Altes Zittauer Gymnasium gestern und heute...
Aufnahme: Marlene Knoche, Görtlitz (Link) - Gourmet-Link
Vom alten Gymnasium in Zittau gibt es einen Kupferstich von Johann Daniel de Montalegre (1697 - 1768) nach einer Vorlage von Andreas Lencke aus dem Jahre 1729. Dieser Kupferstich, welcher offensichtlich eine Anzahl von Personen bei der Beobachtung des Sternhimmels zeigt, stammt aus der Einlage eines Buches des damals sehr bekannten und verehrten Gymnasiallehrers und Rechenmeisters Magister Christian Pescheck mit dem für unsere heutigen Ohren etwas sperrigen Titels „Vorhof der Stern-Wissenschaft oder Astronomiae, Darinnen Alles das jenige, was von dieser nützlichen Scientz, einem politen Menschen und Anfänger der Astronomie, zu wissen nöthig, deutlich erkläret und beschrieben wird; Anbey ist auch ein zulänglicher Unterricht mitgetheilet, wie man nicht allein einen Calender, nach allen seinen Eintheilungen und Characteribus, gründlich verstehen, sondern auch, wie ein jeder sich selbst, einen Calender verfertigen könne.“
Dieses sicherlich als Lehrbuch konzipierte Werk erscheint in mehrfacher Hinsicht interessant zu sein, da es einen für die damalige Zeit durchaus fundierten Überblick über den Stand der Astronomie gibt und auch zeigt, daß die Korrespondenz unter den Gelehrten in jener Zeit sehr gut funktioniert haben muß, wenn selbst ein Gymnasiallehrer im Osten des damaligen Königreiches Sachsen in etwa auf dem Wissensstand der Fachastronomen in Frankreich und England gewesen ist. Weiterhin hat mich schon immer gewundert (sogar als Schüler, als ich noch den Nebelkatalog von Herschel in der Christian Weise Bibliothek ausleihen konnte), wieso gerade in der Zittauer Bibliothek eine große Zahl astronomischer Werke aus dem 16. und 17. Jahrhundert in erstaunlich konzentrierter Form (u.a. Copernicus sein Hauptwerk über die Umschwünge der Himmelskörper, mehrere Werke von Tycho Brahe, ich komme noch darauf zurück) im Altbestand vorhanden sind. Auch der heute im Zittauer Stadtmuseum ausgestellte Himmelsglobus des Magisters George Engelmann von 1690 paßt irgendwie in dieses Bild. Das alles ist Grund genug, sich einmal etwas näher mit dem Autor jener oben genannten Schrift zu beschäftigen, insbesondere auch deshalb, weil Christian Pescheck (er lebte von 1676 bis 1744) eine der Wurzeln eines heute noch sehr bekannten Gelehrtengeschlechts gleichen Namens in der Oberlausitz gewesen ist.
Das Buch „Vorhof der Stern-Wissenschaft“ beginnt im Stil seiner Zeit mit einer umfänglichen Widmung an „Dem Hoch-wohlgebohrnen Herrn Johann Georgen von Wichmannshausen etc. etc. pp.“, welche - wie jede Widmung aus jenen Zeiten - sich heute sehr eigenartig liest. Sie ist auf den 9. Mai 1729 datiert. Dem folgt eine Vorrede, in dem der Autor die Wichtigkeit der Astronomiae, wiederum recht umständlich, mit einem methodischen Ausblick über Unterrichtsformen und über Satz- und Beweisführung in der Rechenkunst, begründet.
Im Vorbereitungsteil, in dem der Autor erklärt, was die Astronomie ist und mit was sie sich so beschäftigt, geht er auch auf die Astrologie ein. Dort liest man in §.4 einigermaßen erstaunt:
Vor Alters hat sie auch gehesen Astrologia, eine Rede von dem Gestirne, welches Wort bey den Alten ebso viel bedeutet hat, wie die Astronomi. Allein heut zu Tage wird ihr dieser Nahme nicht beygeleget. Die Astronomi machen einen Unterschied, unter der Astronomie und Astrologie. Durch die Astronomie verstehen sie, wie oben gedacht, eine Wissenschaft von der Bewegung, Unterschiede, Ordnung und Stande derer himmlischen Cörper; Hingegen durch die Astrologie, wollen sie verstanden haben die Wahrsagerey aus dem Gestirne und deren Influentz, darunter das Planeten-Lesen, Nativitäts-Stellen u. die tägliche Witterung begriffen ist. Jene, nehmlich die Astronomie, ist ihres Nutzens wegen hoch zu aestimieren; Diese aber, die Astrologie, ist wegen ihres sandigten und schlechten Fundaments, als auch Beweißthumes, Auslachens würdig; wie von derselben Nichtigkeit Hn. Joh. Christoph Sturms, gewesenen Prof. Mathematici zu Altdorff, seine Vorstellung von den lügenhaften Stern-Wahrsagerey, kann nachgelesen werden. Ingleichen kann auch Tit. Hr. Ernst Christian Schrödters, Prof. Publ. Zu Wittenberg, dritter Theil Acerrae Biblicae continuitae, von dieser Materie, nachgeschlagen werden, da gedachter Hr. Author von der Astrologie oder Prognosticiren aus dem Gestirne, in der XL, XLI, und XLII. Historie, gar weitläuffig handelt, und gründlich beweiset, daß es bey Gott ein sehr verhaßtes und sündliches Studium sey. Hr. M. Adam Erdmann Mirus. Des Zittauschen Gymnasii Con-Rector, hat gleichfalls die Astrologie, in seiner Astronom facra Pag. 220& Seqq. Mit vielen Argumenten übern Hauffen geworffen.
