Am 18.Oktober 1804 besuchte die österreichische Kaiserin Maria Theresia von Neapel und Sizilien (1772-1807) mit ihren Gatten Kaiser Franz II (1768-1835) auf Einladung der Herrschaft Kinsky den Einsiedlerstein (Bürgstein) in der Schwojkaer Schweiz bei Haida in Nordböhmen. Viel ist von diesem denkwürdigen Ereignis nicht überliefert worden, obwohl die Reise der jungen Kaiserin in den böhmischen Teil ihrer k.- und k.- Monarchie seinerzeit sicherlich einige Aufmerksamkeit hervorgerufen hat. Die mehrere Hundert Jahre alte Buche auf dem Bürgstein, in dessen Rinde man den Besuch vermerkt hatte, existiert heute nicht mehr.
Die Grafen Kinsky, an denen noch zwei Schlösser sowie die mittlerweile größtenteils zerstörte Grabeskapelle zum Heiligen Jan Nepomuk erinnern, haben die Gegend der Herrschaft Bürgstein in vielerlei Hinsicht geprägt. Insbesondere Graf Johann Josef Maximilian Kinsky (1734-1790) führte seine Herrschaft um Haida in Nordböhmen zu einer auffälligen Prosperität, die ihm zu Lebzeiten hohe Anerkennung – auch vom kaiserlichen Hof in Wien – einbrachte. In seinen Manufakturen, z.B. der Kottonfabrik (Baumwollweberei) in Schwojka und der damals weltberühmten Spiegelfabrik in Wellnitz (deren in den Sandstein gehauene Fabriksäle man noch heute besichtigen kann) , beschäftigte er bis zu 2000 Arbeiter, die dadurch in einer ansonsten unwirtlichen Gegend Lohn und Auskommen erhielten. Die ehemaligen zu den Meierhöfen in Haida, Bürgstein und Pihl gehörenden Grundstücke ließ er in gleichmäßige Parzellen aufteilen, um sie ausgewählten Untertanen zur Nutzung zu verpachten. Dadurch, daß er durch seine kluge Herrschaftspolitik das Eigeninteresse seiner Arbeiter an den wirtschaftlichen Erfolgen seiner Unternehmungen wecken konnte (und indem er den damals noch üblichen Frondienst abschaffte), erwies er sich als kluger Unternehmer, der sich als aufgeklärter Fürst besonders dem Merkantilismus verpflichtet fühlte. Mit viel Geschick baute er einen Handel mit Baumwolle auf, die er in seinen Fabriken verarbeiten ließ um dann die daraus erzeugten Textilwaren in der gesamten Ungarisch-Österreichischen Monarchie und darüber hinaus mit hohem Gewinn zu vertreiben. Das ermöglichte ihn, von der Kaiserin Maria Theresia (1717-1780) den damals kaum erwähnenswerten Flecken Haida (als „Haydaer Meierhof“ 1702 gegründetes Dorf) bereits im Jahre 1757 zu einer Stadt mit Marktrechten ausrufen zu lassen. Im gleichen Jahr gründete er in diesem Ort eine Weberei und unterstütze den Bau der sogenannten Kaiserstraße durch den Ort, die nach ihrer Fertigstellung von Rumburg über Jung-Bunzlau bis nach Prag führen sollte. Außerdem gelang es dem Grafen, in Haida ein Zentrum der Glasindustrie in Nordböhmen zu begründen, die besonders später in Verbindung mit dem Namen Friedrich Egermann (1777-1864) aus Schluckenau weltberühmt werden sollte (von ihm stammt die Erfindung der sogenannten Lithyalin-Gläser sowie der „Rotbeize“).
