Freitag, 21. Juni 2013

Impressionen von der Algarve - Teil 1

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Hörnitz

Die Erwartungen, mit denen wir an die Algarve gereist sind, hatten wir nicht zu hoch gesteckt. In einer Ferienregion im südlichen Europa vermutet man urlaubstypische Bettenburgen, verunstaltete Landschaften und die übliche aufdringliche Tourismusindustrie. Alle diese Vorahnungen erfüllten sich nicht. Zweifellos versucht man auch hier, die sonnenreiche Küste touristisch zu nutzen und an einigen Standorten konzentrieren sich die Feriengäste, z.B. in Albufera oder Carvoeiro und die großen Städte wie Faro,  Portimao oder Lagos hinterlassen ihre Spuren in der Umwelt. Aber im wesentlichen hat man es verstanden, die spektakuläre Küste zu schützen und die baulichen Entartungen im Zaume zu halten. Historisch gesehen blickt Portugal auf eine fast 500-jährige maurische Hochkultur zurück, die mit der Reconquista im 13. Jahrhundert endete. Fast die gesamten kulturhistorischen Zeugnisse aus dieser Zeit sind durch kriegerische Auseinandersetzungen in den folgenden Jahrhunderten untergegangen oder wurden zuletzt bei einem schweren Erdbeben, welches im Jahre 1755 die Algarve heimsuchte, fast vollständig ausgelöscht. In Silves z.B. und in Aljezur sind die maurischen Kastelle aber noch erhalten geblieben. Die meisten historischen Bauwerke wurden jedoch erst nach dem Erdbeben errichtet und bilden den Kern der historischen Altstädte, z.B. in Tavira, Faro oder Lagos. Unverwüstlich zeigte sich jedoch die zauberhafte Küstenlandschaft. Etwa von Albufera bis zum Cap Sao Vicente umsäumt eine Steilküste, die 'Felsalgarve (Barlovento)', den südwestlichen Teil des Kontinents. Herrliche Strände und Badebuchten, zu denen man teils abenteuerlich absteigen muss, liegen zu Füßen der Klippen. Das ist der Teil der Region, den man sich üblicherweise unter Algarve vorstellt. Überrascht und überwältigt waren wir allerdings, als wir die Westküste erkundeten. Das ist die Costa Vicentina. Kaum ein Reiseführer wird sich bei dieser Landschaft aufhalten. Kein Wunder - diese Küste steht unter Landschaftsschutz und entzieht sich damit dem Zugriff des Touristenmarktes. Nur in den ursprünglichen Ortschaften wird man die eine oder andere Ferienunterkunft finden. Die Küstenabschnitte, die wir hier antreffen, sind ein Paradies für den Ruhesuchenden, aber auch für Angler, Surfer, Gleitschirmflieger und nicht zuletzt für Fotografen. Endlose Strände werden umrahmt von Steilküsten, deren Klippen sich in prächtigen Farben zeigen. Beim Baden ist Vorsicht geboten, da durch die anliegenden Westwinde und die Gezeiten eine starke Brandung und entsprechende Sogströmung entsteht, die aber für Surfer ideale Bedingungen schafft. Desgleichen auch für Paraglider, die sich von den Klippen beim Start in die Tiefe stürzen und sich getragen von der Thermik auf und ab schaukeln lassen. Bevor nicht die Sonne untergegangen ist, wird man sich von dieser Steilküste nicht losreißen können und den Rückweg ins Quartier antreten.

Landeinwärts zieht sich parallel zur Küste die wenig besiedelte Bergregion Serra de Monchique hin. Die Wälder wurden in den letzten Jahren durch Brände fast flächendeckend vernichtet, so dass diese Gegend derzeit wenig einladend ist. Es wird Jahrzehnte dauern, bis sich die Baumbestände hier wieder erholt heben werden.

In den Städten und den kleinen Ortschaften trifft man freundliche Menschen und es herrscht die Gelassenheit, nach der man sich als Nordeuropäer sehnt, wenn man sich in den Süden aufmacht. Auf Wochenmärkten erlebt man das muntere Treiben südlicher Basare, z.B. in Loule. Als Gast ist man gern gesehen. Allerdings war das 2009 so, als wir die Algarve besuchten. Es bleibt zu hoffen, dass die Brücken zwischen den Menschen nicht abgebrochen sind, nachdem die neuerliche Reconquista des Kapitalmarktes über das Land hergefallen ist. Man muss sich vorher überlegen, ob es wirtschaftlich tragfähig ist, in einem Land eine Infrastruktur zu schaffen, die an den Maßstäben der reichen Nordländer gemessen ist und die letztlich  dafür sorgt, dass die Gäste aus diesen Ländern ihren heimischen Standard nicht vermissen. Bei einer normalen wirtschaftlichen Entwicklung allein aus der finanziellen Kraft Portugals wäre die schnelle Angleichung an unsere Standards kaum möglich gewesen. Es ist das Gleiche wie mit den 'blühenden' Landschaften Ostdeutschland. Das Geschäft ist durch und alles andere ist vergessen. 













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