Eine solche klare Abgrenzung der Astrologie von der Astronomie sowie die Einschätzung ihres Wertes liest man nur selten in Büchern, die zu Anfangs des 18. Jahrhunderts erschienen sind. In den Klassenzimmern des von Christian Weise (1642-1708) zu hohem Ansehen gebrachten Zittauer Gymnasiums muß sich schon früh der Atem der Aufklärung breit gemacht haben, noch bevor dieser Begriff in seiner gesellschaftspolitischen Bedeutung überhaupt geprägt worden ist.
Das in diesem Buch nun folgende erste Kapitel beschreibt außergewöhnlich ausführlich, wie man einen Himmelsglobus konstruiert und anfertigt. Dabei werden alle Grundbegriffe der, wir würden heute sagen, sphärischen Astronomie, im Detail erläutert. Es ist interessant zu lesen, wie der deutsche Grundtext immer wieder durch lateinische technische Termini (z.B. „Linea aequinocti“) durchsetzt ist, was dem Verständnis aber keinerlei Abbruch tut. Man kann m.E. durchaus davon ausgehen, daß bei der Abfassung dieses Kapitels der noch heute vorhandene Himmelsglobus von George Engelmann Verwendung gefunden hat (er kann im Zittauer Stadtmuseum bewundert werden). Am Ende des Abschnitts erfolgt die Behandlung des Tierkreises (Zodiacus), aus dem ich kurz einen Paragraphen als Lesebeispiel zitieren möchte:
§.36 Warum aber unsere Vorfahren und Astronomi, denen in solchen Circulo befindlichen Sternen, dergleichen Nahmen gegeben, und sie mehrentheils gewissen Thieren verglichen, dasselbe mag geschehen seyn, eines Theils wegen der Art und Eigenschafft der Sternen, welche sie mit denen Thieren, so in einem jedem solchen Zeichen begriffen sind, gemein haben; anderen Theils, wegen der Krafft und Würkung, welche die Sonne mercken lässet, wenn sie in diesem oder jenem Raum des Zodiaci oder Thier-Creyses lauffet. Und weil der Widder das Oberhaupt in Schaaf-Stalle ist, und dahero Dux Gregis heisset, als war es auch nicht unbillig, daß die Alten das erste Stern-Bild als einen Widder formiret, und solches zum Vorgänger des übrigen Gestirnes im Thier-Creyse gemachet, wie denn Manilius von ihm also redet: Consilium ipse suum est Aries, ut principe dignum est, Audit se &c.
Anschließend werden alle Tierkreissternbilder sowie die dazugehörigen Fabeln (Fabula Ethnicorum), die ihren Bezeichnungen zugrunde liegen, sehr ausführlich beschrieben.
Das dritte Kapitel „Von der Erd-Kugel“ beschreibt Gestalt und Größe des Erdkörpers, wobei ausführlich ihre Kugelform anhand einer Vielzahl von Beobachtungen begründet wird. Daß das Erdinnere feurig und flüssig sein muß, wird anhand von Vulkanen plausibel gemacht, deren Zahl, Orte und Eigenschaften in einem extra-Paragraphen mitgeteilt werden. Den größten Teil des Kapitels nehmen jedoch Berechnungen ein, welche die Größe, den Umfang, das Volumen und die Fläche der „Erd-Kugel“ betreffen. Außerdem werden auf der Grundlage von Daten, die einmal von Tycho Brahe und zum anderen von Riccioli stammen, Mutmaßungen über die Entfernung der Erde zur Sonne und zum Mond sowie Größenvergleiche angestellt.
Im vierten Kapitel erfolgt eine ausführliche Behandlung der damals bekannten Planeten. Dabei wird insbesondere die Erfindung des Tuborum coelestium gewürdigt, welche die Kenntnisse über die Planeten revolutioniert hat. Bei den Planeten unterscheidet der Autor 6 Hauptplaneten und 10 Nebenplaneten (Monde), von denen die Erde einen, Jupiter vier und Saturn fünf besitzt. Bei der folgenden Behandlung der Hauptplaneten wird jeweils sehr ausführlich auf die Entstehung und mythologische Bedeutung ihrer Namen eingegangen, aber auch ihr Erscheinungsbild im Fernrohr mitgeteilt sowie Mutmaßungen über ihre Bewohner angestellt. Dazu ein paar Zitate aus dem Abschnitt über den Planeten Jupiter:
§.5 Sein Cörper ist zwar der Figur nach rund, jedoch sehr rauch und uneben, auch mit vielen heraufstehenden Bergen versehen. Man siehet ihn fast immerdar mit etlichen dunckeln Gürteln umgeben, die da bald schwärzlich, bald breiter, bald schmähler, bald gerade, und bald gebogen erscheinen, welche Veränderungen einige Astronomi Maculas zu nennen pflegen ...
