TB: Seite 36
Wann ist Musik Musik?
Aber vielleicht ist es ähnlich wie mit dem Versuch, ein für alle Mal definieren zu wollen, was beispielsweise „Musik“ ist? Zumindest für den Autor gilt hier die zwar subjektive, aber ansonsten pragmatische Antwort – „ich weiß es in dem Moment, wenn ich sie höre…“ Dabei ist genaugenommen die Frage, wann „Geräusche“ in Musik und „Musik“ in Geräusche umschlagen, ähnlich schwer zu beantworten, wie die Frage des Übergangs zwischen unbelebter und belebter Natur am Ende der chemischen Evolution vor ca. 3,8 Milliarden Jahren. Diese Frage ist vielleicht sogar noch schwieriger, da die Einschätzung, wann Geräusche „Musik“ sind, nur subjektiv möglich ist, während sich die zweite Frage zumindest theoretisch objektiv beantworten lässt. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass manche moderne Orchesterwerke einem Menschen wie Johann Sebastian Bach (1685-1750) wie üble Geräusche vorgekommen wären. Aber daran erkennt man auch, dass Musik „Zeitgeist“ ist, also nach Johann Gottfried Herder (1744-1803) die Mentalität einer Epoche widerspiegelt. Wenn man die Welt verstehen will, kommt man nicht umhin, sie historisch zu analysieren.
Kognitive Fehlleistungen
Denn, wie Karl Jaspers (1883-1969) es einmal gar trefflich ausgedrückt hat: „Wer nur die Gegenwart kennt, muss verblöden“ – womit wir beim Thema der kognitiven Fehlleistungen und damit bei einer Weltmacht ohnegleichen angelangt sind, der Dummheit. Ihr Gegenteil ist in gewissem Sinn der Verstand. Und nichts auf der Welt ist gerechter verteilt, als der Verstand, denn jeder denkt, er hat davon genug abbekommen. Beides, Dummheit und Verstand, bilden einen dialektischen Gegensatz und beide sind allgemeine menschliche Phänomene, welche die Welt verändern können – im Guten wie im Schlechten. „O sancta simplicitas!“ sollen die letzten Worte Jan Hus auf dem Scheiterhaufen gewesen sein, auf dem man den großen böhmischen Reformator am 6. Juli des Jahres 1415 in Konstanz verbrannte. Hätte man zu diesem Zeitpunkt schon diese politisch äußerst dumme Tat in ihren Konsequenzen überblickt, hätte man für die folgenden Jahrzehnte viel Leid verhindern können. Aber andererseits, wenn es nicht zu den Hussitenkriegen gekommen wäre, hätte es halt andere Kriege gegeben… Nun ja, die menschliche Dummheit…
Dummheit als Weltmacht
...
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Aber vielleicht ist es ähnlich wie mit dem Versuch, ein für alle Mal definieren zu wollen, was beispielsweise „Musik“ ist? Zumindest für den Autor gilt hier die zwar subjektive, aber ansonsten pragmatische Antwort – „ich weiß es in dem Moment, wenn ich sie höre…“ Dabei ist genaugenommen die Frage, wann „Geräusche“ in Musik und „Musik“ in Geräusche umschlagen, ähnlich schwer zu beantworten, wie die Frage des Übergangs zwischen unbelebter und belebter Natur am Ende der chemischen Evolution vor ca. 3,8 Milliarden Jahren. Diese Frage ist vielleicht sogar noch schwieriger, da die Einschätzung, wann Geräusche „Musik“ sind, nur subjektiv möglich ist, während sich die zweite Frage zumindest theoretisch objektiv beantworten lässt. Ich kann mir jedenfalls vorstellen, dass manche moderne Orchesterwerke einem Menschen wie Johann Sebastian Bach (1685-1750) wie üble Geräusche vorgekommen wären. Aber daran erkennt man auch, dass Musik „Zeitgeist“ ist, also nach Johann Gottfried Herder (1744-1803) die Mentalität einer Epoche widerspiegelt. Wenn man die Welt verstehen will, kommt man nicht umhin, sie historisch zu analysieren.
Kognitive Fehlleistungen
Denn, wie Karl Jaspers (1883-1969) es einmal gar trefflich ausgedrückt hat: „Wer nur die Gegenwart kennt, muss verblöden“ – womit wir beim Thema der kognitiven Fehlleistungen und damit bei einer Weltmacht ohnegleichen angelangt sind, der Dummheit. Ihr Gegenteil ist in gewissem Sinn der Verstand. Und nichts auf der Welt ist gerechter verteilt, als der Verstand, denn jeder denkt, er hat davon genug abbekommen. Beides, Dummheit und Verstand, bilden einen dialektischen Gegensatz und beide sind allgemeine menschliche Phänomene, welche die Welt verändern können – im Guten wie im Schlechten. „O sancta simplicitas!“ sollen die letzten Worte Jan Hus auf dem Scheiterhaufen gewesen sein, auf dem man den großen böhmischen Reformator am 6. Juli des Jahres 1415 in Konstanz verbrannte. Hätte man zu diesem Zeitpunkt schon diese politisch äußerst dumme Tat in ihren Konsequenzen überblickt, hätte man für die folgenden Jahrzehnte viel Leid verhindern können. Aber andererseits, wenn es nicht zu den Hussitenkriegen gekommen wäre, hätte es halt andere Kriege gegeben… Nun ja, die menschliche Dummheit…
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