Dienstag, 13. Oktober 2015

Wieder was zum Lesen: "Wir sind noch nicht davongekommen"

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Es kann also durchaus sein, dass dieser Supervulkanausbruch, von dem heute nur noch die riesige Caldera, welche auf Sumatra den Toba-See beherbergt, kündet, damals einen Großteil der modernen Menschen in Afrika und Asien ausgerottet hat. Auch hier hatte der Mensch offenbar Glück auf seinem Weg zum heute. Aber wie gesagt. 

Wir sind noch nicht davongekommen

Wir sind noch nicht davongekommen. Mindestens 6 Supervulkane der höchsten Klasse 8 warten auf ihren Ausbruch. Und der ist um ein Vielfaches wahrscheinlicher als ein Einschlag von einem Himmelskörper mit mehr als einem Kilometer Durchmesser. Versicherungen haben sogar ausgerechnet, dass die Wahrscheinlichkeit bei einem Supervulkanausbruch umzukommen mehrfach größer ist, als mit einem Verkehrsflugzeug abzustürzen. 

Der Mini-Supervulkan in der Eifel

Wer glaubt, dass wir hier in Deutschland was Vulkane betrifft, auf der sicheren Seite sind, irrt sich gewaltig. Und dazu muss nicht mal ein Supervulkan irgendwo auf der Welt ausbrechen. Wir haben nämlich in Deutschland unseren eigenen Kleinen. Und zwar in der Eifel. Er ist das letzte Mal vor ~12.930 Jahren ausgebrochen und erreichte dabei eine „Sprengkraft“, welche den des Vesuv im Jahre 79 n. Chr. (sogenannte Plinianische Eruption) auf das bis zu 5fache überstieg.


Der „Knall“ muss dabei in halb Europa zu hören gewesen sein und dürfte so manchen Menschen der Jungsteinzeit (Jungpaläolithikum) aufgeschreckt haben. Und das „Loch“, was bei diesem Ausbruch übrig geblieben ist, bildet heute den Laacher See. Er ist leicht oval, im Mittel 3,3 km im Durchmesser und etwas über 50 m tief. Obwohl der Laacher See als Maar bezeichnet wird, ist er vom geologischen Standpunkt kein echtes Maar, sondern stellt die Einsturzcaldera über der bei dem genannten Ausbruch vollständig entleerten Magmakammer dar.


Aufgeschlossene Tuff-Schichten am Laacher See

Dass der letzte Ausbruch es wirklich in sich hatte, kann man noch heute entlang des Vulkanlehrpfades selbst erleben. Die geologischen Zeugnisse aus jener Zeit erzählen von einem wahrlich apokalyptischen Ereignis, welches sich interessanterweise jederzeit wiederholen kann, denn der Eifel-Vulkanismus befindet sich nur in einer Ruhephase. Denn tief unter der Erde befindet sich ein hot spot und an dessen Spitze eine Magmakammer. Dort sammelt sich unter hohem Druck ein gasreiches phonolithisches Magma. Wenn es – wie vor ~13.000 Jahren geschehen – durch Spalten und Klüfte im Gestein nach oben steigt, dann gerät es unter Druckentlastung, und die Gase werden explosionsartig freigesetzt, was in diesem speziellen Fall durch die Berührung mit Wasser noch um ein Vielfaches verstärkt wird. So etwas nennt man eine phreatomagmatische Eruption, in der pyroklastische Glutwolken (wie beim Ausbruch des Mt. Pelé im Jahre 1902) entstehen, die große Landstriche verheeren können. Wie muss man sich nun solch einen Ausbruch in der Eifel vorstellen? Ein Ausbruch erfolgt sehr plötzlich, d. h. es gibt wahrscheinlich nur wenige sichtbare Indizien dafür, dass eine Eruption unmittelbar bevorsteht. Das kann eine verstärkte Mofettenaktivität sein oder – wie es der Geologe Ullrich C. Schreiber sehr schön in seinem Vulcano-Thriller „Die Flucht der Ameisen“ beschreibt – dass diese Krabbeltiere beginnen in großen Scharen abzuhauen bevor es richtig zur Sache geht (es nutzt aber nichts)… Vor ~12.930 Jahren jedenfalls begann es plötzlich im Erdinneren zu rumoren, weil das aufsteigende Magma auf Wasser stieß, dieses sofort verdampfte und die bereits vorhandenen Risse und Klüfte im Gestein aufsprengte, so dass die dünnflüssige gasreiche Lava immer weiter nach oben steigen konnte. Dieser Aufstieg entlud sich dann plötzlich in einer phreatomagmatischen Explosion, die einen Krater in den Boden riss und aus dem zu Pulver zermahlenes Gestein in Form einer riesigen heißen Aschewolke mit hoher Geschwindigkeit bis in über 30 Kilometer Höhe geschleudert wurde. Diese Phase nennt man plinianische Hauptphase, weil sie zum ersten Mal von Plinius dem Jüngeren (61/62 – 113/115) bei seiner Flucht vor dem katastrophalen Ausbruch des Vesuvs im Jahre 79 n. Chr. beobachtet und beschrieben wurde (Stichwort Pompeji, Herculaneum).


