Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz
Eigentlich sollte es eine Wanderung zum Warnsdorfer Spitzberg (Varnsdorfský Špičák) geben. Unklare Witterungsverhältnisse, welche das Gesamterlebnis trüben können, ließen uns umdisponieren, zumal es tüchtig geschneit hatte und man durch tiefen Schnee hätte stapfen müssen. Aber der Burgsberg (Hrádek) sollte wenigstens erstiegen werden.
Es herrscht vorweihnachtliches Winterwetter und so nehmen wir uns nur eine kurze Runde um Seifhennersdorf vor. Zunächst geht es hinauf auf den Windmühlberg und zur Quetsche. Tolle Aussichten bieten sich von hier auf den Zug des Lausitzer Gebirges. Potzblitz! Bald räumt sich der Himmel ab und uns wird schönstes Winterwetter beschert. Der Blick schweift von den Höhen um Seifhennersdorf über Warnsdorf (Varnsdorf) mit seinem Burgsberg.
„Warnsdorf galt durch lange Zeit als größtes „Dorf“ des Böhmerlandes und war stolz auf diese Stellung. Endlich aber wurde es doch zur Stadt erhoben, wobei auch die altherkömmlichen Namen Altwarnsdorf, Neuwarnsdorf, Altfranzensthal, Neufranzensthal, Karlsdorf und Floriansdorf sämmtlich in dem einen Namen „Warnsdorf“ aufgiengen.
Schon im vorigen Jahrhundert hatte die Textil-Industrie in Warnsdorf eine Hauptpflegestätte gefunden, und in neuerer Zeit ist die Zahl der Fabrikschlote nicht etwa leicht zu zählen, weshalb man auch von Warnsdorf gar nicht selten wie von einem nordböhmischen „Manchester“ zu reden pflegt.
Schöne Aussichten über Warnsdorf und die Nachbarschaft genießt man auf dem Burgsberge, auf dem Spitzberge und auf dem durch einen hölzernen Aussichtshurm gekennzeichneten „Galgenberge“. Auch die „Lausche“, welche ehedem als „Mittagsberg“ angesprochen wurde, ist aus Warnsdorf nicht allzu schwer zu erreichen, wenn auch ziemlich schwer zu ersteigen.
Durch die Zahl seiner Einwohner (18.386) gehört Warnsdorf zu den bedeutendsten Städten Böhmens, in Bezug auf industrielle Betriebsamkeit, sowie in Bezug auf geistiges Leben und Liebe zur Musik nimmt diese Stadt unter ihren Schwestern im Lande einen hervorragenden Rang ein, endlich bezüglich der Freude an Komik und Humor mag Warnsdorf in unserem Heimatlande wohl unübertroffen dastehen. Wenigstens ist aus keiner Stadt und keiner Gemeinde mehr Humoristisches in die Öffentlichkeit gedrungen. So ist denn die Stadt Warnsdorf in Bezug auf geistiges und materielles Leben eine würdige Wächterin und Vertreterin deutschen Geistes an der Nordgrenze des Reiches.“ (Amand Paudler, „Ein deutsches Buch aus Böhmen“, Dritter Band)
Diese Grenze überschreiten wir jetzt und stehen – schwuppdiwupp – vor den Toren der Warnsdorfer Kocour-Brauerei, bekanntlich mit eigenem Gleisanschluss versehen. Man kann also mit der Bahn direkt vor die Kneipe fahren. Wo gibt es das sonst noch ? (Kenner wissen natürlich, am Bahnhof Jedlova)
In diesem Zusammenhang fällt mir eine Episode von einer früheren Tour in der Daubaer Schweiz ein. Ich fragte den Betreiber der Brauerei in Lobes (Lobeč), wie die vielen kleinen Privartbrauereien in Tschechien bestehen können, die in den letzten Jahren entstanden sind. Exemplarisch nannte ich die Kocour Brauerei, die Zwickauer Brauerei und die Schlossbrauerei Friedland (die das köstliche Albrecht Bier braut). Bei letzterer strahlten seine Augen. Man sei mit denen befreundet, weil man die gleichen Probleme hat, nämlich den Geldmangel. Davon seien die anderen beiden nicht betroffen, da stecke Knete und das sieht man auch. Volles Lokal, gutes Essen, lecker Bier.
Nachdem wir uns hinreichend gelabt haben, nehmen wir den Burgsberg in Angriff, der direkt die Landesgrenze zu Sachsen schneidet. Im Jahr 1904 ließ der Warnsdorfer Gebirgsverein auf dem Burgsberg eine Aussichtsgaststätte (mit Turm) errichten. Das bemerkenswerte Gebäude ist weithin sichtbar. Mit einer Einkehr in der Gaststätte muss man sich aber noch ein Weilchen gedulden. Nach dem 2. Weltkrieg verfiel das imposante Gebäude zusehend und stand kurz vor seinem Untergang. Nunmehr wird es sukzessive aus staatlichen Mitteln saniert. Der Turm ist bereits zugänglich (im Winter leider nicht) und der Rest ist in Arbeit. Das Objekt war einst ein begehrtes Ausflugsziel und wird es wohl wieder werden. So lesen wir bei Dr. Hantschel:
„Er ist bequem zu besteigen u. von jeher ein beliebter Ausflugspunkt der Warnsdorfer u. Seifhennersdorfer. Seit 1885 ist daselbst eine Gastwirtschaft für den Sommer eingerichtet, u. 1886
erb. Hr. Kuntsche aus Seifhennersdorfu originelle Burgsberg-Grotten aus Baumrinde. Der Name „Burgsberg" hat mit einer etwa hierer bestandenen „Burg" nichts zu thun. sondern ist entw. als „Burberg (Borberg)" zu deuten o. auf „Worbsberg" zurückzuführen, welcher Name heute noch neben „Burgsberg“ gang u. gäbe ist. Die Aussicht auf die nähere Umgebung, bes. auf Warnsdorf, ist sehr lohnend.“
Die erwähnte Aussicht ist aber nur vom Turm zu erwarten, dafür findet man hier die GPS-Daten zu dieser Tour.
Der Frenzelberg
Blick auf Seifhennersdorf mit Richterberg
Der Burgsberg
Die "Kocour Brauerei"
Der Burgsberg
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