Sonntag, 11. Oktober 2015

Zum Drachenrücken des Geltschberges (Nordböhmen, bei Auscha)


Man sieht den Geltsch (Sedlo) aus großer Ferne und aus allen Richtungen und häufig wird man gefragt, was das für ein Berg sei, der so einsam aus der Landschaft ragt. Dabei ist es vielleicht der schönste Berg des Böhmischen Mittelgebirges (České středohoří). Ein gewisser T.R. Espe lässt in einem Artikel seiner Begeisterung freien Lauf

´Wenn Du, lieber Leser oder liebe Leserin einigermaßen vertraut bis mit Stadt und Dorf, Berg und Thal von Böhmen, so mußt Du auch den herrlichen Geltsch bei Leitmeritz kennen. Man sieht ihn weit herum im Kreise und in der Nachbarschaft; auch der Prager kann ihn bei heiterer Atmosphäre vom Laurenziberg oder der Marienschanze , dem altberühmten Rip (Georgsberg) zur Seite am Rande des nördlichen Horizontes mit unbewaffnetem Auge und stillem Vergnügen beschauen. Vom Süden aus besehen sitzt er wie ein Sattel auf dem Lande, woher sein böhmischer Name Sedlo stammt, oder, was meinem Sinne immer näher lag und dem stattlichen Berge mehr Ehre macht, wie ein lagernder Löwe, die schweren Tatzen vorn übereinander gelegt, den Kopf mit der prächtigen Mähne in majestätischer Ruhe nur wenig emporgehoben; in seinen Umrissen etwa so wie der Löwe, den unsre „Prager Zeitung“ oben im Schilde hat.

Der Geltsch verdient den hohen Ehrenposten, den er einnimmt, mit vollem Rechte. Die 2154 Wiener Fuß seiner Höhe könnte auch ein anderer Berg haben, das ist kein sonderliches Verdienst; eine so herrliche Aussicht über das weite Land hat aber kaum ein anderer in der Nachbarschaft; es ist über allen Zweifel erhaben, dass der Geltsch in dieser Hinsicht den vielgepriesenen, vielbesuchten Milleschauer hinter sich läßt . Von drei schönen Felsgruppen gegen Süd, West und Nord sieht man in weiter Ausdehnung über das „Paradies Böhmens“ hin, die schönbestellten Felder, die sauberen Dörfer, die freundlichen Städte, die dunklen Wälder, den im Süden bei Raudnitz herüberglänzenden Elbestrom, der im weiteren Laufe hinter den einzelnen Hügeln und Bergen mit uns Verstecken spielt, bis er in der Ebene bei Leitmeritz wie ein breites „Silberband“ vor uns liegt und dann zwischen malerischen Bergen zur Grenze fortzieht.´

(Illustrierte Blätter für Ernst und Humor, 1859)

Tatsächlich ist der Geltsch nicht nur ein vorzüglicher Aussichtsberg, er stellt an den Wanderer auch besondere Anforderungen, denn Auf- und Abstieg sind sehr steil, wie man auf nachstehenden Tourprofil ersehen kann. Bei feuchtem, rutschigen Untergrund wird von einer Begehung abgeraten.


Das Wetter war eigentlich bei unserem Besuch nicht besonders einladend, diffuser Nebel lag über dem Land, so dass keine Chance für die großartigen Ausblicke bestand, die von T.R. Espe beschrieben wurden. Das alles haben wir natürlich schon früher einmal gesehen. Ein Naturwunder hat Espe jedoch vergessen zu erwähnen (vielleicht hat er den Berg nur von unten gesehen und hat sich seinen Teil gedacht). Entlang des schmalen Pfades, zu dessen beider Seiten der Berg steil abfällt, türmen sich bizarre Phonololit- und Basaltfelsen auf oder stürzen mit dem Hang in die Tiefe. Ein Wanderfreund beschrieb diesen Grat einmal bezeichnend als Drachenrücken. Der Weg durch diesen Felsparcours ist schon ein guter Grund, hier herauf zu kraxeln. 

Ein weiterer guter Grund für den weiteren Wegverlauf ist die Ortslage von Vorder- (Přední- ) und Hinternessel (Zadní Nezly). Von diesen, auf dem Kamm des Mittelgebirges gelegenen Weilern genießt man einen phantastischen Ausblick, besonders in Richtung der südlich gelegenen Erhebungen Kelchberg (Kalich), Jungfrau (Panna) und Dreiberg (Trojhora), der das Herz erweicht. Neid ist ein impertinenter Geselle, aber nichts anderes ziehen die wenigen Günstlinge auf sich, denen es gelang, die wenigen hier befindlichen Parzellen zu ergattern. Die Welt ist ungerecht !


Der Weg führt durch den schönen Ort Lewin






 Mit Fernsicht vom Geltsch ist heute nix


… ein schönes Erlebnis ist der Drachenrücken






... und der Gipfelfels (Maienstein), er ist aber nicht der höchste Punkt




 … weiter über den Kamm














Die Herbstzeitlose blüht, der Geltsch liegt hinter uns


Herbststimmung in Hinternessel




Abendlicher Blick von Hinternessel über das Böhmische Mittelgebirge


Letzter Blick zum Geltsch


Lewin im Abendlicht




1 Kommentar:

  1. Ich finde ihre Wanderbeschreibungen in dieser Gegend einfach wunderbar! Es ist genau, was ich gesucht habe. Den Ronberg und das Prebischtor habe ich schon erklommen. Ob ich wohl den Geltsch schaffe, diesen Frühling? Ich werde hier weiter lesen... sie schreiben toll und ich möchte noch viel sehen, im Land meiner Vorfahren.

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