Ausbruch des Vesuv

Ihr Kennzeichen ist eine schnell entstehende pilzförmige Eruptionssäule, die bis in die Stratosphäre ragt und dann unter ihrem eigenen Gewicht kollabiert. Dabei entstehen sogenannte pyroklastische Ströme aus einer heißen (bis 800 °C) und dichten Emulsion aus vulkanischem Staub, Bimsstein und Gas, welches man im französischen treffend nuée ardente (Glutlawine) nennt. Sie verbrennen und ersticken alles Leben auf ihrer Zugbahn und hinterlassen schließlich mächtige Schichten aus verfestigtem vulkanischem Material (sogenannte Ignimbrite). Da sie eine Fließgeschwindigkeit von bis zu 700 km/h erreichen, kann man vor ihnen auch nicht davonlaufen. Im Fall des Laacher Sees erreichen die genannten Ablagerungen immerhin eine Schichtdicke von bis zu 60 Meter Mächtigkeit und der vom Wind verwehte Staub konnte noch in Schweden und in Norditalien nachgewiesen werden. Man schätzt, dass dieser Ausbruch ca. 16 km³ Lockermaterial (sogenannte Tephren) gefördert hat. Damit spielt er sogar eine Liga oberhalb des bekannten Ausbruchs des Mt. St. Helens im Jahre 1980 und sogar des Pinatubo im Jahre 1991. Also harmlos ist solch ein Eifel-Vulkan wirklich nicht. Übrigens, nach ca. einer Woche war der ganze Spuk vorbei und was von der Eifel übrigblieb, war nichts weiter als verbrannte Erde, dass sich zu Ende der nächsten 12.000 Jahre zu einem Touristenmagnet entwickeln sollte. Es lohnt sich einmal hinzufahren, wenn sich die Angst vor einem Ausbruch in Grenzen hält. Denn eine Vielzahl von Vulkanologen hält es übrigens für sehr wahrscheinlich, dass der Laacher-See-Vulkan irgendwann in den nächsten 1000 Jahren wieder einmal ausbrechen wird. Und das kann theoretisch schon nächste Woche passieren. Und damit man sich das Szenario auch schon mal im Vorfeld etwas genauer vorstellen kann, wurde 2009 ein Zweiteiler mit dem bescheidenen Titel „Vulkan“ unter der Regie von Uwe Jansen gedreht. Er kommt zwar nicht an den amerikanischen Thriller „Supervolcano“ von 2005 heran, der einen Ausbruch des Supervulkans unter dem Yellowstone-Nationalpark thematisiert, ist aber ansonsten durchaus - was zumindest die geologische Faktenlage betrifft - realistisch angelegt. 

Louis-Auguste Cyparis und der Montagne Pelée

Im Zusammenhang mit „Glutwolken“ fällt mir noch ein Name ein, Louis-Auguste Cyparis (1875-1929), der unter den Künstlernamen Ludger Sylbaris mit einem Barnum’schen Wanderzirkus einst durch die Vereinigten Staaten reiste. Taylor Barnum (1810-1891) haben wir ja bereits im Zusammenhang mit „Barnum’s American Museum“ und den Siamesischen Zwillingen kennengelernt. Die Aufgabe des Herrn Cyparis bestand dabei nur darin, auf der Bühne in einem Nachbau einer Gefängniszelle zu sitzen und möglichst dramatisch dem Publikum einen Teil seiner Lebensgeschichte zu schildern.


