Freitag, 27. Januar 2017

Crashkurs Zittauer Gebirge

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Inwiefern es sich um einen Superlativ handelt, wenn man mit dem kleinsten Mittelgebirge Deutschlands wirbt, sei einmal dahin gestellt. Ob das abder wirklich stimmt, ist eine ganz andere Frage, denn das Kyffhäusergebirge beteiligt sich mit dem gleichen Slogan an diesem eigenartigen Wettbe­werb. Nun ist es so, dass das Zittauer Gebirge sich über eine Fläche von 133 km² ausbreitet und das Kyffhäusergebirge eine Fläche von 72 – 81 km² belegt (da ist man sich offensichtlich nicht ganz ei­nig). Und dann erklärt uns Siegfried Weiß noch Folgendes: 

'Es sei gesagt, das das Zittauer Gebirge eine außergewöhnlich malerische Landschaft ist, wenngleich es zu den kleinsten Berggebieten Europas gehört. Es ist eigentlich kein selbstständiges Gebirge, denn vom Böhmischen Grenzkamm des Lausitzer Gebirges fallen oft nur die Berghänge steil hinab in die Niederungen um Zittau und Großschönau'. 

Auch das noch: kein selbständiges Gebirge!

Das Zittauer Gebirge ist mein Heimatgebirge. Hier lernte ich die Liebe zu den Bergen und zum Wandern kennen. Während meiner Kindheit waren meine Eltern mit mir bei Wind und Wetter und zu jeder Jahreszeit hier unterwegs. Ich kenne die meisten Winkel zwischen Hartau und Herrenwal­de. Gerne besuche ich auch heute noch die kleinen Felsenstädte und vor allem die Gipfel des Hoch­wald und der Lausche, besonders bei guter Sicht. Aber es hat sich in den letzten Jahren einiges ver­ändert, und das gefällt mir nicht. Ich denke dabei an die gewerbsmäßigen Holzvernichtung durch den Forstbetrieb der Stadt Zittau und die damit verbundene Verwüstung der Wege und ich denke an die Kommerzialisierung des Fremdenverkehrs, der nach den Vorstellungen der Tourismusbranche auch noch nach dem üblichen Zuwachs ruft. Eigentlich steht das dem Konzept eines Naturparks entgegen. Schön, dass man ausweichen kann, z.B. über die Grenze hin nach Böhmen, wo die Welt nach meinen Vorstellungen noch in Ordnung ist. 

Trotzdem verleitet einen die Erinnerung, hin und wieder auf die altbekannten Pfade zurückzukehren und schließlich ist es eine außergewöhnlich malerische Landschaft. Da es ja nun das 'kleinste Mittelgebirge' ist, kann man natürlich an einem Tag so einiges erledigen. In zwei Tagen hat man fast alles gesehen, wenn man sich ein wenig zusammenreißt und wenn man den legendären Oybin mit seinen Burg- und Klosterruinen einmal ausklammert. Eine Tour führt im­mer entlang der Grenze über die Gipfel der herrlichen Aussichtsberge Lausche und Hochwald, die andere Tour wollen wir heute besprechen. Auf dieser Wanderung werden wir die wichtigen Berge und meisten schönen Aussichtspunkte des inneren Gebirges besuchen. 

Der Buchberg zu Beginn der Wanderung bringt noch keinen Höhenpunkt, aber bereits der Nonnenfelsen ist eine höchst sehenswerte Felspartie, auf der bereits 1846 eine Aussichtsplattform hergerichtet wurde, von hier schöner Blick über den Kurort Jonsdorf und hinüber in die Jonsdorfer Felsenstadt. Von der Gondelfahrt unterhalb mutet das Ensemble wie eine Puppenstube an, wenn man an die Felswände vergleichbarer Lokalitäten der Sächsischen Schweiz denkt. Aber, es ist romantisch und dem 'kleinsten Mittelgebirge' angemessen.

Über den Alpenpfad geht es hinauf in die Jonsdorfer Felsenstadt, man respektiere die Schutzzone für Uhu und Wanderfalke. Von verschiedenen Austritten an den Felsen überblickt man die Felsenstadt, und hat freien Blick auf Lausche und Nonnenfelsen. 

