Sonntag, 19. August 2018

Zum Zweiten Atem (Wanderung in der Daubaer Schweiz)

Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz

Täglich werden neue Hitzerekorde aufgestellt. Deutschland steht angeblich vor dem Hitzeinfarkt. Im Jahre 2006 nannte man das noch „Sommermärchen“. 

Bei 36°C verkriecht sich ein Mensch im Hause, um den entsetzlichen Sonnenstrahlen zu entgehen, das Blut kocht in den Adern, im Kopf macht sich ein drückendes Gefühl breit. Man muss also etwas anderes probieren, einen Gegenplan aufstellen. Das Undenkbare darf gedacht werden. Wir gehen auf Wanderschaft. Z.B. bietet sich die Daubaer Schweiz mit ihren feuchten Gründen und ihrer grünen Lunge an. 

Blick zurück: Schulfach Biologie. Wir erinnern uns an die höchst bemerkenswerte Formel: 

6 H2O + 6 CO2 + Licht = 6 O2 + C6H12O6
Wasser + Kohlenstoffdioxid + Licht = Sauerstoff + Glucose 

Die Pflanze fabriziert Sauerstoff, sozusagen als Abfallprodukt, genial. Frische Luft zum Atmen kann bei der Hitze nicht schaden. 

Ich krame eine frühere Tour hervor und modifiziere sie etwas, denn irgendwelche neuen Eindrücke sollen schon dabei herausspringen. Wir fahren ins Kokorschiner Tal (Kokořínský důl) zum Parkplatz an den Kappensteinen (Pokličky). Schon auf dem weg dahin fällt uns auf, dass auf den frei stehenden Bergen bereits der Herbst Einzug hält. Die Laubfärbung hat am Wrchhabener Berg (Berkovský vrch), dem Kortschner Berg (Korecký vrch) oder dem Großeberg (Vysoký vrch) aufgrund der Dürre bereits eingesetzt, dies am 31.Juli. 

Wohl bedacht werden wir uns auf der Tour nur kurzzeitig der prallen Sonne aussetzen. Zunächst steigen wir zu den Kappensteinen auf, weil – wie ich schon früher anmerkte – diese nur in der Morgensonne ein ordentliches Motiv abgeben. In der Apatyka Schlucht (rokle Apatyka) herrschen noch angenehme Temperaturen, die Wege sind durchfeuchtet (es hat doch hier nicht etwa lokal geregnet?) und nur kurzzeitig betreten wir offenes Gelände, wo wir uns rasch ein paar Krischel, Pflaumen und überständige Kirschen in den Mund stecken und schon steigen wir wieder in das schluchtenreiche Gelände mit seinen pittoresken Felsen ein. Das erste mal ungemütlich wird es nun ausgerechnet beim Mittagessen (Restaurant 'Pobuda'), wo wir direkt in der Sonne sitzen.

Weiter geht es hinauf zur Burg Kokorschin, der wir nur knapp unsere Aufmerksamkeit schenken, da wir sie kennen und noch ein langer Weg vor uns liegt. Zunächst wandern wir entlang des herrlich mäandernden Schluchtenweges, der immer schön im Walde über fast 4 km hinüber nach Gestrebitz (Jestřebice) streicht. Nun steigen die Temperaturen aber merklich an, jedoch es lässt sich noch gut atmen. Über einen Seitenpfad erreicht man die ehemalige Felsenburg Nedamy (skalní hrad Nedamy), die wir eigentlich näher erforschen wollten. Den damit verbundenen Ab- und Anstieg verkneifen wir uns dann doch wegen der Hitze. 

Dafür machen wir es uns aber kurz darauf für einen Moment in der Kirchleinhöhle (Jeskyně Kostelíček) gemütlich und stärken uns für die letzten Kilometer. Nach dem Anstieg nach Gestrebitz hat die Kondition allerdings mächtig nachgelassen. Wir merken gar nicht, dass wir den – zugegebenermaßen schlecht erkennbaren – Einstieg zum Pfad hinunter in das Kokorschiner Tal verpasst haben und stehen urplötzlich vor der „Hospůdka Druhý Dech“, was man wohl mit Kneipe „Zum Zweiten Atem“ übersetzen kann. Zwei Kozel-Biere sind im Nu dankbar aufgenommen (bloß unser heutiger Fahrer tut mir leid!) und in der Tat, wie ausgestattet mit der zweiten Luft erreichen wir heiter unseren Parkplatz, auf den, welch ein Zauber, unser Weg unmittelbar zustößt. 

Franz Hantschel charakterisiert uns die Gegend um Gestrebitz als erkundungswürdiges Gebiet

‚Es ist auf wasserarmer Sandsteinhochfläche (344 m) wie auf einer Insel halbkreisförmig erb., auf mehreren Seiten von tiefen Schluchten umgeben, deren Abhänge theils bewaldet sind, theils als haushohe Felswände sich darstellen. Letztere bieten mitunter bemerkenswerte Naturspiele, wie: die drei Pferdeköpfe w., die zwei Schwämme ö. des Ortes, die Kappensteine. In dem Grunde, welche das Dorf von dem czech. Pfarrdorfe Schemanowitz (53 H.) scheidet, u. der sich 2 Stunden nach Schellesen zieht, bef. sich auf der W.-Seite eine, durch einen Erdwall geschützt gewesene, künstlich in den Felsen gehauene Höhle von 6 ½ m Br., 4 ½ m Tiefe u. 2 m Höhe, Kosterliczek (zu deutsch: Kirchlein) genannt, die ursprünglich, wie ein in Stein ausgehauenes Crucifix andeutet, eine Andachtsstätte für Einsiedler o. Protestanten gewesen sein, später aber als Versteck in Kriegszeiten o. als Räuberhöhle gedient haben mag. Auf dem „Breiten Kamme“, nach Schemanowitz zu, sollen sich Reste eines Erdwalles befinden.‘

Es gibt hier also noch einiges zu entdecken.

Die GPS-Daten zur Tour findet man hier.




Die Kappensteine




In der Apatyka-Schlucht












Burg Kokorschin


Auf dem Weg nach Gestrebitz










 „Hospůdka Druhý Dech“ 




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