Und die begann auf der Antilleninsel Martinique in der Stadt Saint-Pierre, wo er sich wieder einmal in der Nacht vom 7. Mai auf den 8. Mai 1902 an einer Kneipenschlägerei beteiligte, bei dem es sogar einen Toten gegeben haben soll. Jedenfalls hat man ihn festgehalten und im „Maison d'Arrêt“ in eine halberdige Arrestzelle gesteckt, die nur ein kleines vergittertes Fenster nach außen hatte. Und das war sein Glück. Denn nur wenige Stunden später waren alle über 40.000 Einwohner von Saint-Pierre tot und nur er, ein Schuhmacher mit Namen Léon Compère-Léandre sowie ein geistesgegenwärtiges Mädchen, das sich an der Küste in eine Grotte retten konnte, überlebten das tödliche Ereignis. Denn am 8. Mai 1902, dem Himmelfahrtstag, kurz vor 8 Uhr in der Frühe, brach der nicht weit entfernte Vulkan Montagne Pelée aus und eine über 700 °C heiße Glutwolke raste mit einer Geschwindigkeit von bis zu 800 km/h seine Hänge hinab und tötete bis auf die drei alle Einwohner der Stadt. Selbst in seiner Gefängniszelle traten durch das kleine Fenster glühend heiße Dämpfe ein und verbrannten Teile seiner Haut. Sie hinterließen große Narben an Armen, Beinen und Rücken, die ihn bei seiner späteren, wenn auch kurzen Zirkuskarriere jedoch noch zum Vorteil gereichen sollten. Leider – oder zum Glück - hielt auch die Zellentür dem Glutstrom stand, so dass Cyparis sich selbst nicht befreien und somit erst drei Tage später entdeckt und gerettet werden konnte.


Durch die Glutwolke zerstörtes Saint-Pierre

Und da es auch keine überlebenden Zeugen mehr für die Kneipenschlägerei gab, bei der er seinen Saufkumpan (der ihm angeblich Geld schuldete) mit einer Machete erschlagen haben soll, wurde er schließlich vom Gouverneur begnadigt. Er wanderte in die USA aus, wo ihn Taylor Barnum schon erwartete, um ihn in seiner damals sehr gut besuchten Freakshow zu zeigen. Dort begann dann ein neues Leben für den hünenhaften, aber durch vernarbte Brandwunden entstellten Farbigen aus Martinique. Er stellte als „The Most Marvellous Man on Earth“ neben dem „Cardiff Giant„ George Auger, Rob Roy, dem „Albino und Schlangenmensch“ und Charles Tripp, „dem Mann ohne Arme“ eine der Attraktionen von Barnum’s Wanderzirkus dar. Er war übrigens der erste Farbige, dem auf diese Weise zumindest kurzzeitig eine einträgliche Zirkuskarriere gelang, die aber bereits am 5. Juni 1903 abrupt endete. An diesem Tag stach er sturzbesoffen einen Zirkuswächter nieder, was ihm einen weiteren, nun aber dauerhafteren Gefängnisaufenthalt eingebracht hat. Nach seiner Begnadigung soll er sich schließlich nach Panama begeben haben, um dort mit vielen anderen den Panamakanal auszuschachten. 

Fiebermücken und Bau des Panamakanals

Dabei wurde er sicherlich auch von Malaria- und Gelbfiebermücken gestochen. Damals wusste man aber schon, dass Gelbfieber und Malaria von bestimmten Mücken übertragen werden. Der amerikanische Arzt William Crawford Gorgas (1854-1920) entwickelte daraufhin eine Strategie, die innerhalb von nur 18 Monaten die in Panama grassierende Gelbfieber- und Malariaepedemie soweit (und nachhaltig) eindämmte, dass der Kanal gebaut werden konnte und sich die Todesfälle an diesen Krankheiten auch durch bessere hygienische Bedingungen in den Krankenstationen in Grenzen hielten.


Fiebermücke

Der erste Versuch, einen Kanal durch die Landenge zu graben, welcher 1881 begonnen wurde, endete bekanntlich in einem Fiasko, welches nicht nur in der Pleite der damaligen Kanalbaugesellschaft bestand. Auch über 22.000 Arbeiter starben innerhalb von nur 8 Jahren an den genannten Krankheiten. Irgendwann nahm dann die Zahl der Grabkreuze ein Ausmaß an, so dass es kaum noch gelang, neue Arbeitskräfte zu rekrutieren. 

