Montag, 2. Mai 2016

Wanderung von Konoged zur Hundorfer Beile (Nordböhmen)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Ich liebe das Böhmische Mittelgebirge, seine aussichtsreichen Höhenzüge, seine Täler, die kleinen verschlafenen Dörfer und manche Überraschung, die einen zuweilen erwartet. In der 24-bändigen Enzyklopädie 'Kronprinzenwerk' wird das Mittelgebirge treffend charakterisiert.

'Über dem ganzen Gebiete liegt, den vielbesuchten Milleschauer ausgenommen, eine stille Abgeschiedenheit; obwohl an Naturschönheiten reich und von malerischen Thälern durchfurcht, wird es doch selten besucht. Selbst die um das Mittelgebirge gelegenen, in die Thäler versteckten Dörfer haben wohl infolge dessen einen eigenartigen alterthümlichen Anstrich. Im Frühling aber, wenn der Laubwald seine frischgrünen Blätter entfaltet und die Obstbäume, mit welchen die Abhänge des Gebirges überall bedeckt sind, ihren Blütenschnee entfalten, gewährt eine Wanderung durch die freundlichen stillen Thäler und über die Gipfel, die alle eine prachtvolle Aussicht gewähren, vielen Genuß'.

Als ich vor vielen Jahren das erste Mal durch Konoged (Konojedy) radelte, erfüllte mich ein für diesen 100-Seelen Ort überdimensionales Kirchengebäude mit großem Erstaunen. Dahinter war noch ein altes Schloss auszumachen, der ganze Gebäudekomplex in einem kastastrophalen Zustand. Zu diesem Zeitpunkt gab es selbst in Wikipedia keine Informationen über diesen scheinbar historisch bedeutenden Ort (das hat sich geändert).

Ein weiterer Grund, diese Gegend endlich einmal kennenzulernen, war die kurzfristig notwendige Änderung der Wanderroute auf unserer Rautenwegtour. Ursprünglich sollte es über die Hundorfer Beile (Pohorský vrch) gehen, aber aufgrund der extremen Hitze verlegten wir die Route durch die schattige Biberklamm (Bobří soutěska). 

Konoged und Hundorfer Beile kann man gut verknüpfen und das hatten wir uns heute vorgenommen. Selbst die Biberklamm mit dem schönen Wasserfall am Ende der Schlucht lässt sich in diese Wanderung einbinden. 

Großes Erstaunen in Konoged: die Sanierung des Schlosses ist weit fortgeschritten und die Hülle der Kirche Mariä Himmelfahrt erstrahlt in neuem Glanz. Die Frage, welche Nutzung diesem kolossalen Ensemble einmal zugedacht ist, bleibt vorerst unbeantwortet und ist auch für mich insofern uninteressant, als dass ich überzeugt bin, dass die hier investierten Mittel allemal besser angelegt sind, als für unsinnige Prestigevorhaben oder in strategische Wahnvorstellungen. 

Das Wetter weiß wieder nicht, was es will. Zunächst verspricht es, ein schöner Tag zu werden. In der Biberklamm ist es sommerlich warm geworden, aber als wir die Wernstädter Höhen erreichen, von wo wir uns die schöne Sicht versprechen, hat sich wieder der Dunst über die Landschaft gelegt. Außerdem ist es ziemlich frisch dort oben. Die Jahresdurchschnittstemperatur beträgt hier nur 7° C. In Sichtweite von hier sind die Rabensteiner Höhe und der Mertendorfer Hutberg, die besten Aussichtsplätze des Mittelgebirges.

Wernstadt (Verneřice) liegt am Wege zur Hundorfer Beile. Der Ort auf dem hohen Kamm gelegen, erlebte im 19. Jahrhundert seine Blütezeit durch Kattundruckerei und Schuhmacherei und wurde sogar an die Lokalbahn Großpriesen – Wernstadt/Auscha (Velké Březno–Verneřice/Úštěk) angebunden. Später verlor der Ort seine wirtschaftliche Bedeutung und ist heute nur noch ein Schatten seiner selbst. Nur noch wenige Zeugen der früheren Blütezeit sind vorhanden. Ein Stück westlich des Ortes liegt der Gottesberg (Boží vrch), eine Kapelle zierte diesen romantischen Ort, übrig geblieben ist davon gar nichts. Auch nicht die Bauten auf der Hundorfer Beile/Beule (Schutzraum und Aussichtsturm). Diese Anhöhe bietet einen prachtvollen Rundblick (nur heute leider wieder einmal nicht). 



Die Tour insgesamt verdient mit Blick auf das Streckenprofil eine gute Benotung. Unsere Sorge, die weiten Wiesen auf den Höhen um Wernstadt könnten vollständig eingekoppelt und beweidet sein, waren unbegründet.

Die GPS-Daten zu dieser Tour kann man hier herunterladen.




Schloss und Kirche Konoged mit Geltsch (Sedlo)



Auf den Höhen um Wernstadt, im Hintergrund der Aussiger Fernsehturm auf dem Zinkenstein (Buková hora)


Reste des untergegangenen Ortes Sorge (Starosti)


 In der Biberklamm







Weiter hinauf auf die Wernstädter Höhen



Wernstadt




Erinnerung an bessere Wernstädter Zeiten



Der Zinkenstein


Man kann sich vorstellen, welche fabelhafte Aussicht die Hundorfer Beile bei besserem Wetter zu bieten hat


Der Geltsch von Konoged aus gesehen


Ronberg (Ronov) und Wilschtberg (Vlhošť)


Der Ronberg



Schloss Konoged und Kirchengebäude


Auf den Wernstädter Höhen hatten wir eine seltene Begegnung mit einem scheinbar dreisten Rammler, der sich in einer Entfernung von etwa 3-4 m selbstbewusst vor uns aufbaute und provozierend kleine Runden drehte, um dann an seinen Platz zurückzukehren. 




Später sahen wir die Häsin, die wohl ihren Wurf hegte. Meister Lampe tat alles, um uns von ihr abzulenken.

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