Freitag, 18. Mai 2012

Auf Gebhard Leberecht von Blücher's Spuren im Skalatal am Männertag...



Die Gegend hinter Löbau - um Kittlitz und Hochkirch - ist ein geschichtsträchtiges Pflaster. Am gestrigen Männertag haben wir wieder einmal diese Gelegenheit genutzt, um die Georgewitzer Skala mit ihrer "Steingemauerten Mühle" zu besuchen, also den Ort, an dem Marschall Gebhard Leberecht von Blücher zwischen dem 23. Mai und 26. Mai 1813 genächtigt hat, und das kam so (ich muß hier etwas weiter ausholen, um dieses ansonsten nicht sonderlich denkwürdige Ereignis - denn nächtigen mußte man ja immer irgendwo - aus der Zeit der Befreiungskriege auch richtig würdigen zu können):


Wer mit den Namen und den Begriffen, die eigentlich jeder kennen sollte, nichts anfangen kann, für diejenigen habe ich mir erlaubt, meine Zeilen zu verwikipedieren...


Es geht um die Schlacht bei Hochkirch - einem kleinen Dorf zwischen Löbau und Bautzen, welches zuvor schon viele Schlachten gesehen hat (Wallenstein im 30-jährigen Krieg und der "Alte Fritz" im Siebenjährigen Krieg haben hier ihre Landsknechte bzw. Soldaten verheizt - und zuletzt auch noch die "Rote Armee" 1945). Für den Militärhistoriker ist in diesem Zusammenhang sogar eher noch der "Wohlaer Berg" als denkwürdige,  strategisch wichtige Landmarke ein Begriff.



Nun ja, am 4. September vor 199 Jahren stürmten die Truppen Napoleon Bonapartes in dichten Kolonnen vom Steindörfel aus kommend die Höhen bei Hochkirch. Auf Befehl Marschall Blüchers hatten jedoch die preußischen Soldaten bereits den Ort verlassen, um sich vor der französischen Übermacht nach Osten zurückzuziehen - immer verfolgt von den Truppen des französischen Marschalls Jacques MacDonald´s (er war im bürgerlichen Leben kein Gastronom, wie man vielleicht denken könnte, sondern Kammerherr und Senator!). Am Wohlaer Berg, der auf der Panoramaaufnahme des letzten Blogbeitrags auszumachen ist, stieß er jedoch auf erbitterten Widerstand eines Grenadierbatallions unter dem Befehl des preußischen Majors Wilhelm Hiller von Gärtringen. Der Wohlaer Berg war bei der Schlacht bei Bautzen am 20. und 21. Mai 1813 schon einmal verteidigt worden, nur in diesem Fall von den russischen Verbündeten Preußens unter General Illarion Wassiljewitsch Wassiltschikow. Als die Schlacht vorbei war, begab sich unser Blücher zur "Gemauerten Mühle" um zu ruhen und um Jahrhunderte später diesen Ort geschichtsinteressierten Mitbürgern als Anlaufstelle anzuempfehlen sowie um das Wirtspaar zum "Skalatal" in Zukunft kontinuierlich mit Gästen zu versorgen, die auch mal sehen wollen, wo Marschall Blücher geschlafen hat. Letzteres scheint aber auch nicht immer erwünscht zu sein, denn am Männertag konnte man folgendes Schild lesen:



Wahrscheinlich sind sie Aufstocker (unabhängig davon ist das "Lausitzer Porter" der Bergquell-Brauerei in Löbau durchaus zu empfehlen).


Aber nun wieder 199 Jahre zurück. Schon am 2. September war das Gebiet von Wohla bis Weißenberg von Wassiltschikow's Truppen besetzt. Einen Tag später erschien Napoleon hoch zu Roß in Bautzen, um den weiteren Verlauf des Angriffs selbst in die Hand zu nehmen. Die Verbündeten bekamen es mit der Angst zu tun und begannen sich in Richtung Reichenbach (auf dem genannten Panoramabild auch sehr gut auszumachen, das Stadtbild wird durch die vielen dahinter stehenden Windmühlen geprägt) abzusetzen. Aber damit wurde nichts, den Blücher und Wassiltschikow befahlen "kehrt Marsch", um die Franzosen bei der Überquerung des Wohlaner Berges zu hindern. Die Franzosen griffen mit starken Kräften immer wieder an, nahmen den Berg (ich würde sagen, da ich ihn kenne, eher ein "Hügel") in die Zange und versuchten die preußischen Grenadiere einzukesseln. Napoleon sah sich mit Wohlwollen an, wie sich die Ereignisse entwickelten. Aber gegen Abend gingen die Verteidiger unter Major von Gärtringen zum Gegenangriff über. Drei Stunden lang verteidigten seine Grenadiere erfolgreich den unscheinbaren Hügel gegen die französische Übermacht. Der Kaiser ritt von Hochkirch aus schnurstracks zum Fuß des "Berges", um nun  selbst - aber ohne sonderliche Erfolge - den Angriff seiner Soldaten zu leiten. Für die Preußen und ihre Verbündeten waren diese Kämpfe dahingehend von größter Bedeutung, daß sie sich dadurch quasi unbehelligt von den Franzosen nach Osten (genauer nach Görlitz, auch schön auf dem Panoramafoto zu sehen - links neben der Görlitzer Landeskrone) absetzen und dort wieder sammeln konnten. Als es dann abends gegen 9 Uhr so duster geworden war (es war Donnerstag und ungefähr 2 Tage vor Halbmond (zunehmendes Viertel)), daß selbst der Feldherr sein "Schlachtfeld" nicht mehr übersehen konnte, ließ er die Kampfhandlungen einstellen. Damit hatten die preußischen Truppen ihre Aufgabe vorbildlich erfüllt. Das brachte Major von Gärtringen 197 Jahre später ein schönes Denkmal am Ortseingang von Wohla und seinen Soldaten zeitnah ein Lob von Marschall Blücher ein. 