Leichenkonservierung

Deshalb wurden die Leichen in Essig eingelegt und in Fässern nach Europa verschifft, um sie dort zu begraben. Essig wurde übrigens schon in der Antike als Konservierungsmittel verwendet. Man vermutet, dass es beim „Sauerwerden“ von Wein oder Bier entdeckt wurde. Auf jeden Fall muss Essig bereits um 6000 v. Chr. bekannt gewesen sein, worauf entsprechende archäologische Befunde aus dem Zweistromland hinweisen. Ziemlich schnell entdeckte man, dass sich damit insbesondere mehr oder weniger gegarte Feldfrüchte über längere Zeit haltbar machen ließen, was man bekanntlich als „Einlegen“ bezeichnet. Eine ganze Region in Deutschland lebt noch heute davon (Spreewald). Später mutierte Essig zu einem häufig verwendeten Würzmittel und in Rom, mit Wasser verdünnt, zu einer Erfrischungslimonade – ein Getränk, welches man Posca nannte. Auch der Leichnam Alexander des Großen (356-323 v. Chr.) wurde „eingelegt“, als er im Sommer des Jahres 323 v. Chr. in Babylon verstarb. Nur nicht in Essig, sondern in Honig. So konnte sein Leichnam ohne zu verderben bis nach Alexandria transportiert werden, wo dieser große König dann an einer auch heute noch unbekannten Stelle schließlich begraben wurde. Das Einlegen eines Leichnams in Honig stellt übrigens eine frühe Form der „Einbalsamierung“ dar, die in der Antike durchaus hier und da Anwendung fand. Der Fachausdruck dafür ist Mellifikation. Heute wird meines Wissens nirgends mehr Honig in dieser zweckmissbräuchlichen Art verwendet. Dazu schmeckt er zu gut und auch die dafür erforderliche Menge dürfte wahrscheinlich den meisten viel zu teuer sein. Das „Einfrieren“ mit flüssigem Stickstoff, wie es z. B. in den USA von reicher Klientel ab und an in Anspruch genommen wird, ist heute die Methode der Wahl. Die Methode, der sich ungefragt auf Stalins Geheiß Wladimir Iljitsch Uljanow (besser unter seinem Pseudonym „Lenin“ bekannt) und später Stalin selbst (weniger unter seinem richtigen Namen Iosseb Bessarionis dse Dschughaschwili bekannt) unterziehen musste, hat sich dagegen aus heutiger Sicht nicht bewährt. Sie erfordert eine dauerhafte Betreuung der Leiche, um sie vor dem naturgesetzlich vorgesehenen Zerfall zu bewahren. Heute muss z. B. eine private Stiftung jährlich 1,5 Millionen $ aufwenden, um Lenin in seinem Mausoleum auf dem Roten Platz in Moskau weiterhin einigermaßen frisch aussehen zu lassen (alle drei Jahre muss er sogar seine Garderobe wechseln!). Eigentlich wird es Zeit, auch ihn, genauso wie bereits bei Stalin geschehen, ordentlich und so wie es sich gehört, zu begraben. 

Das Mausoleum des Maussolos II.

Der Begriff Mausoleum als Zentrum eines Totenkultes a la Lenin geht auf eine weniger bekannte Persönlichkeit als Wladimir Iljitsch zurück. Und zwar auf den Kleinkönig Maussolos II., der in der Hafenstadt Halikarnassos (Bodrum in der heutigen Türkei) ab dem Jahre 377 v. Chr. 24 Jahre residierte. Weil er Angst hatte, wie so viele unbedeutende Herrscher auch, schnell in Vergessenheit zu geraten, ließ er sich ein Totenhaus, ein Maussoleion, bauen. Es wurde zwar erst drei Jahre nach seinem Tod fertig. Aber es sollte als eines der „Sieben Weltwunder“ dann doch noch über die Zeiten hinweg seinen Zweck erfüllen.



"Nachbau" des Mausoleums des Mausollos von Halikarnassos (House of the Temple, Washington D.C.)

Wie es einmal aussah, hat uns u. a. der römische Geschichtsschreiber Plinius der Ältere überliefert, der seinerzeit den Vesuvausbruch vom Jahre 79 mit angesehen, ihn aber nicht überlebt hat, was wir wiederum von Plinius dem Jüngeren wissen. Das Mausoleum selbst bzw. am Ende dessen Reste, konnte man so bis zum Jahre 1523 besichtigen (d. h. über 1873 Jahre hinweg). Aber gerade in diesem Jahr brauchten die dort ansässigen Ritter des Johanniterordens Baumaterial für eine neue Festung und da war die Ruine des Mausoleums gerade ein überaus günstiger Steinbruchersatz. Seitdem ist nur noch eines der „Sieben Weltwunder“ übrig, welches man noch heute vor Ort besichtigen kann. Und das wird so schnell nicht verschwinden, obwohl erst kürzlich ein paar hirnamputierte Kämpfer des „Islamischen Staates“ mit dessen Abbruch gedroht haben. Ob nun Lenin‘s Mausoleum auch so lange durchhalten wird wie das des Mausollos von Halikarnassos, wage ich mal zu bezweifeln. Erstens ist es dafür architektonisch viel zu schlicht, um auch nur annähernd als neuzeitliches Weltwunder durchgehen zu können. Und auch Lenin selbst gerät immer mehr in Vergessenheit, seitdem seine obskuren Lehren nicht mehr Bestandteil mancher staatlicher schulischer und universitärer Ausbildung sind und darüber hinaus auch noch das von ihm mit etablierte Gesellschaftssystem weltweit so grandios gescheitert ist. Und dabei gab es mal eine kurze und schon weitgehend vergessene Episode in der Menschheitsgeschichte, wo der „Marxismus-Leninismus“ als „Wissenschaft“ galt (so wie heute der „Genderismus“). In Wirklichkeit handelte es sich dabei um eine politische Ideologie, auf dessen Grundlage zuerst in der ehemaligen Sowjetunion und dann, nach dem zweiten Weltkrieg, in einigen Ländern Osteuropas (sowie noch verschiedenen anderen Ländern wie z. B. Kuba) ein Gesellschaftssystem mit diktatorischem Anstrich etabliert wurde. Es konnte sich einige Jahrzehnte halten, bis es dann überwiegend aus ökonomischen Gründen einfach scheitern musste. Das die entsprechenden Umwälzungen weitgehend friedlich verlaufen sind, erscheint selbst aus heutiger Sicht immer noch bemerkenswert. 