§.6 Dieser schöne Haupt-Planet führet 4 Satellites um sich, die ihn, gleichwie der Mond, unsere Erde beleuchten. Vor Erfindung der Fern-Gläser, hat man nichts von ihnen gewußt; Als aber Simon Marius, ein Teutscher, und des Markgraffen zu Anspach Mathematicus An. 1609 einen Holländischen Tubum in die Hände bekam, so entdeckte er sie damit zu Ende desselbigen Jahres, gleichwie sie auch darauf, nehmlich A. 1610 den 7.Jan. der Florentinische Mathematicus Galilaeus ebenfalls observiret, und dieselben Sidera Mediceae, als wie Marius solche zu Ehren seines Fürsten Sidera Brandenburgica genennet hat. Wer einen guten Tubum von 6 bis 9 Schuch besitzet, der wird dieselben ohne Mühe bey oder neben dem Jove, und zwar auf unterschiedenen Arten, sehen können; Weil sie bald alle neben ihn entweder zur rechten oder lincken Hand, bald einer oder mehr auf dieser, und doie übrigen auf der andern Seiten, insgemein aber zugleich in einer geraden Linie zu betrachten seyn ...
§.11 ... Ingleichen, weil derselbe vielmahl größer als die Erde, wie dann Doppelmeyerus, wie oben §.9 allbereit gemeldet, behaupten will, daß er 10397 mahl, und Wolffius 21952 mahl, die Erde der Grösse noch übertreffen soll; welches auch nicht unglaublich zu seyn scheinet, weil dieser Cörper 4 Monden zur Beleuchtung haben muß, und die Erde, weil sie wie viel mahl Tausend kleiner ist, sich nur mit einem Monden behelffen kann: Als schliessen sie daher, daß dieser grosse Cörper gleichwie die Erde, Innwohner haben müsse. Denn hat Gott so einen kleinen Cörper, wie unsere Erde, mit Innwohnern zur Verherrlichung seines Majestätischen Nahmens besetzet; warum sollte er denn einen so vielmahl grössern Cörper gantz leer ohne Creaturen erschaffen haben, um ihn noch darzu mit 4 grossen Lichtern beleuchten zu lassen? Der unvergleichliche Herr Hoff-Rath Wolff zweifelt gar nicht daran, daß nicht sollten Menschen darinnen wohnen, sintemahl er sich der Mühe genommen in seinen Element. Astronom. §.491 derer Innwohner daselbst, so gar ihre Länge, durch die Rechnung zu determiniren, daß sie über 13 Französische Schuch lang, und fast ebenso groß, als dorten Og, der König zu Basan, seyn müssen, im 5. Buche Mosis am III. Capitel.
Die Sonne wird mit im Kapitel über die Planeten und zwar in genau der gleichen Systematik, behandelt. Ab § 10 werden dann die Verfinsterungen im Detail und qualitativ völlig korrekt beschrieben. Auch dazu ein Ausschnitt aus dem Lehrbuchtext:
§.11 Wenn der Mond, als ein undurchsichtiger Cörper, zwischen die Sonne und Erde zu stehen kommt, und solchergestalt der Erden die Strahlen der Sonnen benimmt und aufhält, so geschiehet eine Sonnen-Finsterniß; Begiebt es sich aber, daß die Erde zwischen die Sonne und den Mond, recht inne zu stehen kömmet, und also dadurch dem Mond die Strahlen der Sonnen benimmt und aufhält, so geschiehet eine Mond-Finsterniß; Alsdann wirfft die Erde lauter Schatten in die Höhe, welchen der Mond entweder gantz durchlauffen, oder etlicher Massen berühren muß. Dahero auch die Total- oder Partial-Mond-Finsternisse entstehen. Denn gehet der Mond mitten durch den Schatten der Erden, so wird er ganz und gar verfinstert, und das heisset sodann eine Total-Finsterniß; Gehet er aber nur zur Seiten und am Rande dieses Schattens weg, so wird nur ein Theil seines Lichts verfinstert, und das heist eine Partial-Finsterniß. Und hierauf gründet sich nun der ganze Beweiß, daß die Sonne grösser als die Erde; desgleichen daß der Mond kleiner als die Erde; Item, daß die Sonne wohl 20 mahl höher als der Mond; und endlich auch, daß die Erde gantz Kugel-rund seyn müsse...
...
§.26 Alle Sonnen-Finsternis geschehen im Neu-Monden, und zwar daher, sintemahl ausser solcher Zeit, der Mond nicht zwischen die Sonne und Erde zu stehen kommen kann. Wobey aber zu mercken, daß eine Sonnen-Finsternis nicht in allen Neu-Monden zugeschehen pfleget, sondern nur zur selbigen Zeit, wenn der Mond entweder selbst auf der Ecliptica mit der Sonne zusammen kommt, oder aber doch höchstens nicht über 20 Grad, von denen so genannten Nodis oder Knoten Puncten, wo nemlich die Strassen des Mondes und der Sonne, einander durchschneiden, entfernet ist...
In den folgenden Paragraphen beschreibt Christian Pescheck noch weitere Aspekte von Sonnenfinsternissen und wie man sie am besten, z.B. mittels einer Camera obscura, beobachten kann.
Das „fünffte Capitel von Der eigentlichen ungleichen Bewegung derer Haupt-Planeten, nach welcher sie uns bald rechtläufig, bald rückgängig, bald stille stehend, erscheinen“ behandelt die genannten Phänomene sowohl in tychonischer als auch copernicanischer Sichtweise unter Verwendung geometrischer Argumente, die nachzuvollziehen jedoch sehr viel Konzentration erfordern.
