Ein Gastbeitrag von Rainer Gründel, Zittau-Olbersdorf
Einer davon ist der Friedensturm, einst erbaut als Bismarckwarte oder Bismarckturm.
Der Rittergutsbesitzer C. W. Wießner holte 1901 die Genehmigungen für den Bau einer Bismarckwarte auf dem mit 206 Metern höchsten Punkt im Osten von Weinböhla ein. Grundsteinlegung war am 01.04.1903.
Die Baukosten von 7500 Mark übernahm Wiesner.
Alte Postkarte um 1905
Nach nur fünf Monaten Bauzeit fand am 30.08.1903 die Einweihungsfeier der Bismarckwarte statt und der Turm wurde in das Eigentum der Stadt Weinböhla übergeben.
Foto von der Infotafel am Turm
Alte Postkarte um 1910
Der Baumwuchs hatte in der Zwischenzeit stark zugenommen.
Alte Postkarte um 1974
Den vollständigen Text von der Infotafel am Turm finden Sie im Anhang.
Auf der Terrasse vor dem Turmeingang – Hier hat in zwei Jahrzehnten der Zahn der Zeit am Gemäuer genagt.
Über der Tür befand sich einst eine Sandsteintafel mit der Inschrift
Des Fürsten Bismarck Ruhm verkündet,
Die Warte stolz auf Bergesrand.
Er hat das Deutsche Reich gegründet,
Geeint das Deutsche Vaterland.
Bleibt auch in Eintracht ferner stark!
Seid treue Deutsche bis ins Mark!
Statt der entfernten Tafel wurde die Widmungstafel mit der Inschrift
Die Warte stolz auf Bergesrand.
Er hat das Deutsche Reich gegründet,
Geeint das Deutsche Vaterland.
Bleibt auch in Eintracht ferner stark!
Seid treue Deutsche bis ins Mark!
Statt der entfernten Tafel wurde die Widmungstafel mit der Inschrift
Frieden!
Erbaut 1903
Wilh. Wiesner
Erneuert 1956
Erwin Schäfer
Erbaut 1903
Wilh. Wiesner
Erneuert 1956
Erwin Schäfer
über dem Eingang angebracht.
Rechts der Keulenberg (413 Meter), links hinten der Walberg (360 Meter)
Und bitte nicht vergessen, den Schlüssel zurück zu bringen!
Anhang – Text von der Infotafel am Turm:
Der Friedensturm
(ehemals Bismarckwarte. Bismarckturm, Hoher Turm, Turm der Jugend)
Höhe: 20 m
16 Stufen zur 2,5 m hohen Terrasse 69 Stufen zur Aussichtsplattform
Material: Bruch- und Ziegelsteine
Bauanregung: C.W.Wiesner
Bauausführung: H.A.Kannegießer
Einweihung: 30.August 1903
Die Entstehung des Aussichtsturmes im Jahre 1902/03 fällt in eine Zeit,
in der in Sachsen das natur- und heimatkundliche Interesse wuchs, die
Landschaft als Natur- und Erholungsgebiet zu entdecken und mehr und mehr
zu erschließen. Die zunehmende Industrialisierung, die
Bevölkerungskonzentration in der Enge der wachsenden Städte und die
Rückständigkeit der politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse
führten zu einer verstärkten Hinwendung zur Natur, in der man Ausgleich
und Erfrischung suchte. Aussichtstürme gehörten zu den besonderen
Anziehungspunkten in der Landschaft, um einen Überblick über das Gebiet
zu erhalten und die Fernsicht zu genießen. Im sächsischen Raum gab es
zur Gründung des Deutschen Reiches im Jahre 1871 bereits mehr als zehn
Aussichtstürme. Bis Mitte des 20. Jahrhundert kamen noch weitere sechzig
hinzu. In Weinböhla gab es bereits im Jahr 1917 sieben Türme. Die
Finanzierung des zuerst Bismarckwarte, später Bismarckturm genannten
Turmes erfolgte über eine von dem Kulturtechniker C.W.Wiesner gegründete
Aktiengesellschaft. Der ehemalige Name „Bismarckturm“ geht auf die in
Deutsch- land Anfang des 20. Jahrhunderts eingeführte Tradition zurück,
des „Einheitskanzlers“ und Reichsgründers von 1871, Otto von Bismarck
(1815-1898), zu gedenken. So wurden vielerorts jährlich am 1. April, dem
Geburtstag, und am 30.Juli, dem Sterbetag, Gedenkfeuer auf Säulen und
Türmen entfacht. Der Weinböhlaer Bismarckturm, der heutige Friedensturm,
war dafür aber nie konzipiert. Auf ihm befand sich keine Feuerschale.
Ab 1945 hieß der Aussichtspunkt „Hoher Turm“, zeitweilig auch „Turm der
Jugend“. Es gab jedoch an dem Bauwerk der Gründerjahre erhebliche
Schäden, so dass die Restaurierung zum Erhalt des denkmalgeschützten
Objektes unerlässlich wurde. Dank galt in den schweren Nachkriegsjahren
vor allem Herrn Erwin Schäfer, der als Geldgeber die Restaurierung des
Turmes ermöglichte. Baumeister Herbert Marx übernahm die gesamte
bautechnische Instandsetzung. Zur Einweihung des restaurierten Turmes am
7.Juli 1956 mit den Weinböhlaer Posaunenbläsern, dem Volkschor
Weinböhla sowie dem Sebnitzer Bergsteigerchor erhielt das renovierte
Bauwerk den Namen „Turm des Friedens“. In den 1970er und 1980er Jahren
setzte jedoch eine böswillige Zerstörung des Turmes und seiner Anlagen
durch Jugendliche ein, die soweit führte, dass er unbegehbar wurde und
geschlossen werden musste. 1988 beschäftigten sich Weinböhlaer Bürger
erneut mit dem desolaten Zustand des Turmes und man suchte nach
materiellen und finanziellen Möglichkeiten, um einen der letzten der
Weinböhlaer Aussichtstürme vor dem Verfall zu retten. Mit Hilfe von
heimatbewussten Bürgern und der Unterstützung territorialer
Handwerksbetriebe, wie den Firmen Reschke, Hänisch, Gersdorf, Graf u.a.
konnte der inzwischen 89-jährige Turm ab August 1992 wieder bestiegen
werden. Am 2.Juli 1994 fand hier das erste Turmkonzert statt. Wegen des
schlechten Grundzustandes in der Bausubstanz und wegen
Feuchtigkeitseinwirkung sind jedoch ständig Erhaltungsmaßnahmen
erforderlich. Vor einiger Zeit sind durch die Interessengemeinschaft
Ortslehrpfad an den Aussichtsluken Richtungstafeln angebracht worden,
die eine bessere Orientierung in der Landschaft ermöglichen. Am
14.09.2003 wurde der 100. Jahrestag des Turmes feierlich begangen,
umrahmt von einer Fotoausstellung der IG-Ortslehrpfad und dem Auftritt
der historischen Radgruppe des Radfahrerverein Weinböhla.
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