Vorwort
Auf der Suche nach meinem Leserbrief stoße ich in der Sächsischen Zeitung vom 18.02.2017 auf eine Belehrung des Redakteurs Olaf Kittel an den Leser P.S. zum Thema 'Warum lässt die SZ Nachrichten weg?'. Darin heißt es: 'Die Kunst des Blattmachens ist es, eine gute Auswahl zu treffen, die wichtigen von den weniger wichtigen Themen zu trennen, Leserinteressen abzuwägen und schließlich eine spannende Mischung hinzubekommen. Nicht nur das einzelne Thema ist wichtig, Leser wollen die gesamte Zeitung mit Interesse und Gewinn aufnehmen.'
Abgesehen davon, dass nach Angaben des BDZV die Leser täglich zwischen 39 und 44 min für die Lektüre einer Zeitung aufwenden - also nicht die gesamte Zeitung lesen – interessieren sich die meisten Leser für die Lokalnachrichten sowie auch für Leserbriefe (und, ich füge hinzu: besonders kritische, weil kritische Berichterstattung ansonsten kaum noch wahrnehmbar ist). Wenn eine Zeitung für einen Beitrag eine dreiviertel Seite aufwendet, gehe ich davon aus, dass es sich in den Augen der Zeitung um einen wichtigen Beitrag handelt. Sollte eine entsprechende kritische Replik auf solch einen Beitrag, dazu noch im Kontext mit weiteren Titeln des Blattes, nicht ebenfalls einen annähernden Anspruch auf Wichtigkeit haben? Die Selektion in den Medien erfolgt aber nach anderen Kriterien. Anknüpfend an seine bekannte Abhandlung 'Warum schweigen die Lämmer?' beleuchtet Prof. Rainer Mausfeld in einem sehenswerten Vortrag das System der gesteuerten Meinungsbildung.
Dieser Vortrag lässt kaum noch Fragen zur Rolle der Medien bei der gängigen Meinungsbildung offen und kann jedem Interessierten nur zur Lektüre empfohlen werden.
Ich erlaube mir, den Leserbrief zu dem im Betreff genannten Beitrag der SZ auf einem anderen Kanal zu verbreiten, bevor er aus der Erinnerung der Leserschaft verschwunden ist. Ich bin mir sicher, dass er hier gelesen wird und die Leser selbst über dessen Wichtig- und Richtigkeit befinden:
Für wie dumm will man uns verkaufen?
'Am gleichen Tag veröffentlicht die SZ im Regionalteil den Beitrag „Wir kommen aus der Nähe von Liberec“ und, im überregionalen Teil des Blattes, den Artikel „Neue Investitionen in Kodersdorf“. Hier bemüht sich ein junger Bürgermeister redlich, mit dem Konzept einer Sonderwirtschaftszone im Dreiländereck die Mikroregion wirtschaftlich voran zu bringen, wobei ihm mit allen Schlichen und zentral definierten Kriterien/Kategorien wie etwa Verdichtungs- und ländliche Räume Knüppel zwischen die Beine geworfen werden. Dort wird wirtschaftlich erfolgreiche Investitionstätigkeit verkündet, nämlich am Standort im Dreiländereck Sachsen – Tschechien – Polen. Wohlgemerkt: im Ballungs-, Verdichtungsraum Kodersdorf, unmittelbar im Dreiländereck, wie wir hier alle wissen. Unglaublich auch der Balken im Kopf derer, die im angeblich freien Europa noch eine Grenze zwischen Böhmen und Sachsen ziehen.
Für wie dumm sollen die Menschen hier in der südlichen Oberlausitz noch verkauft werden? Es ist ausschließlich der Wille der sogenannten politischen Eliten, wohin Investitionen in diesen Größenordnungen gelenkt werden und wohin nicht. Dass offenkundig eine Region, die von einer Fraktion freier Bürger regiert wird, überhaupt keine Lobby erwarten kann, die sie in ihrem Bemühen unterstützt, wirtschaftlich voran zu kommen, ist die eine Frage. Inwiefern es schäbig ist, deren Bemühungen zu behindern, sich wirtschaftlich zu entwickeln, ist eine andere Frage. Und nebenbei gesagt, die Menschen in der südlichen Oberlausitz haben es nicht vergessen, mit welchem Eifer es gelang, den Wirtschaftsstandort in den 90-er Jahren platt zu machen. Den gleichen Eifer und das gleiche Engagement beim Wiederaufbau dieser Region an den Tag zu legen, würde man sich von den zuständigen Verantwortungsträgern wünschen. Besser gesagt: es ist von denen einzufordern.
Aber, es kann ja nicht sein, was nicht sein darf. Die sog. Weisen vom Ifo-Institut, wie z.B. Prof. Dr. Ragnitz können es in fortgesetzter Folge nicht lassen, diese Region mit ihren düsteren Prophezeiungen zu überziehen und schlechtzureden, zuletzt am 16.01.2017. Ich würde ihm den Rat geben, sich über diesen Standort überhaupt nicht mehr zu äußern, denn man kann es auch als beleidigend auffassen. Es sei denn, das Institut leistet künftig die wissenschaftliche Vorarbeit für den wirtschaftlichen Aufstieg dieser Gegend. Dauerhaft den Untergang predigen kann ich auch. Ich werde allerdings dafür nicht bezahlt. Von einer wissenschaftlichen Institution erwarte ich hingegen, dass sie Ihre Kompetenz für den Fortschritt einsetzt. So war das nach meiner Erinnerung jedenfalls früher, selbst auf niedrigerer Ebene und sogar hier im Osten.
Offensichtlich sind renommierte Institute nur in der Lage, in Größe zu denken. Eine Region wie die hiesige, ist jedoch zur Zeit mit kleineren Brötchen zufrieden. War es doch Helmut Kohl, der den Mittelstand als das Rückgrat der Wirtschaft bezeichnete. Zudem hat man ja sicher schon etwas von Diversifizierung gehört. Diversifizierung und Mittelstand bedeuten in der Oberlausitz etwas anderes als in Baden-Württemberg oder Bayern. Wie fokussiert das Karnickel auf die Schlange schaut, das sieht man bei Bombardier oder Siemens in Görlitz. Werden die Schotten dicht gemacht und wenn ja, wann? Nach Großunternehmen mit solchen unzuverlässigen Strategien sollten wir uns hier nicht sehnen. Aber den Weg für kleinere Unternehmen frei zumachen, das ist eine lohnende und lobenswerte Anstrengung, die aber hier scheinbar politisch nicht gewollt ist, wenn nicht gar bekämpft wird.
So dumm, wie man sie zu verkaufen sucht, sind die Menschen nun allerdings in der Oberlausitz auch nicht, als dass eine solche Strategie sich nicht in politischer Meinungsbildung niederschlägt. Auf die nächsten Monate bin ich in diesem Sinne sehr gespannt.'
Eine weitere Verbreitung des Beitrags ist durchaus erwünscht.
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