Im sechsten Kapitel werden die Fixsterne behandelt. Nach einer historischen Einführung lernt man in diesem Kapitel „die Größe oder Gattung“ der Sterne kennen, ihre Benennung sowie ihre Einteilung in Sternbilder. Auch wußte ich bis zur Lektüre dieses Kapitels noch nicht, daß man damals die Milchstraße auch „Jacob-Strasse“ genannt hat. Die nun folgende ausführliche Vorstellung der einzelnen Sternbilder erfolgt wieder in einer genau vom Autor festgelegten Systematik: Zuerst erfolgt eine Beschreibung, danach eine philologische Abhandlung über die Herkunft des Sternbildnamens sowie der Namens einzelner Sterne. Dazu folgende Leseprobe:
Heisset auch Plaustrum majus, der grosse Wagen, Helice, Callisto, Arctos major, Parrhasis, dieses Gestirnes gedencket Hiob am IX.9. bestehet aus 71 Sternen, darunter sind 6 der andern, 4 der dritten, 16 der vierdten, 21 der fünfften, 23 der sechsten, und 1 der siebenden Grösse. Unter allen diesen Sternen sind nur sieben recht hellschimmernd vor unsern Augen, welche dahero von dem gemeinen Mann das Sieben-Gestirn, Septem triones genennet werden; Die andern in der Mitten des Schwanzes hat über sich einen gantz kleinen Stern, welcher Alcor oder der Splitter-Richter heisset, davon hernach das Sprichwort entstanden: Alcor vidisti, Lunam plenam non vidisti, das ist ander Leute kleine Fehler sehen, aber seine grobe und eigene nicht mercken.
Der Aratus macht die Helicen auch zu des Jovis Säugamme, wie oben erwehnet. Ovidius aber und Hyginus geben an, die Callisto sey des Lycaonis Königs in Arcadien Tochter gewesen, habe aus sonderbaren Belieben zu der Jagd ihren Vater verlassen und der Dianae gefolget. Wie sie aber einsmahls alleine in dem Walde gewesen, sey sie von dem Jove unter der Gestalt der Dianae hintergangen, und geschwächet worden, und deswegen von der Dianae, nachdem sie im Bad nicht verbergen können, daß sie schwanger sey, aus ihrer Gesellschafft verstossen worden. Dieser Gelegenheit hat sich die Juno bedienet, und die Callisto zur Rache in einen Bären verwandelt, in welcher Gestalt sie lang in denen Wäldern herum geschweifft, bis sie endlich ihr Arcas, den sie aus diesem Beyschlaff gebohren, einmal unerkandter Weise verfolget, und ohnefehlbahr würde erschossen haben, wenn nicht Jupiter es verhindert, und sie beyde unter die Sterne versetzet: Arcuit omnipotens: pariterqve ipsosqve nefasqve, Sustulit, & celeri raptos per inania vento Imposuit coelo, vicinaqve sidera fecit.
Worüber sich aber die Juno noch mehr ereyfert und von dem Oceano und dessen Gemahlin, der Thetii, gebeten, sie möchten dieses Gestirne niemahls untergehen lassen, wie es Ovidius beschreibet ...
Auf diese Weise werden nach und nach alle Sternbilder des gesamten Himmels (!) abgehandelt, darunter auch solche, die es heute nicht mehr gibt oder deren Zustandekommen heute fast vergessen ist wie z.B. das Sobieskische Schild, Scutum Sobiescianum. Man merkt beim Lesen deutlich, daß zu Beginn des 18. Jahrhunderts nur sehr wenig über die Natur der Sterne bekannt war. Auch die Entfernung zur „Sternsphäre“ unterschätzt der Autor, in dem er die von Copernicus und Tycho Brahe jeweils angegebenen Werte zitiert (hier taucht als Entfernungsmaß der Begriff der „Welt-Ruthe“ auf, die qualitativ im copernikanischen System unserer Astronomischen Einheit entspricht).
Im siebenten Kapitel, daß der Astrognosie gewidmet ist, wird erläutert, wie man anhand von Beobachtungen im Unterricht den Himmel mit seinen Sternbildern, den Planeten, Sonne und Mond sowie seine Bewegungen kennenlernen kann. Dabei wird u.a. erklärt, wie man eine Mittagslinie konstruiert, wie man die geographische Breite eines Ortes bestimmt (für Zittau erhält er einen Wert von 51°) und zu welchen Zeiten man welche Sternbilder beobachten kann.
§. 10 Zu der Erkänntnüß derer Sternen, können Schickardi oder Zimmermanns Coniglobia, welche letztere Herr Andreae Anno 1724 vermehret, und neu stechen und drucken lassen, sehr viel beytragen; und zwar, wenn man die darauff befindlichen Sterne, nach ihrer abgetheilten Größe, mit einem Feder-Messer sauber aussticht, und solche Abends gegen ein Licht hält; welche Bemühung sehr viel zur Erkäntnüß derer Sterne contribuiren kann. Und, nachdem Schickardi Coniglobia gar nicht mehr zu haben, und des Herrn Andreae seine, theils gar schwer bey uns in Ober-Lausitz zu bekommen; theils auch, nebst dem darzu gehörigen Buche, sehr theuer sind vor einen armen Scholaren, als habe selbst welche in kleinen Format stechen lassen, und diesem Buche interiret; deren sich ein Anfänger der Astronomie wird bedienen können ...
