Mittwoch, 24. Januar 2018

Wanderung von der Koitsche über den Pocheberg zur Sängerhöhe (Zittauer Gebirge)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz)


Als Winterwanderung, die wir in diesem Jahr unter dem Sammelbegriff Koitschetouren zusammenfassen möchten, wollen wir heute von der Koitsche hin zur Lausche gehen. Der zwischen trüben Herbsttagen angekündigte Sonnenschein verleitet geradezu zu einen Aufstieg. Die Lausche verkörpert als höchster Berg des Lausitzer Gebirges für den Einheimischen ohne wenn und aber das Heimatsymbol schlechthin. Johannes Brussig fand für sie liebevolle Worte

Sei mir gegrüßt, mein Berg! Hab wohl ein gutes Recht, sie so zu nennen, die liebe, schöngeformte Lausche! Sie ragt hinein in die Träume meiner Kindheit; denn in unser Fenster grüßte sie, blau und schön, wohl erhaben über den stinkenden Qualm der Fabriken, im Winter glänzend weiß, im Frühjahr blau und weiß, auf den beiden Lauschewiesen ihr Hemdlein bleichend. Sie war des lieben Vaters ganzer Schwarm; jedem fremden Gast zeigte er sie durchs Fenster seiner Studierstube mit wahrem Besitzerstolz: „Mein Berg!“. Lange, lange konnte er in Musestunden in seinem Stuhl sitzen, Rauchwolken aus der langen Pfeife blasen und seine verehrte Lausche anhimmeln; er war sichtlich in sie verliebt!

Und zu jeder Jahreszeit war die Lausche schön! Im zeitigen Frühling: Drunten der Lenz, droben der scheidende Winter mit seiner ganzen Höhenklarheit, im Mai das Buchengrün, zart, golden, die sonnenleuchtende Bergwohlverleihwiese; im Sommer die Bergfrische über der brütenden Hitze des Tales oder des Gewitters Majestät, in der Höhe tausendmal herrlicher als im Tal, im Herbst Farbenlust am Tag, Sternengefunkel in der Nacht, im Winter schweigender Märchenglanz von Rauhreif und Schnee beim Aufstieg; jauchzende Schlittenlust bei der Talfahrt. Herrlich, herrlich, herrlich, oft zum Schreien schön!‘ (Grenzlandfahrten, 1931)

Ja, und früher gab es ein Gasthaus auf dem Berg. Das stattliche Objekt wurde nach dem 2. Weltkrieg durch Brandstiftung ein Opfer der Flammen. Ein nachhaltiger Frevel, denn unter den heutigen Verhältnissen ist ein Neubau – unabhängig von der Finanzierung - undenkbar. Selbst die angestrebte Errichtung eines einfachen Rastplatzes unter Einbeziehung der Funkeinrichtung zu Aussichtszwecken scheitert schon an den Genehmigungen. Auch Brussig erinnert sich an das Gasthaus, welches sowohl auf deutschem wie auch auf österreichischem (später tschechischem) Territorium erbaut war.



Ein erhebendes Gefühl stellt sich ein, wenn man auf dem Platz vor dem Berghaus den großen Grenzstein besteigt und oben Platz nimmt. Das politische Fluidum, das dann durch die beiden hier deutsch, hier tschechisch sitzenden Rückenfortsatzhälften einströmt, ruft im Inneren bei unruhigen Menschen ein merkwürdiges Gefühl von politischem Hin- und Hergeschaukeltsein hervor, bei ruhigen Persönlichkeiten das Gefühl wahren Besitzerstolzes, was in beiden Fällen meist dazu führt, noch einen zu genehmigen.‘ (Also, fast wie heute, bloß aus dem Rucksack.)

Machen wir uns also auf den Weg von der Koitsche hinüber an den Fuß des Breiteberges und weiter zum Pocheberg. 

Vom Hieronymusstein in Jonsdorf schwingt sich ein Höhenzug über Pocheberg, Breiteberg zum Scheibenberg in nördlicher Richtung. Er trennt das Seifhennersdorf-Varnsdorf-Großschönauer Becken von dem Zittauer Becken. Der Höhenzug stellt eine Aufwölbung des Untergrundes dar, denn am Pocheberg erscheint der Granit bei 430 m über NN an der Oberfläche.‘ (Geographische Berichte, 1965). 

Von diesem Höhenzug, besonders vom Kamm des Pocheberges, wird uns ein weiträumiger Blick über diese Senken gewahr, westlich umrahmt vom Höhenzug des Lausitzer Gebirges, östlich zu den Höhen des Isergebirges. Bei guter Sicht konnte ich vor Jahren im Frühling den gleißenden, noch verschneiten Kamm des Riesengebirges sehen – eine famose Kulisse. Wie ich schon gelegentlich betonte, gehören solche Anhöhen (z.B. Pferdeberg, Lindeberg, Oderwitzer Spitzberg, Scheiber Spitzberg etc.) zu den schönsten Gefilden der Oberlausitz. Den Wegwarten und Förderern des Fremdenverkehrs scheint das weniger bekannt zu sein, denn keine Broschüre verrät ihren Gästen solcherart Geheimnisse. 

Wir wandern indes weiter entlang der schönen Felsformation der Zeisigsteine und durch die Sinti- und Roma-Stuben (volksmundartlich, jedoch nicht ganz korrekt Zigeunerstuben genannt) zum Nonnenfelsen, ersteigen die Aussichtsplattform und erfreuen uns an dem vollkommenen Panorama. Weiter geht es nun zur Lausche. Bald wird uns klar, dass wir trotz des schönen Wetters nicht zum Lauschegipfel aufsteigen werden, denn die Wege sind vereist und die Knochen kann man sich auch zu Hause brechen, wie man so beiläufig sagt. Es ist zwar schade angesichts der Fernsicht heute, aber nicht ganz so dramatisch, weil jedem von uns der Berg vertraut ist. Einstimmig wird beschlossen, den Rückweg über Schwarzes Tor, Eisgasse und Sängerhöhe hin zur nächsten Bushaltestelle zwecks Rückfahrt anzutreten. Ein letzter Blick von der Sängerhöhe über Waltersdorf hin zu Breite- und Pocheberg lässt uns mental über den verpassten Lauscheaufstieg hinweg kommen.

Übrigens lohnt es, hier und da die Augen offen zu halten. Dann entdeckt man so manch lustige Devotionalie am Wege (siehe unten). 

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.





Auf dem Weg von der Koitsche zum Pocheberg










 Ausblicke am Pocheberg




An den Zeisigsteinen




Durch die Zigeunerstuben





Auf der Aussichtsplattform am Nonnenfelsen







Devotionalien



 Blick vom Ottoberg zu Sängerhöhe und Breiteberg



Basaltfels an der Sängerhöhe



Die Reste einer deutschen Bank


Waltersdorf mit Lausche


 Abstieg nach Waltersdorf mit Breiteberg im Hintergrund



1 Kommentar:

  1. Traumhafte Landschaft, traumhafte Stimmung, traumhafte Fotos.

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