Mittwoch, 22. August 2018

Sachsen droht der Oberlausitz das Geld zu kappen

Diskussionsbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Am 09. August 2018 veröffentlichte die Sächsische Zeitung (Lokalnachrichten Zittau) ein Interview mit einem sogenannten Tourismusexperten aus dem sächsischen Wirtschaftministerium, in dem dieser drohte, "der Oberlausitz das Geld zu kappen", wie die Sächsische Zeitung titelte. Das kann nicht unwidersprochen bleiben. Allerdings bewertet die Sächsische Zeitung meinen Leserbrief als so unrelevant, dass sie diesen nicht veröffentlicht, jedenfalls nicht innerhalb von zwei Wochen nach Erscheinen des Beitrags. Daher eine Replik auf anderem Wege.

Betr.: Sachsen droht der Oberlausitz das Geld zu kappen

Von Zeit zu Zeit veröffentlicht die SZ dankenswerterweise Beiträge, in denen sogenannte „Experten“ die Liederlichkeit und die Rückständigkeit in bestimmten Regionen anprangern dürfen. Jetzt droht zum Beispiel der Tourismusexperte Frank Ortmann aus dem sächsischen Wirtschaftsministerium, der Oberlausitz das Geld zu kappen. 

Nebenbei gesagt, dass ein Fachexperte eine ganze Region wie die Oberlausitz vermarkten will, erweckt in meinen Augen den Anschein von Inkompetenz. Wir reden hier nicht von absatzfördernden Maßnahmen für Klobürsten oder Ondulierstäbe, sondern von einer Region, die aufgrund ihrer besonderen Beschaffenheit von einem sanften Tourismus lebt und eher stille Naturen und Naturfreunde anzieht. 

Und was das Kirchturmdenken an sich betrifft, so scheint Herr Ortmann selbst ein gutes Beispiel abzugeben. Denn wer für die Grenzregion zu Tschechien spricht und in diesem Zusammenhang die grandiose Landschaft vom Böhmischen Mittelgebirge bis zum Riesengebirge nicht zu kennen scheint und die Chance für einen grenzübergreifenden europäischen Fremdenverkehr unerwähnt lässt, der ist als Tourismusexperte nach meinem Geschmack fehl am Platze. Jedoch die Denkstrukturen, von denen Herr Ortmann geleitet wird, werden ja deutlich sichtbar; es geht um‘s Geld und man spürt die $-Zeichen in der Brille des Experten. Dabei sind marktwirtschaftliche Grundsätze, wie zum Beispiel der, dass man unter Umständen den Preis für ein Produkt oder eine Dienstleistung verbilligen muss, um es attraktiver zu machen, Herrn Ortmann völlig unbekannt. Sicher, in der Vorstellungswelt von Behörden gelten für Abgaben andere Maßstäbe (Gästetaxe).

Das Gefühl für ein ordentliches Einkommen ist den meisten Menschen in der Oberlausitz schon lange abhanden gekommen. Man wird nicht vergessen haben, wie die Region im Laufe von 30 Jahren von einem Industriestandort in einen Landschaftspark verwandelt wurde, in dem - man kann es nicht ändern - noch Menschen übrig geblieben sind, die sehen müssen, wie sie um die Runden kommen. Darüber gibt es nichts zu diskutieren, denn die Einkommensunterschiede in der Republik sind bekannt.

Um so verwunderlicher ist es doch zu sehen, in welchem ansprechenden Zustand sich die Gemeinden in diesem Raum präsentieren. Dafür gibt es einen Grund: die Menschen haben sich mit ihrer Situation arrangiert und sie kümmern sich, um trotz der Nachteile in einem sie für annehmbaren Umfeld leben und gute Gastgeber sein zu können. Und genau das ist es, was diese Region so sympathisch macht, auch ohne bevorzugte Förderungen und Druckszenarien aus Landesämtern. Sich davon abhängig zu machen, ist ohnehin ein schlechter Ratgeber. Um so mehr empfinde ich es als skandalös, dass par ordre du mufti eine Gleichschaltung des Tourismusgeschäftes bei Androhung finanzieller Konsequenzen ins Auge gefasst wird. 

Bekanntlich leben wir in einer Wettbewerbsgesellschaft. Die Frage ist, ob das schon alle begriffen haben. Die Unternehmen im Lande und die Bürger wissen das, sie werden ja täglich damit konfrontiert. Ob sich das auch bei den politisch Verantwortlichen herumgesprochen hat, da bin ich mir nicht so sicher. Wettbewerb heißt in ihrem Falle, um die Köpfe der Menschen im Lande und um deren Meinungen zu werben. Auf diesem Gebiet ist von Konkurrenzkampf weit und breit nichts zu spüren. Machen Sie nur weiter so!

1 Kommentar:

  1. Wer aber vom Kapitalismus nicht reden will, sollte auch von der Tourismusförderung schweigen.

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