Das „Genie“ der Karpaten 

Nur einer der kommunistischen „Führer“, der sich selbst „Genie der Karpaten“ nannte, aber ansonsten nur ein kleiner unfähiger Beamter war, überlebte die friedlichen Revolutionen am Ende der 1980er Jahre nicht – der „Große Conducator“ Rumäniens - Nicolae Ceausescu (1918 bis 1989). Kurz zuvor wurde er von seinen Höflingen noch als „Titan der Titanen“, als „süßester Kuss der Heimaterde“, als „glorreiche Eiche aus Scornicești“ und als „Licht, dass selbst die Sonne blendet“ umschleimt.


Zwei Freunde im Geiste...

Am Ende stand er mit seiner Frau Elena, der „liebenden Mutter der Nation“ und „Größten Wissenschaftlerin Rumäniens“ vor dem Erschießungskommando und konnte es gar nicht fassen, dass jetzt er, der zuvor noch auf sein eigenes Volk hat schießen lassen, nun selbst – nach einem standrechtlichen Schnellverfahren – erschossen wird. Die Ironie der Geschichte liegt dabei darin, dass Ceausescu selbst noch unmittelbar davor das Dokument unterzeichnete, mit dem der nationale Ausnahmezustand ausgerufen wurde – und er auf diese Weise erst die rechtliche Grundlage für ein militärisches Schnellgericht schaffte, von dem er dann auch prompt angeklagt wurde. „Nicule, man ermordet uns? In unserem Rumänien?“ waren die letzten Worte Elenas an ihren Mann. „Unser Rumänien“ - es hatte jahrzehntelang gestimmt, aber nun war es vorbei. Und nur die wenigsten in Rumänien werden sich an diesen unappetitlichen „Führer“ an seinem Todestag, dem ersten Weihnachtsfeiertag des Jahres 1989, erinnern wollen. 

Dracula

Im Volksmund wird Ceausescu übrigens nicht ohne Grund „Draculescu“ genannt, wobei in dem Namen Bram Strokers berühmte Romanfigur „Dracula“ enthalten ist. Und daran hat der kommunistische Diktator Rumäniens sogar selbst einen nicht unerheblichen Anteil, sah er sich doch in der Folge Vlad Tepes (Vlad II. Draculea, 1431-1477), den er zu einem Nationalhelden stilisieren ließ. Und dieser Vlad Tepes, der in Wirklichkeit Vlad Basarab hieß, war wiederum die geschichtliche Vorlage für Bram Strokers Roman „Dracula“.


Dazu muss man folgendes über diesen wohl berühmtesten Wojewoden der Walachei wissen: „Tepes“ heißt „der Pfähler“ und „Draculea“ „Sohn des Drachen“. Den ersten Namen hat er erhalten, weil es seine Angewohnheit war, die in sein Land eingefallenen Osmanen – soweit sie ihm lebendig in die Hände fielen – zu „pfählen“. Diese spezielle Hinrichtungsart, die schon aus der Zeit des Hammurabi (um 1760 v. Chr.) bekannt ist, sollte die Kampfmoral des osmanischen Heeres untergraben und ihren weiteren Vormarsch in die christlichen Länder nördlich der Karpaten stoppen. So wird berichtet, dass Mehmet II. (1432-1481, der Eroberer Konstantinopels), im Jahre 1462 nach der erfolglosen Belagerung von Targoviste (Tergowisch) entlang einer Reihe von 20.000 gepfählten Türken abziehen musste. Was das Umbringen seiner Feinde betraf, so entwickelte in dieser Beziehung „Vlad, der Pfähler“ eine besondere Leidenschaft.