Heute weitgehend zerstörte Grabeskapelle der Familie Kinsky an der Straße von Bürgstein nach Haida
So ist es nicht verwunderlich, daß im Laufe der Jahre sein neues Schloß in Bürgstein (Sloup), welches er 1733 im damals modernen barocken Stil erbauen ließ, viele ehemals sehr bekannte Persönlichkeiten zu Gast hatte. Von allen ist anzunehmen, daß sie auch den an der Straße nach Pihel gelegenen, ungefähr 35 m hohen Sandsteinfelsen, besuchten, welcher die Reste einer mittelalterlichen Burg und große, von Einsiedlern ausgehauene Gänge und Hallen enthält. Hier die Liste einiger prominenter Besucher:
24. August 1796 Prinzessin Therese (Taxis), geborene Herzogin zu Mecklenburg
22. Juli 1806 Erzherzog Rainer von Österreich (1783-1853)
25 Mai 1807 Anna Fjodorowna, Großfürstin von Rußland (geb. Juliane Henriette Ulrike von Sachsen-Coburg-Saalfeld (1781-1860)), zusammen mit der Prinzessin Sophie von Coburg (1778-1835)
17. Juli 1811 Ferdinand III (1769-1824) , damals Großherzog zu Würzburg
5. August 1813 Graf Adam Albert von Neipperg (1775-1829), österreichischer Generalmajor
14. Juni 1820 Heinrich Joseph Johann Graf von Bellegarde (1757-1845), österreichischer Feldmarschall
29. August 1820 Vincent Maria Graf Kolowrat-Liebsteinsky (1750-1824), General-Feldzeugmeister (seine Vorfahren waren kurzzeitig Besitzer des Bürgsteins)
31. Juli 1822 Ferdinand Karl (1781-1850), Erzherzog zu Österreich
29. Mai 1824 und 1845 Friedrich August (1797-1854), Herzog und König zu Sachsen
1841 Erzherzog Stefan von Habsburg (1817-1867)
24. September 1847 Kaiser Franz Josef I (1830-1916), zusammen mit seinen Brüdern Ferdinand Maximilian (1832, 1867 erschossen als Kaiser von Mexico ) und Karl Ludwig (1833-1896)
Der Bürgstein ist ein in vielfacher Hinsicht außergewöhnliches Felsengebilde. Man kann ihn durchaus als Mini-Ausgabe des Berges Oybin im Zittauer Gebirge betrachten. Auf seine Form deutet sein tschechischer Name hin – Sloup, was „Säule“ bedeutet. Auch er enthält die Reste einer sehr alten Felsenburg sowie Räumlichkeiten, die von Mönchen und später von Einsiedlern (Eremiten) bewohnt und genutzt worden sind. Die Kunde über die meisten Ereignisse, die mit diesem Felsen zu tun hatten, haben sich im Nebel der Geschichte aufgelöst. Nur einige wenige Eckdaten erzählen etwas von den Menschen, die einen Teil ihres Lebens auf dem Bürgstein und seiner Umgebung zugebracht haben oder die ihn in ihrem Besitz hatten.
