Montag, 13. Juni 2011

Exoplaneten (6) - Sternbedeckung, Nulling-Interferometrie, Timing-Verfahren

Sternbedeckung durch den Mond
Ein weiteres indirektes Verfahren, welches hier nur kurz erwähnt werden soll, ist die zeitlich hoch aufgelöste Beobachtung des Verschwindens eines Sterns hinter dem Mondrand. Dabei kann man auf der Erde kurzzeitig ein Beugungsmuster detektieren, aus dem sich u.U. der Winkeldurchmesser des entsprechenden Sterns bestimmen läßt. Auf diese Weise konnten bereits von einer ganzen Anzahl hellerer und relativ naher Sterne (deren Parallaxe bekannt ist) die wahren Durchmesser ermittelt werden. Man kann sich vorstellen, daß sich, wenn sich ein Planet in der Nähe eines solchen Sternes aufhält, das entstehende Beugungsmuster geringfügig verändert. Aus den Abweichungen gegenüber einem „idealen“ Beugungsmuster läßt sich dann auf die Existenz eines Planeten schließen. Theoretische Untersuchungen (z.B. A.Richichi, 2002) zeigen, daß es auf diesem Gebiet durchaus Potentiale gibt, schwache Begleiter, soweit ihr Winkelabstand zum Mutterstern nicht kleiner als 0.01‘‘ ist und auch der Helligkeitsunterschied im beobachteten Spektralbereich nicht all zu groß ist (~ 5-10 mag), aufzufinden. Dafür sind jedoch Großteleskope der 8 – 10 Meter-Klasse notwendig, die im infraroten K- und L-Bereich mit hoher zeitlicher Auflösung beobachten können. 

Diese Methode wird viel effektiver (keine Beeinträchtigung des Interferenzbildes durch die Erdatmosphäre), wenn sie z.B. von einem Raumteleskop aus der Erdumlaufbahn heraus angewendet wird, wobei der Erdmond quasi als riesiger Koronograph fungiert. Aber auch ein anderer Satellit, der quasi den Mond als Blende ersetzt, ist u.U. dafür geeignet. Nachteilig ist auch hier, daß eine möglichst große Teleskopöffnung benötigt wird, um die notwendige Zeitauflösung zur Registrierung der Interferenzmuster realisieren zu können.

Von einer erfolgreichen Entdeckung eines Exoplaneten nach dieser Methode ist jedoch bis heute (2010) nichts bekannt geworden.

Nulling-Interferometrie
Mit dem Einsatz von Forschungssatelliten eröffnen sich weitere Möglichkeiten bei der Suche nach Exoplaneten. Mit Hilfe von interferometrischen Methoden (dem sogenannten „Nulling“) erwartet man die direkte optische Abbildung von Planeten und letztendlich deren detaillierte spektroskopische Untersuchung, um Informationen über ihren Aufbau bzw. den Aufbau ihrer Gashüllen zu erhalten. Aber auch die detaillierte Untersuchung von protostellaren Staubscheiben, aus denen nach heutigen Vorstellungen Planeten entstehen,  gehört mit zu den zu behandelnden Fragenkomplexen. Eine neue und sehr erfolgversprechende Methode, daß Problem des riesigen Helligkeitsunterschiedes zwischen Exoplanet und Mutterstern zu lösen, ist die astronomische Anwendung eines Nulling-Interferometers (R.N.Bracewell, R.H.MacPhie, 1979). Mit Hilfe dieses optischen Gerätes wird das Licht von mindestens zwei Teleskopen phasenverschoben so überlagert, das destruktive Interferenz auftritt und damit der Stern quasi im Detektor verschwindet. 


5.25   „Verschwindenlassen“ einer Komponente eines engen Doppelsternsystems durch destruktive Interferenz in einem Nulling-Interferometer.

Die Auslöschung erfolgt jedoch nicht bei schwachen benachbarten Objekten, deren Licht einen anderen Weg genommen hat und deshalb eine andere Phasenverschiebung aufweist. Solche Objekte, also insbesondere Exoplaneten, sind dadurch mit besserem Kontrast abbildbar und könnten dann prinzipiell auch separat mit den klassischen Methoden der beobachtenden Astronomie untersucht werden. Von der Wirkung her ähnelt deshalb ein Nulling-Interferometer in etwa einem klassischen Sternkoronographen, wenn auch das Wirkprinzip völlig anders ist.

Die Funktionsweise konnte 1997 am MMT (Multi Mirror Telescope) auf dem Mount Hopkins demonstriert werden. Seitdem sind einige derartige Interferometer an Riesenteleskopen wie dem Keck-Teleskop oder dem LBT (Large Binocular Telescope) im Einsatz oder im Bau (VLT, GENIE).


5.26   Grundprinzip eines Nulling-Interferometers (Bracewell Array). Während sich die um π  phasenverschobenen Bilder des Muttersterns auslöschen, erfährt das Bild eines benachbarten Exoplaneten (dessen Winkelabstand zum Mutterstern Θ ist) bei einem günstig gewählten Interferometerabstand D bei der Beobachtungswellenlänge λ  eine Verstärkung. 