Interessanterweise werden erst im achten Kapitel die Kometen zusammen mit den „Neuen Sternen“ behandelt. Man merkt dabei deutlich, daß zu jener Zeit über die Natur dieser Objekte nur wenig, und meist davon auch aus heutiger Sicht Falsches, bekannt war. Behandelt werden Kometen als „Ausdünstungen“ von Planeten und Sternen (Kepler, Hevelius), aber auch die Theorie, daß sie mehr den Planeten ähneln (Cassini), wird diskutiert (und man merkt, daß Letztere die Sympathie des Autors hat):
§.6 Hingegen Cassinus in Franckreich, und Bernoullus in unseren Teutschlande, denen ietziger Zeit die allermeisten Astronomi und Physici beypflichten, statuieren, und aus allen Kräfften behaupten wollen, daß die Cometen nichts anders als Planeten, oder doch als andere mit ihnen zugleich erschaffene beständige Welt-Cörper wären, die wegen ihrer grossen Eccentricität sich in einer sehr weiten Bahn bewegten, und nur alsdenn erst zum Vorschein kämen, wenn sie sich ihrem Perihelio näherten, und hernach unserm Auge sich wieder entzögen, wenn sie auf der andern Seiten gegen das Aphelium hinauf steigen. Der Dr. Gottfried Polycarpus Müller, des Zittauischen Gymnasii Hochberühmter Director, spricht des Cassini und Bernoulli Definition und Meynung von denen Cometen, in seinem Buche Weißheit und Klugheit benahmt, pag. 137.§.31. also aus: Ein Comete ist ein Stern, so einem Fix-Stern zum Centro hat, und in einer so grossen elliptischen Figur um denselben bewegt wird, daß er tief gegen die Sonne zu herab, und endlich wieder hinauf steiget. Ein Comet hat einen Fix-Stern zum Centro: 1) Also bewegt er sich nothwendig eine Zeitlang über ihn, und eine Zeitlang unter ihn; 2) Dannenhero wird er nur von uns gesehen, wenn er so tief herunter steiget, daß er unter die, uns sichtbahre Sphaere der Fix-Sterne kömmt. 3) Also wird er immer grösser erblicket, jeh mehr er nieder steiget, und immer kleiner, je mehr er wieder hinauf steiget. 4) Ja, weil die sichtbahre Herabsteigung das äusserste seiner elliptischen Bewegung ist; so muß sie nothwendig geschwinder unsern Augen nach, geschehen.
Christian Pescheck waren sogar die Rechnungen von Edmund Halley bekannt, der bekanntlich die Wiederkehr des 1682 beobachteten Kometen für das Jahr 1759 vorhergesagt hat (der dann von Johann Georg Palitzsch auch entdeckt wurde). Er schreibt dazu in seinen §. 8 des Kometen-Kapitels:
Der berühmte Mathematicus Herr Newton, hat die obbemeldete Hypothesin des Bernoulli und Cassini nicht allein approbiret, sondern auch dieselbe in seinen Principiis Mathematicis Philosphiae naturalis pag. 439. Der neuen Edition von Anno 1714 dergestalt ausgeführet, daß Hallejus, aus seinen Gründen die Rechnung in den Stand gebracht, wie man den Lauff des Cometen gleich wie andere Planeten, voraus anzeigen könne. Inzwischen hat man doch denjenigen Cometen der An. 1718 vom 18. Januarii an zu Berlin von Herrn Kirchen ist observiret worden, nach des Halleji seiner neuen Cometen-Rechnung nicht vorher ansagen können, woraus zu schliessen, daß seine Rechnung noch nicht zur Vollkommenheit gediehen, und wenn es so weit kommen wird, daß man derer Cometen ihre Erscheinung, sowohl wie der Planeten ihre vorher sagen wird können, alsdenn mögen diejenigen, so es mit Keplero und Hevelio halten, einpacken, und hingegen dem Cassino, Bernoullu, Petito, Montanario, und allen, die es mit ihnen halten, gewonnen geben.
Bei den „Neuen Sternen“ werden relativ ausführlich die Tychonische Supernova von 1572 und die Keplersche Supernova von 1604 behandelt. Außerdem erwähnt er einige schon damals bekannte veränderliche Sterne. Dabei scheint er urtümlich den Andromeda-Nebel auch in diese Sterngruppe einzuordnen. Er kannte offensichtlich die teleskopischen Beobachtungen von Simon Marius, ohne aber selbst von dem „Nebelfleck“ zu wissen:
§.19 In dem Gürtel der Andromedae befindet sich auch ein solcher veränderlicher Stern. Man hat ihn darinnen An. 1612 und 13, als auch An. 1664 observiret. Man pfleget ihn insgemein Nebulolam in cingulo Andromedae zu nennen, weil er nicht so deutlich als andere Fix-Sterne erscheinet.
Interessanterweise scheint Pescheck den 1596 von David Fabricius entdeckten Stern „Mira“ im Sternbild Walfisch jedoch nicht zu kennen.
Im neunten Kapitel werden sehr ausführlich die Aspekte (also z.B. Konjunktion und Opposition) behandelt und ihr Zustandekommen erläutert, bevor dann im „Zehenden Capitel“ eine Gesamtschau über die „Weltgebäude“ – Systematibus Mundi, gewagt wird. Begonnen wird mit dem Ptolemäischen Weltsystem:
§.7 Dieses Systema mundi, haben fast alle Astronomi iederzeit pro viribus defendiret, und an dessen Unrichtigkeit nicht gezweiffelt, biß auf die vor 119 Jahren glückliche Erfindung derer Fern-Gläser, oder Stern-Röhre, durch welche Copernicus seine Unrichtigkeit demonstriret, und erwiesen, daß Venus und Mercurius um die Sonne herum lauffen, dahero von keinem Astronomo mehr dieses Systema aestimiret und gebrauchet wird.