Die erste urkundliche Erwähnung datiert auf das Jahr 1324, wo ein Cenek von Birkenstein als Besitzer genannt wird. Zu diesem Zeitpunkt muß die Burg bereits existiert haben und es wird verschiedentlich vermutet, daß ein Chwal von Zittau (oder auch Cenek von Oybin) um 1290 die Burg gegründet hat. Man muß sich die damalige Gegend als von dichten, unzugänglichen Wäldern bedeckt vorstellen, in denen an Bächen und Flüssen gerade begonnen wurde, Schneisen in die Urwälder zu schlagen, um dort Waldhufendörfer für die vermehrt (begünstigt durch eine kluge Steuerpolitik der damaligen Herrscher) in das Gebiet eindringenden, meist deutschen Kolonisatoren anzulegen (bis zur Zeit der Hussitenkriege wurde in Nordböhmen noch hauptsächlich Alt-Tschechisch gesprochen, später wurde Deutsch die „Amtssprache“. Man kann das noch an vielen Ortsnamen erkennen, z.B. am Namen des Berges mit dem deutschen Namen „Slabitschken“ gegenüber dem Bürgstein. Er leitet sich von dem tschechischen Namen der Nachtigall ab weil man meinte, daß das Säuseln des Windes durch die Felsengassen des Berges an den Gesang von Nachtigallen erinnert). Die Grundherrschaften, meistens Lehen der böhmischen Könige, konzentrierten sich auf einige verstreut liegende Adelssitze, wie z.B. in Böhmisch Leipa (die „Herren von der Lype“), in Duba (die „berken“ oder „Birken“ von der Duba), das Geschlecht der Ronauer (auf der Ronburg bei Graber, früher hieß die Burg „Drum“) oder die Wartenberger (wohnhaft auf dem Rollberg bei Niemes bzw. auf dem Blankenstein zwischen Tetschen und Aussig). Die Burg Birkenstein gehörte ursprünglich Abkömmlingen des Geschlechts der Ronauer und später der Berken von Duba (bis 1412). Über sie ist wenig bekannt. Nur in einer verlorengegangenen Urkunde des Klosters Mariental von 1327 fand sich ein Hinweis auf einen gewissen Zdenko von Berkinstein. Es gibt Hinweise, daß Teile des Geschlechts, dem Zdenko angehört hat, nach Mähren ausgewandert sind (wobei nicht unwahrscheinlich ist, daß der mehrfach in der böhmischen Geschichte auffällig gewordene Hynce Ptacek von Pirkstein auf Rataj ursprünglich vom Bürgstein stammte).
Man muß sich das Leben auf dieser einsam gelegenen Felsenburg vom heutigen Standpunkt aus als äußerst armselig vorstellen. Der damals nur über Leitern zugängliche Sandsteinfelsen lag mitten in einer sumpfigen Niederung, die z.T. vollständig mit Wasser überflutet war. Sie wurden bereits in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts in Fischteiche umgewandelt (die spärlichen Reste sieht man noch heute links der Straße nach Pihel und hinter dem Burgfelsen).Die Lebensqualität der Burgbewohner unterschied sich nur in wenigen Punkten von dem der spärlichen Bevölkerung der umgebenden Dörfer und Meierhöfe – und dieser Unterschied lag in erster Linie in der Art der Ernährung. Als Grundherren hatten sie das Jagdrecht, von dem sie in den wildreichen Wäldern sicherlich ausgiebig Gebrauch gemacht haben. Auch konnten sie auf die Abgaben der Dorfbewohner zurückgreifen. Als Adelige verdingten sie sich außerdem oft zu Kriegsdiensten, z.B. im Gefolge des Königs Johann von Luxemburgs (1296-1346, genannt „Der Blinde“ ) und dessen Sohns Karls IV (1316-1378), die in Prag residierten. Später, als die Städte als lokale Machtzentren immer mehr an Bedeutung gewannen und sich befestigte Handelswege zwischen ihnen ausbildeten, wurde auch das „Gewerbe“ des Raubritters zu einer gern genutzten Einnahmequelle für den in den befestigten Felsennestern sitzenden niederen Adel. Hier am Bürgstein wurden z.B. gerade Raubzüge in die aufstrebenden Städte der Oberlausitz unternommen, die, wie wir noch sehen werden, nicht ohne Folgen blieben.
Bei der ersten „Burg“ auf dem Bürgstein hat es sich wahrscheinlich um einen schlichten Holzbau gehandelt, von dem aus einzelne Gemächer in den weichen Sandstein geschlagen wurden. Wenn man den Bürgstein besucht, dann fällt einen die Kargheit und die geringe Höhe dieser Gemächer auf (offensichtlich waren die Menschen vor über 700 Jahren kleiner als heute). Interessant ist weiterhin, daß sich in einem Raum das Relief eines Löwen erhalten hat. Über daß, was er bedeuten soll, kann man nur rätseln. Andererseits ist es schwierig, später entstandene Räumlichkeiten von den Räumlichkeiten der ursprünglichen Felsenburg aus dem 13. und 14. Jahrhundert zu unterscheiden.