Am liebsten speiste er unter den Gepfählten, von Leichengeruch umweht und manchmal mit einen noch Lebenden small talk betreibend (der Todeskampf konnte bis zu 2 Tage dauern!). So legt ihm z. B. der rumänische Autor Marin Sorescu (1936-1996) in seinem Drama „Der dritte Pfahl“ Ceausescu-Zitate in den Mund, was erst relativ spät (nach dem Tod Sorescu’s) den Zensoren auffiel. Im Jahre 1477 wurde Vlad II. Draculea schließlich selbst getötet – wahrscheinlich bei Kampfhandlungen in der Nähe von Bukarest. Jedenfalls hat man ihm den Kopf abgeschlagen und, in Honig eingelegt, zum Sultan nach Konstantinopel gebracht, wo er eine Hauptattraktion bei der Siegesfeier werden sollte. Aufgrund seiner Grausamkeit, aber auch deswegen, dass er gegen den Expansionsdrang des osmanischen Reiches in Richtung Zentraleuropa entscheidend Widerstand geleistet hat, wurde er schnell im Volk verklärt und später – da er angeblich zu Lebzeiten ab und an das Blut seiner Feinde getrunken haben soll – als ein „Vampir“ angesehen. Der „Vampirglaube“ selbst kam aber erst ca. 2 Jahrhunderte nach Vlad Tepes Tod‘ auf und hielt sich auf dem Balkan bis in das 20. Jahrhundert hinein, bis er dann langsam allgemeiner Bestandteil der Popkultur wurde. 

Tanz der Vampire

Einen sehr guten Einstieg in das Genre des Vampirismus bietet übrigens der Film von Roman Polanski „Tanz der Vampire“ von 1967, den es anzusehen durchaus wieder einmal lohnt. Insbesondere die darin geäußerten Expertisen des berühmten Vampirforschers der Universität Königsberg, Prof. Abronsius, haben nichts an Aktualität verloren. Außerdem kann man in diesem Film die in einem Holzzuber badende Sharon Tate bewundern, die zwei Jahre nach Abschluss des Dreh‘s bekanntlich von der „Manson Family“ grausam ermordet wurde.


Der aufgeklärte Mensch weiß natürlich, dass es keine untoten „Vampire“ gegeben hat noch jemals geben wird. 

Vampirfledermäuse

Der gebildete Mensch weiß dagegen aber auch, dass es durchaus echte „Vampire“ gibt, die sich gänzlich unvegetarisch lediglich von Blut ernähren – nämlich die amerikanischen Vampirfledermäuse (Desmodontinae). Sie sind bei den Farmern nicht gern gesehen, da sie sich des Nachts auf Weidetiere niederlassen und ihnen kleine Wunden zufügen, aus denen Blut fließt, welches sie dann wiederum aufschlecken bzw. einsaugen.


Ein Antigerinnungsmittel in ihrem Speichel verhindert, dass das Blut schnell gerinnt und ein „Narkosemittel“, dass das Tier (meist ein Rind) davon möglichst nichts bemerkt. Von den drei bekannten Vampirfledermausarten fällt nur ab und an der „Gemeine Vampir“ auch mal einen Menschen an. Aber dass er ihn dabei gänzlich aussaugt, wie man es den untoten Vampiren a la Dracula nachsagt, ist natürlich eine Mär. Pro Mahlzeit nimmt eine derartige Fledermaus lediglich um die 20 Milliliter Blut auf (entspricht ungefähr dem Inhalt eines kleinen Hühnereis), welches es dann anschließend erst mal in Ruhe verdauen muss. Der Blutverlust, den Mensch und Nutztier durch Fledermausbesuche erleiden, ist deshalb relativ unbedenklich. 

Die Tollwut

Was nicht unbedenklich ist, ist die unerfreuliche Tatsache, dass Vampirfledermäuse ideale Überträger der fast immer tödlich ver-laufenden Tollwut sind. Man schätzt, dass pro Jahr deswegen weit über 50.000 Rinder und um die 20 Menschen allein in Brasilien an dieser äußerst gefährlichen Virusinfektion sterben. In Deutschland scheint diese Krankheit (soweit es nicht um die spezielle Fledermaus-Tollwut handelt) seit 2008 ausgestorben zu sein, was wiederum zu den eher erfreulichen Nachrichten gehört. Denn gegen die Tollwut gibt es bis heute keine Heilmittel die helfen, sobald die Krankheit einmal ausgebrochen ist. Man kann sich aber durch eine vorbeugende Impfung dagegen schützen. 