Zugleich schreibt er über das Copernicanische Weltsystem:
§.8 Was das Systema Copernicanum anbelanget, wird dasselbe heutiges Tages fast von allen Astronomis, ob es gleich der heiligen Schrift zuwieder seyn scheinet, vor das allerrichtigste und vernünfftigste approbiret und gehalten.
Danach erfolgt eine ausführliche Beschreibung des Copernicanischen Systems (Pescheck konnte aus der Originalarbeit von Nicolaus Copernicus schöpfen, denn sie war damals in der Zittauer Ratsbibliothek vorhanden – und kann auch heute noch im Altbestand der Christian-Weise-Bibliothek eingesehen werden) und zum Abschluß wird auch noch mit einiger Ausführlichkeit das Weltmodell von Tycho Brahe behandelt. Sehr interessant ist auch zu lesen, welche Kontroverse das Copernicanische System unter den Theologen ausgelöst hat, die wiederum mit dem Tychonischen System offensichtlich keine Probleme hatten.
Die nächsten Kapitel diese aus 630 Seiten bestehenden Buches handeln von den eigentlichen Vorlieben des Autors, und zwar von der Kalenderkunde. Hier hat er offensichtlich alles zusammengetragen, was man damals darüber wußte. Dabei gibt er u.a. die Kalenderdaten aller wichtigen christlichen Feiertage bis 1760 an. Im letzten Teil des Buches werden eine Vielzahl, wir würden heute sagen, Übungsaufgaben, aus der Astronomie vorgestellt und gelöst. Das betrifft z.B. die Bestimmung der geographischen Breite aus Polhöhenmessungen, die Berechnung von Auf- und Untergangszeiten der Sonne für einen gegebenen Ort, die Dauer des Tages und der Nacht für einen bestimmten Tag usw. Im Ganzen sind die 24 Probleme, die hier vorgestellt werden, auch aus heutiger Sicht durchaus recht anspruchsvoll. Der Anhang, welcher das Werk abschließt, enthält eine Liste der geographischen Koordinaten von 600 Städten weltweit sowie ein ausführliches Register und eine Anzahl Kupferstiche, auf die im Text bezug genommen wird.
Der „Vorhof der Stern-Wissenschaft“ verrät, daß sein Autor aus sehr vielen Quellen schöpfen konnte, die er aber im Buch nicht einzeln angegeben hat. Sie sind aber rekonstruierbar. Magister Christian Pescheck, über dessen Leben ich noch ausführlich berichten werde, war von 1704 an Lehrer am Zittauer Gymnasium und hatte damit auch Zugang zur Zittauer Ratsbibliothek, die seit Christian Weises (1642-1708) Zeiten vom Gymnasium verwaltet wurde. Sie befand sich seit 1709 im Heffter-Bau des ehemaligen Jesuiten-Klosters, der heute zum Zittauer Stadtmuseum gehört. Diese Bibliothek ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert und es gäbe viel darüber zu berichten. Hier sollen aber nur die astronomischen Bücher interessieren, die in ihr in außergewöhnlich großer Zahl vorhanden waren (ein beträchtlicher Teil davon hat die Zeiten überdauert und kann heute im Altbestand der Christian Weise Bibliothek eingesehen werden). Folgende Liste führt einige wenige Werke an, auf die Christian Pescheck bei der Abfassung seines Lehrbuches zurückgreifen konnte:
Nicolaus Copernicus „De lateribus et angulis triangulorum“ (1542) (nicht mehr vorhanden)
Tycho Brahe „De mundi aetherei recentioribus Phaenomenis, Liber Secundus …“ (1610)
Tycho Brahe „Epistolarum astronomicarum Libri …“ (1610)
Tycho Brahe „Astronomiae instauratae Progymnasmata …" (1602)
Tycho Brahe "De mundi aetherei recentioribus Phaenomenis …" (1603)
Dieser Band ist nicht mehr vorhanden. Er ist vermutlich der „Bestandsbereinigung“ Mitte der 80ziger Jahre zum Zwecke der geheimen Devisenbeschaffung der DDR (wie Copernicus sein Werk auch, welches aber wiedererlangt werden konnte) zum Opfer gefallen.
Johannes Kepler „Harmonices Mundi …“ (1619)
Johannes Kepler „Nova Stereometria …“ (1615)
Johannes Kepler „Auszug auß der Uralten Mese Kunst Archimedis …“ (1616)
Johannes Kepler „Epistolae ad Johannem Kepplerum …“ (1718)
Johannes Kepler „De Stella Nova …“ (1606)
Johannes Kepler “De Iesu Christi Servatoris Nostri …” (1606)
Johannes Kepler “Tabulae Manuales Logarithmicae …” (1700)
Johannes Kepler “Epitome Astronomiae Copernicanae …” (1618)
Galileo Galilei “Philosophi ac Mathematici summi Systema Cosmicum …” (1699)
Galileo Galilei “Discursus et Demonstrationes Mathematicae …“ (1699)
Die beiden folgenden Bände gelangten erst nach Christian Peschecks Tod in die Zittauer Bibliothek:
Galileo Galilei „Sidereus nuncius …“ (1653)
Galileo Galilei “Dialogo di Galileio Galilei Linceo matematico sopraordinario …” (1632)
(Auskunft Herr Kahl, Leiter des Altbestandes der Christian Weise Bibliothek in Zittau)
Wer war nun dieser Christian Pescheck, der zu Beginn des 18. Jahrhunderts die Himmelskunde als lohnendes Lehrfach auch für Gymnasien (und nicht nur Universitäten) entdeckte?