Zwischen 1412 und 1424 (also zur Zeit der Hussitenkriege, Jan Zizka starb 1424) gehörte der Birkenstein, Perkinstein oder Birkstein, wie er auch genannt wurde, einem gewissen Hanus Welfl aus Warnsdorf, der die Feste zu einem Preis von 200 Schock böhmischer Groschen seinem damaligen Besitzer Hynko Berka von Duba (der im Wasserschloß von Böhmisch-Leipa hauste) abkaufte.
Größere Spuren in der Geschichte haben dagegen die Mitglieder des Geschlechts der von Smoyn hinterlassen, die 1427 die Burg (zuerst wahrscheinlich als Burgwarte) übernahmen und die sie sich später ihrer (genauso wie die Burg Friedewald bei Böhmisch-Kamnitz) bemächtigten. Insbesondere Miksch (Nikolaus) Panzer von Smoyn machte als gefürchteter Raubritter von sich reden, der die unruhigen Zeiten während und nach den Hussittenkriegen zu Raubzügen in die Oberlausitz sowie in die Region um Sandov und Tetschen an der Elbe nutzte. Zuvor galt er als einer der Verbündeten des 1346 gegründeten Sechsstädtebundes (Zittau, Bautzen, Görlitz, Löbau, Kamenz, Lauban), der die Städte der Oberlausitz vor den heranziehenden Hussittenhorden warnte. Im Jahre 1440 unternahm er jedoch – vom Birkenstein aus – selbst ausgedehnte Raubzüge in die Oberlausitz, was den Sechsstädtern merklichen Verdruß bereitete. Ab 1443 beteiligten sich noch die Mannen des Heinrich des Jüngeren von Wartenberg an diesen Raubzügen und zwar in Fortsetzung der 1433 ausgerufenen „Wartenberger Fehde“, nachdem ein Mitglied der Familie Wartenberg auf Ralsko in Zittau durch Vierteilung hingerichtet wurde (die Episode, über die ein Nachfolger des Johannes von Guben berichtet, hatte etwas mit der unglücklichen Veräußerung der Burg Grafenstein bei Grottau zu tun). Das war den Sechsstädtern dann doch zuviel und sie begannen einen Feldzug „wider die Raubnester“ zu planen. Kunde davon haben wir aus den „Görlitzer Annalen“ des Johann Bereith von Jüterbog, der ab 1436 als Stadtschreiber im Görlitzer Rat angestellt war. In seinen Worten stellt sich die Planung und Durchführung des Feldzuges, der unter der Leitung des Lausitzer Landvogtes Thiemo von Colditz stand, wie folgt dar:
Vnd sich korcz noch tode konig albrechtis grosser vnfride widder irhub, bisundern von den Birgkschloss vnd den von Tetzschin von wartinberg vnd Iren helffern, die lande vnd Stete vnuorschuld hertlichin mit nom mord vnd brand cleglichin widder angrieffin vnd alss kein uffhoren nicht sein wolde, dorumb gross geld vnd gut versold vnd vorczerit, wart von landen vnd Stetin geraten syzcu obirczihen, vnd doch keynen treflichen geczeug von buchsin (Kanonen, Kriegsgeräte), domite man Sloss adder possetken gefellin (Burgen zerstören) mochte, dorczu nichten hatten vnd ander Stete dye zuschicken nicht vermochtin, vndirwand sich hye der Rat vmb des gemeynen gutis willen etzlicher geezeuge vnd bisundern grosser buchsin drey vnd dobey etczlicher hauffenics (Haubitzen) zugissen, alss die noch vor ougen legin, alle eynem Sommer vnd Jare gegossin worden.