Weiter des Wegs erwarteten uns Kleine und Große Orgel, unbespielbare Instrumente aus gefrittetem Sandstein. Die eigentliche Attraktion kommt aber erst ein Stück weiter: die Jonsdorfer Mühlsteinbrüche. Die beste Beschreibung der Mühlsteinbrüche und des hier geborgenen Grundstoffs kommt wieder einmal aus dem Nachbarlande. Die Mühlsteinbrüche zu erkunden bleibt einem längeren Aufenthalt vorbehalten, wir indes eilen weiter auf unserem Rundkurs durch das Zittauer Gebirge, hinüber zum Ortsteil Hain, entlang des Hochwalds (ohne Besteigung) in Richtung Lückendorf zur Brandhöhe. Hier entscheide man sich zwischen Kurt-Steinadler-Weg oder der Großen Felsengasse, die parallel nördlich des Sandsteingrats zwischen Hochwald und Töpfer verläuft. Während man durch die Scharten in den Felswänden (z.B. Mönchskanzel) einen schönen Überblick über den Oybiner Kessel nebst Hausberg, Pferdeberg und Ameisenberg erhält, schweift der Blick von der Brandhöhe von Iser- und Jeschkengebirge bis ins Rollberg-Hügelland. Wo gibt es für diesen Abschnitt die beste Beschreibung: hier (bislang leider nur auf Tschechisch). 

Hoch über dem Oybin-Kessel thront der Scharfenstein, dass Matterhorn der Oberlausitz, mit einem konkurrenzlosen Panoramablick. Vom Scharfenstein geht es weiter durch die kleine Felsengasse zu den Sandsteinformationen auf dem Töpfer, zunächst mit Abstecher zur Böhmischen Aussicht (man ahnt es schon: schöner Böhmen-Blick). Der Töpfer ist ferner bekannt für seine skurilen Felsgebilde (Küken, Brütende Henne, Schildkröte etc.) sowie für seinen Berggasthof Töpferbaude, eine der drei verbliebenen kultig-rustikalen Bauden des Zittauer Gebirges nebst Hochwaldbaude und dem Gasthof auf dem Nonnenfelsen. Beim Abstieg nach Nieder-Oybin lädt die schöne Oybin-Aussicht zu einem kurzen Verweil ein. In der Nachbarschaft wacht das Küken über die Talenge zwischen Töpfer und Ameisenberg, tiefer am Berge gelegen die Felsenwelt der Gratzer Höhlen.

Nach Durchquerung der schmalen Taleinfahrt in den Oybiner Kessel geht es im Gegenanstieg hinauf zum Gipfel des Ameisenberges. Auf dem Weg dahin, vis-a-vis der Oybin-Aussicht, die Austritte an Einsiedlerstein und Götzenstein. Auf der Rückseite des Ameisenberges die herrliche Aussicht von der Bastei (herrlich zum Verweilen!). Es geht weiter durch die Katzenkerbe zum Pferdeberg und über die Leipaer Straße, schlussendlich zum Jonsberg. Anstelle zu seinem stillen Gipfel zieht es uns zum Weißen Stein. Dort gibt es die letzten Weitblicke des Tages zum Ameisenberg und in das östliche Oberlausitzer Hügelland. Zurück in Jonsdorf, verzichten wir etwas fußlahm darauf, noch den kleinen Abstecher zum Hieronymus-Stein zu wagen. Am Ende der Tour waren wir erstaunt, im 'kleinsten Mittelgebirge' auf der Anzeige des GPS-Gerätes 26 km registriert zu sehen bei über 1000 Höhenmetern. Wer hätte das gedacht?

Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.




Hege und Pflege der Waldbestände des Zittauer Gebirges



Im Umfeld der Nonnenfelsen












Über den Alpenpfad zu den Mühlsteinbrüchen







Ausblicke vom Johannisstein






Blick von der Brandhöhe über Lückendorf zum Jeschken


Klettersteig an der Mönchskanzel


Die Taube


Ausblicke vom Scharfenstein





An der Böhmischen Aussicht


Auf dem Töpfer und an den Gratzer Höhlen







Der Berg Oybin vom Pferdeberg gesehen


Am weißen Stein




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