Eigentlich muß man mit seinen Vorfahren beginnen, die einem einmal sehr angesehenen böhmischen Bauerngeschlecht mit Namen Peschirschka angehörten und die im Zuge der Gegenreformation in der Mitte des Dreißigjährigen Krieges aus ihrer Heimat vertrieben wurden, weil sie nicht ihren hussitischen / protestantischen Glauben ablegen wollten. Sie fanden als Exulanten eine neue Heimat in Kursachsen und bildeten auch in Zittau damals eine große tschechische, zweisprachige Gemeinde.
Sein Urgroßvater, Christoph Pescheck, ein protestantischer Bauer aus dem Dorf Grusitz bei Königsgrätz, hat nicht schnell genug fliehen können, und erfuhr deshalb die ganze Menschenliebe der Jesuiten am eigenen Leibe, die versuchten mit Haft (wahrscheinlich auf der Burg Frimburg bei Nachod) und grausamer Folter ihn wieder zum Katholizismus zu bekehren. Er hielt dem Stand und starb als Märtyrer der protestantischen Lehre. Sein Sohn konnte glücklicherweise nach Sachsen entkommen, wo er, wie viele böhmische Exulanten, eine neue Heimat unter Glaubensgenossen fand. Dessen Sohn, Christoph Pescheck, wurde Musiker. Er lebte erst eine zeitlang in Königsgrätz in Böhmen, mußte dann aber auch um der evangelischen Lehre wegen von dort fliehen. Sein erstes Ziel war Schlesien. Dann ließ er sich aber endgültig in der Sechsstadt Zittau nieder, wo er in Pethau lebte und dort ein angesehener Bürger wurde. Ihm ist am 31. Juli 1676 (wahrscheinlich als er noch in Königsgrätz weilte) sein Sohn Christian geboren worden, der später ein über Deutschland hinaus berühmter „Rechenmeister“ werden sollte, den man lange noch in einem Atemzug mit Adam Ries zu nennen pflegte („richtig nach Adam Riese und Pescheck“). Seine Schulbildung erhielt er in Zittau. Er konnte die Schule zwar 1690 abschließen, aber ein Studium blieb ihm wegen der Erkrankung seiner Eltern erst einmal verwehrt. Er nahm stattdessen eine Stellung als Kopist bei einem Rechtskonsulenten in Budissin (dem heutigen Bautzen) an. Während dieser Zeit besuchte er Privatstunden beim Rektor des Bautzner Gymnasiums mit Namen Rosenberg. Ungefähr ein Jahr später kehrte er nach Zittau zurück, wo er bei einem befreundeten ungarischen Gymnasiasten seine Lateinkenntnisse verbesserte. Dieser riet ihn zu einer Studienreise nach Ungarn, die er dann auch mangels Geldmittel (es heißt, er habe nur einen Taler Wegzehrung besessen) im Jahre 1693 zu Fuß antrat. In Birkenhain in den Karpaten (heute Brezova pod Bradlom in der Slowakei) gelang es ihm, in dessen Schule unterzukommen, nach dem seine Bittschrift aufgrund seiner schönen Handschrift von der Baronesse Catharina Sidonia von Ostrpschitz mit Wohlwollen angenommen wurde. Ihr konnte er ein ganzes Jahr als Schreiber und Bediensteter dienen. Sein Weg führte ihn weiter in die Stadt Trentschin (heute Trencin) am Rande der Weißen Karpaten, wo er die evangelische Schule besuchte. Seine außergewöhnlichen Rechenfertigkeiten verhalfen schließlich Christian Pescheck zu einer Anstellung bei zwei begüterten Kaufleuten, deren Kinder er in Schreiben und Rechnen unterrichten mußte. Auf diese Weise verschaffte er sich die Voraussetzungen, die ihm ab 1698 an der damals sehr berühmten Universität zu Wittenberg ein Studium der Theologie ermöglichte, das er durch Schreib- und Rechenarbeiten finanzierte. Seinen akademischen Titel als Magister erlangte er im Jahre 1707, als er längst Mathematik-Lehrer am Zittauer Gymnasium war. Zuvor ist er im Jahre 1700 wieder in die Oberlausitz zurückgekehrt, arbeitete eine zeitlang als Prediger bei der Böhmischen Gemeinde in Neusalza bis er 1704 aufgrund seiner außergewöhnlichen Fähigkeiten auf dem Gebiet der Rechenkunst eine Anstellung als öffentlicher (d.h. von der Stadt bezahlter) Lehrer in seiner Heimatstadt Zittau fand, wo er dann 40 weitere Jahre wirkte.
Ab 1707 beginnt seine überaus umfangreiche schriftstellerische Tätigkeit als Autor insbesondere auf dem Gebiet der praktischen Mathematik und der Rechenkunst. Allein in diesem Jahr erscheinen von ihm die Bücher
Die Regulam de Tri in Gebrochenen Zahlen
Welsche Practic in Ganzen und Gebrochenen Zahlen
(alle erschienen in Görlitz).