Homöopathie

Oder aber durch homöopathische Mittelchen, wie schon vor über 170 Jahren der berühmte Homöopath Constantin Hering (1800-1880) herausgefunden haben will und wie die Werbung von di-versen „Naturheilkundlern“ großmundig verspricht. Auf seine „Heringsche Regel“ berufen sie sich noch heute (neben dem sogenannten „Ähnlichkeitsgesetz“), um ihrer Lehre so etwas wie einen wissenschaftlichen Anstrich zu verleihen. Aus der Beobachtung heraus, dass tollwütige Katzen oder Hunde (aber auch Menschen) mit zunehmendem Krankheitsverlauf eine Angst vor Wasser entwickeln, kam C. Hering 1833 auf die Idee, Hundespeichel (der ja auch flüssig ist) entsprechend zu verdünnen, um daraus eine „Tollwut-Nosode“ zu machen, die nicht nur in der Tierheilkunde, sondern auch in der „Naturheilkunde“ eingesetzt werden kann. Denn wie jedes homöopathische Arzneimittel wirkt es universell gegen alle möglichen Gebrechen, so gegen Tollwut, Epilepsie, Hydrophobie(!), Kopfschmerzen, Arthritis … Harnwegsinfektionen, allgemeine Phobien, bei Frauen Scheidenkrämpfe sowie, man höre und staune, sogar gegen Zorn- und Wutausbrüche à la Klaus Kinsky etc. pp. Auch hier kommt es natürlich in erster Linie auf die Verdünnung an. Denn je weniger Wirkstoff das Mittelchen enthält (Hundespucke), desto größer die Wirkung und desto teurer das Präparat.



Potenzieren

Diese Wirkungssteigerung erzielt der erfahrene Homöopath bekanntlich durch den Akt des „Potenzierens“. Darunter versteht man den Vorgang, eine „Ursubstanz“ auf eine bestimmte Art und Weise entweder mit destilliertem Wasser, Milchzucker oder Ethylalkohol immer weiter zu verdünnen, bis der gewünschte Verdünnungsgrad erreicht ist. Eine gängige Maßeinheit dafür ist die D-Potenz (Dezimalpotenz). Sie sagt aus, dass bei jedem Arbeitsschritt immer auf 1/10 verdünnt wird. Die Potenz D21 entspricht dann (d. h. nach 21 entsprechenden Verdünnungsschritten) bereits einer Verdünnung von 1 zu einer Trilliarde – eine übrigens durchaus übliche Verdünnung „homöopathisch“ wirksamer Substanzen. 

