Samstag, 5. Juli 2014

Wanderung nach Wittine (über den Sperlingstein)


Verwunschene Orte und weite Aussichten sind immer wichtige Motive für die Planung einer Wanderung. Hin und wieder erhält man dafür gute Anregungen, wenn man aufmerksam die Medien verfolgt. Eine Lokalzeitung veröffentlichte vor einiger Zeit einen Beitrag über das untergegangene Dorf Wittine (Vitin) in den Bergen des Mittelgebirges über der Elbe. Auf kaum einer Wanderkarte wird man diesen Flecken so ohne weiteres finden. Ein guter Grund, sich dahin auf den Weg zu machen und die Lage vor Ort zu inspizieren. 

Wittine liegt oberhalb der Ortschaft Tichlowitz (Těchlovice nad Labem) und etwa unterhalb des Aussiger (Ústí nad Labem) Fernsehturms auf dem Zinkenstein (Buková hora). Steile bewaldete Berghänge, zerfurcht von ebenso steilen Schluchten fallen von den Hochflächen des Mittelgebirges ab hinunter in das Elbtal. Für einen Moment fängt sich der Hang in einer kleinen, von Wiesen umgebenen Mulde. Ein idealer Ort zum Siedeln, sieht man davon ab, dass es zu keiner Zeit eine vernünftige Zuwegung hier her gegeben hat. Weder die Administration in Wien, noch die tschechische nach 1918 und auch nicht die deutsche Verwaltung nach 1938 ließen sich dazu bewegen, diese Enklave zu zivilisieren. Aber die Menschen hatten offenbar ein einigermaßen erträgliches Auskommen, denn auf den Wittine umgebenden Plantagen wurde vorzügliches Obst produziert, welches zu Tal gebracht und mit dem Schiff bis zum Großmarkt nach Hamburg verfrachtet wurde, wo es reißenden Absatz fand. Was übrig blieb, wusste man gottlob auch zu verwenden, es wurde destilliert.

Nach 1945 wurde die deutsche Bevölkerung vertrieben und anstelle dessen wurden Aussiedler einquartiert, das baldige Ende des Ortes war vorhersehbar. Um 1952 war der Ort fast verlassen, nur der Kneiper hielt noch bis 1965 durch. Der verlassene Ort liegt inmitten eines Naturreservats, jegliche Restauration oder Revitalisierung des Ortes ist damit untersagt. Im wahrsten Sinne des Wortes holt sich die Natur zurück, was ihr gehörte. Auch, wenn nur noch Ruinen vorhanden sind, so wird es noch lange Jahre brauchen, bis die massiven Bauwerke restlos verschwunden sind. Es ist ein Geisterort und eine Pilgerstätte für die Freunde des Verborgenen, ebenso wie der gleichfalls untergangene Ort Rabenstein bei Oberpolitz (Horni Police).

Beim steilen Abstieg nach Tichlowitz können wir uns ein Bild davon machen, was es für die Menschen in Wittine bedeutete, die Verbindung zu den Orten im Umland zu halten. Ein Stück geht es dann entlang der Elbe, bis uns der Weg vorbei an dem bereits ins Blickfeld geratenen Sperlingstein (Vrabinec) wieder nach oben auf die Hochfläche des Mittelgebirges führt. Der gesicherte Aufstieg auf den Felsen, der einstmals von einer Burg gekrönt wurde, lohnt sich in jedem Fall. Ein wenig Trittsicherheit und Schwindelfreiheit kann dabei nicht schaden. Dafür wird man mit einem tollen Blick in das Elbtal belohnt. Die Vorstellung, mit welchem Begeisterung die Vorfahren ihre Bauwerke in solchen Lagen errichtet haben, erfüllt einen immer wieder mit Staunen. 

Der Pfad aus dem Tal hinaus bis Horta (Lesná) zieht sich noch eine Weile hin und der Weg zurück zu unserem Ausgangspunkt, dem versteckten Rittersdorf (Rytířov) ist auf einer kaum befahrenen Landstraße zurückzulegen. Dafür wird man plötzlich mit einem schönen Blick aus einer für uns neuen Perspektive auf das Lausitzer Gebirge entschädigt. 



Unser Ausgangspunkt Rittersdorf – ein schöner Ort im Böhmischen Mittelgebirge





Versteckt im Gebirge, die Fluren des ehemaligen Bergdorfes Wittine


Die ersten Widderchen im Jahr - Fünffleck-Widderchen...


Ein verwunschener Ort, der vom Urwald zurück erobert wird












Oberhalb von Wittine steht der Aussiger Fernsehturms


Steile Wege führen hinunter zur Elbe




Nächstes Ziel – der Sperlingstein bei Tichlowitz


Kapelle am Wegesrand


Der Sperlingstein


Tolle Aussichten vom Sperlingstein








Schöner Blick hinüber zum Lausitzer Gebirges


… und hinunter ins Elbtal


Ansicht des Sperlingstein von Rittersdorf



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