Damit begründete er seinen Ruf als Rechenmeister und galt lange Zeit als der große Nachfolger des Adam Ries (1492-1559) in Deutschland. Für ihn stand immer das praktische Rechnen, die Fertigkeit mit Zahlen umzugehen, im Vordergrund und weniger die mathematische Grundlagenforschung, wie sie z.B. von den Brüdern Bernoulli oder Leonhard Euler, betrieben wurde. Deshalb fanden seine im Laufe der Zeit entstandenen Lehrbücher, wie z.B. der „Vorhof der Rechenkunst“ oder die „Allgemeine Deutsche Rechen-Stunden“, große Verbreitung und wurden auch noch vielmals nach seinem Tode, bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein, immer wieder neu aufgelegt. Insgesamt sind von ihm rund 40 verschiedene Bücher, z.T. in für die damalige Zeit sehr großen Auflagen, veröffentlicht worden. Darunter auch Bücher zur Unterhaltungsmathematik ("Arithmetische und geometrische Erquickungsstunden", 1726).
In der Astronomie hat er sich dahingehend einen Namen gemacht, daß er mit seinem „Vorhof zur Stern-Wissenschaft“ das erste für Schulen brauchbare Astronomie-Lehrbuch in Deutschland herausgebracht hat. Er führte quasi den „Astronomieunterricht“ – ergänzt durch praktische Beobachtungen des Sternhimmels, wie auf dem Kupferstich des alten Zittauer Gymnasiums zu sehen ist – in die gymnasiale Ausbildung ein. Eine Tradition, die 2007 durch den unsäglichen, gegen den Willen der Bevölkerung von der sächsischen Landesregierung durchgesetzten Beschluß zur Abschaffung des eigenständigen Astronomieunterrichts an Gymnasien in Sachsen, gebrochen wurde. Sein Lehrbuch, welches im Gegensatz zu anderen damals verfügbaren Werken zur Astronomie nicht in Latein, sondern in Deutsch, und dazu noch, wir würden heute sagen, auf einem höheren populärwissenschaftlichen Niveau geschrieben war, diente auch weniger bemittelten Menschen als Wissensquelle. Hier sei an erster Stelle der Landwirt Johann George Palitzsch (1723-1788) aus Prohlis bei Dresden genannt, der nachweislich einen großen Teil seines astronomischen Wissens (er wurde auch „Bauernastronom“ genannt und hat z.B. die aus Amerika stammende Kartoffel in Sachsen eingeführt) und seiner Motivation zu Himmelsbeobachtungen des Studiums des vorgestellten Lehrbuchs verdankte. Er wurde schlagartig berühmt, als er am 25. Dezember 1758 den wieder in Sonnennähe gelangten Halleyschen Kometen als Erster auffand.
Sein praktisches und handwerkliches Geschick hat Christian Pescheck auch in Bau und Konstruktion eines mechanischen „Planetariums“ zur Veranschaulichung des Copernicanischen und des Tychonischen Weltsystems bewiesen. Ob es die Zeiten überdauert hat, ist mir leider nicht bekannt. Auch scheint er sich, wie man aus dem entsprechenden Kapitel seines „Vorhofs ...“ entnehmen kann, mit der Konstruktion und dem Bau von Himmelsgloben beschäftigt zu haben.
1733 erschien von ihm ein weiteres, im gewissen Sinne astronomiebezogenes Werk in Budessin: „Vorhof der Sonen-Uhrkunst, darinnen die Funf Regulair Sonenuhren“.
Den größten Teil seiner Bücher betreffen, wie bereits mehrfach erwähnt, die Rechenkunst - aber nicht nur. Er übersetzte eine ganze Anzahl theologischer Schriften aus der böhmischen in die deutsche Sprache. Dichtete Kirchenlieder sowie erbauliche Gedichte und förderte den Gottesdienst der Exulanten in böhmischer Sprache. Ja er selbst trat mehrfach (z.B. am Reformationstag) als hoch verehrter und gefeierter Prediger vor der damals sehr zahlreichen Zittauer Exulantengemeinde auf, insbesondere, weil er auch in deren Muttersprache predigen konnte. Weiterhin war Christian Pescheck mittelbar an der (damals verbotenen) Verbreitung protestantischer Schriften in Böhmen beteiligt, in dem er z.B. ein Vorwort für ein „Böhmisches Neues Testament“ (1720) schrieb, welches in Zittau gedruckt und von dem damals sehr bekannten Buchhändler Wenzel Kleych in das streng katholische Böhmen geschmuggelt wurde. Auch das von Kantor Miller editierte "Böhmische Gesangbuch" von 1710 enthält eine Vorrede Peschecks.
Von seinen zahlreichen Schulschriften sei noch sein zweiteiliger „Vorhof zur Schreibkunst“ und sein „Anfahender lateonischer Schüler“ genannt. Am Zittauer Gymnasium gründete er ein Collegium mathematicum, von dem viele Impulse für den Mathematikunterricht in Sachsen und Böhmen ausgingen.
Christian Pescheck war dreimal verheiratet. Sein jüngster Sohn, Christian August (1721-1747) begründete dann die eigentliche Gelehrtendynastie der Peschecks. Er war der Vater von Christian Adolph Pescheck (1752-1826), der besonders durch seine Erforschung der Gegenreformation in Böhmen sowie durch eine Vielzahl heimatgeschichtlicher Forschungen (z.B. über die Geschichte der Cölestiner-Mönche auf dem Oybin) berühmt geworden ist. Auf dem Berg Oybin im Zittauer Gebirge kann man noch heute seine Büste als Denkmal sehen.
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