Ein Gastbeitrag von Björn Ehrlich, Zittau-Hörnitz und Holger Totz, Herrnhut.
Südlich des weithin sichtbaren Rollberges (Ralsko) erstreckt sich das sogenannte Rollberg-Hügelland (Ralská pahorkatina). Dieses dünn besiedelte Gebiet, etwa gelegen zwischen Niemes (Mimon), Münchengrätz (Mnichovo Hradiste) und Böhmisch Aicha (Český Dub) diente nach dem zweiten Weltkrieg zunächst der tschechischen Armee als Truppenübungsplatz. Von 1969 bis 1991 waren in diesem Gelände russische Truppen stationiert, die bei Niemes einen der größten europäischen Militärflugplätze mit einer Startbahn von 2700 m Länge betrieben. Neben Luftkampfgeschwadern sollen hier auch Atomsprengköpfe gelagert gewesen sein. Die Landebahn des Flugplatz war auch als Ersatzpiste für den sowjetischen Raumgleiter Buran verwendbar, der aber nur einmal unbemannt zum Einsatz kam und dessen Entwicklung aus Kostengründen eingestellt wurde. In dem militärisch besetzten Gebiet verschwanden fast alle früheren Ortschaften bzw. es wurden Wohnungen und Unterkünften für russisches Militärpersonal geschaffen. Es sollen bis zu 20.000 Armeeangehörige hier stationiert gewesen sein. Die Russen zeigten bei Abzug keine Verantwortung für die Entsorgung des Übungsplatzes und die Beseitigung der enormen Schäden, die hier an Landschaft und Natur angerichtet wurden. So verblieben enorme Mengen an Treibstoff und Munition sowie die Ruinen der Behausungen, wodurch den Tschechen eine unangenehme Erblast aufgebürdet wurde. Einige Bereiche sind derart schwer kontaminiert, daß eine vollständige Sanierung nicht durchgeführt werden kann und diese Areale gesperrt bleiben.
Das war die schlechte Botschaft und nun die gute :
Da das Sperrgebiet Jahrzehnte weitgehend unberührt war, konnten sich hier zahlreiche Biotope entwickeln und nach wie vor ist die Gegend vom Tourismus weitgehend unberührt, ein guter Grund, diese Landschaft einmal zu erkunden. In Kummer (Hradcany) wurde ein Informationszentrum eingerichtet, an dem man auch den PKW abstellen kann. Hauptziel unserer Wanderung sind der Kleine (Velka) und der Große Buchberg (Mala Bukova). Die Berge erheben sich markant zwischen Roll und Bösigen (Bezděz) aus der eigentlich ebenen Landschaft. Gleichwohl ist die Tour sehr abwechslungsreich, denn zunächst durchwandern wir das Teichgebiet (Hradčanské rybníky) um Kummer, welches sich wie eine Perlenschnur entlang des Kummerbaches aufreiht. Irgendwie haben wir uns für den falschen Aufstieg auf den Kleinen Buchberg entschieden, denn der Weg zieht extrem steil dem Gipfel zu. Die Mühe ist aber schnell vergessen, weil man vom Gipfel des Kleinen Buchberges eine herrliche Sicht über Kummergebirge (Hradčanské stěny oder Polomené hory) und Heideteich (Břehyně-Pecopala ) hat. Rudolf Kauschka weiß das folgendermaßen zu würdigen :
'Vielleicht aber ist nichts schöner, als an einem Herbst- oder Frühlingsabende auf dem Kleinen Buchberge zu liegen und von der hoch über dem Buchenwald gehobenen Kanzel eines leicht ersteigbaren Sandsteinfelsen die Ruhe jener weiten Wälder- und Seenflächen zu trinken, über denen der Tag verdämmert.'
Über einen kleinen Sattel erreicht man den Großen Buchberg, von dessen Gipfel die Sicht etwas eingeschränkt und bestenfalls nach Norden frei ist. Aber auf dem Wege dahin tauchen über dem Wald die Bösigberge sowie im Norden der Roll auf. Die von hier einsehbare bereits erwähnte Landebahn erfreut bestenfalls flugsportbegeisterte Menschen. Östlich des Buchberges liegt die Ortschaft Hühnerwasser (Kurivody). Hier fand im Deutschen Krieg am 28.06.1866 ein Vorgeplänkel zwischen Preußen und Österreichern statt, wenige Tage vor der entscheidenden Schlacht bei Königgrätz.
Auf dem Weg in Richtung Kummergebirge passieren wir einen der alten Flecken, die von der Landkarte verschwunden sind und an die bestenfalls noch eine Tafel im Gelände erinnert, so der Ort Strassdorf. Über den Wipfeln der Bäume sind die Bösige unsere ständigen Begleiter. Je mehr wir uns dem Kummergebirge nähern, um so mehr erinnert der Weg an einen Graben, der beiderseits von Felsgalerien gesäumt ist. Die ehemalige Sandsteinplatte des Kummergebirges ist durch ein solches 'Grabensystem' zerfurcht und auch dies kann man nicht besser beschreiben, als es Kauschka vermochte:
'Die hundert Gründe, die von allen Seiten in den Horst des Kummergebirges einschneiden - einer der schönsten und bekanntesten ist der Hohlsteingraben - sind da und dort voller Felsschönheiten, aber freistehende Türme befinden sich nirgends; nur versteckt in den Gründen des Bahunberges und der Schanze steht in ungestörter Einsamkeit manch wohlgeformter Fels. ... Es (das Kummergebirge) ist das Gebirge der großen, schwermutsvollen Teiche, der unvergleichlichen, hohen Buchenwälder und der sandigen Kiefernforste, so mannigfaltig an Schönheit wie kaum ein anderes unserer Heimat.'
Das möchten wir gern bestätigen.
Im Gebiet der Kummer-Teiche...
Auf dem Gipfel des Kleinen Buchberges...
Blick zum Großen Buchberg
Gipfel des Kleinen Buchberg
Blick zum Heideteich
Der Große und der Kleine Bösig...
Blick in Richtung Lausitzer Gebirge; ,Mitte ehemaliger Militärflugplatz, rechts der Rollberg...
Weg zwischen dem Kleinen und dem Großen Buchberg
Sandsteinfelsen auf dem Weg ins Kummergebirge
Im Kummergebirge...
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