Sonntag, 19. Januar 2014

Zwei Burgflecken bei Wellnitz in Nordböhmen


Das Dorf Wellnitz (Velenice), unweit von Reichstadt (Zakupy) in Nordböhmen im Tal des Sittebaches gelegen, beherbergt zwei kleinere Burgreste aus dem 14. Jahrhundert: das "Schloß Wellnitz" und den Burgplatz "Weiherwald" (Vejrov), von dem aber so gut wie nichts mehr erhalten geblieben ist. Beide Burgen sind in gängigen Wanderkarten eingezeichnet und damit relativ leicht aufzufinden.

Der "Schloßberg" ist der Vorsprung einer Sandsteinplatte, die sich ca 20 m hoch über dem Taleinschnitt des Sittebaches (Svitavka) in gerader Verlängerung der Straße von Brims kommend (an der Felsenkapelle vorbei) am Nordostrand von Wellnitz erhebt. Zur Burg selbst führt kein Wanderweg, so daß man sich querfeldein und stückweise steil bergauf durchschlagen muß, um zu deren Resten zu gelangen. Und auch diese sind nicht gerade eindrucksvoll. Erhalten geblieben sind nur noch die Grundmauern eines wahrscheinlich durchaus einmal imposanten quadratischen (Grundfläche ca. 6 Meter mal 6 Meter), aus groben Sandsteinblöcken erbauten Turms. Vor etwas mehr als Hundert Jahren  sollen diese Mauerreste noch ungefähr 4 m hoch gewesen sein - heute erreichen sie kaum mehr 1.5 m. Kurz dahinter führt ein schmaler Gang in einen kleinen, wahrscheinlich verschütteten oder niemals richtig fertiggestellten Kellerraum - und das war es auch schon. Mit etwas Phantasie sind noch die Reste eines kleinen Grabens sowie einige behauene Felsen auszumachen. Aber all das reicht nicht mehr aus, um das ehemalige Aussehen der Anlage zu rekonstruieren. Wahrscheinlich bestand sie zum größten Teil aus Holz und eventuelle steinerne Mauern sind im Laufe der Zeit abgetragen und als billiges Material zum Hausbau verwendet worden. 






Auch die Ausgrabungen, die in den Jahren 1834 und nochmals 1858 an dieser Burgstätte vorgenommen worden sind, brachten nur ein paar wenige Artefakte zutage. So z.B. einige verrostete Pfeilspitzen, ein Hufeisen sowie Reste eines Helms. 

Am Weg unterhalb des Schloßberges, dort, wo sich der Sittebach in den Fels eingeschnitten und ein etwas über 80 m breites Tal gebildet hat, findet man im Fels eine Vielzahl von in den weichen Sandstein gehauenen Gewölbe oder Keller, die z.T. heute noch genutzt werden. Einige davon sind zugänglich, da nicht mehr von einer Tür verschlossen. Früher standen davor Häuser, die mit ihrer Rückseite direkt an den Felsen gebaut waren.

Über die Geschichte der Burg Wellnitz ist nur sehr wenig bekannt. Es kann sogar sein, daß sie niemals endgültig fertig gestellt wurde. Man vermutet das, weil wichtige Teile damals üblicher Befestigungsanlagen fehlen (z.B. ein Graben auf der zugänglichen Seite der Hochebene). So ist es nicht verwunderlich, daß das Jahr ihrer Gründung völlig unbekannt geblieben ist. Lediglich ein Hinweis, daß in Wellnitz "Vasallen" der Stadt Zittau gesessen haben sollen, läßt vermuten, daß sie noch vor dem Jahre 1319 erbaut wurde. Später soll es die Stammburg der von Smoyn gewesen sein, die wiederum mit den Herrn von Leipa und den Wartenbergern verbunden waren. Mikisch (Nikolaus) Panzer von Smoyn kannte man zu Beginn und Mitte des 15. Jahrhunderts als einen berüchtigten Raubritter, der u.a. auf dem Bürgstein residierte und dort von den "Sechsstädtern" 1444 ausgeräuchert wurde). 

Aus heutiger Sicht erscheint es als nicht ganz unwahrscheinlich, daß der bei der Krönung Johann von Luxemburgs im Jahre 1296 anwesende einäugige Ritter Friedman von Smoyn sowohl der Gründer (Locator) des Dorfes Wellnitz als auch der gleichnamigen Burg war. Er starb 1320 und sein Sohn, der ebenfalls "Friedman" hieß, soll die Burg übernommen haben. Er und seine Nachkommen verarmten schnell und die "Panzer von Smoyn" begannen sich als berüchtigte "Landplacker" zu betätigen. Auch waren sie aktiv auf der Seite der "Wartenberger" an der sogenannten "Wartenberger Fehde" zum Nachteil der Stadt "Sittaw" (Zittau) beteiligt. 

Schriftliche Erwähnungen der Burg sind äußerst rar. Die älteste stammt aus dem Jahre 1399. Danach herrscht Schweigen in den Dokumenten, so daß es sehr wahrscheinlich ist, daß sie um diese Zeit bereits verlassen und dem Verfall preisgegeben war. Nur was das Dorf Wellnitz selbst betrifft, so ist bekannt, daß es im Jahre 1475 von einem Nikolaus Lutic (oder so ähnlich) gekauft wurde. Von ihm ging es dann in den Grundbesitz der Herren von Leipa über. Der letzte Eigentümer, Graf Kinski (Bürgstein), errichtete hier seine bekannte Spiegelfabrik, die wenigstens etwas Prosperität in die Gegend gebracht hat.

Über die zweite Burg im Wellnitztal gibt es noch weniger zu sehen und noch viel weniger zu berichten. Es handelt sich um den Burgflecken "Weiherwald" (Vejrov), der nach einem ehemals dort gelegenen, heute aber selbst nicht mehr auffindbaren Dorf gleichen Namens benannt ist (es gibt nur eine Urkunde von 1554, die überhaupt dessen Existenz bestätigt). Um zu ihr zu gelangen, fährt man von Wellnitz kommend am besten immer auf der Straße am Sittebach entlang Richtung Lindenau und parkt sein Auto kurz vor der Brücke bei der Lokalität, die als "Wüste Kirche" bekannt ist. 


"Wüste Kirche"

Noch ein paar Meter die Straße weiter bemerkt man auf der linken Seite ein paar Stufen, die zu einem Weg führt, auf den man zur Burg Vejrov gelangt. Bei dem Felsen, auf dem sie einst stand, befindet sich jetzt´eine kleine Informationstafel auf Tschechisch, so daß man sie eigentlich nicht verfehlen kann. Lediglich ein paar Meter einer in den Sandstein gehauenen Treppe, einige Vertiefungen, die einst Holzbalken Halt gaben, sowie einige Tonscherben, die man dort gefunden hat, zeugen heute noch von ihrer Existenz. 



Von der "Burg" ist nur noch diese verwitterte Treppe übrig, die auf den Burgfelsen führte...



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