Mittwoch, 23. September 2020

Wanderung über den Kemnitzkamm

 Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz


Vor Jahren sind wir einmal auf dem Kemnitzkamm (Grzbiet Kamienicki) im polnischen Isergebirge gewandert und waren begeistert von der Landschaft, die sich am südlichen Gehänge des Kammes zeigt. Damals waren die Witterungsverhältnisse und damit die Sichtbedingungen schlecht, so dass es nur besser werden kann. Bei der Vorbereitung der Tour greift man gerne auf zuverlässiges Kartenmaterial und, wenn möglich, auf Wanderliteratur zurück. Mit beiden Utensilien sieht es in dieser ehemaligen deutschen Gegend bescheiden aus. Im Vergleich dazu sind die Quellen für die Böhmischen Gebiete jenseits der Grenze geradezu ein Jungbrunnen.

Wandert man in dieser Gegend, so stellt man alsbald fest, dass es durchaus alte Wege gibt, die in keiner Karte eingezeichnet sind. Immerhin ist wahrnehmbar, dass sich die Online-Karten langsam füllen, aber nur ganz langsam. Dies ist denjenigen GPS-Freunden zu verdanken, welche die Wege auskundschaften und in die Karten eintragen. Man kann dies verfolgen, in dem man von Zeit zu Zeit einen Blick auf die entsprechenden Internetportale wirft. Erfreulicherweise bin ich zuletzt auf die Internetseite Mapa turystyczna gestoßen, das offensichtliche Pendant zum tschechischen mapy.cz. Das hilft schon ein Stückchen weiter.

Zwischen Oberwittig/Böhmen (Horni Vitkov) und Voigtsdorf (Wojcieszyce) verläuft ein Glimmerschieferstreifen, der durch mannigfaltige Vererzungen gezeichnet ist. In dem Abschnitt zwischen Krobsdorf (Krobica) und Querbach (Przecznica) fand man abbauwürdige Vorkommen an Zinn und Kobalt, die hier über einen Zeitraum von 300 Jahren abgebaut wurden, Näheres dazu erfährt man hier. In diesem Abschnitt wurde ein Bergbaulehrpfad angelegt, der leider in einem schlechten Zustand ist. Wir folgen diesem heute über eine weite Strecke.

Wir beginnen unsere Wanderung in Giehren mit Richtung Regensberg (Kotlina). Wir begegnen hier das erste mal diesem Lehrpfad. Von Regensberg geht es in strammem Anstieg, zunächst über Wiesen, hinauf zum Kemnitzkamm. Mit zunehmender Höhe weitet sich die Aussicht über die schlesische Ebene, im Westen erspäht man mit dem Fernglas die Türme von Görlitz, im Osten reicht der Blick bis zum Bober-Katzbach Gebirge, dem Landeshuter Kamm und sogar zum Probsthainer Spitzberg (Ostrzyca Proboszczowicka). Friedeberg (Mirsk) und Greiffenberg (Gryfów Śląski) sind in der Ebene klar auszumachen.

Als wir den Kamm erreichen, nehmen wir Notiz von einer Markierung, die den Weg zum Geierstein (Sępia Góra) weist. Selbiger ist nur 1 km entfernt. Diesen Mehraufwand nehmen wir bei dem heutigen Wetter gerne in Kauf. Am Geierstein, an dem sich eine schöne Aussicht über Bad Flinsberg zu Heufuder (Stóg Izerski) und Tafelfichte (Smrek) bietet, treffen wir die einzigen Wanderer am heutigen Tag und zwar reichlich. Sie kommen von Bad Flinsberg herauf und steigen vermutlich auch dahin auf direktem Wege wieder ab, denn sonst ist auf den Pfaden niemand zu sehen. Der Weg über den Kemnitzkamm ist aber auch nicht gerade erlebnisreich und entfernt sich ziemlich weit von Flinsberg.

Wir steigen sodann nach Querbach ab und treffen wieder auf den Bergbaulehrpfad. Dieser ist allerdings nicht ausgeschildert und an meine frühere Tour kann ich mich nicht mehr erinnern. Folglich verpassen wir die Mundlöcher, in deren Umgebung hier und da Gestein bläulich-oranger Färbung sichtbar ist, was an das hier gewonnene Kobalt erinnert. Wir erfreuen uns derweil an dem stattlichen, östlich gelegenen Hirschberg (Jelenie Skaly), an dessen Westflanke auf der Landkarte ein Aussichtsfelsen eingezeichnet ist, zu dem (nach Bildern) ein mit Geländer gesicherter Weg hinauf führt. Allerdings sucht man auf allen bekannten Karten vergeblich nach einem Weg, auf dem man dahin gelangen könnte. Das müsste man einmal vor Ort erforschen.

Wir erreichen Förstel (Lasek), ein Ortsteil von Giehren mit wenigen Häusern weit oben am Kamm. Auffällig die imposante Förstelbaude, heute ein Hotel. Innen hinterlässt sie einen sehr ordentlichen Eindruck, der Außenbereich lässt zu wünschen übrig. Abholbereite Müllsäcke und Unrat vor dem Hotel sind nicht gerade einladend. Niemand scheint Interesse daran zu haben, Gäste zu bewirten. Vor einiger Zeit war ich einmal hier mit dem Ansinnen Mittag zu essen, denn die Herberge befindet sich in einer wahrhaft lauschigen Lage. Der gesamte Gastbereich war eingedeckt, man erwartete eine geschlossene Gesellschaft. Auf Nachfrage war zu erfahren, dass man grundsätzlich keine Laufkundschaft bedient. Wahrscheinlich wegen unermesslichen Reichtums.

Auf den letzten Kilometern erwartet uns der Glanzpunkt unserer Wanderung, der Seidelberg (Łyszczyk [Kufel]). Hier erlebt man nun wirklich die schönste Aussicht des Tages weit hinein ins Schlesische. Ein Ort zum Verweilen und Genießen.

Nach diesem Genuß nun Abstieg nach Giehren. Während wir die Einstiege der Bergleute bei Querbach verpasst haben, liegen hier noch einige Mundlöcher direkt am Wege. Man mag sich kaum vorstellen, dass hier in ferner Vergangenheit Menschen durch diese Löcher in den Berg gekrochen sind. Es muss eine waghalsige Unternehmung gewesen sein. Die Höhe dieser Einstiege lässt vermuten, dass man hier Zwerge zum Einsatz gebracht haben muss, und das über einen langen Zeitraum.

Eine schöne Tour geht zu Ende, die aufgrund der zu erwartenden Aussichten den schönen Tagen im Jahr vorbehalten sein sollte.

Die GPS-Daten zu dieser Tour findet man hier.



Kirche zu Giehren



Die Höhen um Regensberg





Am Geierstein mit Ausblick zum Heufuder und zur Tafelfichte







In Querbach




Ausblick zum Hirschberg



In Förstel mit Förstelbaude






Am Seidelberg





Abstieg nach Giehren, diverse Stolleneingänge am Wegrand






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