vnde alsso noch rate des Edelin hrn. Thymen von Colditcz, vorwesir (Landvogt) desir lande vnd Stete, wart eyn herczog widder die von tetczschin vnd ire helffer vorgenomen, vnde des isten vor dem Birckenstein, uff dem Micksch Panczer sas, den man vor´herte, brante vnd seyne teiche ussgestochin vnd zcu uichte gemacht hatte; czogen mann vnd Stete vor den Reibenick (Dorf bei Jungbunzlau), den sye revmitten vnde vssgebrant wart; wanten sich man vnd Stete vor den drom (=Ronburg bei Graber und Drum), zcu dem sye Stormten vnd czuschossin, das die finde by nachte davon gingen, uff dem gross gut funden vnd denoch ussgebrand wart vnd ouch kirche und Stat zeur kempcz Sandow gebrand worden; ...
Um sich gegen die Raubzüge zu wehren, ließen die Oberlausitzer Städte für viel Geld Kanonen gießen, heuerten kriegstüchtige Söldner an und begannen 1444 und nochmals 1445 die meisten Burgen zwischen Riesengebirge und Elbe zu schleifen, darunter – als eine der Ersten des Feldzuges von 1444, auch den Birkenstein. Die Holzbauten auf dem fast uneinnehmbaren Felsen wurden zuerst in Brand geschossen und danach die umliegenden Teiche abgelassen, bevor sie sich auf den Weg zu anderen Burgen der Umgebung (z.B. Rybnow bei Hohlen, der Habichtsstein, die Ronburg bei Drum und Graber und schließlich der Dewin bei Hammer, der aber einer Einnahme und Zerstörung trotzte). Anschließend wurde der sogenannte Leitmeritzer Landfrieden zwischen den Sechsstädten und dem böhmischen Landadel geschlossen, dem sich Mikisch Panzer jedoch nicht verpflichtet fühlte. So war es nicht verwunderlich, daß bereits ein Jahr später, 1445, wieder ein Heer vor dem Bürgstein stand und deren Bewohner zur Aufgabe zwangen. Mikisch Panzer mußte sich verpflichten, die Burg ohne ausdrückliche Genehmigung des böhmischen Königs nicht mehr neu aufzubauen. Dafür erhielt er eine Entschädigung für dessen Zerstörung, welche die Sechs Städte aufbringen mußten.
Eine weitere Überlieferung berichtet, daß die beiden Söhne des Mikisch Panzer von Smoyn (Johann und Friedmann von Smoyn) zehn Jahre später, 1455, den Bürgstein übernahmen, um ihn einige Zeit später an Wilhelm den Jüngeren Ylburg von Ronow abzutreten, der die Burg am 4. Januar 1471 mitsamt den umliegenden Ortschaften an die Berken von Duba verkaufte. Was in den nächsten hundert Jahren im und um den Bürgstein geschah, entzieht sich mangels brauchbarer Überlieferungen unserer Kenntnis. Es gibt unbegründete Vermutungen, daß Mönche vom Orden der Templer eine zeitlang hier gelebt haben sollen.
Im Jahre 1596 ließ Adam Berka von Duba nur 100 Meter vom Burgfelsen entfernt ein bequemes neues Schloß erbauen, welches man eine zeitlang als das „Berka-Haus“ bezeichnet hat. Im beginnenden 17. Jahrhundert waren die Burgen für die damaligen Herrschaften mittlerweile viel zu unbequem geworden, so daß sie gewöhnlich – wenn nicht umfangreiche Umbauten vorgenommen wurden – zu zerfallen begannen. Das Berka-Haus hat leider den Sozialismus in der Tschechoslowakei nicht überlebt. Es wurde nach 358-jährigen Bestehen 1954 abgerissen – nur um billiges Baumaterial zu gewinnen.
