Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf
Das ist der 48 Meter hohe Nordturm der Dreieinigkeitskirche.
Die Kirche wurde 1627 bis 1631 erbaut und ist einer der frühesten protestantischen Kirchenbauten im Süden Deutschlands. Der Südturm blieb unvollendet, da damals bayerische Truppen die Stadt Regensburg besetzten.
Zusätzliche Informationen finden Sie im Denkmalsteckbrief im Anhang.
Auf der Galerie entlang kommt man zum eigentlichen Turmaufstieg.
Sie sollte im 2. Weltkrieg eingeschmolzen werden, wurde aber unversehrt in Lübeck aufgefunden und kehrte Ende 1945 an ihren Platz zurück.
Der Nordturm der Dreieinigkeitskirche ist vom letzten März-Wochenende bis zum letzten Oktober-Wochenende täglich von 12.00 – 16.00 Uhr geöffnet.
Denkmalsteckbrief
Evang.-Luth. Dreieinigkeitskirche
Am Ölberg 1, 93047 Regensburg
Nach der Einführung der Reformation 1542 beschlagnahmte die Reichsstadt das Langhaus der Dominikanerkirche zur Nutzung für den evangelischen Gottesdienst. Dem Orden blieb nur der Chor. Als der Reichshofrat 1626 entschied, dass die Dominikaner gegen eine Zahlung von 6000 Gulden die Kirche wieder gänzlich erhalten sollten, beschloss die Reichsstadt notgedrungen den Bau einer evangelischen Kirche. Ermöglicht wurde dieses ehrgeizige Projekt durch die hohe Ablöse und durch die Spendenbereitschaft wohlhabender österreichischer Protestanten, die auf der Flucht vor der Gegenreformation in Regensburg eine zweite Heimat gefunden hatten.
In nur vier Jahren, von 1627 bis 1631, errichtete der vom Rat beauftragte Nürnberger Festungsbaumeister Johann Carl eine ganz den Bedürfnissen des evangelischen Gottesdienstes entsprechende Kirche. Dies war allein schon deshalb bemerkenswert, da sich die protestantischen Gemeinden damals in aller Regel mit der Adaption bestehender katholischer Kirchen begnügen mussten. Daher wurde der Regensburger Neubau bis ins 18. Jahrhundert als vorbildhaft gelobt.
Nach außen wirkt der Bau mit seiner Eckrustizierung ausgesprochen trutzig. Der bei dem Schwäbisch Haller Bildhauer Leonhard Kern in Auftrag gegebene Skulpturenschmuck für die drei Säulenportale wurde nie angebracht. Vier dieser Bildwerke (Tugendallegorien) sind im Hof des Alten Rathauses aufgestellt.
Die Berühmtheit der Dreieinigkeitskirche im 17. und 18. Jahrhundert beruhte vor allem auf der Stützenlosigkeit des Innenraums. Dem Baumeister war es gelungen, von allen Plätzen aus einen guten Blick auf den Prediger zu gewährleisten. Eine architektonische Konsequenz des Verzichts auf Stützen war, dass die mächtige, das Langhaus überwölbende Flachtonne im Dachwerk rückverankert, also gleichsam aufgehängt werden musste. Dass dies funktionierte, war der Kunst des Zimmermeisters Lorenz Friedrich zu verdanken, der nach dem gleichen Prinzip auch die Wölbung des Chors bewerkstelligte.
Obwohl die ungewöhnliche Konstruktion der hölzernen Tonnen keiner Gewölberippen bedurfte, waren diese von Anfang an als wesentliches Gestaltungsmerkmal vorgesehen. Um „massivem“ Stuck. Er formte vielmehr mit Hilfe von Modeln aus einem Rupfen-Leim-Gemisch hohle Rippenstücke, die er dann an der Decke applizierte.
Der von Georg Jakob Wolff entworfene Altar konnte erst dank einer Stiftung des Herzogs Franz Albert von Sachsen-Lauenburg 1637 vollendet werden. Eine handwerkliche Meisterleistung des Schreiners Georg Stellenberger sind die von gewundenen Flammleisten umzogenen Säulen. Das Altarblatt (Letztes Abendmahl) dürfte eine Augsburger Arbeit sein, das Predellenbild (Taufe Jesu) stammt von dem Regensburger Maler Johann Paul Schwentner. Damit sind in den beiden Gemälden die zwei Sakramente der evangelischen Kirche (Taufe und Abendmahl) verbildlicht. Den bekrönenden Engel schuf Leonhard Kern. Der beim Predigen als unbequem empfundene Kanzelkorb wurde 1656 durch eine weniger kunstreiche, aber solidere, auf einer Säule aus Rotmarmor ruhende Konstruktion ersetzt.
Von Anfang an und im Unterschied zur katholischen Tradition besitzt die Dreieinigkeitskirche seitliche Emporen. Sie sicherten jedem Gemeindemitglied einen Sitzplatz, um dem Wort des Predigers gut folgen zu können. In Verbindung mit den Ratsherren- und Beamtensitzen im Chor und an den Langhauswänden ermöglichten sie es außerdem, die ständische Gesellschaft im Sinne Luthers auch im Gottesdienst sichtbar zu machen. In seiner Torgauer Kirchweihpredigt hatte der 1544 gesagt, es sei „von Gott also geordnet, das der inn hoherm Stand ist, auch höher sitze“. Die Oratorien am östlichen Ende der Emporen wurden 1755 für Gesandte und Magistratsmitglieder errichtet. Das Oratorium auf der unteren Westempore ließ Karl Alexander von Thurn und Taxis 1790 für seine evangelische Ehefrau Therese, Herzogin von Mecklenburg, einbauen. Zu den Ergänzungen des 18. Jahrhunderts gehören ferner drei 1740 von dem Prediger und Chronisten Christian Gottlieb Dimpfel gestiftete Messingleuchter sowie die 1758 in der Regensburger Späth-Werkstatt vollendete Orgel. Trotz mehrfacher Umbauten ist das imposante Gehäuse mit den Prospektpfeifen bis heute erhalten.
Da die Dreieinigkeitskirche als Predigtkirche errichtet wurde und erst 1814 den Status einer Pfarrkirche erhielt, gab es zunächst keinen Taufstein. Dieser wurde erst 1932 vor dem Chorbogen gegenüber der Kanzel errichtet. Bei der Wahl dieses Ortes orientierte man sich am frühen protestantischen Kirchenbau, der den Taufstein nicht mehr im Westen, sondern vor der Gemeinde, d.h. im oder knapp vor dem Chor, vorsieht.
Nach mehrjähriger Sanierung wurde die Dreieinigkeitskirche am 8. Dezember 2013 wieder ihrer gottesdienstlichen Bestimmung übergeben.
Herausgeber: Stadt Regensburg, Amt für Archiv und Denkmalpflege, Abteilung Denkmalpflege,
Postfach 110643, 93019 Regensburg, E-Mail: denkmalpflege@regensburg.de
Stand Mai 2015
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