Schwebeteilchen zurückgestreute Licht registriert. Aus der Laufzeit des Laserimpulses und der Grad der Streuung läßt sich die Aerosoldichte als Funktion der Höhe berechnen. Dem analoge Messungen wurden auch auf dem Mars ausgeführt (Whiteway et. al. 2009).
Phoenix erreichte die Marsoberfläche bei ~68° nördlicher Breite ziemlich genau zu Sommerbeginn, also zu einer Jahreszeit, wo die Wasserdampfkonzentration in dieser Region seinem Maximalwert zustrebt. Ungefähr einen knappen Marsmonat nach der Sommersonnenwende setzt in ungefähr 3 bis 4 km Höhe ab der zweiten Nachthälfte Wolkenbildung ein, in dem der Wasserdampf in kleine Eiskristalle übergeht (als Kondensationskeime könnten feine Staubpartikel dienen). Die Temperatur erreicht dann in dieser Höhe einen Wert von ~208 K, der nicht ausreicht, um Kohlendioxid auszukondensieren (~153 K), weshalb man sicher sein kann, daß es sich auch wirklich um Wolken aus gefrorenem Wasser handelt. Auf diese Weise entstehen cirrusartige Wassereiswolken, die sich im Laufe des anbrechenden Morgen langsam nach unten bewegen und sich dann sehr schnell auflösen. Genau solche „Fallstreifen“ aus fallenden Eiskristallen hat das LIDAR von Phoenix vermessen. Mit diesem Nachweis konnte wieder ein Detail des rezenten Wasserkreislaufs auf dem Mars geklärt werden.
Eine weitere Art von Wolken, die sogar so „dicht“ werden können, daß sie die Marsrover am Taghimmel fotografieren konnten, bestehen aus feinen Kohlendioxid-Kristallen. Sie können immer dann entstehen, wenn sich die dünne - Atmosphäre soweit abkühlt, daß der Übergang von der Gasphase direkt in die feste Phase von „Trockeneis“ erfolgen kann. Dazu sind aber zwingend Kondensationskeime erforderlich, deren Art und Konzentration in den entsprechenden Höhen (z.T. über 80 km) noch rätselhaft sind. Kosmischer Staub (von Meteoriten eingetragen), aber auch winzige Wassereiskristalle könnten dafür in Frage kommen. Ob der Staub, der bei den globalen Staubstürmen in die Marsatmosphäre gelangt, in so große Höhen vordringen kann, ist dagegen eher unwahrscheinlich, aber nicht ausgeschlossen. Mars Express konnte mit Hilfe des OMEGA Visible and Infrared Mineralogical Mapping Spectrometer einige Parameter dieser Wolken bestimmen. Die erste Auffälligkeit war, daß sie z.T. unerwartet dicht und damit in der Lage sind, auf die Marsoberfläche Schatten zuwerfen. Auf diese Weise werden sie wie irdische Wolken „klimawirksam“, denn sie können die Sonnenstrahlung im optischen Spektralbereich für einen Beobachter auf der Marsoberfläche auf bis zu 40% verringern. Das hat bekanntlich einen Abkühlungseffekt zur Folge. Weiterhin ist noch erklärungsbedürftig, warum diese Kohlendioxideiswolken besonders in der Äquatorregion des Planeten auftreten.
Diese Aufnahme mit dem OMEGA-Spektrometer von Mars Express zeigt einmal (bei einer Wellenlänge von 0.5 µm) -Wolken sowie (bei einer Wellenlänge von 1.3 µm) deren Schatten auf der Marsoberfläche. Die horizontale Ausdehnung der Wolken kann die Größenordnung von 100 km erreichen. Man schätzt, daß die Partikelgröße in den Wolken einige Mikrometer betragen. Sie erscheinen deshalb auch weiß. ESA
Marswolken, aufgenommen von der Kamera des
Mars-Rovers Opportunity. Quelle NASA, JPL
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