Dienstag, 27. März 2018

Wanderung zur "Weißen Frau" (Schwoykaer Schweiz, Nordböhmen)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Die Wetter- und Bodenverhältnisse Anfang März sind weder Fisch noch Fleisch; nach der Frostperiode sind die Wege aufgeweicht und an Grünem mangelt es noch in der Landschaft. Der Umstand, dass die Bäume noch kein Blätterdach tragen, kann aber durchaus vorteilhaft sein, so dass man bei der einen oder anderen Aussicht noch einen guten Durchblick erhält. Eine Wanderung, bei der man sich das zu Nutzen machen kann, führt uns zu den Bürgsteiner (Sloupské skály) und Schwoykaer Felsen (Svojkovské skály), welche uns durchaus gut bekannt sind (siehe auch hier und hier), aber uns immer noch neue Pfade und interessante Details finden lässt.

Wir gehen es gemütlich an und durchwandern zunächst von Bürgstein aus den Zigeunergrund (Cikánský důl) mit seinen Höhlen, aus denen im 18. Jahrhundert Schleifsand gewonnen wurde. Dann erst geht es hinauf auf das Sandsteinplateau. Dabei ist es unser Ziel, alle Aussichtspunkte heimzusuchen, die das kleine Gebirgsmassiv zwischen Bürgstein (Sloup), Sohr (Záhořín) und Schwoyka (Svojkov) im Angebot hat. Man kann es vorweg sagen, dieses Vorhaben geht aufgrund der steilen Auf- und Abstiege ganz schön in die Beine, auch wenn der Parcours nicht so lang ist. Für unkundige Wanderfreunde sind auch Abstecher in den Betgraben (Modlivý důl) und zur Samuelshöhle (Samuelova jeskyně) eingeplant. Zu den besonders schönen Abschnitten dieser Wanderung zählen wir die Felsschlucht durch den Buchengrund (Bukový důl), den aussichtsreichen Fußpfad über den Felsenkamm bei Schwoyka, den Zaukengrund (Konvalinkový důl) und das Fuchsloch (Liščí díra) am Ende einer Felszunge, den Grafensteig (Hraběcí stezka) und natürlich, nicht zu vergessen, den Gipfel des Slabitschken (Slavíček) mit seinem monströsen, feingegliederten Basaltgang, der die Oberfläche am Gipfel des Berges durchstößt. Als wäre das nicht schon genug Anlass zur Freude, wird uns der Aufenthalt an seinem Gipfel noch durch herrlichsten Sonnenschein verschönt.Leider nur kurz.

Am Nordhang des Slabitschken verweist ein dezenter Hinweis am Wege auf die Weiße Frau (Bílá paní), eine am Steilhang aufrecht stehende, schlanke solitäre Basaltnadel, die eine Höhe von ca. 15 Metern erreicht. Bei all den großartigen Felsen, die wir heute gesehen haben hat keiner diese Eleganz und diese ästhetische Figürlichkeit - ein wahrliches Kleinod in den Wäldern zwischen Slabitschken und Schieferberg (Šišák).

Die filigrane Felsenwelt um Bürgstein ist schon lange ein begehrter Ort für Ausflügler, Kletterer Feriengäste und andere Berufsgruppen. Wie wir schon in einer unserer letzten Schilderungen zu berichten wussten, gehörte diese Gegend im Deutschen Krieg 1866 zum Durchzugsgebiet der Preußen, die durchaus ihren Gefallen an den Reizen der Gegend fanden. Der Chronist weiß folgendes zu berichten:

Dies [der Anmarsch des rheinischen Ulanen Regiments] veranlasste mehrere hiesige Bewohner aus Neugierde den Slawitschek zu besteigen, um die Bewegungen des Feindes zu beobachten. Zu ihrer größten Verwunderung fanden sie auf ihrem Wege dahin das ganze Schwojkaer Gebirge mit Menschen angefüllt, welche sich aus den Orten Bürgstein, Rodowitz und Maxdorf zu Fuß und Pferde hierher geflüchtet hatten und in ihrer Angst schauderhafte Dinge von den Preußen erzählten. Die Grundlosigkeit ihrer Angst bald erkennend, kehrten sie meist noch an demselben Tage wieder heim. …
Das rühmlich bekannte Gasthaus zu Schwojka erhielt während der Rückmärsche zahlreichen Besuch von den preußischen Truppen, besonders an Sonntagen. Am 19. August, dem Haidaer Kirchweihfeste, wurde hier seit dem 10. Juni wieder die erste Tanzmusik abgehalten, welcher an 20 preußische Offiziere beiwohnten. Den stärksten Besuch hatte das Gasthaus am 26. August, an welchem es in Folge der Ungezogenheit eines preußischen Soldaten gegenüber seiner Tänzerin leicht zu einem Excesse hätte kommen können, wenn sich nicht Offiziere in‘s Mittel gelegt hätten. Auch das Schwojkaer Gebirge und der romantische Betgraben war das häufige Ziel der Ausflüge der Preußen, entzückt rief da so ein Mancher: „Juter Gott, das möchte bei Berlin oder Stettin sein!“‘ (A. Jahnel, Chronik der preußischen Invasion des nördlichen Böhmens im Jahre 1866)

Jeder, der Berlin kennt, kann das gut verstehen.

Das erwähnte Gasthaus am Eingang des Betgrabens wurde 2001 restauriert und neu eröffnet. Seit langem scheint aber wieder Ruhe eingezogen zu sein. Wir standen in den letzten Jahren leider immer vor verschlossenen Türen, meist in durstiger Not.

Umfangreiche Informationen zu den Bürgsteiner und Schwoykaer Bergen gibt es natürlich hier oder hier. Von da verlinkt es sich scheinbar endlos weiter.


Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.



 Im Zigeunergrund



Aussicht Bärenblick


Felsen im Buchengrund









Kapelle im Betgraben


Aussicht am 'Matterhorn'






Aussichten vom Grat über die Schwoykaer Felsen


An der Nordseite des Eibenberges besteht eines schöne Aussicht zum Jeschkenkamm und zum Ortel





Der mächtige Basaltgang am Gipfel des Slabitschken



Obwohl heute ganz in bemoostem Grün: das ist die Weiße Frau



Felsen am Zaukengrund und Aussicht vom Fuchsloch




Die bekannte Ansicht des Einsiedlersteins in Bürgstein


Schloss Bürgstein und Kirche der hl. Katharina vor der Kulisse des Lausitzer Gebirges mit dem dominanten Kleis


In der Samuelhöhle frönte von 1718 bis 1735 ein gewisser Samuel Görner dem Einsiedlerleben.

2 Kommentare:

  1. Ich bin schon viel in dieser Gegend "rumgestrolcht" jetzt bewandere ich sie auch als normaler Rentner. 1968 war ich zum 1. Mal mit dem Rennrad am Einsiedlerstein. Nach der Wende mit vielen Freunden und Ver- bzw. Bekannten in dieser Gegend ... aber noch niemals bei der weißen Frau !!! Also danke für den Tip und die Karte. Das muss ich irgendwann in diesem Jahr noch nachholen !

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  2. Nichts für ungut. Ich bin mir völlig im Klaren darüber, dass wir unseren Wäldern und Bergen ihre letzten Gemheimnisse nicht abringen werden.

    B.E.

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