Die Anwendung dieser Methode ist nicht unproblematisch, da vielfältige technische Probleme und Störeinflüsse, insbesondere durch die Erdatmosphäre, zu bewältigen sind. Beispielsweise führt allein die permanent vorhandene Luftunruhe, selbst unter Einsatz leistungsfähiger adaptiver Optiken, zu ständig wechselnden kleinen Laufwegunterschieden der zur Überlagerung zu bringenden Wellenzüge. Deshalb kann dieses Verfahren bei irdischen Teleskopen z.Z. effektiv nur im infraroten Spektralbereich eingesetzt werden, wo die Arbeitswellenlänge größer ist als die atmosphärisch bedingten Laufwegschwankungen. Aber auch Eigenschaften des Beobachtungsobjektes selbst, z.B. eine schwache Hülle oder Scheibe aus Gas und Staub um einen Stern (ähnlich unserem Zodiakallicht), können bereits verhindern, daß ein schwaches Objekt neben dem durch „Nulling“ abgeschwächten Stern sichtbar wird. 

Intensive Untersuchungen werden in Bezug auf den Einsatz dieses Beobachtungsverfahrens auf speziell dafür konstru¬ierten Weltraumteleskopen vorgenommen. Deren Aufgabe soll es sein, insbesondere erdähnliche Planeten in unserer unmittelbaren galaktischen Nachbarschaft aufzufinden und näher zu untersuchen. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang das leider gestrichene Projekt DARWIN der ESA und der auf unbestimmte Zeit verschobene Terrestrial Planet Finder (TPF, NASA). Zumindest Letzterer wurde zwischenzeitlich durch das bei weitem billigere Weltraumteleskop „SIM Planet Quest“ (offiziell Space Interferometry Mission Lite Observatory, ein Interferometer, dessen zwei Hauptspiegel 6 Meter Abstand haben) ersetzt. Wenn es nicht weiteren Budget-Kürzungen zum Opfer fällt, soll es frühestens 2017 gestartet werden.


5.27      Optischer Aufbau des Weltraumteleskops SIM Lite. Es handelt sich um ein raumgestütztes Michelson-Interferometer mit einer auflösungsrelevanten Basislänge von 6 Meter. Zwei spezielle Lasersysteme gewährleisten die Konstanz der Lichtwege derart, daß die volle Winkelauflösung, die im Mikrobogensekundenbereich liegt, durchgängig erreicht wird.  © NASA, JPL

Pulsarplaneten – das Timing-Verfahren
Den ersten planetenähnlichen Himmelskörper außerhalb unseres Sonnensystems wurde überraschenderweise um einen schnell rotierenden Neutronenstern - also einem Stern mit extremen physikalischen Eigenschaften - gefun-den. Diese Entdeckung gelang 1992 Alex Wolszczan, als er über einen längeren Zeitraum die Pulsationsperiode des ca. 1500 Lichtjahre entfernten Pulsars PSR 1257+12 untersuchte. Heute ist man sich sicher, daß dieser Pulsar mindestens vier Planeten unterschiedlicher Größe besitzt. Gegenwärtig (2010) ist nur noch ein weiterer Pulsarplanet (PSR B 1620-26c) sicher bekannt. Es gibt aber 6 weitere Verdachtsfälle, darunter überraschenderweise Geminga b, einen mutmaßlichen Pulsarplaneten um den 250 Lichtjahre entfernten Pulsar Geminga, der erst vor ca. 300000 Jahren bei einer Supernovaexplosion entstanden ist.

Timing-Verfahren
Das Prinzip, was man sich bei der Suche nach Pulsarplaneten zunutze macht, ist weitgehend mit dem Prinzip der Radialgeschwindigkeitsmethode identisch. Im Gegensatz zu den Sternen, bei denen man spektroskopisch die Radialgeschwindigkeit bestimmt, sind die meisten Neutronensterne - Pulsare sind schnell rotierende Neutronensterne - viel zu schwach, um mit optischen Methoden beobachtet zu werden. Einige machen sich jedoch im Radiofrequenzbereich durch ihre streng periodischen, mit der Rotationsfrequenz gekoppelten Emissionen bemerkbar. Die Periodendauer läßt sich sehr genau bestimmen (sie liegt zwischen wenigen Millisekunden und reicht bis in den Sekundenbereich) und ist bei Einzelpulsaren über lange Zeiträume extrem stabil.  Bewegt sich der Pulsar auf seiner Bahn um den Schwerpunkt auf den Beobachter zu („Blauverschiebung“), kommen die Radiopulse mit einer höheren Frequenz an. Entfernt er sich vom Beobachter, so ist die Frequenz der Pulse entsprechend niedriger („Rotverschiebung“). Diese Änderung der Pulsfrequenz ist bei Pulsaren, die von einem oder mehreren Begleitern umgeben sind, sehr gut meßbar und erlaubt sogar die Detektierung von Pulsarplaneten mit Massen, die unterhalb der Erdmasse liegen.

Pulsarplaneten und Supernovaexplosionen
Bis heute sind zwei Pulsare bekannt, die von Exoplaneten umkreist werden. Unstimmig ist noch, auf welche Weise diese Exoplaneten entstanden sind. Da Neutronensterne bei einem katastrophalen Kernkollaps eines massereichen Stern entstehen (Thermonukleare Supernovae, z.B. Typ Ia), ist es kaum verständlich, daß ein vorhandenes Planetensystem einen solchen Supernova-Ausbruch mehr oder weniger unbeschadet übersteht. Aber auch die Entstehung von Planeten aus dem „Debris“ dieser Explosion ist möglich wenn auch nicht leicht zu erklären. Zur Klärung der damit im Zusammenhang stehenden Fragen ist noch viel theoretische und beobachterische Arbeit notwendig.


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