Im dreißigjährigen Krieg (1618-1648) wurde auch das Bürgsteiner Gebiet von der Soldateska der verschiedenen Kriegsparteien heimgesucht. Zuerst verloren die Berkas nach der verlorenen Schlacht am Weißen Berg durch Konfiszierung die Burg mitsamt den dazugehörigen Dörfern. Ein gewisser Zdenk Löw Liebsteinsky von Kolowrat hat sie dann zu dem stattlichen Preis von 3721 Schock Prager Groschen erworben, ohne damit glücklich zu werden. Denn im Jahre 1639 marschierte der schwedische General Johan Baner (1596-1641) in Sachsen ein, nachdem er das Österreichische Observationscorps (befehligt unter dem Feldzeugmeister Freiherr von Salis) im thüringer Raum vernichtend geschlagen hatte. Ein Truppenteil gelangte auch nach Bürgstein, der nach kurzer Belagerung die wenigen kaiserlichen Soldaten, welche Liebsteinsky von Kolowrat zur Verteidigung seines Besitzes zurückgelassen hatte, überwältigen konnte und die Gebäude der Felsenburg abfackelte. Auch die umgebenden Ortschaften blieben nicht verschont. Ihre Greueltaten blieben lange im kollektiven Gedächtnis der Menschen erhalte so daß noch nach viele Jahrhunderte die Bewohner die Orte aufzählen konnten, wo die Schweden einst gewütet hatten.
Impressionen der Felsenkirche
Nach Ausrufung des Westfälischen Friedens (1648) begann eine neue Epoche in der Geschichte des Bürgsteins, die sich besonders in ihrem zweiten Namen, Einsiedlerstein, niedergeschlagen hat. Über mehrere Umwege gelangten der Felsen und die Herrschaft an den Grafen Ferdinand Hroznata von Kokorovsky. Er war es nämlich, der quasi zu seiner Belustigung sowohl die Seitentreppe (die heute unzugänglich ist) als auch die großen Hallen im Innern einschließlich der Felsenkirche aushauen ließ. Außerdem richtete er in dem Felsen eine Einsiedelei ein und bereits 1690 bezog ein gewisser Bruder Konstantin seine neue Behausung. Er war gelernter Baumeister und hat im Laufe seines Lebens viel Arbeit in den Innenausbau der Felsenkirche (die heute ein Kuppelbau überdeckt) gesteckt. Sein Nachfolger, ein begabter Maler mit Namen Wenzel (Vaclav) Rincholin, hat sich mit Malerarbeiten am Hauptaltar der Bürgsteiner Pfarrkirche verewigt. Weitere Eremiten, die nach und nach den Bürgstein bewohnten, sind auch namentlich bekannt: Jacob Borovansky, Anton Hölzel, der Gärtner und Linsenschleifer Samuel Görner (siehe meinen Essay „Samuels Höhle“) sowie der aus Reichstadt stammende Weber Anton Müller. Als sie auf dem „Einsiedlerstein“ lebten, war die Herrschaft Bürgstein bereits für einen Preis von 250000 rheinischen Gulden in den Besitz der Reichsgrafen von Kinsky übergegangen, welche die nächsten 200 Jahre die Geschichte des Ortes Sloup / Bürgstein prägen sollten. Die Einsiedelei selbst wurde 1785 durch ein Dekret des Kaisers Josefs II (der 1779 den Bürgstein selbst besucht hatte) aufgehoben. Bereits im ausgehenden 18. Jahrhundert entwickelte sich unter der umsichtigen Begleitung der Grafen Kinsky der Einsiedlerstein zu einer bekannten touristischen Attraktion im Norden Böhmens. Besonders die Statue Samuel Görners, der mit seinem Fernrohr auf den Wachberg schaut, ist vielen Menschen, die den Einsiedlerstein einmal besuchten, in Erinnerung geblieben.
Vielen Dank für diesen umfangreichen und sehr lehrreichen Bericht und sehr schönen Fotos.
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