Homöopathischer Potenzierversuch 

Aber was bedeutet das eigentlich? Um das Herauszufinden, empfehle ich folgenden kleinen unkomplizierten Versuch, vielleicht begleitet mit ein paar elementaren Rechnungen mit einem Taschenrechner. Denn nach der reinen Lehre soll sich ja die Wirkung einer homöopathischen Substanz erhöhen, je mehr man sie verdünnt. Als Einheit verwenden wir hier sogenannte C-Potenzen, wo bei das „C“ für „Centesimalpotenzen“ steht, denn in diesem Fall wird bei einem Schritt genau auf 1/100 verdünnt. Die Zutaten sind etwas Prima Sprit (oder ein hochprozentiger Schnaps wie beispielsweise der berüchtigte 80%ige Stroh-Rum) sowie 1,2 Liter Leitungswasser (wenn Sie das Leitungswasser zuvor noch in gesundes und vitales Bergquellwasser umwandeln möchten, dann empfehle ich Ihnen den VitaJuwel-Edelsteinstab für schlappe 49,90 € zum umrühren und gleichzeitigem „Vitalisieren“ des Wassers à la Grander). Als Equipment benötigen wir außerdem noch 12 normale Trinkgläser (wir wollen uns nur bis zu einer C12-Potenzierung des Alkohols vorwagen), die alle jeweils mit 1/10 Liter Wasser gefüllt werden. Des Weiteren wird noch eine Pipette benötigt, die es erlaubt, jeweils 1 Milliliter (=1/1000 Liter) Flüssigkeit aufzunehmen. Und nun kann der Versuch beginnen. Man fülle die Pipette als Erstes mit 1 Milliliter Schnaps und übertrage deren Inhalt in das erste Wasserglas, welches man anschließend nicht umrühren, sondern auf eine bestimmte Art und Weise schütteln sollte (man erinnere sich, nach Johann Grander hat Wasser ein „Gedächtnis“, das sich durch artgerechtes Schütteln auffrischen lässt). Danach entnimmt man mit der genannten Pipette eine Probe von wiederum 1 Milliliter aus dem ersten Wasserglas und entleere sie in das zweite Wasserglas (schütteln nicht vergessen!). Dann entnimmt man eine Probe aus dem zweiten Wasserglas und entleert es in das Dritte. Diesen Vorgang müssen sie nun solange wiederholen, bis sie im 12. Wasserglas endlich die gewünschte C12-Potenzierung des Schnapses erreicht haben. Und dann zum Wohl! Aber Vorsicht, denn laut der homöopathischen Lehre sollte sich jetzt ein viel stärkeres „beschwipst sein“ einstellen als beim Genuss der gleichen Menge „Ursubstanz“. Probieren Sie es einfach aus, denn Empirie siegt doch gewöhnlich über Theorie. Doch was bedeuten diese Verdünnungsstufen nun ganz konkret, quasi „naturwissenschaftlich“ nachgefragt. Hier hilft der Taschenrechner weiter. Und damit ergeben sich folgende, durch Vergleiche etwas anschaulicher gemachte Ergebnisse: C1-Potenzierung – eine Flasche Schnaps verdünnt mit dem Inhalt einer Badewanne; C2-Potenzierung – eine Flasche Schnaps verdünnt mit dem Inhalt eines Tankwagens voller Wasser; C3-Potenzierung – eine Flasche Schnaps verdünnt mit dem Wasserinhalt eines Schwimmbeckens; C4-Potenzierung – eine Flasche Schnaps, verdünnt mit dem Inhalt eines mit Wasser beladenen Großtankers; C5-Potenzierung – eine Flasche Schnaps gekippt in den Erie-See; … ; C9-Potenzierung – eine Flasche Schnaps in den Ozean gekippt; … C12-Potenzierung – eine Flasche Schnaps verdünnt in Wasser mit dem Volumen des Planeten Jupiter. Ob man davon wirklich noch besoffen wird? Immerhin ist die Chance, eine ziemlich große Menge Ethylalkoholmoleküle aus der „Ursubstanz“ im letzten Wasserglas zu finden, noch durchaus gegeben. Aber bei C12 macht natürlich kein echter Homöopath halt. Erst ab C24 kann man wirklich sicher sein, dass das Wasserglas nicht mal mehr ein Ethylalkoholmolekül aus der ersten Pipette enthält. Aber C75 sollte es schon sein – eine Flasche Schnaps verdünnt in Wasser mit dem Volumen unseres überschaubaren Universums! Gebräuchliche C-Potenzen in der Homöopathie sind übrigens C6, C12, C30, C200 und C1000. Bei manchen Gebrechen ist es aber durchaus angesagt, noch höhere Potenzen eines geeigneten homöopathischen Mittels zu verschreiben. Hier werden häufig die C10.000 und die C100.000 verwendet. Man sagt, solche hohe Potenzen arbeiten auf einer besonders tiefen geistigen Ebene. Und dem kann man nach dem eben gesagten eigentlich nur beipflichten. 

Wirkung ohne Wirkstoffe

Jetzt versteht man auch, warum homöopathische Mittel nicht unter die Arzneimittelgesetze sondern nur unter die Lebensmittelgesetze fallen. Denn etwas, was keine oder so gut wie keine Wirkstoffe enthält, kann nach allen menschlichen Erfahrungen auch nicht gegen oder auf irgendetwas „wirken“. Aber es ist natürlich jedem unbenommen, an eine derartige „Wirkung“ zu glauben (was aber bei Haustieren offenbar so nicht funktionieren kann, obwohl Tierärzte gern einmal ein paar „Globuli“ für Hund und Katze für teures Geld verkaufen). Wenn Sie also bei einem Urlaub in südliche Gefilde (insbesondere Balkan und Türkei sowie außerhalb Europas beispielsweise Marokko) zufällig von einem Hund gebissen werden, sollten sie eher eine schnelle Impfung gegen Tollwut in Erwägung ziehen als stattdessen „Tollwut-Nosode“ zu schlucken. Wenn sie im letzteren Fall überleben sollten, können sie sicher sein, dass es nur daran gelegen hat, dass der „Hund“ gar nicht tollwütig war. Denn man ist bei einer erfolgreichen Infektion gewöhnlich, beginnend mit dem ersten Auftreten der Tollwut-Symptome, innerhalb von 7 Tagen mit so gut wie 100 prozentiger Sicherheit tot. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass es neben dem hoch infektiösen Rabiesvirus, dem Verursacher der Tollwut, noch eine nicht pathogene Form von ihm gibt. Auch sie kann sich entlang der Nervenbahnen bis in das Gehirn hangeln, nur dass sie dort keine tödlich verlaufende Gehirnhautentzündung hervorruft. Das nutzen übrigens einige Gehirnforscher aus, um damit die neuronale Verschaltung bestimmter Gehirnabschnitte aufzuklären. Und gerade hier gibt es noch sehr viel zu erforschen. 

Inselbegabungen - Savants

Zwar weiß man mittlerweile schon recht gut, wie dieses, „Gehirn“ genannte, ca. 1,3 kg schwere Stück Materie funktioniert.
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