Das kleine Städtchen Böhmisch-Kamnitz wird landschaftlich
durch seinen Hausberg, wegen seiner Burgruine auf dem Gipfel kurz
„Schloßberg“ (Zámecký vrch) genannt,
geprägt. Der 530 m hohe Basaltberg – die Reste eines ehemaligen Vulkans aus dem
Miozän – fällt durch seine weiche ebenmäßige, oben abgerundete Kegelform schon von weitem auf und
man erkennt – besonders in der Zeit, wo die Laubbäume, die den Berg zieren,
ihre Blätter abgeworfen haben – daß sich auf seinem Gipfel eine mächtige Ruine
befinden muß. Das allein sollte schon Grund genug sein, diesen Berg einmal zu
besteigen.
Der Anstieg gestaltet sich – je nach dem, welchen der beiden
Aufstiege man wählt, mehr oder weniger beschwerlich. Die Hänge des recht
steilen Berges bedecken ausgedehnte Blockfelder, die durch Verwitterung der
überall anstehenden Basaltsäulen in der letzten Eiszeit entstanden sind. Sie
bilden jedoch keine geschlossenen, baumfreien Flächen wie auf dem nicht weit
entfernten Kaltenberg, sondern sind locker von Laubbäumen und vereinzelt auch
Kiefern durchsetzt. Der Gipfelbereich besteht aus mächtigen Gipfelklippen , die
aus massiven Blöcken horizontal liegender Basaltsäulen bestehen und die dazumal
die Ostseite der Burg besser schützten als die mittlerweile fast verschwundene Ringmauer
um den Gipfel.
Sobald man den ehemaligen Burghof auf dem Gipfel erreicht
hat, steht vor einem wie ein mächtiger Klotz das ehemalige Palais. Man kann
heute noch anhand der Fensteröffnungen der über 1 m starken Mauern auf
mindestens 4 Etagen schließen. Ein kurzer Weg führt dann die letzten Meter bis zur
Türöffnung, über die man in das Innere des Palais gelangt. Dort erscheint einen
der Innenraum dann gar nicht mehr so groß. Man erkennt noch zwei Eisenträger,
die die dort ehemals eingerichtete Gaststätte getragen haben, sowie den neuen
Holzturm, deren 56 Stufen man unbedingt besteigen sollte, um von oben die freie
Sicht auf die Orte und Berge der Umgebung zu genießen.
Über die Geschichte dieser mittelalterlichen Wehranlage hat
sich interessanterweise nur relativ wenig überliefert. So ist nicht einmal
bekannt, wann sie genau errichtet wurde. Man kann aber indirekt auf ein
ungefähres Alter von ~570 Jahre
schließen, wenn man davon ausgeht – und es gibt begründete Hinweise darauf –
daß es sich um einen Ersatzbau für die anläßlich einer Strafexpedition
der Oberlausitzer Sechsstädte im Jahre 1440 zerstörte, unweit auf einen hohen
Felsen am Kamnitzbach erbaute Burg Fridewald gehandelt hat. Ein paar wenige
Mauern von ihr kann man noch heute besichtigen…
Quelle Google-Maps
Die damals sicherlich schon fast 100 Jahre alte Burg
Fridewald (oder Fredewald, heute nur noch „Wüstes Schloß“ genannt) gehörte
zuletzt Siegmund I von Wartenberg und seinen Söhnen, die in jener unruhigen
Zeit landesüblich als „Raubritter“ in Erscheinung traten. Währen Sigmund I von
Wartenberg in den blutigen Hussitenkriegen von sich reden machte und bereits
1438 im Kerker des Schlosses Neuhaus (Jindřichův Hradec) als noch rüstiger Krieger sein Leben ließ,
begannen seine Söhne von Tetschen aus Raubzüge in die Oberlausitz zu
unternehmen, was zu der genannten Strafexpedition der Sechsstädte geführt hat. Deshalb ist es
sicherlich nicht falsch anzunehmen, daß von den Tetschener Wartenbergern die
Initiative ausging, auf dem nahe gelegenen Kamnitzer Berg eine neue, noch
stärker befestigte Burg anzulegen. Das könnte so in den Jahren 1441 bis 1442
gewesen sein, denn bereits im Jahre 1442 wurde auch diese Burg von den
Oberlausitzern belagert – aber nur mit mäßigem Erfolg, wie man den Annalen
entnehmen kann. Man spricht darin von dem „newen hus kamnitz“, was sicherlich
