Samstag, 8. Oktober 2016

Wanderung zur Burgruine Kynast (nördl. Riesengebirgsvorland)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Wie oft ist man von Schreiberhau (Szklarska Poręba) kommend durch das Hirschberger Tal (Kotlina Jeleniogórska) gefahren? Wie oft ist einem dabei die Kynastburg (Chojnik) aufgefallen, die von einem vorgeschobenem Ausläufer des Riesengebirges stolz herunter grüßt und wie oft hat man sich schon vorgenommen: da hinauf müssen wir unbedingt einmal steigen? Heute ist es nun so weit.

An der langen Geschichte der Kynastburg wollen wir uns nicht aufhalten, man kann sie vortrefflich nachlesen in den großen Meisterwerken des WorldWideWeb. Wir sind interessiert an dem großartigen Ensemble aus Natur und Baukunst und wandeln ansonsten in bewährter Weise lieber auf den Spuren unserer romantischen Literaten. Da werden wir fündig bei Dr. Joseph Carl Eduard Hoser. In seinem 1804 erschienenem Werk 'Das Riesengebirge in einer statistisch-topografischen und pittoresken Uebersicht mit einer erläuternden Anmerkung und einer Anleitung dieses Gebirge auf die zweckmäßigste Art zu bereisen' schildert er seine Eindrücke von der Kynastburg wie folgt:

'Die Aussicht vom Kynast ist nach allen Seiten hin äußerst reich und genußvoll; das weite Hirschberger Thal mit der Schmiedeberger Gegend entzückt durch alle Reitze holder Ländlichkeit; das nahe mit dem Herdberge in Süden unmittelbar ansteigende Riesengebirge überrascht dagegen wieder mehr durch den Ernst und die Größe seines Charakters. An der freyen Zwingermauer gegen Süden, dem nahen dichtbewaldeten Herdberge gegenüber, giebt ein losgeschossener Pöller ein vielfältiges vortreffliches Echo. Die tiefe enge Thalkluft, die beyde Berge, den Herdberg und den Felsen des Kynasts, von einander trennt, heißt die Hölle. Sie ist voll wildromantischer Fels- und Waldparthien. In den zum Theil schon abgesondert über einander liegenden, zum Theil noch in senkrecht gespaltenen Wänden klüftig neben einander gereihten Granitmassen, erkennt man deutlich die ganze innere Struktur dieses Granitberges. An einer anderen Seite des Berges befindet sich der hohle Stein; mitten auf dem freyen Abhange des Berges steigt man in ein enges, beynahe senkrecht eingehendes Loch 16 bis 20 Fuß tief hinab, welches durch übereinander gestürzte Felsen gebildet wird; nachdem man sich mühsam durch den Felsen hindurch gedrängt hat, kömmt man auf auf einem etwa 60 Fuß langen Gange an einer anderen Stelle des Berges wieder zu Tage.'

Den Aufstieg zur Burg Kynast wählen wir von einem Wanderparkplatz in der Nähe der Ortschaft Saalberg (Zachelmie) über die von Hoser bezeichnete Hölle, also die Talkluft zwischen Kynast und Herdberg (Zar). An schräg übereinander liegenden Granitplatten geht es steil zur Burg hinauf. Gleich nach der Passage einer Steinpforte verfehle man rechter Hand nicht das etwas oberhalb liegende, nicht einsehbare Felsplateau. Von hier erhält man einen Vorgeschmack auf die phänomenale Aussicht, welche sich vom Turm der Ruine bietet, die derzeit saniert wird. Ein Stück Isergebirge, der komplette Kamm des Riesengebirges, der Landeshuter Kamm, das Bober-Katzbach Gebirge, die Vulkane um Goldberg (Złotoryja) liegen heute bei bilderbuchhaftem Wetter zum Greifen nah. 

Unbequem steil für Knie und Hüfte ist der Abstieg zum Hohlen Stein (Zbójeckie Skały). Von der Existenz einer Höhle habe ich erst aus Hosers Traktat erfahren, gleichwohl sah ich die Einstiegstelle. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, mich da hineinzuzwängen. 

Gemütlich ist die weitere Wanderung hinauf nach Agnetendorf (Jagniątków). Den eigentlich noch geplanten Besuch der Villa Haus Wiesenstein, verschoben wir auf einen späteren Zeitpunkt. Hier verbrachte der deutsche Dichterfürst Gerhard Hauptmann in herrlicher Gegend die letzten Jahre seines Lebens, bevor sein Leichnam 1945 des Landes verwiesen wurde. Haus Wiesenstein ist heute ein Museum.

Einen kleinen Höhepunkt haben wir uns aber noch reserviert. Unweit von Hermsdorf unterm Kynast (Sobieszów) hatten wir von der Burg aus das ehemalige Schloss Wernersdorf (Pałac Pakoszów) erspäht. Es gehört zu den Schmuckstücken in der Schlösserlandschaft des Hirschberger Tals. Beim Abendbrot auf der Terrasse genießen wir noch einen Blick auf den im schönsten Abendlicht liegenden Riesengebirgskamm. 

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.


 Aufstieg zur Burg Kynast durch die Hölle







Die Burg Kynast










Blikh ins Land von der Burg Kynast









Schloßhotel Wernersdorf - vom Kynast aus erspäht


Bei der hohlen Steinpforte


Auf dem weg nach Agnetendorf






Blick über Saalberg


Beim Schloss Wernersdorf





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