Das Gefecht auf dem Wohlaer Berge (dem "Feldherrnhügel" der Oberlausitz) kostete den Verbündeten immerhin rund 400 Tote. Den Hügel selbst erklomm Napoleon am 5. September 1813 zu Pferde - wahrscheinlich um die schöne Aussicht zu geniesen. Zuvor hatte er in Hochkirch übernachtet - ich vermute im Gasthof zum "Alten Fritz", den er ja bekanntlich sehr verehrte...



Am 10. September 1813 biwakierte die französische Armee wieder bei Kittlitz und Unwürde. Zuvor waren von Schlesien kommend endlose Kolonnen russischer Kosaken eingetroffen, die sich nach Bernstadt begaben, um dort beim Gashof "Zum Russen" zu rasten. Damals hieß der Gasthof natürlich noch nicht so. Als aber der Krieg vorbei war (d.h. nach Waterloo), hatten ein paar Russen keine Lust mehr, zurück nach Rußland zu marschieren (was ihnen bei diesen Entfernungen auch nicht zu verdenken ist). Also blieben sie hier, bauten ein paar "Russenhäuser" und vergnügten sich - wenn sich eine Gelegenheit dazu bot - im Gasthof "Zum Russen". Die "Russenhäuser" gibt es noch heute aber "die Russen" sind über die Generationen hinweg völlig assimiliert worden. Höchstens ein paar fremdländisch klingende Namen im Telefonbuch von Bernstadt und Umgebung erinnern noch an sie.


Aber zurück zur russischen Armee, die sich bei Löbau mit den Kampfeinheiten des polnischen Marschalls Poniatowski's vereinigte um dann (am 8.9.1813) gegen die Franzosen loszuschlagen. Abends gegen 7 Uhr war Ebersdorf bei Löbau völlig ausgebrannt, viele Kanonenkugeln richteten Schäden in der Stadt Löbau an und rund 4000 tote Soldaten und Offiziere säumten das Schlachtfeld. Wie es dann weiterging (man zog weiter gen Leipzig, um dort Mitte Oktober die Völkerschlacht zu zelebrieren), können Sie in diversen Geschichtsbüchern nachlesen...





Ein paar übrig gebliebene Kanonenkugeln ...



Die Georgewitzer Skala, ein enges Felsental, welches das Löbauer Wasser seit der letzten Eiszeit in den harten Granodiorit eingefräst hat, liegt unweit einer uralten Straße, der Via Regia Lusatiae Superioris (hier kurz Strata antiqua Lusatiae genannt - sie führte über Reichenbach und Jauernick-Buschbach nach Görlitz, zum ersten Mal um 1241 erwähnt).



Auf ihr sind im Laufe der Zeit viele Herrscher  entlanggezogen...


Ob sie dabei auch Rast hier in dem engen Tal gemacht haben, ist nicht überliefert (ihre Bilder finden sich an der Fassade eines Gebäudes neben der alten Mühle).




Die seit 1425 bestehende Wassermühle ist im Laufe der Zeit mehrmals abgebrannt, aber immer wieder aufgebaut worden - das letzte Mal 1820...


Die Mühle malt jedoch schon lange kein Korn mehr. Es wird ja auch kein Brotgetreide mehr angebaut. Nur noch Raps und Mais. Aber ein Mühlstein ist noch zu besichtigen:


Überquert man die Brücke neben dem Gasthaus "Skalatal"


dann findet man eine hübsche Anzahl bunt bemalter ehemaliger Haustierbehausungen...


In einem von Ihnen lebt (wirklich, ernsthaft, auch im Winter bei minus 20°) der Waldmensch Öff Öff. Hier seine Villa Hühnerglück:



Er gehört der Wikipedia-unbekannten Schenkerbewegung an. Aber gut, wem's Spaß macht. Wie man einer Notiz an der Eingangstür entnehmen konnte, weilt er z.Z. nicht in der Skala. Die Essensreste (Nudeln) auf dem Tisch lassen aber vermuten, daß Öff Öff erst seit wenigen Wochen außer Haus ist...

Schöner anzusehen sind da schon die Bronzestatuen, die der tschechische Künstler Ladislav Hlina hier ausgestellt hat - hier ein besonders gelungenes Beispiel:


Hoffentlich werden sie nicht mal von den "Buntmetallsammlern" entdeckt, die des nachts in unserer Gegend gewöhnlich die kupfernen Regenrinnen von den Kirchen und den metallenen Zierrat von den Grabplatten der Friedhöfe abmontieren...

Über die Skala, über die Reste der alten slawischen Burganlage Bielplatz (um das Jahr 1000 angelegt),


über die wunderbare Natur (gerade jetzt im Frühjahr)


sowie über alte Sagen 


könnte ich noch viel erzählen. Aber nicht mehr heute, denn jetzt kommt die Heute-Show im ZDF ...


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