auf einen Ersatzbau für die Burg Fridewald hinweisen sollte. Aber bereits 2 Jahre später, im Jahre 1444,
erschienen die Oberlausitzer wieder vor deren Mauern und nahmen sie mit hoher
Wahrscheinlichkeit auch glücklich ein. Es ist anzunehmen, daß dabei die Burg
großen Schaden nahm, vielleicht sogar
völlig zerstört wurde. Auf jeden Fall wurde aber die Stadt Böhmisch-Kamnitz bei
dieser Gelegenheit abgebrannt, die damals bis auf ganz wenige Ausnahmen aus
Holzbauten bestand (das seit 1380 bestehende Stadtregister erwähnt erst seit
1411 Steinhäuser). Es ist aber auch anzunehmen, daß Stadt und Burg im Anschluß an diese Katastrophe schnell wieder aufgebaut wurde. Darüber
haben sich jedoch keine schriftlichen Aufzeichnungen erhalten. Erst im Jahre 1515 wird die
Burg in einer Kaufurkunde wieder erwähnt. Man kann vermuten, daß bis zu diesem
Zeitpunkt Mitglieder der Famile Wartenberg das „Schloß“ bewohnt hatten, es
ihnen aber zu unbequem wurde und sie deshalb ein komfortableres Schloß in
Kamnitz selbst erbauen ließen. Als deren Bauherr wird Heinrich I von Wartenberg
genannt.
Es kann gut sein, daß seitdem dem Zerfallsfortschritt der
Gebäude auf dem Schloßberg nur noch halbherzig begegnet wurde. Jedenfalls wird
es im Jahre 1614 als „wüst“ bezeichnet, was bedeutet, daß es damals schon
ziemlich heruntergekommen und nicht mehr bewohnt war.
Eine gewisse Bedeutung erlangte die Burg Kempnitz noch
einmal als Schutzburg für die umgebende Bevölkerung sowie als militärische
Festung der kaiserlichen Truppen während des Dreißigjährigen Krieges. Dieser
für die deutschen Landen verheerendste Krieg aller Kriege besiegelte auch das
Schicksal der Gemäuer auf dem Böhmisch-Kamnitzer Schloßberg: Sie wurden im
Jahre 1639 von den Schweden belagert, mit Kanonen beschossen (bei Nachgrabungen
im 19. Jahrhundert hat man noch Steinkugeln, die von dieser Belagerung künden,
gefunden) und schließlich niedergebrannt. In den folgenden Jahrhunderten wurden
nach und nach die Burgmauern zur Steinegewinnung abgetragen, so daß sich davon
nur noch wenige und an vielen Stellen überhaupt keine sichtbaren Reste mehr
erhalten haben. Es läßt sich weder die Position des ehemaligen Burgtors noch
diverser Nebengebäude rekonstruieren. Nur der mächtige, heute noch vier
Stockwerke hohe Palast mit seinen meterdicken Fassadenmauern hat die Zeiten
überdauert. Er stellt im Grundriß ein Rechteck dar, dessen Mitte wahrscheinlich
durch eine Quermauer einst in zwei Hälften geteilt wurde. Südlich und östlich von
diesem Gebäude sind noch einige spärliche Reste der Ringmauer, die einst die
stattliche Burg umgeben hat, auszumachen.
1881 gründete sich in Böhmisch Kamnitz ein „Burg-Verschönerungsverein“,
deren Ziel es war, die Burgruine für Besucher wieder zugänglich zu machen. Sie
setzte den Aufstieg auf den Berg instand, initiierte Erhaltungsmaßnahmen an der
Burgruine und erbaute im Jahre 1891 direkt im Palais aus Holz eine Gaststätte mit
einem 16 m hohen Aussichtsturm sowie 1910 einen Prunkraum, den man Rittersaal
nannte und der gern für Familienfeiern genutzt wurde.
Nach dem zweiten Weltkrieg zerfiel die
Restauration, so daß bis auf zwei großen Eisenträger zwischen den
Palast-Innenwänden nichts mehr an sie erinnert.
Aber 1998 bauten Enthusiasten aus der Umgebung zusammen mit dem „Freundeskreis Böhmisch-Kamnitzer Schloßberg“ einen neuen geschlossenen und überdachten Aussichtsturm, von wo man – geführt mit beschrifteten Bildtafeln an den Fenstern – die Berge und Orte der nahen und fernen Umgebung kennenlernen kann.
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